Jahr: 2014

  • Thomas Bernau betrachtet den vorweihnachtlichen Spätnachmittagstrubel. Viele Menschen hetzen von Geschäft zu Geschäft. Noch an diesem letzten Tag vor Heiligabend müssen die Geschenke gekauft werden. Weihnachten kommt ja immer so plötzlich! Die bunten Lichter in Kerzen- und Sternform erleuchten die Frankfurter Innenstadt, an den Buden stehen vermummte Leute, die sich in der Kälte an einem Punsch oder Grog wärmen und weiße Atemschleier in den Zuckerwatte-, Lebkuchen- und Alkoholduft mischen.

    Bernau steht jetzt vor dem mit elektrischen Kerzen beleuchteten Bau am Mainufer, in dem er bald Executive Creative Director sein wird. Bosse und Hack steht in großen Buchstaben über dem Eingang. Ein führendes Werbeunternehmen. Stefan Bosse, der Inhaber, hatte mit Bernau neulich bei dem Kongress in Stuttgart das entscheidende Vorstellungsgespräch geführt, und für heute 17 Uhr ist die Vertragsunterzeichnung vereinbart.

    „Ich wünsche mir, dass wir den Vertrag noch vor Weihnachten unterschreiben“, hatte er gesagt und Bernau nach Frankfurt eingeladen.

    Ab April wird das gute Leben auch für mich wieder beginnen, hofft Bernau, und ich werde von Stuttgart nach Frankfurt ziehen und mich beruflich und privat neu orientieren. Er spürt die Freude auf seine kommenden Erfolge, rückt die Krawatte unter dem Schal zurecht und mustert sich in der Scheibe der Eingangstür. Dann betritt er selbstsicher seine zukünftige Arbeitsstätte.

    An der Rezeption wird er freundlich begrüßt: Ja, man habe schon auf ihn gewartet, meint die Dame lächelnd und telefoniert kurz. Zwei Minuten später bringt Marga Distler Bernau in die oberste Etage.

    Im Aufzug sagt sie: „Herr Bosse hat gerade aus dem Auto angerufen, er verspätet sich etwas. Sie wissen ja, der Stau im Feierabendverkehr und dann noch vor Weihnachten! Wir gehen jetzt zuerst in das Büro Ihrer zukünftigen Assistentin. Ich vertrete sie zurzeit, sie kommt morgen aus einem Kurzurlaub zurück!“

    Frau Distler öffnet die Tür, und Bernau sieht im Vorbeigehen das Namensschild „Franca Sturm, Assistentin der Geschäftsführung“.

    „Möchten Sie gern einen Kaffee oder Tee, Herr Bernau, oder … Ist Ihnen nicht gut? Sie sehen ja plötzlich ganz blass aus! Geben Sie mir rasch Ihren Mantel und Schal, und setzen Sie sich hier an den Besprechungstisch. Soll ich einen Arzt rufen?“

    Bernau schüttelt den Kopf und hält sich an einem Stuhl fest, dann lässt er sich langsam auf die Sitzfläche sinken. Er spürt den Schweißausbruch, der in kürzester Zeit sein Hemd angefeuchtet hat.

    „Ich werde sofort aus dem Erste-Hilfe-Schrank ein paar Kreislauftropfen holen, die werden Ihnen helfen. Bitte stehen Sie nicht auf! Ich bin gleich wieder da!“

    Frau Distler öffnet die Fenster und eilt hinaus.

    Bernau schließt einen Moment die Augen. Ein kalter Windstoß trifft ihn erfrischend ins Gesicht.

    Nein, nicht wieder Franca!, fleht er im Stillen. Ich ertrage sie nicht mehr.

    Er sieht seine Ex-Frau vor seinem inneren Auge leibhaftig am Schreibtisch sitzen. Ihre pechschwarzen Haare schaukeln um den Hals und bilden einen starken Kontrast zu dem leuchtend roten Lippenstiftmund.

    Sie grinst hämisch, aus ihren Augen lodert Kampfeslust: Tja, mein Lieber, du entkommst mir nicht! Jetzt wirst du hübsch den Vertrag unterschreiben, und dann werden wir hier wunderbare Zeiten miteinander haben. Ich werde deinen Terminkalender führen und dir eine sehr aufmerksame Assistentin sein, nicht wahr, Liebling!

    Bernau bäumt sich innerlich auf, lässt sich aber auf den Dialog ein: Ja, ich will diesen Vertrag haben! Aber ohne dich, Franca! Endlich habe ich mich von dir in Stuttgart gelöst und von deiner Sucht, dich über alles und jedes zu ereifern. Jetzt bin ich nicht mehr bereit, mich wieder in deine Fänge zu begeben. Du hast mich vom siebten Himmel der Leidenschaft und Liebe direkt in die Hölle deiner triebhaften Eifersucht und in einen erbarmungslosen Scheidungskrieg gestürzt. Immer diese sinnlosen Kämpfe um Kleinigkeiten! Ganze Nächte haben wir sinnlos durchdiskutiert und gestritten!

    Franca ergänzt in seiner Fantasie: Ja, ich weiß, aber denk mal an die leidenschaftlichen Versöhnungen hinterher! Ach Liebling, das war doch nur mein Temperament!

    Bernau wehrt ab: Nein, das war nicht nur dein berstendes Temperament, das war deine Bosheit, die aus jeder noch so banalen Gelegenheit einen neuen Eifersuchtsausbruch provoziert. Wie ein Vulkan bist du jedes Mal explodiert und hast mich unter einer Lava von Verdächtigungen, Beschuldigungen und Hass begraben. Das werde ich nicht mehr dulden. Ich werde diesen Vertrag unterschreiben und dich bei der nächstbesten Gelegenheit kündigen!

    Plötzlich schöpft Bernau Hoffnung: Ja, das ist die Lösung! Er strafft sich, wischt den kalten Schweiß von seiner Stirn und will aufstehen.

    Da hört er wieder Francas höhnische Stimme: Glaub ja nicht, dass du mich loskriegst!

    Bernau überlegt sofort: Sie hat womöglich einen unbefristeten Vertrag und eine sehr gute Beziehung zu Bosse! Und die letzten beiden Jahre hat sie genutzt, um sich hier eine kleine Festung zu bauen! Nachdem sie alle Bewerbungen gelesen hat, war es ihr sicher ein hinterhältiges Vergnügen, dafür zu sorgen, dass ich hier Chef werde. Bosse weiß bestimmt nicht, dass wir verheiratet waren. Sie hat ja ihren Namen behalten!

    Bernau sinkt in den Stuhl und überlegt: Soll ich den Vertrag trotzdem unterschreiben? Soll ich mir noch einmal die Strapazen mit den ständigen Kämpfen aufladen? Schaffe ich es, Franca in ihre Schranken zu weisen? Als ECD müsste mir das doch gelingen! Ich könnte ihr Anweisungen geben, die sie befolgen muss. Wenn sie sich querstellt, kann ich sie deshalb entlassen.

    Er fasst wieder Mut und richtet sich auf. Aber Franca legt sofort in seinem Kopf nach: Du kennst mich ja, Liebling! Ich weiß, was ich will, und ich weiß, wo ich dich packen kann! Glaub ja nicht, dass du mich unterkriegst!

    Das ist zu viel für Bernau. Es ist ihm klar, dass er ihr nicht gewachsen ist. Er zuckt zusammen, als Frau Distler herein kommt:

    „Hier sind die Tropfen. Da wird es Ihnen gleich wieder besser gehen!“

    Sie zählt die Tropfen in ein halb volles Wasserglas, Bernau trinkt in kleinen Schlucken, holt tief Luft und sagt:

    „Frau Distler, es ist mir außerordentlich peinlich, aber ich bitte Sie, Herrn Bosse auszurichten, dass ich den Vertrag nicht unterschreiben kann. Ich ziehe meine Bewerbung zurück. Es gibt einen sehr persönlichen Grund, der mir erst gerade erschreckend deutlich geworden ist und über den ich nicht sprechen möchte.“

    Bernau wirft den Mantel über den Arm, nimmt seinen Aktenkoffer, wendet sich zur Tür – „Ich finde allein hinaus, vielen Dank!” – und verlässt den Raum mit mühsam gebremstem Schritt. Am liebsten würde er rennen.

    Die nächsten beiden Stunden schlendert er ziellos in den nasskalten Straßen umher, lässt sich in der Menge von einer Bude zur anderen durch das Vorweihnachtstreiben schieben, bis er an einem Stand einen Glühwein trinkt.

    Dabei ist er abgelenkt von seinen Gedanken, hadert mit dem Schicksal und fragt sich, warum er von Franca nicht loskommt. Andererseits ist er heilfroh, Franca gerade noch entronnen zu sein. Gleichzeitig ist er erschüttert und deprimiert, dass er sich erneut von ihr hat in die Flucht schlagen lassen.

    Plötzlich fällt ihm ein, dass er noch eine Verabredung hat. Er eilt zum Auto zurück und fährt zu seinem Schulfreund Karsten. Bernau hat ihn seit drei Jahren nicht mehr gesehen, weil Karsten inzwischen mit seiner Familie in Frankfurt lebt. Er hat Bernau eingeladen, nach der Vertragsunterzeichnung zum Abendessen zu kommen, und Bernau wird von Karsten und seiner Frau Anja herzlich begrüßt:

    „Es ist prima, dass du kommst und über Nacht bleibst! Jetzt machen wir uns einen gemütlichen Abend. Wir haben extra für dich eine Freundin aus der Nachbarschaft eingeladen.“

    Thomas Bernau sieht zuerst wadenlange beige Stiefel, dann eine schlanke Taille in einer champagnerfarbenen Hose und einen dunkelbraunen Kaschmir-Rollkragenpulli. Das Gesicht der Frau mit winzigen Sommersprossen lacht ihn an und lädt ihn zum Schmunzeln ein. Er fühlt die Wärme ihrer braunen Augen. Ihr blonder Pferdeschwanz wippt, als sie beschwingt auf ihn zugeht – selbstsicher und doch mit gebührender Distanz.

    „Schön, Sie kennen zu lernen, Herr Bernau! Ich gratuliere Ihnen!“

    Bernau ist verwundert: „Wozu?“

    „Zum Vertragsabschluss. Leider konnte ich an der Unterzeichnung nicht teilnehmen, weil ich heute erst heute Nachmittag vom Urlaub zurückkam. Ich bin Ihre neue Assistentin Franca Sturm!“

  • Spät abends kam eine Patientin in die Notfallpraxis, begleitet von ihrer Tochter. Es fiel mir auf, wie gebeugt die Patientin beim Betreten des Sprechzimmers ging und wie sie mich mit tief traurigen Augen anschaute. Ich erwartete, dass sie gleich anfangen würde zu weinen. Sie klagte mit gedämpfter Stimme über starke Nacken- und Kopfschmerzen. Ich stellte einige Fragen, untersuchte sie und fand dabei “nur” eine erheblich verspannte Schulter- und Halsmuskulatur. Alle Zeichen und die Vorgeschichte sprachen für die Diagnose Spannungskopfschmerzen.

    „Können Sie meine Mutter ein paar Tage krankschreiben?“, fragte die Tochter.

    „Ja, das kann ich, aber das löst die Probleme nicht. Es lindert vielleicht ein paar Tage den Druck, unter dem Ihre Mutter leidet.“

    Dabei legte ich meine Hände auf die Nackenmuskulatur und sagte: „Der Rucksack, den man Ihnen aufgeladen hat und den Sie sich haben aufladen lassen, ist zu schwer! Dadurch wird der Nacken ganz hart. Und dann kommen noch die Nackenschläge dazu, die sie im Alltag einstecken müssen!“

    Ich symbolisierte mit dem erhobenen Arm einen Handkantenschlag ins Genick.

