Autor: Eberhard Grundmann

  • Vorgetragen 16.09.2016 auf dem 60. Kongress der Union Mondiale des Écrivains Médecins in Garlate (I)

     

    Die alte Kaffeemaschine war kaputt. Lilo sagte „Schmeiß sie weg!“

    „Aber sie sieht doch noch so schön aus – vielleicht kann ich sie reparieren“, entgegnete Leo. „Du wirst doch nicht deine kostbare Zeit daran verschwenden.“

    „Und wenn ich daraus noch etwas ganz anderes mache?“ fragte Leo.

    In diesem Moment rauschte wieder an ihrem Haus ein Auto vorbei, viel schneller, als es das Schild mit der 30 im roten Kreis erlaubte. Da braute sich ein Gedanke zusammen.

    Leo nahm die Maschine und zog sich grübelnd in seine Werkstatt zurück. Er drehte sie hin und drehte sie her. Schließlich stellte er sie kopfüber auf den Tisch. So sah sie ungewohnt und fremdartig aus. Als Nächstes steckte er in eine Öffnung des nun nach oben zeigenden Bodens ein dünnes Plastikstäbchen, das wie eine Antenne empor ragte. Wer das zum ersten Mal sah, musste es für ein geheimnisvolles Cyber-Gerät halten.

    Er wartete bis zur Dämmerung und ging, als alle Nachbarn vor ihren Fernsehgeräten saßen, mit dem kunstvollen Gerät sowie mit Klebeband und Kabelbinder über die Strasse hinüber zu dem Schild mit der 30. Mit wenigen Handgriffen war die Konstruktion am Mast des Schildes befestigt. Er trat einen Schritt zurück. Tatsächlich, das Ganze sah perfekt, ja elegant aus und wirkte unbedingt amtlich.

    Am nächsten Morgen beobachteten Leo und Lilo, wie ein Auto herangeschossen kam, plötzlich scharf bremste und  dann langsam weiterfuhr. Ähnlich verhielt sich das nächste und übernächste. Ein anderer Fahrer hielt wenige Meter nach dem Schild an, setzte zurück, starrte längere Zeit auf das noch nie gesehene, scheinbar extraterrestrische Gerät, und fuhr dann weiter. Wieder ein anderer stieg aus, ging in respektvollem Abstand um das Schild herum, murmelte verstört in sich hinein und fuhr davon. Es gab natürlich auch Fahrer, die völlig unbeeindruckt von nichts Kenntnis nahmen und so fuhren, wie sie es schon immer taten und für richtig hielten. Allmählich aber fuhren die meisten Wagen langsamer – zumindest im Umfeld der Installation. Zweihundert Meter später indessen gaben die meisten wieder tüchtig Gas.

    Nach einigen Tagen bemerkte Leo, dass, offenbar über Nacht, jemand die Antenne herausgerissen hatte. Sie lag noch daneben, er konnte sie wieder anbringen. So ging das Spiel über einige Wochen. Doch eines Tages lag das Gerät gänzlich in Trümmern um das Schild herum verteilt. Der Homo sapiens hatte sein wahres Gesicht gezeigt und zeigt es täglich weiter in heftigen Geschwindigkeitsüberschreitungen.

    Copyright Dr. Eberhard W. Grundmann

  • Bitteres Ende

    Was lange ihre Heimstatt war,
    wo sie gelebt in ganzen Horden,
    wo sie gehaust seit Tag und Jahr,
    das ist zur Falle jetzt geworden.

    Verhängnisvoll war just der Platz,
    den sie erwählt für ihr Zuhause –
    hat jemand erst mal einen Schatz,
    zerstört ihn auch schon ein Banause.

    Allhier in Wennemanns Salon,
    da hatten sie Quartier genommen,
    doch Wennemann kennt kein Pardon,
    ist ihnen auf die Spur gekommen.

    Mit einem Sauger sog er sie
    heraus aus ihrem trauten Hort,
    nur zwei entkamen, wer weiss wie,
    und sie verkrochen sich vor Ort.

    Doch Wennemann voll List und Arg
    hat alle Ritzen abgedichtet
    und so den beiden einen Sarg
    der ganz besondren Art errichtet.

    Dort schleppt sich nun mit letzter Kraft
    verzweifelt, abgekämpft und leise,
    auf dass der Tod Erlösung schafft,
    der Ameisbock zu der Ameise.

    Den letzten ihres Volkes ist
    ein Denk- und Mahnmal hier errichtet,
    das Aberach voll Lust und List
    den Nachgeborenen gedichtet.

    (20.07.2013) © E W Grundmann

     

    Lüge

    Die Lüge dringt
    überall ein
    und
    überall durch,
    sie ist so
    geschmeidig
    und klein
    und hat ganz
    kurze Beine.

    (21.03.2005) © E W Grundmann

     

    Fettsucht

    Er lebte
    von der Hand in den
    Mund und daran
    starb er auch,
    denn seine
    Rechte wusste nicht, was
    seine Linke tat

    (03.04.2005)© E W Grundmann

     

    Augen

    Die Rätselfrage, welche Augen
    zum Sehen überhaupt nicht taugen,
    sei leicht, sagst du, und glaubst, es sind
    die Hühneraugen, welche blind.

    Ich muss dir aber widerstehen,
    weil nämlich Hühner prächtig sehen –
    und weisst du auch, womit sie’s tun?
    Mit Hühneraugen sieht das Huhn!

