Tag: 5. Juli 2019

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    Römer und Germanen, Italiener und Deutsche sind von alters her verbunden in Freud und Leid, in Freundschaft und Feindschaft, in Herablassung und Bewunderung. Was dem Deutschen sein Fleckerl-Teppich (Sachsen-Weimar-Eisennach, Reuß jüngere Linie, Löwenstein-Wertheim-Freudenberg) ist dem Italiener sein Campanilismo. Germanicus war ein Beiname derjenigen römischen Feldherren und Kaiser, denen es gelang, die Scharte der verlorenen Varusschlacht auszuwetzen und sich – vorübergehend – ein namhaftes Stück Germanien einzuverleiben.

    Anfangs bestehen die römischen Militärlager aus Erdwällen mit hölzernen Palisaden, die Unterkünfte aus ledernen Zelten[1]. Im Jahre 2 n. Chr. beschreibt der Geometer Hygin (Hyginus Gromaticus) wie ein Castrum entsteht. Vermessungs-Ingenieure stecken die beiden Hauptachsen, den Cardo und den Decumanus, ab. Für rechte Winkel benutzt man eine Kombination aus Lot und Visiergerät, die  Groma[2]. Das Haupttor, die Porta praetoria, öffnet sich in Marschrichtung, gegen den Feind, An der höchsten Stelle des Lagers befindet sich die Porta decumana. In der Mitte liegen die Stabsgebäude/Principia, mit dem Fahnenheiligtum und dem Bildnis des Kaisers[3], das Praetorium, der Sitz des Kommandanten und die Mannschaftsbaracken/Centuriae. Vorratsgebäude, Werkstätten und Lazarett/Valetudinarium, schließen sich an. Letzteres gehört, wie wir aus Xanten/Vetera wissen, zu den ersten unter Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.) aus Stein errichteten Bauwerken[4], deren Identifizierung mit Hilfe der dort gefundenen medizinischen Instrumente gelingt. Im Valetudinarium  wurden die Soldaten sowohl ambulant als auch stationär behandelt. Ihre Gesundheit zu erhalten ist erstrangig. Über Aquädukte wird frisches Wasser  herangeführt.

     

    Abb. 1: Pont du Gard bei Nîmes, Provence,  Aufnahme der Verfasserin

    Die Badegebäude/Thermen liegen meist vor den Kastell-Mauern. Mittels  Fußbodenheizungen/Hypokausten werden die Warmbäder/ Caldarien erwärmt.

     

    Abb. 2: Hypokausten, Leptis Magna/Libyen, 2. Jh. n. Chr., Aufnahme der Verfasserin (2009)

     

    Wie die Stabs- und Mannschaftsgebäude verfügen auch Thermen über Gemeinschafts-Toiletten/Latrinen. Viele sind mit einer ständigen Wasserspülung ausgestattet.

    Abb. 3: Latrine in der Hafentherme von Leptis Magna / Libyen, Aufnahme der Verfasserin (2009)

     

    Die Therapie ist nicht in jedem Fall unangenehm. In Aquincum erhält die Legio Secunda Adiutrix zollfreien Wein für das Lazarett. Der griechische Arzt Dioskourides (1. Jh. n. Chr.) empfiehlt Wein gegen Husten. Arzneien werden häufig mit Wein gemischt[5].

    Vor der Einstellung des Rekruten steht eine körperliche Untersuchung.  Ungeeignete werden ausgesondert. Exerzieren ist an der Tagesordnung.  Marschübungen im Laufschritt bezeichnet man als ambulatus – Spaziergang[6]!

    Militärärzte sind im Allgemeinen Unfreie, oft griechische Kriegsgefangene. Sie bekleiden keinen besonders hohen Rang, bringen es allenfalls zum Hauptmann, oft nur zum Sanitätsgefreiten; doch da sie die medizinische Versorgung der Truppen gewährleisten, verleiht ihnen bereits Caesar im Jahr 46 v. Chr. das römische Bürgerrecht[7].

    Müssen Rekruten wegen schwerer Verletzungsfolgen oder körperlicher bzw. geistiger Gebrechen vorzeitig ausgemustert werden, so entspricht das der ehrenhaften Entlassung. Sie durften dann heiraten und erhielten ein Stück Land[8].

    Seit Augustus gilt für dienstverpflichtete Soldaten das Eheverbot. Erst mit der ehrenvollen Entlassung, also nach wenigstens 25-jähriger Dienstzeit, erhalten sie das Recht auf Eheschließung. Das ändert sich unter Septimius Severus (193-211), der auch den aktiven Soldaten die Heirat gestattet. Vorher waren Soldatenehen und die vielen eheähnlichen Verhältnisse rechtsunwirksam; sogar  eine vorher geschlossene Ehe begann mit dem Eintritt des Rekruten ins Heer zu ruhen. Die zahlreichen Kinder „ex castris“ hatten vor allem erbrechtliche Nachteile. Darüber wissen wir aus den erhaltenen Militärdiplomen:

    „Der Imperator Caesar………..gibt denjenigen Reitern und Fußsoldaten………deren Namen unten angegeben sind, ihren Kindern und Nachkommen das Bürgerrecht und das Eherecht mit den Frauen, die sie zu diesem Zeitpunkt schon hatten, oder wenn sie Junggesellen sind, mit denen, die sie später nehmen, jedoch nur mit einer.“

    Dass die Sorge des Kaisers für seine Soldaten noch in anderer Weise über den Zeitpunkt der Dienstentlassung hinaus gehen konnte, besagt die Bauinschrift an einem Balneum in Singidunum/Moesia superior (Belgrad): Dieses Bad steht  ausschließlich „in usum emeritis quondam Alexandriae“, dem Gebrauch durch die Veteranen der 4. Legion Severiana Alexandrina zur Verfügung[9]. Aus dem Namen der Legion geht der des Kaisers Severus Alexander hervor. Wir befinden uns in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr.