    „Und das halten sie im Kopf nicht aus. Sie haben das Gefühl, der platzt bald.“

    Die Patientin erschrak: „Ja, genau so ist es!“

    „Sie können Krankengymnastik machen, den Nacken einreiben, Schmerzmittel nehmen, sich von mir in die verspannte Muskulatur spritzen lassen, in Urlaub gehen – alles in Ordnung – für eine Weile, aber die Probleme sind dadurch nicht gelöst. Die Beschwerden kommen wieder! – Ich bin überzeugt, Sie wissen genau, woher die Anspannungen kommen und was Sie tun müssen, um eine dauerhafte Lösung zu bekommen!“

    Die Patientin sagte spontan und mit fester Stimme: „Ja, Schluss damit!“

    „Sehen Sie, das ist die Lösung, auf die Sie selbst gekommen sind. Ich glaube, Sie sind nur hier, um dafür eine Bestätigung zu erhalten. Sie brauchen einen kleinen Schubs, um das zu tun, was Sie längst als richtig erkannt haben, stimmt´s?“

    Die Augen der Frau fingen an zu leuchten: „Woher wissen Sie das? So hat mir noch niemand gesprochen!“

    Wir ändern erst etwas in unserem Leben, wenn der Leidensdruck größer ist als die Angst vor der Veränderung! Sind Sie so weit?“

    Die Patientin saß jetzt aufrecht auf der Liege und schaute mir entschlossen in die Augen. Sie hatte eine klare und feste Stimme: „Ja, es reicht! Das mache ich jetzt, Schluss mit dem Druck, dann geht´s mir wieder besser! Danke!“

    Ich sehe immer noch, wie die Augen der Frau strahlten und wie straff und entschlossen ihr Gang und ihre Körperhaltung waren, als sie die Praxis verließ, aufgerichtet im wörtlichsten Sinn.

    Copyright Dr. Dietrich Weller

  • Schreibblockade
    In meiner Dichterstube sitz` ich hier
    Vor mir ein weißes Blatt Papier.
    Es ruft von innen: „Du sollst schreiben!“
    Doch könnt´ ich dies und jenes treiben,
    Zum Beispiel davon zu berichten,
    Was ich sonst täte – ohne dichten:
    Wie in den nahen Park zu geh`n
    Um Bäum` und Pflanzen zu bestimmen,
    Vor alten Eiben sinnend steh`n,
    Nur weg vom Horror vacui, dem schlimmen.
    Und die Gedanken fliegen hin zum Gingko –Baum
    Zur Chamaezyparis, Lawson – Zypresse.
    Der Bärlauch sprießt, man riecht ihn kaum,
    Der Weißdorn hier weckt mein Interesse.
    Als Heilmittel einst hochgeschätzt,
    Wird er nun durch Chemie ersetzt.
    Zurück nun die Gedanken fliegen
    Und sehen das Papier dort liegen.
    Nur ein paar Worte stehen drauf.
    Zu träge der Gedanken Lauf.
    Gibt es denn wirklich kein Entweichen?
    Ach ja:
    Die Gartenbank ist noch zu streichen …

     

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  • Zwiespalt

     

    Ich möcht` so gerne einen Schlager schreiben –

    Von Herz und Schmerz und Lust und Leid und so.

    Und anderen und mir die Zeit vertreiben,

    Den Augenblick genießen, unbeschwert und froh.

    Wie oft hat man es schon versucht, dem Ernste zu entfleuchen,

    Emporzusteigen aus dem engen Tal,

    Die Grübeleien wegzuscheuchen,

    Doch stand im Weg der intellektuelle Sündenfall.

    Dort auf dem Berge wohnt das Licht –

    Hinaus aus tiefer, düstrer Enge !

    Der Aufstieg nimmt die letzten Kräfte nicht,

    Dort oben tönen and`re Klänge.

    Und neue Kräfte werden frei,

    Sie schaffen uns das Einfach – Wahre.

    Die Grübeleien sind vorbei.

    Es gilt nur noch das Helle, Klare.

    Und also weitet sich der Sinn

    Und heiter kann ich wieder abwärts steigen

    Mit der Erkenntnis: Nicht der Welt entflieh`n –

    Ihr ist nicht nur der Ernst zueigen!

    Denn ernst ist jede Heiterkeit.

    Ohn` tief`re philosophische Gedanken,

    Nur soviel: Alles kommt zu zweit –

    Die Rose mit der Dornen Ranken.

    Drum möcht` so gern ich einen Schlager schreiben,

    Von Herz und Schmerz und Lust und Leid und so.

    Das eine wie das andere nicht übertreiben –

    So zwischen zappenduster – lichterloh.

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  • Septemberlicht

    Dumpfer Schwüle, gleißender Helle

    Folgt klärendes Blau.

    Purpurnes Rot wird fahl,

    Sterbende Blüten zur Frucht.

    Letzte Ernte in den Gärten,

    Dahlien und Astern.

    An Sandsteinmauern wilde Reseden.

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  • Hochsommer

    Sinn suchend getrieben,

    Hastiger Stillstand.

    Sonntagsnachmittagstote Straßen,

    lastende Sommereinsamkeit.

    Geraubte Stunde, geschenkte Zeit:

    Fließendes Leben,

    Einssein mit den Naturwesen

    Im Kreis des Ewigen.

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  •  

    Es geht ein Geheimnis um den Sevan-See, den großen hoch gelegenen See in Armenien. Dunkle Wolken, die sich regenbeladen von den steilen Uferklippen auf das Wasser stürzen und sich dort in fahle Nebel, später dann in ein milchiges Grau und schweifende Geisterschwaden auflösen, sind die Zeichen dieses nur dem Kundigen sich offenbarenden Geheimnisses.

    Auch im Sommer, wenn die Sonne in der Höhenluft brennt und die Schrecken bringenden aber auch so erschreckbaren Geister in ihre unterirdischen, direkt über dem Seespiegel liegenden Höhlen scheinbar eingeschlossen und zum Schlafen verdammt hat, auch die Sonne kann sie nicht im Zaum halten. Immer wieder entwinden sie sich dem wärmenden Zwang des Lichtes und entlassen ihre tanzenden Schemen an den Ufern des Sees zumeist auf der östlichen Seite, der untergehenden Sonne zugewandt, in die Freiheit des weit ausladenden Sees.

    Die Fischer kennen diese Geister und ihre Geheimnisse. Es sind ihre Geheimnisse, und sie reichen tief in die Seele ihres Volkes zurück. Sie sind Zeugen aus der Vergangenheit, vor allem aber, so berichtet der Fischer Armen Bagdalyan, sind sie Zeugen für die Zukunft. Die ungeheimnisvollen Menschen denken zwar, sie seien nur Zeugen aus der Vergangenheit. Sie würden nur berichten über wundersame Ereignisse, unglaubhaft wahr, mit Gutem und Bösem verknüpft. Sie seien vor allem fröhlich wie ein wackelnder Hammelhintern, dem sein blökender Widderkopf abhanden gekommen ist. Oder sie seien so traurig, wenn sie über die Unfähigkeit der Seenixen nachdenken, deren Liebster an der Unvollkommenheit ihres Beinersatzes verzweifelte.

    Das ist zwar alles wahrheitsgemäß und unwiderlegbar dokumentiert, ergänzte Armen Bagdalyan, aber es sei auf keinen Fall das Wesentliche. Natürlich, im Prinzip ja, auf der Vergangenheit baue sich alles auf und ohne sie gäbe es ihn, den Fischer Armen Bagdalyan, wahrscheinlich nicht, aber, und hier liegt eben das Geheimnis des Sevan-Sees, seine Gegenwart sei ohne das Einwirken der Geheimnisse auf die Zukunft überhaupt nicht möglich. Geheimnisse wirken immer auf die Zukunft, erklärte er verschmitzt, denn ohne Zukunft gibt es keine Geheimnisse. Und schon gar nicht die des Sevan-Sees.

    Wenn ich so über das Gespräch mit dem Fischer Armen Bagdalyan nachdenke und mich erneut in die Gegebenheit vertiefe, bin ich der Meinung, dass ich zunächst den Fischer Armen Badgalyan vorstellen sollte.

    Armen Bagdalyan war eigentlich ein hagerer, hoch gewachsener Mann mit tiefschwarzen Haaren und kräftigen Oberarmmuskeln. Im Laufe seines Lebens, er war zum Zeitpunkt meines Gespräches mindestens fünfundsechzig Jahre alt, hatte er an Leibesfülle und Gewicht sowohl in körperlicher als auch gesellschaftlicher Hinsicht deutlich zugenommen, ganz im Gegensatz zu seiner ehemaligen Haaresfülle, die sich eindeutig sichtbar den Erntebemühungen des Alterns unterworfen hatte. Seine kräftige Stirn lag nun entblößt und trotzig frei, eine lange bogenartig gekrümmte Nase schützte sie vor allzu aufdringlichen Anstößen, denen er sich, da er ein freier und wilder Mann war, häufig ausgesetzt fühlte. Ein breiter Oberlippenbart, der jedoch Kinn und Wangen frei ließ, gab ihm zusätzlich ein geheimnisvolles Aussehen, das er auch gewinnbringend einzusetzen wusste, wie wir gleich berichten werden, und das er zudem sichtlich genoss.

    Armen Bagdalyan war der Sohn eines Fischers, und dieser wiederum der Sohn eines Fischers, und dieser ebenso der Sohn eines Fischers. Diese Sohn – Fischer Kette reicht, soweit wir den leider nicht mehr einsehbaren schriftlichen Quellen entnehmen können, weit in die Vergangenheit zurück, mindestens bis in das groß – armenische Reich, dessen Hauptstadt allerdings in Tiflis in Georgien lag, wahrscheinlich aber zurück bis zu der großen Flut, die als ewige Erinnerung an den Zorn Gottes den Sevan-See als „noch nicht in China“ gefertigtes Souvenir für alle reiselustigen Menschen den Sevan-See Fischern, allen voran Armen Bagdalyan als Vorbild, ewige Mahnung an das Böse, als Nahrungsquelle und als Grundlage einer jeglichen, überhaupt möglichen menschlichen Gedankenwelt diente.

    Die auf den Fischer Armen Bagdalyan zurückzuführende Geschichte beruht zumindest im Prinzip, wahrscheinlich aber in Allem auf den frühesten Erkenntnissen der Sevan-Fischer, wenn nicht sogar aller Urmenschen.

    „Bedenken Sie, dass alles, was ich Ihnen zu berichten habe, aus der Urzeit meiner Vorfahren stammt. Genau so, wie die Chinesische Medizin, die abgeleitet von den im Prinzip aus Armenien importierten heute natürlich nicht mehr aktuellen Darstellungen des Aufbaus unseres menschlichen Körpers bis hin zur Akupunktur, Homöopathie und allgemeine Schlangen und Kröten Medizin sich vor Jahrtausenden entwickelte. Zwar waren damals eine Injektion, eine Blutuntersuchung oder gar eine Darmspiegelung aufgrund der allgegenwärtigen Geister und Feen Gestalten nicht durchführbar, das ändert aber gar nichts an der Wirkung der durch die Jahrtausende sich teilweise gewaltsam teilweise auch von tiefreligiösen Gläubigen in unsere jetzige Welt getragenen chemischen Eigenschaften von halb angedauten und in anregend duftende Tinkturen eingelegten Kriechtierleichen“.

    „Bedenken Sie weiter, dass hier, am Sevan-See, schon vor tausenden von Jahren Menschen siedelten, die sich intensiv um die Fortentwicklung ihrer Nachbarn kümmerten und sie mit ihren bronzenen Pfeilspitzen so sehr am Gesäß und vielleicht auch an anderen Körperstellen kitzelten, dass sie vor Lachen sich nicht mehr wehren konnten und sich freudig unseren damals mächtigen Herrschern unterwarfen.