    (20.12.2013 0100)© E W Grundmann

     

    Greifswald

    Als die Wissenschaft zur Erden
    sprach, du sollst zur Kugel werden,
    da war Greifswald einmal schneller,
    und es blieb so flach wie’n Teller.

    Dieses schuld’ ich, sprach es eilig,
    meinen Türmen, die mir heilig,
    dass sie sich nicht seitwärts neigen
    und verschiedne Himmel zeigen.

    Da stehn sie nun jahrein jahraus,
    Maria, Jakob, Nikolaus,
    wo die Erde ewig bleibe
    eine schöne platte Scheibe.

    Und ich weise es dir gerne:
    Nahst du dich der Stadt von ferne,
    siehst du, niemand kann’s verhehlen,
    alle drei in Parallelen.

    (05.04.2015 0245)© E W Grundmann

     

    Erkenntnis

    Will ich die Welt betrachten,
    muss ich auch mich selbst beachten.

    Doch seh’ ich, was ich sehe,
    stets aus meiner Augenhöhe.

    Demzufolge sehe ich
    beinah alles, nur nicht mich,

    denn niemand ist es eigen,
    selber sich zu übersteigen,

    um dort, wie soll ich’s nennen,
    ausserhalb sich zu erkennen.

    Es bleibt nach diesem Gleichnis
    in mir selbst die Welt Geheimnis.

    (08.09.2004) © E W Grundmann

     

    Epithalamium

    Das Wunder
    bleibt ein
    Geheimnis
    du kannst es
    erfahren
    aber nicht
    erklären
    du kannst
    es empfangen
    und verschenken
    aber nicht
    erzwingen
    hüten kannst du es
    oder
    zerstören
    es weilt nur
    wo Wahrheit ist
    und Freiheit.

    Menschen zugedacht
    nicht
    von Menschen gemacht
    ist Liebe.

    (für Karen und Christian 08.04.2000)© E W Grundmann

     

    Klarwasser

    Einst wandert ich durch dunkles kaltes Tal,
    tief eingeschnitten und geheimnisschwer,
    es war das sagenhafte Digital.

    Darinnen floss ganz schnell ein Fluss daher,
    so schnell, dass er nicht war zu sehen, hören,
    zu riechen oder fühlen, aber er,

    der Fluss, der Digi hiess, ich kann es schwören,
    riss alles mit sich, was man wissen wollte,
    um an dem Ufer jeden zu betören.

    Und wenn dann einer tat, was er nicht sollte,
    klammheimlich ohne Angelschein zu fischen,
    dann ging das leidlich, bis dass die Revolte

    der ehrenhaften Fischer ihn erwischen
    und in die ferne Wüste schicken würde.
    Genauso ist es auch geschehn inzwischen.

    Der Digifluss trägt eine schwere Bürde:
    das klare Wissen für der Menschen Leben,
    und er benötigt eine sichre Hürde,

    ihm gegen Unrat, Missbrauch Schutz zu geben,
    damit an seinen Ufern Früchte wachsen.
    Ihr Leute, danach, danach müsst ihr streben.

    (19.12.2013 0435) (Terzinen)© E W Grundmann

     

    Virtuelles

    Will Herr Wennemann spazieren gehen,
    mag er nicht aus seinem Fenster sehen,
    sondern fragt TV und Internet,
    was es heute für ein Wetter hätt’.

    In den meisten Fällen bleibt er hängen,
    weil ganz andre Themen ihn bedrängen
    oder weil die Technik wieder zickt –
    Abend wird’s, bis er sich durchgeklickt.

    Bestenfalles sieht er Leute wandern,
    er versetzt sich dann in diese andern,
    und so verwandelt sich ganz auf die Schnelle
    sein Spaziergang in das Virtuelle.

    Manchmal wünscht er sich, dass an der Türe
    Aberach, der Freund, stünd’ und entführe
    ihn zu einem Rundgang um den Block,
    dass er nicht nur in der Stube hock’.

    Da erfand der Fortschritt – welch ein Hohn –
    das verflixte Bildertelefon.
    Wennemann hat’s um so mehr beweint,
    als der Freund nur noch am Schirm erscheint.

    (05.02.2013) © E W Grundmann

     

    Teppich

    Frau Grote erbte einen Teppich
    und sprach zu sich, sie sagte nebbich,
    wie hoch kann man das Stück bewerten?
    Ich frage besser den Experten.

    Der Fachmann hat nach zehn Sekunden
    neunhundert für genug befunden.
    Die Freude war die allergrösste,
    als neunzehntausend sie erlöste.

    Schon bald ihr Glücksgefühl entschwindet,
    just als ihr Käufer einen findet,
    der ihm den Teppich wird entlohnen
    mit sieben Komma zwei Millionen.

    So wird die Wirklichkeit gemessen
    an unsern Plänen und Int’ressen.
    Uns stimmt nur alles das zufrieden,
    was wir nach unserm Willen schmieden.

    Doch haben wir es dann bekommen,
    wird es uns wieder abgenommen,
    und sei es nur, weil Wünsche schwanken
    und dauernd sich um andres ranken.

