Autor: Waltrud Wamser-Krasznai Dr. med. Dr. phil.

  • Eine Erinnerung an Budapest 1988

    Die Familie erwartet den älteren Bruder meines Schwiegervaters, Krasznai András, genannt Bandi bácsi, zum Abendessen. Der rüstige 81-Jährige pflegt mit der Straßenbahn via Petöfi-Brücke zu kommen. Die Zeit vergeht, das Essen wird kalt, der sonst immer pünktliche Onkel bleibt aus. Petúr fährt schnell zur Wohnung, er hat ja einen Schlüssel. Alles ist ordentlich abgeschlossen, unauffällig. Petúr sucht die Gegend ab, fragt bei der  Polizei. Nichts. Am anderen Tag erneut zur Polizei. Jaaa, da gab es etwas, aber damit befassen sich die Alliierten. Für Leute, die das nicht gewusst oder vergessen haben: Auch Budapest ist in vier Sektoren geteilt. Also zur Kommandantur. Jaaa, wir haben damit nichts zu tun, das werden die Kollegen erledigt haben. Also dorthin. Jaaa, da gab es einen Unfall. Und wo ist mein Onkel? Leider verstorben. Wo sind dann seine sterblichen Überreste? Davon ist nicht viel geblieben, eine Zeile im Tagesprotokoll. Was wollen Sie denn mit der Leiche?, wird Petúr gefragt. Damit nichts, aber ich bin der Erbe, mein Onkel hat ein Testament zu meinen Gunsten gemacht, hier, bitte schön. Na, das ist kein Problem. Rasch wird die ungarische Justiz angewiesen, einen rechtsgültigen Erbschein auszustellen, Unterschrift, Stempel. Zu Bestattungs-Formalitäten kommt es nicht, ein besonderer Fall. Kosten entstehen der Familie auch nicht, das wird höheren Orts erledigt.

    Jetzt hat Petúr uneingeschränkten Zugang zum Erbe. Sein Vater, Jurist, hatte das Testament seiner Zeit mit unterschrieben. Bandi bácsi setzte offensichtlich großes Vertrauen in seinen Neffen, mit Recht. Nach und nach findet dieser in Büchern, Sport-Trophäen und hinter Bildern versteckt insgesamt 1 Million – na ja, Forint – aber immerhin! Eine wohlhabende Familie war es schon. Zum besseren Verständnis: die Rente eines András Krasznai als altgedientem Gymnasialdirektor betrug damals 1900 Forint im Monat, die Wohnungsmiete belief sich auf 120 Forint, eine Straßenbahn-Monatskarte kostete 20 Forint, ein Liter Benzin 2, 50 Forint.

    Mobiliar und Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind völlig wertlos. In 60 gemeinsamen Jahren haben Bandi bácsi und seine aus begüterter k. und k.- Familie stammende verstorbene Ehefrau alles abgewirtschaftet. Einige Stücke Herend-Porzellan sind ganz geblieben und gelangen zu mir.        

    Was ist nun eigentlich mit dem Onkel passiert? Sickert mit der Zeit etwas durch oder reimen wir es uns zusammen? Ein alliierter Lastwagen hat vermutlich mit überhöhter Geschwindigkeit den Fußgänger so gründlich erfasst, dass nicht einmal ein Beerdigungsinstitut in Hollywood noch etwas hätte ausrichten können. Der Rest ist Schweigen.

  •    Die Inkubation, Heilschlaf, griechisch Enkoimesis, ist eine tragende Säule in der Medizin des antiken Hellas. Der Hilfesuchende hofft auf nächtliche Traumgesichte, in denen ihm die Gottheit erscheint und ihn in den  Möglichkeiten zur Linderung der Leibes- und Seelennöte unterweist.

    Dafür muss sich der Patient gründlich vorbereiten, Enthaltsamkeit üben,  kultische Waschungen vornehmen und natürlich Opfer bringen (De Abstinentia II 19, zit. nach Krug 1985, 130). Beim Kommen und Gehen sind Gebühren in einen Tresor, Thesauros, zu entrichten, adressiert z. B.  an Asklepios und Apollon bzw. deren Priester.

        Aufschlussreich für die Gepflogenheiten der Letzteren ist ein Bericht in  Aristophanes‘ Komödie „Plutos“. Nachdem dieser im Meer gebadet hat, begibt er sich mit seinen Begleitern in den heiligen Bezirk des Asklepieions von Athen[1], wo die Opfer, Honigkuchen und anderes Backwerk, am Altar deponiert werden. Dann legt er sich mit seinen Begleitern dort in der Nähe nieder. Sie werden von den Tempelaufsehern, die das Licht löschen, zur Ruhe aufgefordert. Doch statt zu schlafen beobachten sie, wie der Priester alle nahrhaften Gaben einsammelt und in seinen Sack steckt[2]. Diese einträgliche Gewohnheit ging nach der Einführung des Christentums natürlich nicht verloren. Der Bischof Tychon aus Zypern berichtet im 5. Jh. u. Z., dass die Eltern eines taubstummen Knaben Tage und Stunden in der Kirche eines Heiligen verbrachten, „auf dem Boden schliefen, fasteten und Tränen vergossen“ (Chr. Markschies, Heil und Heilung in der Spätantike, in: Wunderheilungen in der Antike. Von Asklepios zu Felix Medicus, Oberhausen 2006, 17-23). Auch die Opferpraxis ist ungebrochen, denken wir nur an Goethes Mephisto im Faust:

    die Kirche hat einen guten Magen, hat ganze Länder aufgefressen
    und doch sich niemals übergessen.
    Die Kirch` allein, ihr guten Fraun,
    kann ungerechtes Gut verdaun.