    Das steht alles niedergeschrieben in der Felsinschrift von Zowinar, hier, am südlichen Ufer unseres so berühmten Sevan-Sees. Wer hat diese Inschrift verfasst? Natürlich unser allseits berühmter König Rusa, von dem, Sie wollen es glauben oder nicht, noch heute so umfangreich geredet wird. Denken Sie nur an Russland und an die vielen Russen, deren Namen sich zwar von unserem berühmten Vorfahren ableitet, die aber, ich muss es leider so deutlich sagen, von unserem berühmten Rusa, dem Sohn des noch berühmteren Sarduri, der sich in der vollkommen anders gestalteten, aber nicht weniger herausragenden Insel Sardinien mit den dicht gepackten Sardinen zusätzlich verewigt hat, – bis auf seine armenienhaft übertreibende, die Jahrhunderte überdauernde Keilschrift – nichts hinzu gelernt haben.

    Davon jedoch wollen wir jetzt nicht reden. Das ist bereits armenischer Alltag, zumindest im Prinzip und, wie jeder vernünftige und auch unwissende Mensch sich vorstellen kann, von wesentlichem Einfluss auf den Ablauf einer jeden und allgegenwärtigen Geschichte, sei sie nun heute wirklich, in der Zukunft phantasievoll, oder in der Vergangenheit märchenhaft gewesen.“

    „Versuchen wir bis auf den tiefsten Grund des Sevan-Sees zu schauen und uns vorzustellen, was dort eigentlich zu erspähen und zu erkennen ist. Ich sage Ihnen bei allem Respekt: Gar nichts! Jedenfalls nichts, das wir mit nacktem Auge in der Dunkelheit am Grund des Sevan-Sees sehen können.“

    Ich saß mit Armen Bagdalyan, dem Fischer, in einer kleinen, aber sympathisch schmucken Gaststätte am Rand des Sevan-Sees und schaute ihm neugierig in die braunen, überzeugend wachen Augen. Dann auf den graublauen See, dessen Steilhänge am gegenüber liegenden Ufer von einem herabsinkenden Nebelvorhang verdeckt waren. Wir aßen frisch gefangene und über einem Holzkohlenfeuer gegrillte Forellen. Sie schmeckten herrlich.

    „Wer von Euch westlichen Europäern, von Euch erfolgsverwöhnten und vom Schicksal so begünstigten Menschen, die Ihr nicht die Nähe des Himmels in den Kaukasusbergen, noch die Reife der Früchte in seinen Tälern oder gar die Freude der Fische, besonders die der Forellen in seinen Seen und Bächen kennt oder gar erfahren habt, kann schon auf den Grund des Sevan-Sees schauen oder dort gar den Sinn des Schicksals entdecken?

    Sieh auf die Oberfläche des Sees, sein leicht gekräuseltes Wasser, das sanft und doch fest unter den eigentlich niemals ruhenden, nie aus nur einer Richtung heran eilenden und häufig zornentbrannt wütenden Winden dahin gleitet. Seine Oberfläche bedeutet die Grenze zwischen Leben und Sein, zwischen Wissen und Glauben, Himmel und Hölle. Oder, wie wir in Armenien sagen, zwischen dem Prinzip und der Wirklichkeit.“

    „Lieber Armen“, sagte ich verwirrt, „bei allem Respekt, das verstehe ich nicht. Was haben Himmel und Hölle, Glauben und Wissen, mit Prinzip und Wirklichkeit, oder gar mit der Oberfläche Eures so wunderbaren Sevan-Sees zu tun? Hier haben Eure Vorfahren oder zumindest ein Teil Eurer Vorfahren gelebt, von hieraus haben sie andere Völker unterworfen, sich auch von anderen Völkern wie den Persern oder Assyrern unterwerfen lassen, hier hat der technische Wahn des modernen Kommunismus eine wunderbare Natur fast vollständig getötet, hat der verschwenderische und unbedachtsam grenzenlose Verbrauch des Wassers für Energieerzeugung und die Bewässerung der Felder den Wasserspiegel um zwanzig Meter gesenkt, ja, das alles ist wahr und einwandfrei dokumentiert.

    Aber die Grenze zwischen dem Sevan-See und seiner Umgebung, sei es nun der sanft abfallende Strand an der westlichen oder die Steilküste an  der östliche Seite oder sei es die Luft an der Wasseroberfläche bedeuten doch noch lange nicht eine Grenze zwischen Glauben und Wissen, Leben und Sein, Prinzip und Wirklichkeit. Und falls dennoch, auf welcher Seite liegen denn Leben, Wissen oder Himmel, und auf welcher Seite Sein, Glauben oder Hölle?“

    Armen lächelte und sagte vergnügt: „Siehst du, deine Fragen sind schon ein Hinweis, wenn nicht gar ein Beweis für die Richtigkeit meiner Aussage: Zum einen erkennst du, nicht nur im Prinzip, sondern auch in der Wirklichkeit die Grenze zwischen dem Wasser und seiner Umgebung, sei es nun Land oder Luft an.“

    „Aber das ist doch selbstverständlich. Ich wäre ein Narr, wenn ich diese Grenze nicht sehen und mich danach richten würde.“

    „Genau. Wenn du sie nicht sehen und nicht beachten würdest, dann wärest du längst in den Sevan-See hineingefallen und trotz all deiner hervorragenden Schwimmkünsten schon ertrunken oder würdest zappelnd um Hilfe schreien! Du kämst gar nicht heraus aus dem See, da du seine Grenze und das rettende Ufer nicht erkennen würdest!“

    „Ja, und? Das erklärt doch noch lange nicht, was die Sevan-Seegrenzen mit Glauben und Wissen und all den anderen Dingen zu tun haben“, wandte ich siegessicher ein.

    Armen lächelte erneut verschmitzt und einladend: „Du hast eben zugegeben, dass der Sevan-See seine Grenzen hat. Niemand wird das bestreiten. Auch du hast das gesagt. Nun, zwischen Glauben und Wissen ist auch eine Grenze. Genauso wie zwischen Himmel und Hölle, oder Prinzip und Wirklichkeit.“

    „Ja, aber, auf welcher Seite liegen denn nun Prinzip oder Wirklichkeit, Glauben oder Wissen? Über oder unter beziehungsweise genauer im Wasser?“ fragte ich immer noch siegessiecher.

    „Das kommt eben darauf an, wer die Frage stellt, oder von welcher Seite aus man die Dinge betrachtet“, kam die mich vernichtende Antwort.

    Ich erkannte, dass ich hierauf keine rettende Erwiderung geben konnte. Es war wie bei einem Schachspiel: Im Prinzip hatte ich gewonnen, in der Wirklichkeit war ich verloren. Das stand eigentlich schon bei Beginn oder nach dem ersten Zug des Spiels fest.

    Ich ergab mich meinem Schicksal und meinte kleinlaut: „Wir hier, die wir in der Luft atmen, leben in der Wirklichkeit, mit unserem Wissen, in unserem Sein. Die Fische atmen im Wasser. Sie leben dort in ihrer Wirklichkeit, mit ihrem Wissen und in ihrem Sein. Wir, oder du als Fischer, du kannst sie nur fangen, wenn du glaubst, dass sie sich dort aufhalten, wo du deine Netze auswirfst. Wenn sie dort sind, wo du es glaubst, dann wirst du sie fangen. Sind sie nicht dort, dann hast du falsch geglaubt und du fängst nichts. Das meinst du doch?“

    Er lächelte wieder hintergründig und wie ein persischer Teppichhändler, der nach erfolgreichem Handel über den Verkaufspreis eines handgewebten Teppichs noch einen kleinen zusätzlichen Gewinn erzielen möchte: „Im Prinzip hast du verstanden, was ich meine. Aber eigentlich nur im Prinzip. Denn, man kann die Dinge auch umdrehen, und dann stimmt all das wieder nicht so genau: Wenn ich nichts gefangen und trotzdem geglaubt habe, dass sich die Fische dort aufgehalten haben, dann darf ich nicht daraus schließen, dass ich falsch geglaubt habe. Es kann sein, dass die Fische vor dem Netz sich gefürchtet und versteckt haben, es kann sein, dass sich mein Netz, das Werkzeug meines Glaubens, nicht richtig gespannt hatte, es kann sein, dass die Fische von einem großen Raubfisch verjagt wurden, es kann so vieles sein. Vielleicht haben die Fische auch gelernt, sich sofort von dem ins Wasser klatschen Netz fern zu halten, obwohl sie genau dort geschwommen sind“.

    „Da habe ich es wieder“, dachte ich ein wenig erzürnt. „Man kann diesen armenischen Burschen einfach nicht beikommen. Selbst wenn sie zugeben, dass man Recht hat, so empfindet man das als Niederlage. So ist das eben mit dem Prinzip des Radio Eriwan“.

    Aber böse im eigentlichen Sinn war ich nicht. Dazu waren das Essen viel zu schmackhaft, der See zu einladend und friedlich, die Stimmung zu abendlich und ausruhend.

    „Für die Fische ist das Wasser keine Glaubens Angelegenheit, so wie es das für den Fischer ist“, meinte ich nachdenklich. „Sie glauben eher an etwas, das außerhalb, also oberhalb des Wassers ist, an etwas, das wir in unserer Welt nicht mehr als Glauben, sondern als Wirklichkeit ansehen. Vielleicht springen sie deshalb manchmal aus dem Wasser, um nachzusehen, was in ihrer Glaubenswelt  geschieht. Ob sie Recht mit ihrem Glauben haben. Ob ihr Gott zürnt, oder ob das Unheil, du, der Fischer, schon nach ihnen jagt.“

    „Hm,“ meinte Armen. „Hm. Sie springen zumeist dann aus dem Wasser, wenn, so wie jetzt, da, schau an die Ostwand, sich der Nebel von den Berggipfeln löst und zum See hinunter kriecht. Das ist ein böses Zeichen. Es kündigt Sturm und Kälte an. Nicht nur für den See, nicht nur für die Fische, die sich, sobald sie den kriechenden Nebel in ihrer Glaubenswelt bemerkt haben, zum Grund des Sevan-Sees flüchten. Auch für die Menschen, wie mir mein Großvater, der es von seinem Vater erfahren und mir berichtet hat, auch für die Menschen war und ist  es eine Vorwarnung auf das wirklich Böse, das Allvernichtende, das vom Menschen dem Menschen zugefügte Unheil.

    Denn so erzählte mein Großvater:

    Der Sevan-See ist ein Spiegel unserer Seele. Er lacht und tanzt. Er berichtet von den herrlichen Taten unserer Vorfahren. Er leidet unter unserer Gegenwart. Ihm graut vor der Zukunft, und er singt mit den tiefen Stimmen unserer Mönche und Priester. Vor vielen tausend Jahren, im Land Quihu, lebte einst einer unserer Vorfahren. Er war ein Fischer so wie mein Urgroßvater, mein Großvater,  dein Vater und auch ich. Er liebte den See und hatte mit ihm ein so enges Bündnis geschlossen, dass der Sevan-See, der unberechenbare und jähzornige See ihn in sein Vertrauen zog und ihm sagte:

    „Du, Simon Bagdalyan, du lebst auf und von mir. Ich respektiere dich, denn du bist freundlich, singst auch bei wütenden Stürmen deine Lieder und nimmst Rücksicht auf die Glaubenswelt meiner Fische.

    Höre mir genau zu, was ich dir jetzt sagen werde. Höre mir genau zu. Es ist die Gnade unseres Allmächtigen, der mir erlaubt, dir zu sagen, was sonst keine Sterblichen  erfahren dürfen: es wird ein großes Unheil über das armenische Volk hereinbrechen, ein unabwendbares und schreckliches Unheil. Ein Verbrechen von Menschen an Euch Menschen, an Euch, die Ihr hier friedlich und gottesfürchtig an meinen Ufern lebt.

    So sagt der zürnende Gott: Ich werde mein Volk, das geliebte armenische Volk der Prüfung durch die Ungläubigen aussetzen. Nicht, dass ich meine lieben Gläubigen fallen oder im Stich lassen werde. Aber, ich muss im Prinzip wissen, was meine Gläubigen von den Ungläubigen unterscheidet.