    (27.01.2012)© E W Grundmann

     

    Werte

    Kinderstube:
    Du sollst es einmal besser haben.
    Du sollst alles haben.
    Haben.
    Nimm dir.
    Iss, soviel du kannst.
    Wenn du nicht mehr kannst,
    nimm Naschwerk.
    Etwas geht immer.
    Nie hörst du die Worte:
    – Das tut man nicht.
    – Das musst du verantworten.
    – Das ist deine Pflicht und Schuldigkeit.

    Später:
    Sei Knallhart.
    Sei tough,
    gnadenlos erfolgreich,
    schlagkräftig,
    schlage kräftig.
    Maximiere den Gewinn.
    Du hast nichts zu verschenken.
    Du kannst alles kaufen.
    Mitnehmen und abräumen.
    Abstauben, dass es staubt.
    Was nicht verboten ist,
    das ist erlaubt.

    (05.03.2008) © E W Grundmann

     

    Evolution

    Wennemann hat seinen Laden
    gut geführt und ausgestaltet
    mit Qualität in hohen Graden,
    hochmodern und nicht veraltet.

    Dann verkaufte er an einen
    jüngeren und hoffnungsfrohen
    Mann vom Fach, so wollt’ es scheinen.
    Die Erwartung ist entflohen,

    als der Neue alle Werte
    konterte und demontierte
    und mit ungerechter Härte
    die Angestellten schikanierte.

    Alles, was an gutem Standard
    Wennemann hat eingerichtet,
    hat der Neue voller Hoffart
    abgeschafft und glatt vernichtet.

    Wennemann gerät ins Grübeln,
    ob abgesehn vom Einzelfalle
    sich die Menschheit je von Übeln
    aufschwingt hin zur Ruhmeshalle,

    oder ob, was wir Entwicklung
    nennen, nicht ein Kreisgang sei,
    der in ewiger Verstrickung
    angepflockt im Einerlei.

    Aberach versucht zu trösten:
    Fortschritt bei den Qualitäten
    stosse immer auf die grössten
    Hindernisse und da täten

    Vor- und Rückschritt alternieren
    so, dass man erst nach Äonen
    kann die Frage ventilieren
    nach den Evolutionen.

    Wennemann seufzt hörbar auf:
    Wie soll ich da noch hoffen,
    denn mein kurzer Lebenslauf
    lässt ja alle Fragen offen.

    (30.03.2013)© E W Grundmann

     

    Republikflucht

    Im Namen des Volkes
    ergeht folgendes Urteil.
    Der Republikflucht wird
    für schuldig befunden
    die Deutsche Demokratische Republik
    (im Folgenden „DDR“).

    Urteilsbegründung

    Die DDR hat sich am 3. Oktober 1990 verflüchtigt.
    Sie erfüllt den Straftatbestand
    der Republikflucht (§213 StGB) in Tateinheit
    mit Landesverräterischer Nachrichtenübermittlung (§99),
    Ungesetzlicher Verbindungsaufnahme (§219)
    Zusammenschluss zur Verfolgung gesetzwidriger Ziele (§218)
    Zusammenrottung (§217),
    Wahlbehinderung (§210),
    Wahlfälschung (§211)
    Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses (§202),
    Nachrichtenunterdrückung (§203),
    Verbrecherischer Beschädigung sozialistischen Eigentums (§164)
    Unterlassung der Anzeige (§225).

    Straferschwerend ist zu würdigen
    die planvolle Absicht bei der Straftat,
    das Zurücklassen Schutzbefohlener,
    Kollaboration mit dem Klassenfeind.

    Im Strafmass wird auf lebenslänglich erkannt.

    Bewährung ist ausgeschlossen.
    Es ist sicherzustellen, dass von deutschem Boden
    nie wieder Sozialismus ausgeht,
    ob braun, ob rot oder sonstiger Couleur.
    Die Kosten des Verfahrens tragen die üblichen Dummen.

    (1.5.2010) © E W Grundmann

     

    Der Ort des Seins

    ist
    HIER und JETZT und SO.

    Ein Gefängnis
    wäre er,
    stünde er nicht
    in der Spannung
    zu
    GESTERN und MORGEN,
    ANDERSWIE und ANDERSWO.

    Das Haus des
    Wirklichen
    ist unbewohnbar
    ohne den Garten
    des Möglichen.

    (09.05.2004)© E W Grundmann

     

    Die fünf Leben der Zwiebel

    Aus Samen zieht der Gärtner Giebel
    zunächst die kleine Steckezwiebel.

    Bald drauf wird Hausfrau Helga Ranzen
    die Zwiebel in den Garten pflanzen,

    und schon nach ein paar kurzen Wochen
    nascht von dem Schlot ihr Stiefsohn Jochen.

    Die ganze Zwiebel isst dann später
    ihr zweiter Sohn, der kleine Peter.

    Zuletzt nach Durchgang beider Söhne
    gibts von der Zwiebel Duft und Töne.

    ( ~20.08.1995)© E W Grundmann

     

    Garten

    Ein schöner Garten schwebt dir vor
    mit edlen Pflanzen hinterm Tor,
    wobei alleine solches zählt,
    was du dir selber auserwählt.

    Du ackerst und du sähst und eggst
    und sorgst, dass alles prächtig wächst,
    du freust dich, wenn die Triebe sprossen,
    denn fleissig hast du sie begossen.