        Während des rituellen Mahles im Heiligtum werden die geopferten Tiere, oft sind es Widder, verzehrt. Das Fleisch darf den heiligen Bezirk nicht verlassen. Auch Votivgaben wie Statuen, Reliefs und kleine Figuren aus Bronze oder Terrakotta verbleiben als immerwährendes Eigentum der Gottheit im Heiligtum (Strabon 8 6, 15; 14 2, 19; Plin. n. 29, 4).

        Wie aus den antiken Schriften hervorgeht, legten sich die Bittflehenden zum Heilschlaf auf den Boden, der höchstens von einer Strohmatte oder einem Fell bedeckt war. Man glaubte nämlich, dass die Erde während des Schlafs Kräfte freisetze, weshalb man „ipsi terrae incubatum est“, sich auf die Erde selbst niederlegte (L. Deubner, De incubatione, Diss. Giessen 1891. Eur. Hec. 70 ff.). Im Gegensatz dazu stellt die antike Bildkunst die Kranken gewöhnlich auf einem bequemen Bett, einer Kline, dar.

         

     Abb. 1: Weihrelief an Asklepios. Aus dem Piräus, Anf. 4. Jh. v. Chr.  
    Aufnahme der Verfasserin

        In Abb. 1 ist der am Kopfende stehende Gott gerade dabei, ‚Hand an die Patientin zu legen‘.

        Von Weihreliefs und Heilinschriften kennen wir den Gebrauch tragbarer Betten (Abb. 2). Demosthenes von X., gelähmt an den Beinen. Dieser kam in das Heiligtum auf einer Bahre und ging auf Stöcke gestützt herum. Als er sich im Heilraum zum Schlaf gelegt, sah er ein Gesicht: er träumte, der Gott verordne ihm, vier Monate im Heiligtum zu bleiben…Hierauf kam er…, als er an den letzten Tagen mit zwei Stöcken in den Heilraum hineingegangen war, gesund heraus (Iama C 64)[3].

       Oft brachten die Kranken Diener und Lasttiere für den Gepäck-Transport mit. Iama C 45[4]: Melissa kam mit einem Geschwür an der Hand. Als die Diener das Lager für die Frau von dem Saumtier abluden, nistete sich eine Viper…ein und kroch in die Laubfüllung der Matratze; als nun Melissa sich darauf legte, öffnet sie [die Schlange] durch  einen Biss das Geschwür an der Hand und darauf wurde sie gesund.

                      

     Abb. 2: Weihrelief, Chalkidiki, 1. Hälfte 4. Jh. v. Chr.
    Abguss Erlangen. Aufnahme der Verfasserin

       Dem Tempel gegenüber ist der Ort, wo die den Gott um Hilfe Bittenden schlafen (Paus. II 27.2) nämlich die Inkubationsräume, griechisch Enkoimeterien oder Abata (= die Unbetretbaren). In Epidauros fanden sich bei einer lang gestreckten Halle im Nordwesten des inneren Bezirks steinerne Stelen mit Heilinschriften, Iamata. Darauf… sind die Namen von Männern und Frauen verzeichnet, die von Asklepios geheilt wurden, und dazu die Krankheit, an der jeder litt, und wie er geheilt wurde (Paus. II 27, 3). Die Buchstabenform weist in die zweite Hälfte des 4. Jh. v. Chr.[5]

        An die Halle schließt das Bad des Asklepios an (Paus. II 27, 6) das der kultischen Reinigung vor dem Betreten der Heilräume dient.

        Eine außergewöhnliche Terrakottafigur (Abb. 3) aus dem Asklepieion von Nora/Sardinien zeigt einen von der heiligen Schlange umwundenen nackten Jüngling im therapeutischen Schlaf.                          

     Abb. 3:  Schlafender Jüngling, 2. Jh. v. Chr. 
    Nach Bernardini – Santoni – Tronchetti 2016, 109 Abb. 166

        Manche Patienten sind den euphemistischen Heilinschriften gegenüber skeptisch und müssen sich zunächst eines Besseren belehren lassen, wie wir z. B. aus Iama A 3[6] erfahren: Ein Mann, der die Finger der Hand nicht rühren konnte bis auf einen, kam zu dem Gott als Bittfleher. Als er die Weihetafeln in dem Heiligtum sah, war er ungläubig gegen die Heilungen und machte sich über die Aufschriften lustig. Als er im Heilraum schlief,  träumte ihm…es sei…der Gott erschienen und ihm auf die Finger gesprungen und habe ihm die Finger ausgestreckt…als es Tag geworden, kam er gesund heraus.

        Die Inkubation fand im Tempelbezirk statt[7], doch in der übrigen Zeit hielten die Heilung-Suchenden sich außerhalb des Temenos auf, etwa an Orten der Zerstreuung wie in den Theatern (Epidauros, Pergamon u. a.) bzw. in Herbergen mit fest installierten Klinen. Arzthäuser verfügten über Ordinationsräume, Iatreia, in denen möglicherweise kurzfristig auch „stationär“ behandelt wurde[8]. Jedenfalls – so berichtet Plinius – soll die Heilkunde getreu nach der von Hippokrates eingeführten Weise, die wir „die klinische nennen“ ausgeübt worden sein [9].

