Monat: Dezember 2019

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  • Yalda

    (22.12.2016)

     

    Nach der längsten Nacht des Jahres
    kamen meine Geschwister geflogen
    in bunten Scharen
    Mich beschämte zutiefst
    unser gemeinsames Heim 

    Barmherzig sangen sie mit Zuversicht
    Streu die Samen aus
    auch wenn du die Früchte
    nicht selbst erleben wirst

    ֎֎֎

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    Yalda (2)

    (21.12.2018)

     

    In der längsten Nacht des Jahres
    küsste der Mondschein zärtlich
    die letzten verbliebenen braungelben Blätter
    an den Armen meiner Geschwister
    bevor diese beseelt herab
     in den Schoß unserer Mutter tanzten 

    Andächtig fragte ich
    wann werden die Menschen
    die dringende Notwendigkeit begreifen
    die Welt als Partner zu erachten

    ֎֎֎

  • Endlichkeit

    (20.12.2019)

     

    Der wesentliche Unterschied
    zwischen dir und vielen Zeitgenossen
    ist der bewusste Umgang
    mit der natürlichen Gegebenheit
    unserer Endlichkeit
    und daraus folgend
    die Dankbarkeit
    bei der gezielten Gestaltung
    der verbleibenden Zeit

    ֎֎֎

     

  • Aufklaren

    (19.12.2019)

     

    Dank der Fulda
    mit ein wenig Glück
    bei entsprechender Aufmerksamkeit
    bin ich immer wieder
    Zeuge eines wunderbaren Naturschauspiels
    das in meiner Brust
    Zuversicht und Hoffnung
    auflodern lässt 

    Wenn der morgendliche Nebel
    seinen zärtlichen Schleier
    allmählich mit Sonnenstrahlen verwebt
    grüßen die Wipfel im fernen Walde
    bevor sich die Konturen der Häuser
    aus dem Wolkenmeer erheben
    und fortan deutlicher werden
    bis ich meine zuvor verborgene Stadt
    eindeutig erblicken kann 

    So frische ich meinen Vorsatz fröhlich auf
    mit Geduld und Gelassenheit
    Mut und Vertrauen
    der schöpferischen Aufklärung
    getreulich nachzugehen

    ֎֎֎

  • Kapitalistisch erzogen

    (11.12.2019)

     

    Getrieben, gereizt, gierig
    rastlos durch Zeit und Raum rasend
    verbrannten sie die geschenkte Gelegenheit
    ihre Umwelt  wahrhaftig zu berühren 

    Am Ende gab es eine gewaltige Grube
    gefüllt mit grimmigen Gestalten
    ohne wesentliche Wärme

    ֎֎֎

  • Rotenburg an der Fulda

    (9.12.2019)

     

    für Heidi

    Dieses hessische Städtchen habe ich gern
    wegen seiner fröhlichen Fachwerkhäuser
    mit ihren schiefen Wänden, bunten Fassaden
    und Geschichten erzählenden Türen
    wegen des Glockenspiels am alten Rathaus
    im Gewühl des überschaubaren Wochenmarktes
    der beruhigenden Gesänge des Fulda-Wehrs
    vor der alten Brücke als Tribüne
    wegen der Spielplätze im Schlosspark
    umgeben von alten Bäumen, Nistkästen
    und farbenreichen Blumenbeeten
    wegen der Fulda-Wiesen und Kornfelder
    mit ihren vielfältigen Bewohnern
    der Wander- und Fahrradwege
    der herzlichen Grußbotschaften
    bekannter und unbekannter Augen
    vor allem aber
    weil ich dich hier kennengelernt habe
    und das Farbenspiel wunderbarer Sonnenuntergänge
    im Glanz deiner Augen
    auf unserem Balkon erleben kann

    ֎֎֎

  • Lesen

    (9.12.2019)

     

    Lesen bildet blühende Landschaften

    wenn die Bereitschaft zum Staunen

    die Sehnsucht nach Begreifen

    der Mut zum Verwerfen

    die Ausdauer zum Gestalten

    und die Liebe für das Leben

    warmherzig vereint fließen

    ֎֎֎

  • Der kleine Zusatz                   

     

    An vertrauten Hügeln
    hab ich die Sorgen
    mit Eindrücken besänftigt,
    dem unsteten Tanzen der Halme
    in purpurnem Licht
    dem Atmen der klumpigen Erde
    auf jedem Schritt
    Wie ein Stein
    in hungrigem Wasser
    wurde ich eins
    mit deinem wilden Treiben
    eins in deinem maßlosen Meer
    Weißt du´s?
    Weißt du es noch, Eglantine?

    Den kleinen
    vordergründig unbedeutenden Zusatz
    sollte man schätzen lernen,
    den Schlaf
    den möchte er uns so gerne nehmen
    sicherlich wird er ihn nehmen
    so wie die Nacht zum Tage wurde
    als ich dich vernahm
    stolzerfüllt die Leidenschaften schwingend
    auf festlichen Alleen

    Weit öffne ich das Fenster, weit
    ich schmecke
    ich lausche und begehre,
    der kleine Zusatz
    der lässt mir keine Ruh
    Oft waren es doch nur
    Clementinen in meiner Hand
    reich an sattem Fleisch
    und süßem Saft,
    liebevoll verklärte Zehrung
    auf später Heimkehr
    mit Vater und Mutter
    fernab der rumorenden Stadt
    … eine Weltbühne die Vaterstadt

    Bretter drei an der Zahl
    nur behelfsmäßiges Werk der Zaun
    ein Stamm am Rand
    hochgewachsenes Gras, wenige Blumen
    Gestern fiel er mir nicht auf
    heute sah ich ihn
    umrankt vom ersten Abendlicht
    dem ersten kühlen Hauch ergeben
    und da staune ich nur
    gebannt

    Ein Zwielicht ist´s,
    in ihm schmücken das Pflaster
    feine Fassaden
    dringen zu uns vielfach die Stimmen
    betörende Düfte und beste Musik
    Ein Zwielicht hat mich angelockt
    jenes Halbdunkel
    konnte mir so sehr gefallen
    Und weiß ich ja nur allzu gut,
    dass ich den Schlaf verlieren werde
    wenn du einst lächelnd runterkommst
    auf der geschmückten Straße
    und ich mich an dir erfreue