    Doch schon nach ein paar Tagen siehst
    du, dass viel Ungebetnes spriesst –
    selbst, wenn du rodest, wenn du jätest,
    und wenn du Tag und Nacht es tätest,

    und wenn du zupfst mit Stiel und Stumpf:
    das Unkraut feiert den Triumph –
    nur deine Kandidaten kranken,
    statt, wie gewünscht, empor zu ranken.

    Das Elend kann man nur beenden,
    wenn sich die Perspektiven wenden,
    wenn Unkraut du zu Kraut erhebst
    und dann im Gegenzug erlebst,

    dass nun die Kräuter dich auch adeln,
    und statt als Unmensch dich zu tadeln,
    sie dich zum Menschen nun erheben
    und fortan friedlich mit dir leben.

    Sei schlau und greif zu dieser List:
    Lass die Natur so wie sie ist,
    sonst wird sie wieder, wie sie war.
    Ist das jetzt endlich allen klar?

    (05.02.2010) © E W Grundmann

     

    Frischluft

    Aberach, ein Feind von allen Düften,
    ist in seinem Hause stets am Lüften,
    Fenster hält er offen auch bei Frosten,
    ebenso bei Schneesturm aus dem Osten,
    selbst die Gartentüre lässt er offen,
    um sich bessre Lüftung zu erhoffen.

    Wennemann, der zu Besuch gekommen,
    hat die Scheiben heimlich rausgenommen
    und verkauft, um Aberach zu testen.
    Dieser findet jetzt die Luft am besten.

    (23.01.2013) © E W Grundmann

     

    Heckenschnitt

    Wennemann benimmt sich wie die tote
    sagenhafte Kunstfigur Quijote.
    Einst vor Jahren liess er um den ganzen
    Rand des Gartens eine Hecke pflanzen.

    Leider, was er damals nicht bedachte,
    hat der Gartenbauer, der es machte,
    überwiegend Stacheln und auch Dornen
    angepflanzt zur Rache für die Nornen,

    die den Wennemann nun stachen, schnitten,
    ritzten. Viel hat Wennemann erlitten,
    bis er sich zum Kampf entschloss und Waffen
    für den Krieg begann sich anzuschaffen.

    Seither sieht man ihn in Schweiss und Blut
    gebadet und mit Inbrunst, Glut und Wut,
    mit Motorsäge, Häcksler, Beil und Schere
    kämpfen, so als gelte es die Ehre.

    (18.04.2013)© E W Grundmann

     

    wetter

    er bedaure
    sagte der kommentator
    das schlechte wetter

    der garten
    frohlockte
    über den milden regen

    das wetter ist immer schlecht
    irgendwo
    und immer gut
    irgendwo
    für irgendwen
    und auch hier
    irgendwann

    (11.05.2013)© E W Grundmann

     

    New Blue

    Eine Woche Sturm und Grau –
    heute wieder himmlisch blau,
    alle Wolken sind gewichen
    und der Himmel frisch gestrichen.

    Die wir verloren längst geglaubt,
    von bösen Mächten schnöd geraubt,
    sie spiegelt sich, die Sonne,
    in der vollen Regentonne.

    (02.06.2010 Neuendorf / Hiddensee)© E W Gr

  • Diese Texte hat Eberhard Grundmann beim BDSÄ-Kongress in Bremen 2015 vorgetragen in der Lesung „Schiff-Fisch“ (Moderation Jürgen Rogge)

    Memorandum eines Wassertropfens

    Halt!
    Bevor du mich trinkst
    oder wegspülst
    sieh mich an
    mich
    den kleinen wassertropfen
    Von weit komme ich her
    aus einem fernen ozean
    stieg ich empor
    flog hoch über meere und inseln
    und kontinente
    regnete nieder auf berge
    sickerte durch gestein
    wusch höhlen
    und trug das mineral
    für tropfstein und sinterbecken
    so schön dass maler nicht
    aufhören sie zu bejubeln
    auch üble gifte
    lud man mir auf
    die ich mühsam in
    sandschichten ablegte
    manches rad drehte ich
    für dich auf meinem weg
    manches schiff trug ich zu dir
    brot liess ich dir wachsen
    ich reinigte dich und dein haus
    in adern floss ich und tränen
    ich habe deinen zorn befriedet
    im rauschen des baches und des meeres
    im sommer gab ich dir kühlung am fluss
    Sieh mich an
    bevor du mich
    trinkst oder wegschüttest!
    (27.06.2010 Ždiar SK)

    phylogenese rückwärts

    früher war es besser
    sagte der primat
    und stieg vom baum der erkenntnis
    streckte sich wohlig in die waagerechte
    auf der besten matratze der saison
    und sprach
    es ist fast wie früher
    als ich ein fisch war
    im warmen meer
    (30.10.2012)

    Allein

    Ein Haus hat Ritzen und Ratzen,
    und oben, da flitzen die Spatzen,
    unter jedem Silbertischchen
    wohnt auch gleich ein Silberfischchen,
    von Fliegen und Mücken zu schweigen,
    die sirren und tanzen den Reigen.
    Da klagt doch so mancher, wie kann es nur sein,
    er wäre allein.
    (25.07.2013)