    Zusätzliche Literatur und Bildnachweis:

    P. Bernardini – V. Santoni – C. Tronchetti, Il Museo Archeologico Nazionale di Cagliari (Sassari 2016)    Abb. 3

    A. Burford, The Greek Temple Builders at Epidauros (Liverpool 1969)

    E. J. und L. Edelstein, Asclepius. A Collection and Interpretation of the Testimonies (Baltimore 1945)

    K.-V. von Eickstedt, Das Asklepieion im Piräus (Athen 2001)

    G. Harig, Zum Problem „Krankenhaus“ in der Antike, Klio 53, 1971, 179-195.

    R. Herzog, Die Wunderheilungen von Epidauros. Ein Beitrag zur Geschichte der Medizin und Religion (Leipzig 1931) 

    E. Holländer, Plastik und Medizin (Stuttgart 1912)

    A. Krug, Heilkunst und Heilkult (München 1985)

    Th. Schnalke, Asklepios. Heilgott und Heilkult. Ausstellungskatalog Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg 12. Juli- 30. September 1990  (Nürnberg 1990)

    W. Wamser-Krasznai, Wie man sich bettet…Lager und Lagern in antiken Heil-Heiligtümern, in: Les Études classiques 80 (Namur 2012) 55-72

    G. Welter, Troizen und  Kalaureia (Berlin 1941)


    [1] Außer dem Stadtheiligtum in Athen gibt es „das andere im Piräus“ (Scholia in Aristophanum, Ad Plutum, 621, T. 722), E. J. und L. Edelstein, Asclepius (ND 1975) Band I, 212-218, 375-377.

    [2] Aristoph. Plut. 655-683.

    [3] Herzog 1931, 33.

    [4] Herzog 1931, 27.

    [5] Herzog 1931, 2 und 6.

    [6] Herzog 1931, 9-10.

    [7] s. dazu Harig 1971, 182.

    [8] Galen, De antidotis I. 2. XIV,7, s. Harig 1971, 185 f. Anm. 41.

    [9] Nach dem Brand des Asklepiostempels auf Kos: „instituisse medicinam hanc, quae clinice vocatur“, Plin. nat. 29, 1 (2), 4, E. J. und L. Edelstein 1945, 401-402, Nr. 795. Hygin, Fabulae 274,9, E. J. und L. Edelstein 1945, 186, Nr. 360. Habig 1971, 180 und 182.

  •     Groß ist die Zahl der mythischen Verwandlungen. Besonders im Umfeld der göttlichen Geschwister Artemis und Apollon finden eindrucksvolle  Metamorphosen statt. Beide Gottheiten richten und strafen beim Verstoß gegen Sitte und Recht. Ihre Gründe für die Verwandlung der Wesen mit denen sie jeweils in nähere Beziehung treten, sind aber durchaus unterschiedlich.

    Artemis rächt Verletzungen ihrer jungfräulichen Integrität.

        Als Kallisto, die Schönste, sich dem Gefolge der Göttin anschließt, gelobt sie ebenso wie Artemis stetige Keuschheit. Als diese eines Tages die von Zeus verursachte Schwangerschaft der Gefährtin entdecken muss, lässt sie ihr im Zorn ein zottiges Bärenfell und Krallen wachsen.

                          

    Abb. 1: Verwandlung der Kallisto, 390-380 v. Chr. 
                                       Nach Schefold 1981, 231 Abb. 322

        Was Kallisto dann zustößt, wird in verschiedenen Parallelmythen berichtet. Ob sie von den Pfeilen ihrer Herrin getötet wird, oder von Hera, der eifersüchtigen Gemahlin des Zeus – jedenfalls kreist sie seither als Große Bärin um den Polarstern.

        Den Jäger Aktaion, der Artemis unbekleidet beim Baden beobachtet hat, verwandelt sie in einen Hirsch. Seine eigenen Hunde erkennen ihn nicht mehr und stürzen sich auf ihn, um ihn zu zerreißen. Mit ihren „sanften Geschossen“[1] beendet die Göttin seine Qualen.

        

    Abb. 2: Aktaion, während der Verwandlung von seinen Hunden angefallen.
                                        Nach Schefold 1981, 138 Abb. 180

        Mit Apollon ist es anders. Zwar wird er überall wegen seiner Schönheit gerühmt, aber in der Liebe hat er fortwährend Pech.

        Daphne, die anmutige Nymphe, flieht „schneller als der leichte Lufthauch“[2]  vor dem liebeskranken Gott und entzieht sich ihm endlich ganz durch die Verwandlung in einen Lorbeerbaum. Zu seinem Trost und um etwas von der Geliebten bei sich zu tragen, bekränzt Apollon seine Stirn mit dem heiligen Lorbeer. Musentöchter und- söhne, die es zu wissenschaftlichem oder künstlerischem Erfolg gebracht haben, tun es ihm nach.

                     

      Abb. 3: Daphne wird zum Lorbeer, augusteische Kopie
                  eines hellenistischen Originals (?) Nach Schefold, 208, Abb. 283.

        Die schöne Koronis, bereits von Apollon schwanger, gibt sich auch noch einem Sterblichen hin. Flugs überbringt eine weiße Krähe dem Gott die kränkende Nachricht. Wie so oft trifft die Strafe zunächst den Überbringer der fatalen Botschaft. Das weiße Gefieder färbt sich rabenschwarz. Dabei ist es bekanntlich seither geblieben.                     

    Abb. 4 und 5: Apollon mit weißer und schwarzer Krähe
                                     Nach Schefold 1981, 209  Abb. 284. 285

        Heilkundige, die gern ein wenig über den Tellerrand spähen, kennen den halbwegs versöhnlichen Schluss der Geschichte: Apollon tötet die treulose Koronis, wird aber von Reue gepackt und rettet das ungeborene Kind aus dem Leib der sterbenden Geliebten. Es ist der kleine Asklepios, der anschließend vom weisen Kentauren Chiron erzogen und höchst erfolgreich in den medizinischen Wissenschaften unterrichtet wird.