    Sind die Ungläubigen wirklich so grausam und menschliche Teufel, wie es meine Jünger behaupten? Werden meine gläubigen Schafe sich brav und dem Schicksal ergeben in die Wüste treiben lassen von den Ungläubigen? Werden die Ungläubigen nicht wenigstens Mitleid, das einfachste der menschlichen Gefühle empfinden? Werden sie oder wenigstens einige von ihnen meinen Gläubigen hilfreich zu Seite stehen, damit ich auch sie in meinen Glauben aufnehmen und ihnen meine friedfertigen Waffen anvertrauen kann?

    Als Zeichen werde ich dir den herab fallenden Nebel senden. Wenn er den See vollständig einhüllt, dann benutzt den Nebel zur Flucht. Er wird Euch vor den grausamen Feinden verbergen, solange, bis sie mit ihren Opfern in die Wüste gezogen sind. Im Prinzip wird so das Unheil vorher gesagt. Es wird kommen, unabwendbar, nur wann, das kann Euch niemand sagen.

    So sprach der Sevan-See vor vielen Jahren zu Simon Bagdalyan, und Simon Bagdalyan sprach zu seinem Sohn und sein Sohn  zu seinem Sohn und sein Sohn zu seinem Sohn und dessen Sohn zu dessen Sohn.

    Der Sevan-See hörte zu und freute sich über die ihm anvertraute und im Prinzip nicht vergessene Warnung. Aber nichts Böses geschah. Friedlich lebten die Fischer, nur geplagt von den alltäglichen Kümmernissen, den unvermeidbaren Schmerzen ihrer Frauen bei der Geburt ihrer Söhne, dem überraschenden Wüten des Sees mit den Leichen der ertrunkenen Söhne, den gebrochenen Beinen der beim Besteigen der Berggipfel verunglückten Söhne, auch den harsch geopferten Söhnen, die im Verlauf der Blutrache gemeuchelt wurden.

    Aber friedlich und gottesfromm behütet verlief das Leben des Simon Bagdalyan und seiner Söhne, bis, ja, bis der Sevansee sein Zeichen sandte.

    Es war ein schrecklicher Tag. Der See wütete in seinen kräftigsten Tagen. Er wollte und wollte sich nicht beruhigen. Graue, Furcht erregende Nebelschwaden krochen wie graue Teufelsdrachen die östlichen Steilhänge hinab in den tosenden See. Es war als wollte sich die Natur, die sich an die Anwesenheit der friedlichen Fischer gewöhnt und sie lieb gewonnen hatte, gegen die Grausamkeit des Allmächtigen wehren. Aber der Allmächtige erlaubte keinen Widerspruch. Die Warnung war gesprochen. Es war nun den Menschen überlassen, auf sie zu hören, oder eben nicht.

    Die Familie oder Sippe des Simon Bagdalyan hatte sich im Laufe der vielen Generationen in zahlreiche Erbfolgen gespalten. Nicht alle seine männlichen Nachkommen waren Fischer geworden: Manche hatten sich der Landwirtschaft, andere einem einträglichen Handwerk wie Zimmermann, dem Bootsbau, oder dem Handel zugewendet.

    Einer seiner Nachkommen, der Fischer Tigran Bagdalyan, der mit seiner Frau Anna und seinen vier Söhnen Aram, Ashot, Levon und Hayk in seinem kleinen Haus am westlichen Seeufer lebte, sah mit Entsetzen das Tosen und den irrsinnigen Zorn des Sees.

    „Das ist seltsam. Der See will sich überhaupt nicht beruhigen. Es scheint, dass die Natur sich über etwas Ungeheures aufregt. Was meinst du, Frau?“, fragte er seine etwas dickliche, aber noch sehr ansehnliche Frau.

    „Ja, irgendetwas stimmt nicht. Alles ist unheimlich geworden. Denke nur, gestern habe ich Hasmik auf dem Weg zum Markt getroffen. Es waren auch türkische Soldaten zu sehen, die das Kloster Sevanawank besetzt und dort alle Priester interniert, wie man munkelt, sogar getötet haben.

    Es liege ein großes Unheil in der Luft, sagte mir Hasmik. Sie habe gehört, dass die Soldaten Befehl erhalten hätten, alle Familien zusammen zu treiben und nach Süden in die Wüste zu bringen. Nur der Sturm hindere sie daran, mit der Vertreibung zu beginnen. Das sagte mir Hasmik, die Bäckerfrau. Was sollen wir tun?“

    Aram, der mit sechzehn Jahren älteste der Söhne hörte zufällig das Gespräch zwischen seiner Mutter und seinem Vater. Er erinnerte sich an die Gespräche mit seinem Großvater, der vor drei Jahren an einer unheilbaren Herzkrankheit verstorben war. Der Großvater hatte ihm viele Geschichten über den Sevan-See, darunter immer wieder die eindringliche Warnung über das bevorstehende, aber bisher niemals eingetretene Unheil erzählt.

    Konnte es sein, dass dieses unheilvolle Wetter, das tosende Wüten des Sees, die grauenvoll kriechenden Nebel die Warnung bedeuteten, die seit Generationen in den abendlichen Wodkareichen Geschichten der Fischer erzählt wurde? Seine Fantasie, die ihm den Beinamen Surenmyan eingetragen hatte, ließ ihn aufgeregt zu seinen Eltern laufen.

    „Vater, Mutter, kann es sein, dass die alten Wahrsagungen Wirklichkeit werden?“ fragte er aufgeregt.

    „Ach, Surenmyan, deine Fantasie spielt dir wieder einen Streich. Wahrsagungen sind wichtig, im Prinzip, aber, ebenfalls im Prinzip, sie werden nie so Wirklichkeit, wie angekündigt“, versuchte der Vater ihn zu beruhigen.

    „Wenn aber doch? Alle sprechen, Mutter hat es auch berichtet, von der Furcht vor fürchterlichen Vertreibungen und einem langen bevorstehenden Weg in die Wüste mit Verdursten und Hungertod. Die Soldaten sind ja schon da. Was wollen die denn hier? Und der See, unser geliebter Sevansee zürnt und tobt wie ein Wahnsinniger. Hast du schon einmal ein derartiges Unwetter erlebt, Vater? Alles passt doch zusammen. Wie es die Vorsagen berichtet haben. Großvater würde mir wohl zustimmen.“

    Dem Vater, dessen Großvater ihm ebenfalls die unheimlichen Wahrsagungen eindringlich erzählt hatte, wurde unheimlich. Er schaute aus dem Fenster und sah die heftigen Regenwolken, hörte den wütenden Sturm und war unschlüssig, was zu tun war.

    Der See war bei diesem Sturm mit seinem kleinen Fischerboot nicht zu befahren. Das kleine Boot würde nahezu augenblicklich von den mannshohen Wellen mit Seewasser überschüttet werden und sofort sinken. Im Haus zu bleiben, das schien die vernünftigste Lösung in der schwierigen Lage zu sein. Jedoch, die Soldaten hatten schon das Kloster übernommen und waren vielleicht schon auf dem Weg in das kleine Dorf. Dann wäre es fast unmöglich, sich ihrem Zugriff zu entziehen. Sie waren gut bewaffnet. Es waren viele, sehr viele, ungläubige, fremde, gut trainierte sowie gehorsame, mitleidslose Uniformierte.

    Er rief den Familienrat zu sich. Zwar hatten Frauen und Kinder nach alter Tradition im Familienrat kein Stimmrecht und waren eher dem Sklavenstand zuzurechnen, aber in einer so geheimnisvollen Situation mit dem wohl vom Allmächtigen befohlenen Zusammentreffen der Sevan-See-Legende und den sich im Land ausbreitenden Gerüchten, Verhaftungen, ja sogar Hinrichtungen und in einen Todesmarsch getriebenen war jede, insbesondere jede fantasievolle Stimme gefragt. Es stand die Zukunft der gläubigen Familie, die ja nach den Legendenberichten den Ungläubigen zum Test über deren Ungläubigkeit ausgesetzt werden sollte, auf dem Spiel.

    „Was sollen wir tun? Wir alle sind in Gefahr. Die türkischen Soldaten haben schon unser Kloster Sevanawank besetzt. Eure Mutter hat erfahren, dass die Priester und Mönche getötet wurden. Nicht erschossen, nein, in Reih und Glied aufgehängt, wie die Schafe, die wir zum Ausnehmen an den Beinen aber nicht am Hals aufhängen. Hasmik, die Bäckerfrau hat erzählt, dass die Soldaten die Vertreibung von uns allen ohne Rücksicht auf Frauen und Kinder vorbereiten.

    Es scheint, als solle die Sevan-See Mahnung vom Allmächtigen in die Wirklichkeit heute oder spätestens morgen umgesetzt werden. Surenmyan, du besitzt die weiteste Fantasie von uns allen. Was schlägst du vor? Was sollen wir tun? Uns dem wütenden See ausliefern, oder auf die Gnade und die Unvollkommenheit des Allmächtigen hoffen?“ fragte der Vater sorgenvoll.

    Surenmyan war überrascht. Es war das erste Mal, dass er den Vater so hilflos erblickte und, noch schlimmer, dass er, der älteste, aber mit sechzehn Jahren noch junge Sohn der Familie zu einer Entscheidung aufgefordert wurde, der sich zu beugen der Vater, der allmächtige Vater in der Familie bereit war. Das erfüllte Surenmyan mit Stolz und mit dem Bewusstsein, dass er, der älteste Sohn nun an Kraft und Verantwortung seinem Vater überlegen war.

    Er sagte kraftvoll und streng seinen Vater anblickend: „Mutter, Vater, meine jungen Brüder Ashot, Levon und Hayk, ich habe unserem Großvater genau zugehört. Immer und immer wieder hat er von der Warnung unseres geliebten, jetzt so erzürnten Levansees und dem fürchterlichen Test unseres Allmächtigen gesprochen. Leider können wir ihn nicht mehr um Rat fragen.

    Ihr sagt mir, dass ich die größte und vor allem heute wichtigste Fantasie von uns allen besitzen würde. Es bedarf keiner besonderen Fantasie, sich die Grausamkeit der Ungläubigen vorzustellen. Sie werden uns alle nicht nur töten, sondern zuvor unmenschlich, ja nicht nur unmenschlich sondern auch mit all ihrer Ungöttlichkeit quälen. Dem Allmächtigen können wir ebenfalls nicht widersprechen oder aus dem Weg gehen. Er wird seinen Plan, an uns die Göttlichkeit der Ungläubigen testen zu lassen, mit all seiner Vollkommenheit ausführen. Somit hilft uns keine Fantasie, dem Test des Allmächtigen und unserem dann so grausamen Schicksal entfliehen zu können. Was bleibt uns?

    Vertrauen wir uns unserem Levansee an. So wie er uns vertraut hat in unserer Familie von Generation zu Generation seine Wahrsagung weiter zu tragen. Ihm zu vertrauen, auch wenn seine Prophezeiung über Jahrhunderte und über den Zeitraum, den wir und unsere Großväter zurückblicken, nicht eingetroffen ist.

    Aber jetzt? Mit etwas Fantasie erfahren wir heute und erleben jetzt die Legende, die Warnung des Levansee. Wenn wir daran glauben, wenn wir daran so fest glauben wie an die Stellen im See, an denen sich die Fische aufhalten, die wir zu fangen wünschen, dann gilt nur die Wahl: Wir müssen versuchen, mit dem Boot die andere, die östliche, die von den Russen beherrschte Seite des Levansees zu erreichen.

    Ich habe ausreichend Fantasie und kann im Prinzip mit einem Eimer jede in das Boot schwappende Welle wieder heraus schöpfen. Wenn wir alle zusammen schöpfen, dann wird es gelingen. Dann wird dieses Prinzip unser Dasein erhalten. Dann können wir der grausamen Wirklichkeit und den schrecklichen Quälereien der Ungläubigen, veranlasst durch die nicht zu begreifende Absicht unseres Allmächtigen an den Ungläubigen unseren Glauben zu testen, entrinnen. So werden wir überleben, zusammen und als eine unserem Levansee vertrauende Familie.“

    Besser ersaufen, als in die Hände der Jungtürken zu fallen“, meinte zustimmend der Vater. Die Mutter sagte mehr Praxisnah: „Nun ja, wir haben kräftige Arme und auch genügend Eimer. Ich denke, dass ich schon vier Eimer auftreiben kann. Und Vater kann das Boot sehr gut steuern. Auch wenn der See zürnt und tobt.“

    So bereitete sich die Familie auf die Überfahrt hin zu dem rettenden östlichen Ufer des Levansees vor. Das kleine Ruderboot wurde soweit als möglich mit einer Plane abgedeckt. Der Vater setzte sich an die Ruder. Die Mutter und die vier Kinder nahmen in der Mitte mit ihren Eimern Platz. Die Familie steuerte auf den tosenden See hinaus.