    Wennemanns neue Himmelsmechanik

    Wennemann erwacht
    mitten in der Nacht.
    Ein Gedankenblitz
    reisst ihn aus dem Sitz.
    Die Väter stritten grob,
    ob die Erde, ob
    sie eine Scheibe sei
    oder Kugel oder Ei.
    Alles eitler Tand,
    wie Wennemann jetzt fand.
    Vom Traum her mit dem Tubus
    erkennt er sie als Kubus
    mit Gebirgen an den Kanten
    vom Ural bis zu den Anden
    und mit Ebenen dazwischen
    und mit Seen drin zum Fischen,
    und mit Mooren und mit Torfen
    wird er täglich neu geworfen
    von des Schicksals Übermächten,
    von den guten wie den schlechten.
    Wennemann erklärt penibel,
    so erst würden uns plausibel
    die Wechselfälle der Geschicke,
    welche statt als Bahn als Knicke
    imponieren und im Leben
    wie auch sonst als Erdenbeben,
    wenn wieder mal und über Nacht
    der Würfel auf die Kante kracht.
    Aberach ist hochentzückt,
    endlich wird zurechtgerückt,
    was ihm bisher als ein Rätsel
    verschlungen schien wie eine Brezel.

  • Diese Texte trug Eberhard Grundmann beim BDSÄ-Kongress 2015 in Bremen vor in der Lesung über Bremer Stadtmusikanten“ (Moderation Helga Thomas)

    Tagfreier Tag

    Herr Wennemann klappt den Kalender auf
    und sieht, dass in des ganzen Jahres Lauf
    sich ein Gedenktag an den andern drängt,
    auf manche Tage eine Vielzahl zwängt.
    Just siebenhundertfünfundvierzig Tage
    fand Wennemann, und das sind schliesslich sage
    und schreibe reichlich zwei pro Tag im Schnitt.
    Zählt man jedoch nur die globalen mit,
    so findet man zweihundertfünfzehn Treffer –
    für eine Jahressuppe reichlich Pfeffer.
    Es finden sich dabei ein Tag des Lachens
    sowie ein Tag des Musik-selber-Machens,
    ein Tag des Kusses und ein Tag der Huren
    wie gleichfalls der Versöhnung mit den Buren,
    die Deutschen retten einmal die Kastanien,
    am zweiten Mai denkt an Madrid ganz Spanien,
    die Toiletten ehrt man im November,
    die Anti-Korruption dann im Dezember,
    dann wieder widmet man sich dem Tourismus
    beziehungsweise schließlich dem Autismus.
    Gesundheit allgemein sowie der Zähne
    entdeckt man alsbald neben Handhygiene,
    am siebten März Gesundernährung steht,
    am sechsten Mai dagegen Anti-Diät.
    Psoriasis und Leber, Niere, Herzen,
    sowie auch Rheuma, Lepra, Krebs, Kopfschmerzen
    erhalten einen eignen Tag als Bonus,
    desgleichen Brailleschrift und Hypertonus.
    Knapp fünfzig aller Denktermine hangen
    allein an medizinischen Belangen.
    Doch dann fand Wennemann noch unbenutzte
    zweiundsechzig Tage, und er stutzte.
    Er rief den Aberach, das Glück zu teilen.
    Sie proklamierten ohne zu verweilen
    den Tagefreien Welttag und fixierten
    als Jahresdatum Monat März, den vierten.
    (26.02.2013)

    Schweinerei

    Verwunderlich, verwunderlich,
    wie Menschen oft beschimpfen sich
    mit den Namen ihrer besten und nützlichsten
    Freunde aus dem Tierreich:
    Schwein, Hund, Esel, Ochs.
    Weit schlüssiger würde es sein,
    beschimpfte ein Schwein ein anderes Schwein –
    ein ganz besonders bösartiges Schwein:
    Du Mensch!
    Doch davon kenn ich keinen Bericht,
    denn solche bösen Schweine gibt’s nicht.
    (02.11.2014)

    Bremer Stadtmusikanten

    Die Stadtmusikanten von Bremen,
    getrieben von argen Problemen,
    sie fassten den Plan und sie gingen
    gen Bremen, um dorten zu singen.
    Doch schon auf dem Wege nach Stunden
    war ihre Misere verschwunden,
    auch ohne die Stadt zu erreichen.
    Was lehrt uns nun das und dergleichen?
    Erlangen wir oft auch im Leben
    nicht das, was wir eifrig erstreben
    und lässt sich nicht alles erklimmen,
    so gilt doch: die Richtung muss stimmen!

  • Diese Texte trug Eberhard Grundmann beim BDSÄ-Kongress 2015 in Bremen vor in der Lesung über „Fehler“ (Moderation Dietrich Weller)

    Das Böse

    ist nicht nur in der Welt,
    weil Menschen das Gute
    mit falschen Methoden und fehlerhaft
    anstreben
    oder
    ihren Trieben unterliegen.
    NEIN.
    Das Böse ist auch ganz wesenhaft
    in der Welt
    und besetzt gleich einem Dämon
    einzelne Seelen,
    die dann das Böse
    gern tun,
    planvoll,
    mit Freude
    und mit Lust.
    (22.03.2008)