        Eine seiner Aufsehen erregenden Heilungen gelingt Asklepios beim Sohn des Theseus, Hippolytos[3]. Dieser, zur Keuschheit entschlossen, dient der jungfräulichen Artemis/Diana. Unschuldig-schuldig löst er eine Liebes- und Eifersuchtstragödie aus. Seine scheuenden Rosse schleifen ihn fast zu Tode,

    Und allein die starke Arznei des apollinischen Sohnes  
    gab mir das Leben zurück…
    dann warf Cynthia [ein Beiname der Diana]
    um mich ein dichtes Gewölk…gab mir ein höheres Alter und ließ
    unkenntlich mein Antlitz werden…wies mich hierher [nach Aricia]
    befahl mir zugleich den Namen niederzulegen,
    warst du Hippolytus einst, sollst du nun Virbius sein.
    Seither lebe ich hier im Hain als einer der minderen Götter,
    und die Herrin gewährt mir als dem Ihrigen Schutz[4].

        Unter unseligen Vorzeichen stand die Ehe des barbarischen Thraker-Königs Tereus mit der athenischen Königstochter Prokne von Anfang an. Als er auf Bitten seiner Gattin aufbricht, um ihre Schwester Philomele zu einem Besuch abzuholen, entledigt er sich seiner Verantwortung auf die schändlichste Weise. Er hält Philomele gefangen, tut ihr Gewalt an und schneidet ihr, um sie am Verkünden der Untat zu hindern, die Zunge heraus. Doch Philomele versinkt nicht in Lethargie. Einfallsreich ist der Schmerz und Not macht erfinderisch[5]. Sie setzt sich an den Webstuhl und fügt zwischen das weiße Garn purpurne Schriftzeichen ein, die den Frevel anzeigen. Das fertige Werk lässt sie zu Prokne bringen. Diese versteht sogleich und gerät außer sich vor Wut und Schmerz. Sie mischt sich unter die Bachantinnen, befreit ihre Schwester und tötet ihren kleinen Sohn Itys, um den verbrecherischen Vater an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen[6]. Bevor sich der König rasend vor Zorn auf die Frauen stürzen kann, verwandelt ihn Zeus in einen Wiedehopf, die Schwestern aber in Singvögel[7]

    Literatur und Bildnachweis:

    M. Bieber, Tereus, AM 50, 1925, 11-18  

    A. Klöckner, Mordende Mütter. Medea, Prokne und das Motiv der furchtbaren Rache im klassischen Athen, in: G. Fischer – S. Moraw (Hrsg.), Die andere Seite der Klassik (Stuttgart 2005) 247-263

    Ovid, Metamorphosen. Lateinisch/Deutsch (Reclam Stuttgart 22003)

    Pausanias, Reisen in Griechenland I (Zürich – München 31986)

    W. Schadewaldt, Die Sternsagen der Griechen (Frankfurt am Main – Hamburg 1956)

    K. Schefold, Die Göttersage in der klassischen und hellenistischen Kunst (München 1981)    Abb. 1-5

    E. Simon, Tereus. Zur Deutung der Würzburger Schauspieler-Scherbe.  Festschrift des Kronberg-Gymnasiums (Aschaffenburg 1968) 155-165

    Th. v. Scheffer, Die Legenden der Sterne 

    W. Wamser-Krasznai, Metamorphosen der Haut im antiken Mythos,

    Aktuelle Dermatologie 33/2007, 92-95

    Für Reproduktionen und Bildbearbeitung danke ich H. Zühlsdorf, Gießen.


    [1] Hom. Od. 11, 172 f. 199.

    [2] Ov. Met. 1, 502 f.

    [3] Genannt nach seiner Mutter, der Amazonenkönigin Hippolyte.

    [4] Ov. Met. 15, 533-547.

    [5] Ov. Met. 6, 575.

    [6] Klöckner 2005, 240 f. Anm. 12 Abb. 1. 2; Paus. I  5, 4. 24, 3.

    [7] Ov. Met. 6, 423-674; Bieber 1925, 15 Anm. 4.

  •  

                  Abb. 1:
    Doppelidol Rhodos, 7. Jh. v. Chr.,
    Nach Hadzisteliou Price 1971, 61 Taf. VII, 17

        Während eine Reihe weiblicher Gottheiten und halbgöttlicher Wesen multipel auftritt, wie Eileithyien, Horen, Chariten, Musen[1] u. a., geben Doppelidole die Einheit zweier Göttinnen bzw. die  Doppelnatur der Einen wieder[2] (Abb. 1). Die von E. Simon vorgeschlagene Bezeichnung „Dualprotome“[3] bezieht sich auf eine verlorene indogermanische Sprachform, den Dual, der sich noch in  Weihinschriften nachweisen lässt: τὼ θεώ, im Dativ „toin theoín“= den beiden Göttinnen (Demeter und Kore/Persephone[4]). Der andere Wort-Teil, „Protome“, ist für Halbfiguren und Statuetten, denen zur Vollständigkeit nur die Beine fehlen, keine sehr glückliche Bezeichnung, sodass wir lieber bei „Doppelidol“ bleiben.       

        Zwei identische weibliche Sitzfiguren[5] (Abb. 2)werdenmeistals Demeter und Kore gedeutet; doch es gibt auch andere Stimmen: „Die Annahme, es seien Demeter und Persephone dargestellt, kann ausgeschlossen werden; der korinthische Künstler hätte sicher den Altersunterschied zwischen Mutter und Tochter sinnfällig zum Ausdruck gebracht“[6]. Dieser Meinung können wir uns für das 7. Jh. v. Chr., den Entstehungszeitraum der Statuetten, nicht anschließen[7]. Aus Mangel an kennzeichnenden Attributen wären die beiden wohl namenlos geblieben, säßen sie nicht auf dem Fragment eines Karrens, den  Simon als „Bauernwagen“ beschrieb und daher nicht an der engen Beziehung zu den „Saatgöttinnen“ zweifelte[8].