    Kaum jedoch hatten sie das westliche Ufer mit all seinen überschwappenden Wellen verlassen, als sich der See zu beruhigen schien. Es war eine der insgesamt seltenen, aber nicht ungewöhnlichen Wind und Sturmlagen, die auf der westlichen Seeseite besonders stark wüten, sich aber zur Seemitte und zur östlichen Seite hin deutlich abschwächen und hier ohne allzu große Gefahrenmomente überwunden werden konnten.

    Die Familie erreichte wohlbehalten das andere sichere Ufer und blieb von den kurz danach stattfindenden wütenden Gräueltaten der Jungtürken an den überall gesuchten und vertriebenen Armeniern verschont.

    Armen Bagdalyan griff zur Wodkaflasche, füllte unsere Gläser und forderte: „Hier trink. Trinken wir auf das Wohl unserer verstorbenen Großväter! Auf deren Großväter! Und, im Prinzip, auf alle weiteren, von uns nicht mehr abzuzählenden Großväter! Prost!

    Hm, das ist guter Wodka. Er stammt aus der Ukraine. Es ist zu gefährlich unseren einheimischen Wodka zu trinken. Er ist zu oft verdünnt mit Wasser und im Ausgleich versehen mit Methylalkohol. Der Kopf brummt dann grauenhaft, und man kann man leicht erblinden. Jedenfalls soll das schon vorgekommen sein.

    Und dann, wenn man durch Genuss unseres einheimischen Wodkas zumindest im Prinzip blind geworden ist, dann kann man natürlich nichts mehr sehen, nichts mehr unterscheiden. Weder den Sevan-See, noch seine Ufer, oder seinen Grund oder seine Oberfläche. Wie gesagt, dann läuft man leicht Gefahr zu ertrinken, besonders nach Genuss  unseres einheimischen Wodkas. Zumindest im Prinzip.“

    Ich sah auf den See hinaus. Es war Nacht geworden. Auf der gegenüber liegenden, der östlichen Uferseite blinkten Lichter einzeln stehender Häuser. Es war kühl geworden. Undeutlich waren die hinab sinkenden Nebelbänke als graue verwehende Schleier noch sichtbar. In sanfter und friedlicher Stimmung plätscherten kleine Wellen an die Boote und an die Holzplanken des Anlegestegs. Schon war der Abendstern aufgegangen. Die Wodkaflasche war geleert. Die junge Bedienung stellte eine neue auf unseren Tisch. Armen schenkte ein.

    Ich sagte leise zu ihm: „Auf all die Großväter, die von dem Allmächtigen für seinen Test an den Ungläubigen geopfert wurden. Und Du, See, schenke den so Gequälten vertrauensvoll deinen Frieden.“

    Bei diesem Toast trank Armen sein Glas nicht vollständig aus, sondern erhob sich, blickte ernst und würdevoll auf den See, opferte den verbliebenen Wodkarest mit einem kurzen Schwung dem See und sagte: „Herr und Du Sevan, sei ihnen und uns allen gnädig.“

    Es wurde eine lange, sehr lange Nacht, natürlich nur im Prinzip, und nur für die Fische im Sevansee, wie Armen ergänzend hinzufügte.

    Copyright Prof. Dr. Dr. Kayserd

     

     

  • Mausgedanken

    Der Hamsterhut

    Kayser Hamsterhut 

    Ich bin die Hamsterin und keine Maus.
    Steht mir nicht stolz mein Hut?
    Im Frühling geh ich mit ihm aus.
    Ich brauche nur ein bisschen Mut.

    Damit ich frei im Sonnenlicht
    Von ihm bedeckt spazieren kann.
    Neugierig sieht in mein Gesicht
    Dann jeder junge Freier. Mann,

    das ist ein cooles Glücksgefühl,
    so begehrt als Hamsterfrau!
    Ich hamstere alles, ja ich will
    auch jeden sammeln, ganz genau!

    Ich schleppe sie in meinen Bau
    Wenn Korn, dann kommt dort Korn zu Korn
    Ist es ein Freier, bin ich schlau:
    Ab mit dem Hut! Und dann von vorn!

     

    Die Trinkermaus

    Kayser Trinkermaus

     

    Seht her, ich bin die Trinkermaus!
    Fest halt ich mich an meinem Glas.
    Mit einem Schluck trink ich es aus.
    Ich habe meinen Spaß

    An Schnaps und Wein und auch an Bier.
    Nur Sekt, den mag ich nicht
    Und schaut die Katze frech nach mir
    Führ ich sie hinters Licht.

    Ich zeige ihr ein volles Glas
    Mit Schnaps und Alkohol
    Verführe sie, sie weiß nicht, dass
    Sie sich besäuft und träumt dann wohl

    Von einem Mäusefest.
    Besoffen schnarcht sie mir ganz laut.
    So geb ich ihr den Rest
    aus Hinterlist und Schnaps gebraut.

     

    Die Valentinsmaus

    Kayser Valentinsmaus

     

    So schlief ich heut mit meinem Bär
    Ich habe ihn so lieb.
    Sein raues Fell kitzelte mich sehr
    Da nieste ich und rieb

    Mir sanft die Augen wach.
    Ich küsst ihn auf den Mund.
    Er sah mich an und sagte, ach,
    du bist so schön und rund.

    Ich muss in deine Augen schaun.
    Du bist mein Himmelreich.
    Sie sind so sanft, so sanft und braun
    Dein Fell ist daunenweich.

    Ich halte dich in meinen Armen.
    Ich lass dich nicht mehr los.
    Da gibt es für dich kein Erbarmen
    Die Liebe ist zu groß.

    Ich muss dich, Bär, ich muss dich fressen,
    wenn ich auch Käse lieber mag.
    Wir beide dürfen nicht vergessen:
    Heut ist dem Valentin sein Tag.

     

     

  • Hephaistos – ein hinkender Künstler und Gott

    Wenn es um die Behinderung des Hephaistos geht, sind die literarischen Quellen ebenso widersprüchlich wie die Zeugnisse der antiken Kunst.
    Hephaistos sagt von sich: „ [..] aber ich selber kam als Krüppel zur Welt“ (Od. 8, 310).

    In der Ilias 18, 393-398 geht er ins Detail:

    „Ihr antwortet drauf der hinkende Feuerbeherrscher:
    O, so besucht mein Haus die erhabene, würdige Göttin,
    die mich rettete einst nach dem schrecklichen Sturz in die Tiefe,
    als mich die [..] Mutter hinab warf, welche mich Lahmen
    wegzuschaffen beschloss. Trübseliges hätt’ ich erduldet,
    wenn des Okeanos Tochter [..] Thetis [..] mich nicht
    geborgen am Busen [..].
    Sprachs, der schnaufende Ries’, und erhob sich vom Ambossklotze
    hinkend, humpelte dann umher mit den schwächlichen Beinen [..]“
    (Il. 18, 410-411)

    Wamser-Krasznai-Relief Ostia

                                                Abb. 1: Relief Ostia, 2. Jh. n. Chr.

     

     

    Doch die einzige Darstellung, die wir von dem Sturzflug  besitzen, zeigt den unwillkommenen Sohn mit wohlgeformten Füßen. Es ist ein römisches Relief aus Ostia, das den Neugeborenen als verkleinerten Erwachsenen zeigt, mit den Attributen seiner späteren Tätigkeit, Hammer und Zange.

    Die Wiedergabe krankhafter Veränderungen an den Beinen beschränkt sich auf die archaische Zeit[1].

    Wamnser-Krasznai-korinthischer Amphoriskos

                               Abb. 2: korinthischer Amphoriskos, 600-580 v. Chr.

     

     

    In der Klassik wird das körperliche Gebrechen nicht mehr so drastisch vorgetragen; Hephaistos sitzt z. B. mit unterstützten Füßen seitlich auf einem Esel[2]. Am Ostfries des Parthenon in Athen deutet sich die Behinderung nur mehr durch einen unter die Achsel geklemmten Stock an:

    Wamnser-Krasznai-Hepaistos und Athena

                                     Abb. 3: Hephaistos und Athena, etwa 440 v. Chr.

     

     

     

     

     

     

    Wie kommt es eigentlich zu dieser Behinderung?

    Die homerischen Epen überliefern den Sturz aus dem Olymp zweimal, unter  verschiedenen Umständen. Im Homerischen Hymnus an Apollon zeigt Hera ihre Enttäuschung über den krummfüßigen Sohn und schildert ihre wenig mütterliche Tat:

    „Mein Sohn freilich, Hephaistos, den selbst ich gebar, ist ein Schwächling
    [..] mit krummen Füßen.
    Einst packt ich ihn grad an den Händen und warf ihn ins weite
    Meer; doch Thetis, die silberfüssige Tochter des Nereus,
    Fing ihn auf und versorgt ihn im Kreis ihrer Schwestern. “
    (Hom. h. Apollon 316-320)

    1. Liegt demnach eine angeborene Missbildung vor? Dabei denken wir vor allem an den Klumpfuß. Dazu passt die familiäre „Fußschwäche“, die von zwei Söhnen des Hephaistos überliefert ist. Palaemonios, einer der Argonauten, hinkt wie sein Vater Hephaistos, „mit verstümmelten Füßen“ (Apoll. Rhod. Argonautika 1, 202-204. Orph. Arg. 212). Periphetes,
    der Keulen tragende Sohn Vulcans (Ov. met. 7, 437; Paus. 2, 1, 4), wird von Theseus bei Epidauros erschlagen. Er war „schwach an den Füßen“ (Apollod. 1, 112  und 3, 16, 1)[3]. Auf den wenigen bildlichen Darstellungen der Hephaistos- Söhne findet sich jedoch kein Hinweis auf ein Gebrechen.

    Der zweite Sturz geht auf das Konto des Zeus. Er fasst den Hephaistos, der gegen ihn für Hera Partei ergriffen hatte, am Fuß und wirft ihn vom Olymp (Il.1, 590-594). Der Unglückliche ist
    halbtot, als ihn die Bewohner von Lemnos, die thrakischen Sintier[4], aufnehmen und soweit möglich gesund pflegen.

     

    2. Haben wir es also mit einer posttraumatischen Behinderung zu tun? Nach Apollodorus, Valerius Flaccus und Lukianus ist die Lahmheit eine Folge des Sturzes[5].

    Ein anderer Erklärungsversuch führt das Hinken des Hephaistos auf die Blessuren zurück, die sich dieser als Titan unter Titanen, im Kampf gegen die Olympier, zugezogen habe. Während die übrigen Titanen von Zeus in den Tartaros gestoßen wurden, habe Hephaistos in den Olymp zurückkehren dürfen. Zwar behalte er als Zeichen seines Sturzes die lädierten Beine, aber er werde eben doch Olympier[6]. Für diese Hypothese, die nicht ohne Reiz ist, fehlen allerdings bildliche und schriftliche Zeugnisse. Als einziger Hinweis auf die titanische Urgewalt des Gottes dient das stets betonte Missverhältnis zwischen den „schwächlichen Schenkeln“ und dem „stämmigen Nacken“ (z. B. Il. 18, 410-415).