    Fahrradreparatur oder der wiedergefundene Glaube an die Menschheit

    Wennemann hat einen Fahrradschaden.
    Damit geht er in den Fahrradladen.
    Dort wird er auf’s freundlichste empfangen
    und der Fehler sofort angegangen
    sowie weit’re drei gleich mit behoben.
    Wennemann kann nur den Meister loben.
    Auch die Rechnung fällt sehr milde aus,
    und der Kunde zieht den Schluss daraus,
    dass die Menschheit noch nicht aufgegeben,
    wenn so gute Menschen in ihr leben.
    Aberach jedoch, der will erst hoffen,
    wenn er diese guten Leut’ getroffen
    unter Direktoren und Regenten,
    unter Bänkern und sonst Hochpotenten –
    zwar gäb’s unten Menschen ohne Tadel,
    oben aber fehle es am Adel.
    (23.01.2013)

    trug

    nichts ist wie es scheint
    keiner sagt was er meint
    falsch flagge gehisst
    nichts scheint wie es ist
    kaum einer wagt
    zu meinen was er sagt
    man redet gern klug
    doch vieles ist trug
    es gibt sich gern gross
    was eigentlich bloss
    ganz klein und gemein –
    wird’s immer so sein?
    (12.08.2013)

    Andere Welt

    Wir hätten oft besser getan, was wir liessen
    und hätten gelassen das, was wir getan.
    Wir wären in manchen persönlichen Krisen
    viel lieber der Nachbar von nebenan.
    Wir lebten, wenn die Probleme sich breiten
    und wenn schon wieder alles verfällt
    doch lieber in gänzlich anderen Zeiten,
    am besten in einer anderen Welt.
    (10.10.2012 0400 Maillat F)

    Das Glück aller Völker

    Gewaltsame Völkerbeglückung
    heißt hinten immer –ismus.
    Vorn heißt sie unterschiedlich
    und belanglos.
    Sie funktioniert stets zuverlässig
    und auf die selbe Weise.
    Sie erreicht immer
    ihr Gegenteil.
    (22.04.2007)

    Jein

    Für die binäre Welt
    des Null oder Eins,
    Ja oder Nein,
    Ent oder Weder
    ist der Mensch nicht gemacht.
    Er will
    Sowohl als Auch,
    Wäsche ohne Nässe,
    Monogamie aber mit mehreren,
    Wohlstand ohne Mühe,
    alles essen und schlank bleiben,
    langes Leben ohne Alter,
    Überraschung, aber nur
    durch das, was er schon kennt.
    (25.06.2007)

    Koordinaten

    Ein Netz von Koordinaten
    werfen wir über die Welt,
    den Weg zu finden.
    Doch Netze sind Netze
    und nicht der Inhalt.
    Es gibt den ehrenhaften Ganoven
    und den kriminellen Edelbürger,
    den törichten Intellektuellen
    und den Klugen ohne Bildung.
    Den traurigen Clown gibt es
    und den zufriedenen Hypochonder,
    den Sieger, der alles verliert
    und den Besiegten im Glück.
    Nur ein kaltes Herz, das liebt, gibt es nicht.
    (11.01.2008)

    Farbenblind

    Manche sehn, und sei’s ein lichter Quarz,
    alle Dinge auf der Welt nur schwarz.
    Andre sehn, und dieses exklusiv,
    nur schwarz / weiss ein jegliches Motiv,
    wieder andere behaupten schlau,
    letzten Endes sei doch alles grau.
    Dieses können jene nicht verstehn,
    die nur durch die rosa Brille sehn,
    und auch der hat seine liebe Not,
    der voll Zorn bekennt: Ich sehe ROT!
    All den Vorgenannten hilft es nicht,
    gibt mal einer ihnen grünes Licht,
    selbst die blaue Blume bleibet fremd
    so wie Veilchen und ein gelbes Hemd
    oder alles, was orange erscheint
    wird von ihnen einfach nur verneint.
    (06.11.2009)

  • Diese Texte wurden beim BDSÄ-Kongress in Bremen 2015 in der Lesung  über Erotik (Moderation Horst Ganz) vorgetragen

    Wölländischer Spruch 3.1

    Jeder will etwas anderes:
    Der Mann die Frau.
    Die Frau das Kind.
    Das Kind das Leben.                                                  

    XY

    Anfangs war das Leben prall und rund,
    rund und prall und drall und ganz gesund,
    bis es eines Abends sich besann:
    „Scheinbar komme ich nicht recht voran.

    Ich will mich morgen dividieren
    und besser so getrennt marschieren,
    um endlich dann nach ein paar Tagen
    mit mehr Fortüne zuzuschlagen.“

    Es tat sich nun, um Streit zu meiden,
    zwei Lose aus den Rippen schneiden:
    Das X, das bleibt daheim beim Feuer,
    und Ypsilon sucht Abenteuer.

    Hin und wieder aber müssen
    sie sich wiederseh’n und küssen.
    Folgerecht im Lauf der Jahre
    steigt die Zahl der Exemplare.

    Teilung hat jedoch auch ihren Preis,
    mancher Rosenkrieg ist der Beweis.
    So gesehen lebt sich’s auch zu zweit
    zwischen Einigkeit und Widerstreit.

    (15.03.2008)                                                            

    Wölländischer Spruch 3.9.

    Jeder ist so stark wie sein schwächstes Glied.            

    Adam

    Ach, wie hatte es doch Adam leicht!
    Nur ein einzig Weib stand ihm zur Wahl,
    und das hat ihm völlig ausgereicht.
    Heut’ dagegen wird die Wahl zur Qual.

    Ja, die Auswahl ist fürwahr erdrückend,
    dicke gibt es, dünne, kleine, grosse,
    alle sind sie irgendwie entzückend –
    wem jedoch gebührt am End die Rose?