                           

       Abb. 2:
    Sitzende Göttinnen, Brit. Mus. London
                  Nach: Hadzisteliou Price 1971, 62 Taf. 8, 20

        Demeter und Kore: Der Beiname „BifurcationderGe“[9] verbindet Demeter etymologisch mit den Silben und „Lallnamen“[10] für Erde, Γη oder Γα bzw. Δη oder Δα[11]. Als Tochter der Titanen Kronos und Rhea ist sie eine Schwester der großen Gottheiten Zeus, Hera und Hades[12]. Zahlreiche Inschriften fassen Mutter und Tochter als „die beiden Göttinnen“, τὼ θεώ, „Δημήτερες“ oder Δαμήτερες[13] zusammen, lateinisch Cereres. Sie sehen einander ähnlich, behalten aber stets ihre Individualnamen. Als Einheit gelangen sie um 396 v. Chr. z. B. von Syrakus nach Karthago[14]. Zwei gleichartige weibliche Statuen-Fragmente aus Kalkstein, die im Heiligtum der Demeter und Kore/Persephone in der Kyrenaika gefunden wurden, zeigen, dass sich die gemeinsame Verehrung der Göttinnen im 2. Jh. v. Chr. fortsetzte[15]. Fehlen jedoch die Informationen zum Fundort und sind keine charakteristischen Attribute vorhanden, so ist eine Benennung identischer Göttinnen z. B. als Leto und Artemis[16] nicht gerechtfertigt.      

        Doppel-Kybele:

    Die ikonographisch gleichen Frauengestalten (Abb. 3) halten jeweils in der rechten Hand eine Schale. Während an der Seite der Thronenden links ein Tympanon sichtbar wird, sitzt neben der Figur rechts ein kleiner Löwe. Sowohl das Attribut als auch der tierische Begleiter sind Kybele-spezifisch genug um einer Differenzierung der beiden Göttinnen in die „anatolische Kybele“ und ihr kretisches „Pendant Rhea“ zu widersprechen[17]. Eher könnte sich „in der Verdoppelung der zweifache Machtbereich der prähistorischen Muttergöttin ausdrücken…der sich über Himmel und Erde…auch über Leben und Tod“ erstreckt[18].     

            

    Abb. 3:
    Doppelrelief der Kybele. Bonn, Akademisches Kunstmuseum
    Aufnahme der Verfasserin

        Stilistisch weist der Doppel-Naiskos in die Zeit des frühen Hellenismus[19].     Vergleichbare Reliefs mit einer zweifach thronenden Kybele stammen überwiegend aus Attika, wurden aber auch auf Delos, in Delphi, Korinth und Troizen gefunden[20].

        Doppelte Athena:

              

         Abb. 4:
    Zwei identische Athenen, 1. Hälfte des 5. Jhs. v. Chr.
    Nach: LIMC II (1984) 972 Nr. 148 Taf. 721

        Das in der Umgebung von Athen aufgefundene attische Relief mit zwei identischen Athena-Figuren nebeneinander (Abb. 4) ist bisher nicht befriedigend gedeutet[21]. Beide tragen den gleichen Helm, einen dünnen Chiton und archaistische Schrägmäntel[22]. Der rechte Arm reicht zu einem langen Speer hinauf; den linken und den oberen Körper-Abschnitt verdeckt ein großer Schild mit dem Gorgoneion als Schildzeichen.                         

        Wie erklärt sich diese Doppelung? Ein Mutter-Tochter-Verhältnis wie bei den eleusinischen Gottheiten scheidet für Athena aus. Es bleiben die verschiedenen Aspekte unter denen man sie verehrt. Hadzisteliou Price weist auf Doppelkulte in zwei nahe bei einander gelegenen Tempeln hin, Athena Polias und Athena Parthenos auf der Akropolis von Athen, Athena Polias und Athena Sthenias (die Starke) in Troizen, oder Athena Alea und Athena Ippia [=hippia] in Tegea[23]. Ferner nennt sie zwei (gleichartige?) Athena-Statuen in Aegion. Sogar die mit der Göttin eng verbundene Eule trete gelegentlich im Doppel oder zweiköpfig auf[24]. All dies hat jedoch dem Verständnis des attischen Reliefs noch nicht näher gebracht[25].           

        Hygieia und Athena Hygieia:

    Nach den meisten literarischen Quellen steht Hygieia im Zusammenhang mit dem Asklepioskult und ist mit einer Zeit nicht vor dem 4. Jahrhundert v. Chr. verbunden. Ursprünge und Verehrung lassen sich jedoch im Kontext der Göttin Athena schon früher nachweisen. So bezeugen Weihinschriften des Töpfers Euphronios auf einer Basis aus pentelischem Marmor in Athen und auf einem rotfigurigen Gefäßfragment bereits einen Kult für Athena Hygieia im späten 6. und frühen 5. Jh. v. Chr. Nach Plutarch gehöre er zu den ältesten Kulten Athens[26] . Auch die Bronze-Statue, die Perikles der Göttin auf der Akropolis von Athen habe errichten lassen, stammte aus dem 5. Jh. v. Chr. Anlass für diese Weihung sei ein Unfall gewesen, der sich bei den Bauarbeiten an den Propyläen (oder am Parthenon?) ereignete. Das Kultbild erhielt seinen Platz bei einem alt-ehrwürdigen Altar der Athena Hygieia[27].

        Gegen 430 v. Chr. genießt Hygieia unter dem Aspekt der Stadtgöttin Athena noch kultische Ehren[28]. Wenig später tritt ihre Verbindung mit Athena  zugunsten derjenigen mit Asklepios zurück[29]. Zur Zeit des Pausanias befinden sich in der Nähe der Propyläen von Götterbildern ein solches der Hygieia, die eine Tochter des Asklepios sein soll, und der Athena, auch diese mit dem Beinamen Hygieia[30].Die Verbindung des Asklepios mit den beiden Göttinnen notiert Pausanias auch in Tegea/Arkadien: Neben der Statue der Athena steht auf der einen Seite Asklepios, auf der anderen Hygieia aus pentelischem Marmor, Werke des Pariers Skopas[31].