     

    3. Im Gegensatz zur Schilderung von des Gottes armkräftiger Kampfgewandtheit und  „schnaubender“ Urgewalt wird er durch die Verbindung mit dem ägyptischen Ptah und den Patäken zum Zwerg, gar zu einem dysproportionierten, achondroplastischen[7] Zwerg (Hdt. 3, 37, 2). Eine seltene Darstellung zeigt den winzigen, hier allerdings wohlproportionierten Künstler- und Handwerkergott, kurz bevor er seine Mutter Hera von dem magischen Thronsessel befreit, den er als kleine Rache für ihre Lieblosigkeit konstruiert hatte[8]. Ist Hephaistos demnach ein hinkender Krüppelzwerg?

    Nach einer alten Begründung für die Lahmheit des göttlichen Kunsthandwerkers falle das Handwerk, das einem Helden nicht anstehe, den Krüppeln zu – eine wenig befriedigende Erklärung[9].

    4. Weitere Hypothesen verbinden Hephaistos mit den Schmiedegöttern und- Heroen anderer Zeiten und Kulturkreise[10], als man Sehnen gewaltsam durchtrennte, um geschickte  Handwerker am Ort zu festzuhalten.

    Ist es denkbar, dass man den Gott der Schmiede absichtlich verstümmelte?

    Auch Daidalos, nach der Genealogie ein Enkel des attischen Urkönigs Erechtheus, also ein Urenkel des Hephaistos[11], war ein begabter Zimmermann und Künstler, den König Minos auf Kreta festhielt. Von dort gelingt ihm die Flucht bekanntlich mittels seiner künstlichen, mit Wachs befestigten Flügel, während sein Sohn Ikarus der Sonne zu nahe kommt und sich zu Tode stürzt. Der Flug führt den Künstler unter anderem nach Sizilien, wo er seinen göttlichen Ahnherrn, Hephaistos/Vulcanus, trifft. Dieser ist besonders eng mit dem Feuer speienden Ätna und den liparischen Inseln verbunden. Überhaupt lasse der Himmelssturz des Gottes nach Roscher nur eine Deutung zu[12], nämlich das Herabkommen des Feuers im Blitz (Serv. Aen. 8, 414). Pindar bezieht die Ausbrüche des Ätna auf Hephaistos (Pind. P. 1, 25). Die mythische Doppelaxt ist ebenfalls ein Bindeglied zwischen dem göttlichen Ahnherrn und seinem Urenkel Daidalos. In den Darstellungen des Hephaistos als Helfer bei der Athenageburt spielt die Doppelaxt eine große Rolle. Niemals ist in diesem Zusammenhang eine Behinderung zu erkennen.

     

    Wamser-Krasznai-Hepahistos mit Doppelaxt

                Abb. 4: Hephaistos mit Doppelaxt bei der Athenageburt, etwa 570 v. Chr.

     

     

     

     

    Athena wird aus dem Kopf ihres Vaters Zeus geboren. Sie hatte ihm heftige Schmerzen bereitet, bis Hephaistos die langwierige Entbindung durch einen Hieb mit der Doppelaxt beendet. In voller Kleidung und Rüstung entspringt die Jungfrau dem göttlichen Haupt (Pind. O. 7, 35-38;  Hom h. 28, 4-5). Als sich Hephaistos in die unnahbare Göttin verliebt, ist seine Verfolgung natürlich zum Scheitern verurteilt (Paus. 1, 14, 6. Hyg. Fab. 166); aber sein Samen fällt auf die Erde und befruchtet sie. So bringt Gaia/Ge den schlangenfüßigen Erichthonios hervor, den autochthonen Stammvater der Athener (Apollod. 3, 14, 6)[13]. Gaia übergibt ihn der Athena, die hier als Kourotrophos auftritt, zur Aufzucht[14]. In Attika sind die Göttin und Hephaistos,  verhinderte Partner in Punkto Liebe, gleichwohl Kultgefährten (Paus. 1, 14, 6). Sie werden im Tempel auf der Athener Agora gemeinsam verehrt. Athena ist ja nicht nur die Göttin der Weisheit und des Krieges, sondern wie Hephaistos auch Schützerin des Handwerks.

     

    5. In jüngerer Zeit versuchen manche Autoren das Hinken des Schmiedegottes naturwissenschaftlich zu erklären. Bis in das 3. Jahrtausend v. Chr. arbeiteten die Schmiede nämlich mit Arsenbronzen. Beim Schmelzen von Arsenerzen mit Kupfer bildet sich schon bei 200 Grad der giftige Hüttenrauch, As2O3, der vor allem zu Lähmungen der Beine führt[15].
    Liegt hier gar eine arbeitsmedizinische Anamnese vor, und Hephaistos leidet an den Folgen einer Berufskrankheit? Auch zu dieser Hypothese schweigen die antiken Schriften. Nach Meinung von Schrade hätte Homer wenigstens ein Wort darüber gesagt, wenn er geglaubt hätte, dass die schwachen Beine eine Folge seiner Arbeit seien[16]. Einzelne bildliche Darstellungen sind dazu angetan, die Lähmungshypothese zu stützen. Der berühmte Fronçoiskrater in Florenz zeigt Hephaistos rittlings auf einem Maultier sitzend. Beide Füße sind regelrecht geformt, doch ist der linke nach vorn, der rechte nach hinten gerichtet[17] – ein Zeichen fehlender Muskelkontrolle?  Auf einer schwarzfigurigen Amphora in London ist der Gott mit auffallend schlaff herunterhängenden Füßen dargestellt[18], sodass ein Lähmungsspitzfuß denkbar wäre[19]. Trotzdem sind diese naturwissenschaftlichen Erklärungsversuche nicht ganz überzeugend. Vor allem stellt sich die Frage, warum ein berühmter, erfahrener Kunsthandwerker wie Hephaistos, wenn er denn gelähmt ist, nicht ein Paar Peroneusschienen (Fußheberschienen) konstruiert, er, der sich zu seiner Unterstützung sogar künstliche goldene Mädchen geschaffen hat?

    „ [..] nahm das Zepter, das dicke.
    Humpelnd ging er zur Tür hinaus, und goldene Mägde
    Stützten den Herrn von unten; sie glichen lebendigen Mädchen.
    Denn sie haben Verstand im Innern und haben auch Stimme
    Und auch Kraft und lernten von ewigen Göttern die Werke.
    Und sie keuchten als Stütze des Herrn; der humpelte aber
    Hin, wo Thetis war [..]“.

    (Il. 18, 416-423)

    Auf all die anderen wunderbaren Erfindungen und Erzeugnisse des göttlichen Schmiedes kann hier nicht eingegangen werden; von dem kostbaren, magischen Thron für seine Mutter Hera war schon die Rede. Wir wollen vielmehr, nach einem Exkurs, noch eine weitere Hypothese anfügen.

    6. Hephaistos ist eine mythische Gestalt. Schon deshalb können die rein naturwissenschaftlichen Erklärungen für seine Behinderung, wie Arsenvergiftung, nicht befriedigen. Die als Lähmungspitzfuß interpretierbaren Darstellungen sind selten und zweifelhaft. Archaische Vasenmaler geben den Gott mit gekrümmten Füßen wieder. Das passt nicht zu einer Parese, sondern eher zum Klumpfuß. In der klassischen Zeit wird die Gehbehinderung nur mehr angedeutet, schließlich verschwindet sie ganz.

    Mythologische Begründungen liegen näher.

    Wir haben es mit einem besonderen, einem fremden Gott zu tun. Sein Kult ist durch Linear B in Knossos für die kretisch- mykenische Zeit bezeugt; der Name des Hephaistos aber lässt sich aus dem Griechischen bisher nicht deuten. Möglicherweise geht er auf die Sprache seines ureigenen Volkes, der Sintier auf Lemnos (vielleicht waren es Thraker?) zurück[20], die ihn einst vor den Folgen seines Sturzes bewahrten.

    Als vorgriechische, besonders im ägäisch-anatolischen Grenzraum verehrte Gottheit ist er gemäß der Überlieferung mit dem Künstlergott Koschar von Ugarit[21] und dem ägyptischen Ptah von Memphis[22] verwandt. Im 7. Jh. v. Chr. kamen ionische und karische Söldner nach Ägypten und begannen, neben ihren eigenen auch die lokalen Götter zu verehren. Möglicherweise brachten sie ein Bild des Hephaistos mit, das diesen „noch ganz ursprünglich – als Krüppelzwerg – vorstellt“[23].

    Herodot 3, 37, 2-3 berichtet, es sei „die Kultstatue des Hephaistos im Heiligtum von Memphis [..] nämlich sehr ähnlich den phoinikischen Pataikos- Figuren, die von den Phoinikern am Bug ihrer Trieren mitgeführt würden. [..]. Sie sind das Abbild eines zwergenhaften Mannes [..]. Auch die [..] Statuen der Kabiren ähneln dem Hephaistos; man sagt, es seien seine Kinder“[24].

    Der Gott empfängt also Kult nicht nur in Attika und Westgriechenland, sondern auch in halb barbarischen Gegenden wie Lemnos, Kleinasien oder Memphis. Er ist ebenso im Olymp zu Hause wie in den Höhlen Feuer speiender Berge. Der Mythos vom Herunterstürzen des Gottes wird auch als das Niederfahren des himmlischen Feuers im Blitz gedeutet. In der Aenaeis ist von Behinderung nicht die Rede, umso mehr aber von der Beziehung des Meisters zum Feuer und dessen wandelbarer Gestalt.

     

    „ [..] früh erhebt sich des Feuers Beherrscher [..] und eilt in die Esse des Schmiedes.
    Neben Siziliens Küste und seitlich von Aeolus’ Insel, Lipari,
    hebt sich ein Eiland mit steilen, rauchenden Felsen,
    Unter ihm eine Höhle, die Aetnakluft der Kyklopen,
    [..] Hier ist das Heim des Vulkan, und Vulcano nennt sich die Insel.“
    (Verg. Aen. 8, 413-422)

    Die variantenreichen Darstellungen in Schriften und Kunst der Antike erscheinen als Ausdruck der verschiedenen Aspekte ein und desselben Gottes, dessen liebenswürdigste Charaktereigenschaften noch gar nicht zur Sprache gekommen sind: Gutmütigkeit, Hilfsbereitschaft und die Fähigkeit, andere Götter zum Lachen zu bringen, meist auf seine eigenen Kosten. Hephaistos nämlich ist bekanntlich der Urheber des sog. Homerischen Gelächters, gleich, ob er seine treulose Gemahlin Aphrodite in den Armen des Ares erwischt (Od. 8, 266) oder ob er anstelle der reizenden Hebe und des schönen Ganymed als eine Art Hofnarr den göttlichen Mundschenk spielt[25]:

    „ [..] es lächelte drob die weißellbogige Hera,
    Lächelnd nahm sie darauf mit der Hand vom Sohne den Becher,
    Rechtsum schenkte er nun auch all den anderen Göttern
    Süßen Nektar ein, mit der Kanne vom Kessel ihn schöpfend.
    Unauslöschliches Lachen entstand bei den seligen Göttern,
    Als sie Hephaistos sah’n, der durch die Gemächer umher schnob“.
    (Il. 1, 595-600)

    Ist im hinkenden Hephaistos etwa nichts anderes zu sehen als eine der vielen Erscheinungsformen eines „fremden“  Gottes, der im Olymp ebenso zu Hause ist wie auf Lemnos und in Kleinasien, Ägypten und Sizilien, – nicht zu vergessen in unseren nur halb zivilisierten römischen Provinzen diesseits und jenseits der Alpen?

     

    Bildnachweis:

    Für die freundliche Erlaubnis, die folgenden Abbildungen zu reproduzieren, danke ich Frau Prof. Dr. Erika Simon, Würzburg, sehr herzlich.

    Abb. 1: Sturz des Hephaistos, Relief aus Ostia, 2. Jh. n. Chr.

    Aus: E. Simon, Die Götter der Römer (München 1990) 254 Abb. 331. 332

    Abb. 2: Rückführung des Hephaistos, korinthischer Amphoriskos,  600-580 v. Chr.

    Aus: E. Simon, Die Götter der Griechen (München 1985) 219 Abb. 204

    Abb. 3: Hephaistos und Athena, Ostfries des Parthenon, Athen, um 440 v. Chr.