    Die Kleidung des Soldaten besteht gewöhnlich in einer kurzärmeligen Tunica, einem Mantel und den Caligae[10] für die Füße. Der Feldzeichenträger/Signifer (Abb. 4) ist mit einer langärmeligen Tunicaa mancata bekleidet. Sein Haarschnitt entspricht dem des Kaisers, Traianus.

     

    Abb. 4: Grabrelief, Aquincum/Pannonien, 2. Jh. n. Chr., Aufnahme der Verfasserin

     

    Gefangene Barbaren (Chatten?) stellt man spärlich bekleidet, mit grobschlächtigen Körpern und strähnigen Haaren dar (Abb. 5). Sie sind schmachvoll  aneinander gekettet, die Hände hinter dem Rücken gefesselt[11].

     

    Abb. 5:  Sockelrelief aus Mainz-Kästrich, 2. Jh. n. Chr., Aufnahme der Verfasserin

     

    Als Schutzgötter verehren die Soldaten Diana, Merkur, Kastor und Pollux,  aber auch die Heilkundigen, Asklepios und Hygieia/Salus. Die Auxiliartruppen behalten ihre Stammesgötter wie die keltische Pferdegöttin Epona. In einem Militär-Schwimmbad in Bu-Ngem/Tripolitana fand sich ein aus dem Jahr 203 n. Chr. entstandenes Weihgedicht an die Göttin Salus, verfasst von dem Zenturionen Q. Avidius Quintianus[12], der einerseits die glückliche Rückkehr des Heeres und andererseits die Wohltat des Wassers in der Gluthitze des Südens preist.

    Am germanischen Limes liegen im Abstand von 15 bis 20 km die durch Wachtürme kontrollierten Auxiliar-Kastelle. Einen florierenden kleinen Grenzverkehr bezeugen noch heute die lange vor dem Einmarsch unserer Befreier aus dem Westen genetisch fixierten klassischen Nasen und das dunklere Hautkolorit meiner Cousinen!

    Joseph Victor von Scheffel (1826-1886)  hat es in unnachahmliche Verse gegossen:

    Ein Römer stand in finst’rer Nacht
    Am deutschen Grenzwall Posten…
    An eine Jungfrau Chattenstamms
    Hat er sein Herz vertandelt,
    Er war ihr oft im Lederwams
    Als Kaufmann zugewandelt…

     

     

    Abgekürzt zitierte Literatur:

    Busch 1999: St. Busch, Versus Balnearum (Stuttgart und Leipzig 1999)
    Johnson 1987: A. Johnson, Römische Kastelle (Mainz 1987)
    Junkelmann 82000: M. Junkelmann, Die Legionen des Augustus (Mainz 82000)
    Selzer 1988: W. Selzer, Römische Steindenkmäler. Mainz in römischer Zeit (Mainz 1988)
    Steger 2004: F. Steger, Asklepiosmediin. Medizinischer Alltag in der römischen Kaiserzeit (Stuttgart 2004)
    [1] Die älteste ausführliche Beschreibung stammt von Polybios aus der Mitte des 2. Jh. v. Chr. Pol. VI.
    [2] Johnon 1987, 54 f. Abb. 22.
    [3] Tac. Hist. III, 13; An. IV, 2.
    [4] Johnon 1987, 257.
    [5] Johnson 1987, 182.
    [6] Vegetius I, 27; III, 2; Johnson a. O. 179.
    [7] Steger 2004, 49 und Anm. 207.
    [8] Steger 2004, 69.
    [9] Busch 1999, 266 f.
    [10] Junkelmann 82000, 96 Taf. 25. 158-161 Abb. 9.
    [11] Selzer 1988, 69. 241 Kat. 263 Abb. 47.
    [12] Busch 1999, 560-563.

  • Wie geht es dir?

    Eine entsetzliche Frage! Wie sollte wohl die Antwort darauf lauten? Allemal: danke, gut. Und Dir? Auch gut. Na, dafür können sich jetzt beide etwas kaufen. Viel schlimmer treiben es die Amis auch nicht, mit ihrem how do you do – how do you do, die zeigen wenigstens gleich offen, dass sie es gar nicht wissen wollen, nämlich wie es dir wirklich geht. Eine banale, vollkommen überflüssige  Begrüßungsfloskel. Wehe, man nimmt die Frage ernst. Das ist mir einmal passiert, als mir das Wasser bis zum Hals stand und ich tatsächlich anfing davon zu erzählen. Diese Verständnislosigkeit und absolute Hilflosigkeit! Mein damaliger Gesprächspartner, der im Übrigen durchaus von mir geschätzte Ehemann meiner Cousine, hätte nur noch zu sagen brauchen: dann erzähl es doch einem Psychologen!

    Eine Freundin geht genauso leichtfertig und gedankenlos mit dieser Frage um. Ich weiß es schon vorher, jetzt kommt wieder: wie geht’s Dir denn? Trotzdem  ärgere ich mich schwarz, fange ein bisschen an zu erzählen und merke schnell, dass eigentlich sie es ist, die reden will, nicht einmal von schwerwiegenden Dingen, sondern Banalitäten. Umso schlimmer.

    Wie geht’s dir denn? Eine furchbare Frage!