        Selbständige Kult-Empfängerin ist Hygieia selten, etwa im Asklepieion von Titane, wo ihre Statue dicht mit dem Haar ihrer Verehrerinnen bedeckt gewesen sei[32]. Im Heiligtum der Athena Pronoia in Delphi ist ihr ein Altar geweiht[33]. Auch der Hygieia-Hymnos des Likymnos von Chios verkündet ihren Ruhm[34].

        Fast als Gleiche unter Gleichen tritt Hygieia auf den Vasenbildern des Meidias-Malers im Umkreis der Aphrodite auf; doch sie setzt sich von den anderen Frauengestalten ab, indem sie Paidia, die personifizierte Bildung, wie eine Kourotrophos auf dem Schoß hält, oder wenn sie als einzige unter den Hesperiden als Thronende mit einem langen Zepter wiedergegeben ist[35].

        Eine faszinierende Lösung für das Dilemma mit den beiden Hygieien ergibt sich aus unterschiedlichen Wirkungsbereichen. Dann könnte sich die alt-ehrwürdige Athena-Hygieia um die Prophylaxe kümmern, während der mit Asklepios verbundenen Hygieia die therapeutische Medizin obliegt![36]

        Fortuna-Fortunae

                  

    Abb. 5:
    Fortuna mit Steuerruder und Füllhorn, röm. Kaiserzeit. 
    Nach: Simon 1990, 59 Abb. 74

        Der Fortuna-Kult ist besonders in Latium und Campanien weit verbreitet. Von den vielen Aspekten der Göttin nennen wir nur die wichtigsten: Fruchtbarkeit und Mütterlichkeit, Gesundheit, politische und militärische Macht, Schutz der Städte und des Herrscherhauses sowie die Gabe der Weissagung[37]. Plinius erwähnt ein sehr „gewissenhaft“ vergoldetes Bild der Orakelgöttin, das im Rundtempel des Terrassenheiligtums von Praeneste gestanden habe[38]. Nach der Legende war der städtische Bürger Numerius Suffustius durch Traumgesichte aufgefordert worden, einen Felsen zu spalten, aus dem hölzerne mit altertümlichen Buchstaben beschriebene Los-Stäbe herausfielen. Ein Ölbaum an der Stelle des späteren Fortuna-Tempels lieferte das Material für die Arca, ein Kästchen zur Aufbewahrung der Lose. Auf Anweisung der Fortuna sollte ein Knabe die Stäbchen mischen und das Los  ziehen[39].

        Lange bevor die Orakelgöttin zur Erforschung des Schicksals angerufen  wurde[40], besaß Fortuna schon einen bis ins 6. Jh. v. Chr. zurückgehenden latinischen Kult. Älteste Zeugnisse finden sich in Rom bei Sant‘ Omobono auf dem Forum Boarium, einem vom legendären König Servius Tullius gegründeten Heiligtum[41], in dem Fortuna und Mater Matuta gemeinsam verehrt wurden. 

        Auch in Praeneste, dem heutigen Palestrina, übte die Göttin ihre mantische Funktion erst später aus[42]. Nach den Inschriften, von denen eine aus dem 8. Jh. v. Chr. stammt, war sie Fortuna primigenia, „Jupiters erstgeborene Tochter“[43]. Auch als „Uranfängliche“, Alt-Ehrwürdige wird der Beiname verstanden[44]. Weitere bedeutende Fortuna-Heiligtümer sind außer in Antium u. a. in Ostia, Teanum. Benevent und Capua lokalisiert.

     Fortunae

    Statuetten mit zwei gleichartigen Frauengestalten, oft mit einem kleinen Kind, belegen in Praeneste, Rom und Antium die Verehrung der Fortuna als Doppelgöttin[45]. Die Terrakotta-Gruppen aus mittelitalischen und etruskischen Stätten wie Praeneste, Rom, Caere/Cerveteri und Veji gelten als Kourotrophoi/Deae nutrices[46]. Publius Papinus Statius bezeichnet sie als Praenestinae sorores[47].   

        Aus augusteischer Zeit stammt die Prägung eines Denars mit den Fortunae von Antium (Abb. 6). Für Prozessionen sind die Büsten auf ein Tragegestell/Ferculum montiert. Während die vordere einen Helm trägt und im „habitus amazonicus“ mit entblößter Schulter und Brust als wehrhaft Schützende dargestellt ist, wirkt die hinter ihr hervorschauende mit einem Diadem geschmückte Göttin matronal[48].

                                        

    Abb. 6:
    Fortunae. Denar 19 v. Chr.
    Aus Antium. Nach Simon 1990, 63 Abb. 81

         Zwei Kultbilder gab es auch im Tempel der Fortuna muliebris, vier Meilen außerhalb von Rom an der Via Latina[49].

        Nicht zuletzt fungieren die Fortunae als Schutzgottheiten von Badeanlagen. In Rom, Antium und Praeneste ist ihre Zweiheit in Schriften und Inschriften belegt:  Fortunae balnearum, Fortunae balnei[50]. Bereits um 190 n. Chr. nutzte man die Heilquellen von Bonn- Bad Godesberg. Der Kommandeur der Bonner Legion, Venidius Rufus, stiftete einen Altar, der außer dem Aesculapius und der „Hygia“ auch den Fortunae salutares geweiht war[51].