    Aus:  E. Simon, Die Götter der Griechen (München 1985) 228 Abb. 217

    Abb. 4: Hephaistos mit Doppelaxt bei der Athenageburt, Exaleiptron, um 570 v. Chr. Aus: E. Simon, Die Götter der Griechen (München 1985) 187 Abb. 166

     

    Literatur:

    L. Balensifen, Achills verwundbare Ferse, Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, 111, 1996, 82 Anm. 22

    E. Bazopoulou- Kyrkianidou, What makes Hephaestus lame? American Journal of Medical Genetics 72, 1997, 144-155

    F. Brommer, Hephaistos. Der Schmiedegott in der antiken Kunst (Mainz 1978)

    H.-G. Buchholz, Ugarit, Zypern und Ägäis (Münster 1999)

    A. Dierichs, Ein hinkender Gott: Hephaistos, in: dies., Von der Götter Geburt und der Frauen Niederkunft (Mainz 2002) 41-44

    M. Grmek – D. Gourevitch, Les pieds d’Héphaistos, in: Les maladies dans l’art antique (Poitiers 1998)

    G. Jobba, Mi okozhatta Héphaisztosz sántaságát? Communicationes de historia artis medicinae 117-120, 1987, 137-140

    L. Malten, Hephaistos, Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 27, 1912, 232-264

    S. Morenz, Ptah- Hephaistos, der Zwerg. Beobachtungen zur Frage der Interpretatio Graeca in der Ägyptischen Religion, in: Festschrift für Friedrich Zucker  zum 70. Geburtstage (Berlin 1954) 275-290

    A. Mozolics, Hephaistos sántasága. Communicationes de historia artis medicinae 78-79, 1976, 139-148

    M. Reitz, Hautkrebs bei alten Hochkulturen, in E. G. Jung (Hrsg.), Kleine Kulturgeschichte der Haut (Darmstadt 2007)

    E. Rosner, Die Lahmheit des Hephaistos, Forschungen und Fortschritte 29, 1955, 362f.

    W. H. Roscher, Hephaistos. Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie  I  2,  1965, 2050. 2066

    K. Schefold, Die Urkönige, Perseus, Bellerophon, Herakles und Theseus in der klassischen und hellenistischen Kunst (München 1988)

    H. Schrade, Der homerische Hephaistos, Gymnasium, 57, 1950, 38-55 und 94-112

    E. Simon, Die Götter der Griechen (München 1985)

    E. Simon, Die Götter der Römer (München 1990)

    E. Simon, Daidalos, in: Althellenische Technologie und Technik von der prähistorischen bis zur hellenistischen Zeit mit Schwerpunkt auf der prähistorischen Epoche (Ohlstadt/Obb. 2003) 195-209

    A. D. Trendall, Rotfigurige Vasen aus Unteritalien und Sizilien (Mainz 1989)

    J. Wiesner, Olympos. Götter, Mythen und Stätten von Hellas (Nieder-Ramstadt/Darmstadt 1960) 51-54

    J. Wiesner, Der Künstlergott Hephaistos und seine außergriechischen Beziehungen in kretisch-mykenischer Zeit, Archäologischer Anzeiger 1968, 167-173

     

     



    [1] bei der Rückführung z. B. Caeretaner Hydria, Wien, ca. 530-500 v. Chr., Brommer 1978, 203 Taf. 11, 2 sowie Taf. 11, 1 und 3; Hephaistos auf gekrümmten Füßen stehend, etruskische Version als Sethlans, LIMC IV (1988) 657 Nr. 18 a Taf. 405 s. v. Hephaistos/  Sethlans (I. Krauskopf).

    [2] s. Kelchkrater c. 460-450 v. Chr., LIMC IV (1988)  641 Abb. 149 Taf. 396 s. v.  Hephaistos (A. Hermary).

    [3] s. Bazopoulou- Kyrkianidou 1997, 144-155.

    [4] Wiesner 1960, 52.

    [5] Roscher 1965, 2050.

    [6] Schrade 1950, 108-109. Eine weitere Sage überliefere, dass Hephaistos hinke, weil er im Krieg mit seinem Pferd gestürzt sei, s. Morenz 1954, 284 und Anm. 66.

    [7] Morenz 1954, 282.

    [8] Apulische Amphora, ca. 320 v. Chr., Trendall 1989, 121 Abb. 264.

    [9] Malten 1912, 256.

    [10] Buchholz 1999, 210 und Anm. 638-639. Hier ist z. B. an die germanische Völundr- Wielandsage zu denken, s. Malten 1912, 259. Verbindung zur Gestalt des hinkenden Teufels in der ungarischen Mythologie: Jobba 1987, 137-140.

    [11] Simon 2003, 199-206, bes. 200 Abb. 4; Schefold 1988, 59.

    [12] Roscher 1965, 2050.

    [13] Für mündliche Informationen hierzu danke ich H.-G. Buchholz und E. Simon. Ferner Roscher 1965, 2064.

    [14] Stamnos des Hermonax, ca. 460 v. Chr., Simon 1985, 195 Abb. 178.

    [15] Buchholz 1999, 210; Mozsolics 1976, 139-148; Reitz 2007, 78-79 und Abb. 1; Rosner 1955, 362-363; Simon 1985, 213 Anm. 5; Wiesner 1960, 52-53.

    [16] Schrade 1950, 109. Ebenfalls aus heutiger Sicht wurde eine frühkindliche Poliomyelitis erwogen, Grmek – Gourevitch 1998, 285.

    [17] Klitiaskrater, ca. 560 v. Chr., Simon 1985, 219 Abb. 203.

    [18] Balensifen 1996, 82, Anm. 22; LIMC IV (1988) 642 Nr. 157 d Taf. 397 s. v. Hephaistos (A. Hermary).

    [19] Der Gott ist zwar  ikonographisch an Dionysos angeglichen, aber durch die Doppelaxt eindeutig als Hephaistos ausgewiesen.

    [20] Simon 1985, 215.

    [21] Wiesner 1968, 170.

    [22] Wiesner 1960, 51.

    [23] Morenz 1954, 285.

    [24] Dazu auch Grmek – Gourevitch 1998, 283-284.

    [25] Simon 1985, 214.

  • Diese Aphorismen wurden zum Abdruck im Almanach Deutschsprachiger Schriftstellerärzte 2015 eingesandt, überstiegen aber den dort abdruckbaren Umfang. Deshalb werden sie hier veröffentlicht.

    Stille Wasser gründen tief, aber sie begründen auch, dass man Verdacht schöpft und sie auslotet.

    Scheinheilige sind oft redselig, weil sie ihren Heiligenschein verteidigen wollen.

    Sprichwörtlich formuliert: Das Leben ist ein Laster, geht es doch nur um den Zaster!

    Kreativität ist die Phantasie des Machbaren.

    Ethik: Verantwortliches Tun.

    Weltanschauung: Die kleinste mögliche Sichtweise der Welt.

    Liebe: Wenn wir den Anderen gut riechen können, dann führt uns die Liebe nicht an der Nase herum!

    Weltverbesserer: Keiner davon fängt in der eigenen Welt an  –   was zu denken gibt.

    Beziehung: Erst himmelte sie ihn an, dann fiel sie aus allen Wolken und landete in Teufels Küche.

    Zu Silvester wünscht man den Beamten der Verwaltung ein geruhsames Neues Jahr.

    Es ist die Bürokratie, welche dem Staat ihren Stempel aufdrückt.

    Demütigungen machen Mut   –   zu revoltieren.

    Besonders angepasste und opportunistische Schafe heulen sogar mit den Wölfen im Schafsfell!

    Selbsteinschätzung: Viele nehmen sich für voll, aber wenige nehmen ihnen das ab.

    Von der Absurdität des Lebens enttäuscht, lachte er sich einen Ast und hing sich daran auf   –   man lachte sich tot darüber.

    Es gefiel ihr, ihm zu gefallen, und weil er daran Gefallen fand, tat er ihr auch den Gefallen, auf sie hereinzufallen, und zufällig fanden sie dann das Glück: Ein Glücksfall.

    Sein Himmel hing voller Geigen, aber er fand den Bogen nicht heraus   –   heute spielt er Gitarre.

    Meine Mutter schenkte mir das Leben. Später dachte ich öfter schon an eine Rückschenkung.

    Schönheit ist immer auch etwas Einmaliges, was lange andauern möchte, so wie es in der Kunst oft gelingt.

    Schicksalsschläge treffen immer, denn man ist ihnen ohne ausweichen zu können, wehrlos ausgeliefert.

    Leere Versprechen werden meist in Worthülsen verpackt, und kommen von Leuten, die den Mund zu voll nehmen.

    Vordenker werden erst beim Nachdenken als solche erkannt.

    In der Liebe kann der eine Partner zu kurz kommen, wenn der andere zu schnell kommt.

    Gefühle kann man zunächst gar nicht verstehen, und so kommt auch das Verständnis für die Folgen von Gefühlen oft zu spät.

    Er wollte den Ton angeben und immer ins gleiche Horn stoßen, aber andere waren damit nicht einverstanden und bliesen ihm den Marsch.

    Sie lag ihm, weil sie ihm nicht auf der Tasche lag.

    Aufschlussreicher Kurzschluss: Wenn ich von mir auf andere schließe.

    Unglückliche Menschen sind nicht selten gute Menschenkenner: Von nichts kommt nichts.

    Die Gedanken sind frei, und unsere Freiheit sind unsere Gedanken.

    Steinreich und ein Herz aus Stein: Damit kann man steinalt werden, aber nicht glücklich sein.

    Hobby: Manchmal ist Erfolg auf einem ganz anderen Gebiet notwendig, um Niederlagen im beruflichen Bereich verkraften zu können.

    Kann der graue Alltag mit einem blauen Montag beginnen?

    Bei einer heißen Liebe schmilzt man nur so dahin, weil der eigene Wille dann wachsweich ist.

    Wenn einem ein Licht aufgegangen ist, leuchtet einem so manches ein.

    Aktionismus: Viele unserer Beschäftigungen halten uns davon ab, etwas zu schaffen.

    Immer wenn man Federn lassen musste, sollte einen das beflügeln.

    Denke nicht, was hätte werden können, sondern werde, was du dir hättest denken können.

    Wer überholen will, muss neben der Spur spuren und spurten.

    Diejenigen, die ihre Gesundheit in die Pfanne hauen, lassen aber auch nichts anbrennen.

    Rechtslastig: Manche politische Gesinnung schließt politische Besinnung aus.

    Weniger ist oft mehr: Im Vergleich zum Zunehmen ist Abnehmen schwer.

    Besitz ist das, was wir wie besessen besetzt halten.

    Informationen können wir speichern, aber Bildung kann uns bereichern.

    Nur der Schlaf sollte uns die Zeit vertreiben   –   können.

    Gegen Langeweile hilft Kurzweiliges.

    Langeweile, verweile nicht lange in meinem Leben, sondern ab und zu nur eine kurze Weile.

    Wir alle leben länger   –   und das eine ganze Weile: Geht das ohne Langeweile?

    Der Aphoristiker: Um sich beim Schreiben nicht zu langeweilen, schrieb er nur kurze Zeilen.

    Viele Dummköpfe handeln kopflos, vor allem als Klugscheißer.

    In der Liebe und im Krieg denkt der Mann nur an den Sieg.

    Wer lange geht, weiß wo es gesundheitlich langgeht.

    Evolution: Leider war der aufrechte Gang mit einer unaufrichtigen Gangart verbunden.

    Was lange währt, ist eine gute Währung wert.

    Patentrecht: Die Pharma-Industrie sitzt auf einem Pulverfass, doch sie fürchtet keinen Pillenknick.

    Wenn ich in mich gehe, gehe ich mir auf den Geist.

    Motivation: Seine Triebfeder machte er zu seiner Schreibfeder.

    Wer sich die Zeit vertreibt, wundert sich, wenn ihm keine Zeit verbleibt.