    Gar kein Wunder, dass die Männer schwanken,
    und wenn sie der einen sich verbunden,
    nach der andern suchen in Gedanken:
    Jäger können nur durch Jagd gesunden.

    Weh, doch wehe, wenn der Frauen eine
    von dem Wahlrecht selber macht Gebrauch:
    au, die Herren werfen sofort Steine
    ganz wie manche von den Damen auch.

    (10.08.2001)                                                            

    Wölländischer Spruch 3.10.1

    Nicht jede Bluse verspricht, was sie hält.                          

    Wer kennt Ernst?

    Frauen
    kennen ihn.
    Nur Frauen.
    Sie haben ihn
    sich nicht
    ausgesucht.
    Er kommt über sie.
    Der Ernst
    des Lebens.
    Männer
    spielen.

    (08.03.2003 Wippra)                                                

    Wölländischer Spruch 3.10.2

    Nicht jede Bluse hält, was sie verspricht.                          

    Überbau und Unterbau

    Dein Geist soll bis zu hohen Jahren
    sein Licht und seine Kraft bewahren,
    wie andrerseits dein Unterleib
    auch immer froh und munter bleib!

    (21.12.2007)                                                            

    Wölländischer Spruch 3.76.

    Ich bin immer wieder erstaunt, wie hübsch die Evolution Eizellen verpacken kann – und manchmal auch Spermien. (14.12.2014)                                                                                     

    Biochemie

    Zwar gibt es Lieb auch ohne
    das Zutun der Hormone
    – zum Beispiel die platone –
    doch die Natur-Matrone
    verlässt sich nicht die Bohne
    auf diese Art Ikone.
    Bei ihrem Drang zum Sohne,
    zur Tochter gleicher Weise,
    benutzt sie still und leise
    Chemie zur sichren Reise,
    fährt gut auf diesem Gleise –
    fahr mit, dann bist du weise.

    (17.02.2007)                                                            

    Wölländischer Spruch 3.51.

    Nicht alles
    hängt am Phalles.
    Doch steht und fällt
    mit ihm die Welt.

    (03.02.2007)                                                                                            

    Dem Trieb

    Dem Trieb
    geht’s einzig um’s Prinzip.
    Wisse drum, mein Sohn,
    er acht‘ nicht der Person.
    Bei Bedarf ist er zur Stell
    und also universell.
    Drum widme ihm dein Denken,
    um manierlich ihn zu lenken.

    (16.03.2008)                                                            

    Wölländischer Spruch 3.58.

    Männer können Frauen nicht verstehen. Aber begreifen. (27.5.2007)                    

    Im Nacktbad

    Den Säugling in Manne begrüsste
    die Vielzahl verschiedener Brüste.
    Ich bekenne ganz ohne Geziere:
    Männer sind Säugegetiere.

    (2009)                                                                      

    Wölländischer Spruch 3.66.

    Den Hafen der Liebe findet man selten durch Liebe im Hafen. (01.02.2011)          

    Verführung

    Einst vor vierzig Jahren,
    als wir jung und lustig waren,
    in jener milden Sommernacht,
    haben heimlich wir gedacht,
    was vielleicht jetzt noch passiert,
    wenn eins das andere verführt.

    Nach einer Runde um das All
    stellt sich heut ein andrer Fall.
    Im Stillen denkt die Frau, der Mann,
    was sie, was er nun nicht mehr kann,
    doch dass sie richtig einst wie jetzt
    die Tat durch die Option ersetzt.

    (04.10.2009)                                                            

    Wölländischer Spruch 3.21.

    Wo kämen all die schönen Homos her,
    wenn jeder Mensch ein Homo wär. (20.05.1998)         

    Fernkuss

    Eben noch auf deinem Mund,
    flog sie, und das, weil sie muss,
    flog die Fliege hierher und
    brachte zu mir deinen Kuss.

    (02.07.2010)                                                            

    Wölländischer Spruch 3.54.

    Gehn die Dinge gar zu glatt,
    hat man sie recht bald schon satt.
    Es gilt ohne Übertreibung:
    Selbst Liebe braucht die Reibung. (17.02.2007)            7

    Antrag

    Er halte, sagte er,
    um ihre Hand an.
    Dabei hatte er diese
    am wenigsten im Sinn.

    (08.08.2011)                                                            

    Wölländischer Spruch 3.42.

    Verachte nicht die Früchte des Unterleibes. Du bist selber eine. (07.02.2007)        

    Wölländischer Spruch 3.40.                                     Zugabe

    Männer und Frauen werden zu Männern und Frauen erst durch Frauen und Männer. (10.06.2002)

  • (Der Text wurde beim BDSÄ-Kongress 2015 in Bremen vorgetragen)
    Die Frage, was der Mensch mit seinem Globus mache, bewegt seit Jahren die öffentliche Debatte. Dabei wird an Industrie und Technik gedacht, nicht aber an den höchstpersönlichen humanen Beitrag.

    Nach seinem grundlegenden Bauplan ist der Mensch – so wie viele andere Arten auch – ein doppelwandiger Schlauch. Die primären anatomischen Orientierungen dieses Schlauches sind die Wände INNEN und AUSSEN sowie der Zwischenraum in der MITTE zwischen den Wänden. Sekundäre Orientierungen sind EINGANG und AUSGANG, die man auch ORAL und ABORAL nennt, was mundwärts und afterwärts bedeutet. Analoge Namen sind ROSTRAL (schnabelwärts) und CAUDAL (schwanzwärts) oder bei aufrechter Haltung OBEN und UNTEN. Die tertiären Orientierungen sind VORN / HINTEN, RECHTS / LINKS.