        Nemesis

    Zum Vater,lässt Pausanias wissen[52], habe die Nemesis den Okeanos...also das äußerste Meer, an dem die Iberer und Kelten wohnen, und dort ist auch die Insel der Bretannoi. Als Mutter nennt Hesiod[53] die unheilschwangere Nyx, die sie  gebar zum Leid der sterblichen Menschen…

        Nemesis, die von allen Göttern am unerbittlichsten gegen Frevler ist[54], wird von einigen antiken Schriftstellern recht negativ geschildert. Sie ist die Vergeltung in Person, wacht über das rechte Maß und teilt jedem das Gebührende zu (νέμειν). Ungerechtigkeit, Hartherzigkeit, sogar verschmähte Liebe[55] sind ihr ein Gräuel ebenso wie Respektlosigkeit gegenüber Göttern, Menschen und sogar Verstorbenen; daher ahndet sie auch die Schändung von Grabstätten. Nichts aber ist ihr so sehr verhasst wie die Hybris, der Hochmut (lat. Superbia). Herodot berichtet von einem berühmten Beispiel bestrafter Hybris:

        Nach der Abreise des Solon traf den Kroisos furchtbare Vergeltung der  Nemesis, vermutlich weil er geglaubt hatte er sei der glücklichste aller Menschen. Vergeblich hatte Solon ihn zu überzeugen versucht, dass niemand vor seinem Ende glücklich zu preisen sei[56]. Kroisos verlor seinen Sohn, fiel in die Gefangenschaft des persischen Großkönigs Kyros und sollte auf dem Scheiterhaufen sterben. Aus heiterem Himmel ließ Apollon einensintflutartigen Regen hernieder prasseln und das Feuer löschen[57]. Der Vasenmaler Myson hat die Szene auf einer rotfigurigen Amphora eindrucksvoll dargestellt[58].     

        Auch gegen die bei Marathon gelandeten Barbaren scheint sich der Zorn dieser Göttin gerichtet zu haben; sie wähnten nämlich, es sei eine Kleinigkeit für sie, Athen zu erobern, und brachten daher bereits parischen Marmor mit zur Herstellung des Siegesmals, als ob der Sieg bereits errungen sei. Diesen Block verarbeitete Pheidias zu der Statue der Nemesis…[59].

        Vor dem Groll einer so machtvollen Göttin versuchen die Menschen sich durch Übel abwehrende Gebärden zu schützen. Sie erfassen den oberen Saum des Gewandes und heben ihn an, um „sich in den Busen zu spucken“, ein apotropäischer Gestus, den man auf die Ikonographie der Nemesis übertragen hat[60] (Abb. 7). Nach der Haartracht der Gemahlin des Kaisers Antoninus Pius (138-161 n. Chr.) Faustina maior, lässt sich die Statue in die 2. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. datieren[61]. Weniger überzeugend ist ihre Zuordnung zum „Victoria- oder Niketypus“[62]. Um den Nemesis-Gestus zu vollführen, krümmt  sie ein wenig den Rücken und wirkt dadurch nicht eben sieghaft. Aber mit ihrem rechten Fuß ‚betritt‘ sie eine anthropomorphe Gestalt, in der man die personifizierte Hybris, Ύβριστής, zu erkennen meint [63] oder ein Zeichen für die Überwindung der Feinde Roms[64].  

    In der Aenaeis heißt es:

    Tu regere imperio populos, Romane, memento –
    hae tibi erunt artes – pacisque imponere morem,
    parcere subiectis et debellare superbos[65].   

               Abb. 7:
    Marmor-Statuette der Nemesis aus Ägypten, ca. 150 n. Chr.,
    Malibu, Getty Museum. Aufnahme der Verfasserin

           Ebenso vielfältig wie ihre Attribute sind die Beziehungen der Göttin zu anderen Gottheiten und Personifikationen. Tracht und Gestik, Begleitung und Ambiente wechseln. Nach dem Vorbild der Diana/Artemis trägt Nemesis halbhohe Stiefel (Abb. 7) und eine kurze Tunica[66]. Elle und Zaum/Zügel sind Attribute des rechten Maßes. Wie Tyche/Fortuna (Abb. 5) handhabt auch Nemesis das Steuerruder. Wohlfahrt und Glück[67] verheißt das Füllhorn.

        In ihrer Eigenschaft als Personifikation des rechten Maßes[68] entscheidet sie  im Agon, wacht über Soldaten und Schauspieler, Athleten und Gladiatoren, sowie über das Einhalten der Spielregeln. Nemesis tritt in Waffen auf[69] und schwingt die Peitsche, die man während der Eröffnungsspiele in der Arena oder im Tierkampf einsetzt[70]. Vor dem Eingang des Amphitheaters der Zivilstadt von Aquincum liegt ein Nemeseum, und in vielen Theaterbauten befinden sich Kultnischen/Sacella mit Votivaltären[71].

                  

      Abb. 8:
    Nemesis-Fortuna. Kalkstein. Aquincum. 3. Jh. n. Chr.
    Aufnahme der Verfasserin

        Aus heimischem Kalkstein besteht die Nemesis-Statuette im Statthalterpalast von Aquincum[72]. Die Göttin trägt ein langes Ärmelgewand mit Überschlag. Ein Mantel fällt symmetrisch über die Vorderseite und endet oberhalb der Knie in einem Zipfel. Auf ihrem bewegten Lockenhaar sitzt eine zierliche konische Kappe. In der linken Hand hält sie einen Globus, in der Rechten eine lange Fackel. Links neben ihr sitzt ein Greif, der die Tatze auf ein Rad legt. Das in Ägypten seit vordynastischer Zeit dargestellte Fabeltier wurde im 2. Jh. v. Chr. in Alexandria zum Trabanten der Nemesis, den diese zuweilen stellvertretend mit der Aufgabe der Vergeltung betraut[73]. Himmelskugel und Rad, ein Zeichen des wandelbaren Geschicks, übernimmt die Göttin unter dem Aspekt der Fortuna (Abb. 8).