    Wenn ich Federn lassen muss, komme ich mir wie gerupft vor und reagiere mit einer Gänsehaut.

    Wer in der Schule des Lebens nicht aus seinen Fehlern lernt, verlernt auch das Lernen.

    Er schleimte und kroch auf allen Vieren: Das tat seinem Rücken gut, aber nicht seinem Rückgrat.

    Wenn man vom Pech verfolgt wird, sollte man die Pechsträhne verfolgen, um an ihren Ursprung zu gelangen.

    Dem Elefanten im Porzellanladen können Scherben kein Glück bringen.

    Ein guter Rechtsanwalt bringt auch seine schwarzen Schäfchen ins Trockene.

    Das goldene Kalb, um das man tanzt, ist der Börsenbulle als heilige Kuh.

    Wenn einem dauernd der Kragen platzt, liegt es entweder an der eigenen Schilddrüse oder an der des Gesprächspartners.

    Eigentlich sollte man zwei Talente haben: Ein großes und ein kleineres, um das große früh genug zu entdecken.

    Der Clevere stellt sich dumm, der Klügere stellt sich dumm an.

    Engstirnigkeit fördert den Tunnelblick.

    Armleuchter wollen sich nur mit dem Ellenbogen durchboxen.

    Als Patient steht man nur dann im Mittelpunkt, wenn man  liegt, und die Ärzte kreisförmig um das Bett herumstehen.

    Der Plagiator schmückt sich mit fremden Federn, indem er das, was fremde Federn geschrieben haben, mit eigener Feder abschreibt.

    Mit ihrem Augen-Blick hatte sie ihn augenblicklich gewonnen: Alle anderen Frauen verlor er danach aus den Augen.

    Der frühe Vogel fängt den Wurm: Denn wer sich zu früh als Wurm zeigt, den bestraft das Leben.

    Der frühe Vogel fängt den Wurm: Morgenstund hat Gold im Mund!

    Das Rad der Geschichte wird immer wieder neu erfunden werden.

    Vertrauen ist die optimistische Form von Misstrauen.

    Immobiliengeschäfte sind in der Regel eigentümlich und besitzergreifend.

    Burn-out: Nicht jede Asche ist ein Nest für einen Phönix.

    Dem Vegetarier ist alles wurscht, was mit Fleisch zusammenhängt.

    Einem Menschen mit dickem Felle rückt man nicht so leicht auf die Pelle.

    Das Schöne ist nicht immer gut, aber das Gute ist immer schön   –   im Auge des Betrachters.

    Eigenliebe ist ein Irrtum, der sehr gesund ist.

    Man soll Sport treiben, ohne durch Übertreiben vom Sport getrieben zu werden.

    Infarkt: Sein Herz war gebrochen, denn dessen Gefäße waren hart wie Knochen.

    Augen auf, wenn man einem Menschen blind vertraut!

    Die Wunscherfüllung in der Liebe besitzt eine innere Ergriffenheit, möchte sich aber auch den äußeren Wunsch erfüllen, Besitz zu ergreifen.

    Nach atemberaubenden Küssen können beide zu Boden sinken: Oft beginnt die Liebe als Folge von Sauerstoffmangel.

    Am Beginn einer Beziehung fällt man sich in die Arme, am Ende einer Beziehung fällt man sich auf die Nerven.

    Mit leeren Händen kann nicht eine Hand die andere waschen.

    Wenn eine Hand die andere wäscht, sind zwar die Hände sauber, aber nicht immer die Geschäfte, die man so macht.

    Die Kunst der Liebe: Alle Tage da sein, ohne dabei Alltag zu sein.

    Innere Bewegung kann einen schnell erregen, doch das kann sich durch äußere Bewegung ebenso schnell wieder legen.

    Das Schweigen einer Frau ist für manchen Mann Goldgeschenke wert.

    Was die Liebe anbetrifft, so begnügen sich die Männer gerne nur mit dem Vergnügen.

    Hinterlistig: Er ließ anderen gerne den Vortritt, damit er sie besser in den Hintern treten konnte.

    Wer über seine eigenen Witze lacht, macht sich lächerlich.

    Toleranz: Man beugt sich, ohne sich verbiegen zu lassen; man beherrscht sich, ohne andere herrschen zu lassen.

    Toleranz ist die Gewähr dafür, dass ich andere gewähren lasse.

    Toleranz: Jedem seine Macke, sogar in einer Krone fehlt oft eine Zacke!

    Das Gewissen folgt uns auf Schritt und Fehltritt.

    Immer wurde ihm das Wort abgeschnitten: Und so kam er zu den kleinen Sätzen, die einige als Aphorismen schätzen.

    Wer im Geld schwimmt, bevorzugt den Kraulstil.

    Als Hanswurst lehnte er Vegetarier ab.

    Wer sich nicht frühzeitig die Hörner abstößt, bleibt sein Leben lang ein Hornochse.

    Es gibt aalglatte Menschen, die ein glänzender Beweis dafür sind, dass zumindest sie vom Lackaffen abstammen.

    Geld negiert die Welt   –   der Moral.

    Gegen Vorurteile habe ich Vorurteile, was nicht immer ein Nachteil sein muss.

    Wenn einem etwas unter die Nase gehalten wird, rümpft man zu recht die Nase.

    Bevor man mit dem Kopf durch die Wand geht, sollte man sich den Kopf zerbrechen.

    Menschen, die einem in den Hintern kriechen, können sicher sein, als abgestorbene Coli-Bakterien wieder ausgeschieden zu werden.

    Wer mir in den Hintern kriecht, wird angeschissen.

    Im Alter nimmt die eigene Wichtigkeit ab und das Eigengewicht zu: Beides wirkt sich ungesund aus.

    Der moderne Mensch braucht den Urlaub, damit seine Phantasie nicht ganz verloren geht.

    Wer keinen Biss mehr auf eine Sache hat, kann man auch keinen Zahn mehr zulegen und geht auf dem Zahnfleisch.

    Seitdem er nicht mehr lief, ließ er sich gehen  –  .

    Das Gegenteil von einer üblen Nachrede ist der Nachruf.

    Der Sturm im Wasserglas, das sind heute nur noch Brausetabletten als Vitamindusche.

    Er war mit allen Wassern gewaschen, weil bei seinen Geschäften immer eine Hand die andere wusch.

    Wenn eine Hand die andere wäscht, dann reibt man sich die Hände.

    Motivationsverlust: Man weiß zwar wo es lang geht, möchte aber nicht so lange gehen.

    Herzlose Menschen bekommen seltener einen Herzinfarkt.

    Ein Lyriker trägt sein Herz auf der Zunge    –   zu  Markte.

    Meine Gedanken fallen mir immer ins Wort.

    Er schrieb vor allem dann, wenn er in der Tinte saß.

    Wenn einem plötzlich die Worte fehlen    –     Verdacht auf Schlaganfall.

    Bei geteilter Meinung liegt die Wahrheit meist in der Mitte.

    Stichworte akupunktieren unser Gedächtnis.

    Memoiren sind Blätter, die die Welt bedeuten, aber nur für den Verfasser.

    Oft ist der letzte Wille gleichzeitig auch der erste.

    Eine kurze Weile Langeweile macht dem Denken wieder Beine.

    Wer viel geht, bringt auch mehr zuwege.

    Ein Tag ohne Hecheln ist kein verlorener Tag.

    Wenn Sehnsüchte geweckt werden, erwacht auch das Leiden.

    Gedankengänge: Beim Gehen kommen die Gedanken in Gang.

    Schlaflosigkeit: Unermüdlich versucht man zu schlafen.

    Liebe Deinen Nächsten wie der sich selbst.

    Wenn Träume Wirklichkeit werden, glaubt man, dass man träumt.

    Wer Anderen eine Grube gräbt, könnte sich selbst das Wasser abgraben.

    Lasse, was Du nicht kannst, aber tue wie ein Könner, was Du nicht lassen kannst.

    Erotik ist das Charisma von Sex.

    Theater: Die Bretter, die die Welt bedeuten, hat die Souffleuse vor dem Kopf.

    Verständnislose Menschen sind wie Flaschen: Sie kommen nicht auf den Trichter, selbst wenn man ihnen reinen Wein eingießt.

    Mit einem Hundeblick kann man nicht auf Augenhöhe sein.

    Wer hervorragend ist, sollte nicht zu sehr herausragen.

    Als Herzensbrecher wünschte er sich bei seinen Seitensprüngen Hals- und Beinbruch.

    Es schmerzte ihn unsäglich, dass er nichts zu sagen hatte.

    Seine Gedanken kamen mündlich zu Wort, schriftlich zur Sprache aber selten zur Sache.

    Über eine große Liebe wächst kein Gras, wenn sie gestorben ist.

    Was lange währt, ist einmal auch verjährt.

    Was lange währt, das gärt.

    Durch Nachdenken kann man sogar Vernunft von sich selbst annehmen.

    Engstirnigkeit korreliert oft mit einem breiten Grinsen.

    Die Hoffnung stirbt zuletzt und hinterlässt Asche für einen Phönix.

    Selbsterkenntnis: Gerade diese Erleuchtung hat auch ihre Schattenseiten.

    Das Fernsehen nimmt uns das Denken ab, wodurch dann wiederum das Denken abnimmt und das Fernsehen zunimmt.

    Als Arzt sollte man dem Patienten guten Rat erteilen, aber den Menschen in seiner Umgebung eindeutige Befehle erteilen.

    Der Kluge macht den Mund zu selten auf, der Dumme reißt ihn zu oft auf.

    Für die Liebe erwärmt man sich unter Abschaltung des Kopfes, wohingegen die Liebe abkühlt unter Einschaltung des Kopfes.

    Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, und Kommunikation ist Blech: Man findet so selten einen Draht zum Anderen.

    Die Macht der Gewohnheit ist die älteste Form von Training.

    Sich beugen ohne zu bücken, schont Rückgrat und Rücken.

    Manches Leben geht vorüber, indem es am Leben vorbei geht.

    Promis stehen immer im Mittelpunkt   –   der Quadratur eines falschen Freundeskreises und weniger in einem Kreis von richtigen Freunden.

    Wenn ich gehe, folgt mir meine Gesundheit auf dem Fuß, denn der kurze Weg zu einem langen Leben ist, kurz gesagt, täglich ein langer Fußweg   –   ein Leben lang.

    Wenn man wenig geht, folgt die Strafe auf dem Fuß: Die Gesundheit steht dann auf schwachen Füßen.

    Sporttreiben treibt einen an.

    Um bei einem Verlag landen zu können, muss man über das schreiben, was gerade in der Luft liegt und die Menschen bewegt.

    Der Klügere gibt nach, denn der andere könnte vielleicht noch klüger sein?

    Nicht jeder, der auf mich zugeht, geht mich was an.

    Wer in seinem Leben richtig geliebt hat, kann zeitweilig nicht falsch gelebt haben.

    Am Ende des Lebens sind wir alle Besserwisser.

    Er hatte immer nur kleine Brötchen gebacken   –    und auf diese Weise sein Leben versemmelt.

    Man sollte nicht lügen, außer: Man belügt sich selbst!

    Ein Satz als Damm gegen die Informationsflut: Was von all dem Wissenswerten ist wert, dass ich es wissen muss?

    Falsch empfundene Minderwertigkeit kann zu hochwertigen Leistungen führen: Es sind die Kleinen, die gerne an Größe gewinnen wollen und weit über sich hinauswachsen können!

    Zu Fuß mache ich meiner Gesundheit Beine.

    Seinen Patienten trat er auf die Füße, damit sie öfter gingen und ihre Beine bewegten.

    Viele Wege führen nach Rom: Der gesündeste ist jedoch der Fußweg.

    Der Gesundheit gefällt, wenn man viel von sich hält: Große Ehrungen und hohe Titel vertreiben den Arzt im weißen Kittel!

    Der Flinke und der Flotte kommen selten im Leben zu Potte!

     

    Copyright Prof. Dr. Dr. Gerhard Uhlenbruck