    Die Achse durch den oralen und aboralen Pol kann senkrecht, waagerecht und in jeder Neigung dazwischen sowie in jeder Krümmung gedacht werden. Sie verrät viel über den Inhaber. Klassisch unterscheidet sich die krumme Achse des Homo supressus in der Despotie von der Orthopädie des aufrechten Ganges eines Freien.

    Der eben beschriebene Schlauch Mensch bewegt sich nicht nur durch die Welt, sondern er bewegt auch die Welt durch sich, und zwar hindurch. Das tut er auf dem Wege des Stoffwechsels mit folgendem Ergebnis. Meine Berechnungen beruhen auf der Weltbevölkerung vom 8.12.2001 20:32. Zu dieser Zeit waren es lt. Internet[1] 6.185.969.436 Leute – im Januar 2015 bereits über 1 Milliarde mehr. Unterstellt man, dass jeder pro Tag bescheidene 2,5 l Wasser[2] und 505g feste Nahrung zu sich nimmt, ergibt das einen Jahresverbrauch von 5,6 Mrd mWasser und 1,14 Mrd t feste Stoffe.

    Auf der anderen Seite gibt die Weltbevölkerung auch wieder etwas zurück. Nämlich an Flüssigkeit jährlich – wenn man jedem 1,5 l Tagesproduktion unterstellt und Schweiss, Tränen sowie andere Kleinstmengen nicht mitrechnet ‑ rund 3,4 Mrd m3. Das entspricht dem 15,75-fachen von Deutschlands grösstem Stausee, der Bleilochtalsperre. Es entspricht auch mehr als einer halben Million schweren Güterzügen, die 10 mal um den Äquator reichen würden[3]. Bei den Feststoffen – die Tagesleistung sei ohne Hautschuppen, Haare oder Nägel 300g ‑ kommen wir auf runde 677 Mio t/Jahr. In green-bewegten Reports vermisse ich Hinweise auf derartige Emissionen.

    Zu alldem werden jährlich schon in Ruhe 853 Mrd m3  CO2 ausgeatmet, das sind 1,5 Mrd t und immerhin knapp 7% der industriellen Emission, die ihrerseits bei 21,8 Mrd t[4] liegt. Bei körperlicher Belastung aber kann das Atemzeitvolumen bis über das 22-fache steigen, was Jogger zu Umweltsündern macht. Als Durchschnitt dürfte das 4-fache bei weitem nicht zu hoch gegriffen sein. Ich frage daher: Wo bleibt das Verbot des Ausatmens oder wenigstens seine Besteuerung? Ferner ist zu bedenken, dass der aborale Pol der Menschheit jährlich 1,35 Mrd m3 durchaus unedler Gase abgibt, darunter N2, H2, CH4, CO2 – die letzten beiden sind Treibhausgase. Es ist geradezu ein Skandal, dass die Energieträger Methan (CH4) und Wasserstoff (H2) nicht ins öffentliche Netz gespeist werden. An diesem Punkt muss das Energiegesetz dringend nachgebessert werden.           00:06:35:00

     

    [1] http://www.dsw-online.de/cgi-bin/count.pl

    [2] Werte für Ein- und Ausfuhr aus: 1) Schmidt R F, Tews G (Hrsg.): Physiologie des Menschen. Berlin: Springer, 1993 und 2) Silbernagl S, Despopoulos A (Hrsg.): Taschenatlas der Physiologie. Stuttgart: Thieme, 1991

    [3] 566.667 Züge zu je 6.000t und 700m Länge = 396.667km = 10x Äquator

    [4] http://www.wissenschaft.de/sixcms/detail.php?id=28499

  • Ich wünsche euch, ich wünsche dir
    nach altem Brauche dort und hier
    zum neuen Jahr und Christenfeste
    vom Guten nur das Allerbeste,
    vor allem aber woll’n auf Erden
    wir selber etwas besser werden,
    zu schaffen jetzt schon hier hinieden
    ein kleines Stück vom Himmelsfrieden.

    (07.01.2015)  © E W Grundmann

  • Nasche nicht
    vom süßen Gift
    des Lobes,
    des Ruhms vielleicht sogar.

    Du weisst doch,
    wie es irrt und narrt und
    wankt und schwankt
    und tödlich bitter werden kann.

    Doch wieder nahmst
    du eine Prise und
    sie tat unendlich wohl,
    fast dass sie süchtig machte.

    Drum nimm einzig
    kleinste Dosen und
    aus besten Apotheken nur,
    die deinem Wohl verpflichtet sind.

    Du kannst der Droge
    gänzlich nicht entraten,
    denn allein den eignen Anspruch zuzulassen,
    wer wäre dazu stark genug?

     

    Copyright Dr. Eberhard GRundmann

  • Der Sommerzeit tieferer Sinn
    erschliesst sich erst und bringt Gewinn
    mit einem ganz eignen Kalender
    für alle die südlichen Länder:

    Juluar
    Augober
    Septus
    Oktomber
    Noveber
    Dezeber
    Jani
    Febrius
    Mär
    Apruar
    Maiz
    Junil.

     

    Copyright Dr. Eberhard Grundmann