        Dagegen ist die Fackel anders als bei Demeter, Hekate oder Eros bei Nemesis selten. Eine späthellenistische Terrakotta-Statuette zeigt sie, den linken Fuß auf ein Rad setzend. Hinter ihr liegt eine Frauengestalt bäuchlings auf dem Boden. Im linken Arm hält sie einen länglichen Gegenstand, der als Fackel beschrieben worden ist[74]. Geradlinig, ohne die geringste Schwingung, verjüngt er sich nach unten. Trotzdem lässt der vielgestaltige, überbordende Inhalt an ein Füllhorn denken. Die Fackel im Kontext der Nemesis bezieht sich anscheinend vor allem auf das Arsenal der Arena:

    flammis stimulatus …taurus… heißt es in einem Epigramm des Martial, als man einen Stier im Amphitheater mittels Feuer in Raserei versetzt[75].

        Ihr ältestes Heiligtum hat Nemesis in Rhamnous, wo man sie schon seit dem 6./5. Jh. v. Chr. gemeinsam mit Themis, der Göttin des Rechts und der Ordnung, verehrt. Als deren Kultgenossin kommt auch ihr das Attribut der Waage zu. Nemesis erlässt Gesetze und verhilft der gerechten Sache zum Sieg[76].

        Bei Rhamnousetwas vom Meer entfernt oberhalb liegt das Heiligtum der Nemesis, die von allen Göttern am unerbittlichsten gegen Frevler ist…Ihre Statue trägt eine Krone mit Hirschen und kleinen Nikefiguren; in der linken Hand hält sie einen Apfelbaumzweig, in der rechten… eine Schale..[77].

        Nach einer Anekdote des Plinius hat Agorakritos von Paros die Statue geschaffen (ca. 430 v. Chr.). Er war ein Schüler des Phidias, ebenso wie Alkamenes, und wetteiferte mit diesem in der Verfertigung einer Aphrodite-Figur. Agorakritos verlor, nannte sein Exemplar Nemesisund verkaufte es nachRhamnous[78]. Fragmente der Statue, die man im Heiligtum fand, führten  zusammen mit der Beschreibung des Pausanias zu einer Rekonstruktion des weit überlebensgroßen Kultbildes[79].

    …Mit Flügeln ist aber weder dieses Bild der Nemesis noch sonst eines von den alten dargestellt, da auch in Smyrna die heiligsten Holzbilder keine Flügel haben; erst die späteren geben der Nemesis Flügel…[80]

        In Rhamnous spielt der in den Kyprien erwähnte Mythos von der Ei-Geburt der Helena durch die Nemesis. Zeus, der routinierte Liebhaber, überwindet den Widerstand der Göttin, die sich ihm durch Verwandlung in allerlei Meeres- und Landtiere zu entziehen sucht. Erst in den Gestalten von Gans und Schwan vereinigen sie sich und produzieren das Ei, aus dem dann Helena schlüpft[81].

    Nemesis soll die Mutter der Helena sein, und Leda habe sie gesäugt und aufgezogen; für ihren Vater halten…alle Griechen …Zeus[82].

        Die teilweise erhaltene Mittelgruppe an der Statuen-Basis des Agorakritos zeigt Helena, die [ihrer Mutter] Nemesis von Leda zugeführt wird[83]. Nach  späteren literarischen Quellen ist Leda selbst die Mutter der Helena. Die künstlerische Gestaltung der Szene setzt in der Zeit des Reichen Stils ein[84]

        Doppelgöttin: Neméseis

    Der Kult von Smyrna ist durch die Verehrung einer Doppelgottheit, Neméseis, kennzeichnet. So bewahre sich die Göttin ihre alte Vervielfältigungsfähigkeit [in allerlei Tiergestalten], doch erscheint sie auch wieder nur als e i n e Gottheit wie auf vielen Münzen augusteischer Zeit[85]

        In Smyrna liegt das Heiligtum auf dem Berg Pagos. Die Gründung der neuen Stadt geht auf einen Traum Alexanders des Großen zurück:

    Alexandros, der Sohn Philippos‘ (…) sei, wie er von der Jagd zurückkam, zum Heiligtum der Nemesis-Göttinnen gekommen(…) und wie er unter der Platane schlief, seien ihm die Nemesis-Göttinnen erschienen und hätten ihm befohlen, hier eine Stadt zu gründen und die Smyrnaier dorthin zu führen aus ihrer früheren Stadt fort.

            

    Abb. 9:
    Die Neméseis und der schlafende Alexander (139-161 n. Chr.)
    Nach: LIMC VI, 1992, 739 f.  Nr. 15 Taf. 433

          Zuerst befragen die Einwohner lieber noch das Orakel und erhalten im Apollon-Heiligtum von Klaros die Zusicherung, dass sie auf dem Pagos glücklich leben werden.

    So siedelten sie freiwillig um; und sie  glauben an zwei Nemesis-Göttinnen statt einer und sagen, ihre Mutter sei die [νυξ] Nacht, wie die Athener behaupten, die Göttin in Rhamnous [aber] habe Okeanos zum Vater[86].

       Es …sind bei den Smyrnaiern im Heiligtum der Nemeseis über deren goldenen Statuen Chariten aufgestellt, Kunstwerke des Boupalos[87]

        Die Neméseis tragenkeine individuellen Namen noch sind sie unterschiedlich gekleidet; nur die Attribute variieren[88]. Besonders nah steht der Nemesis die Personifikation Aidós (= Scheu, Sittsamkeit). Hesiod schreibt beiden weiße Gewänder zu:

        Da zum Olympos hinweg von den breiten Straßen der Erde
    beide in weiße Gewänder die Schönheit des Leibes verhüllend,
    gehen sie fort zur Schar der Unsterblichen, fliehen die Menschen:
    Aidos kai Nemesis…heilige Ehrfurcht und heilige Rache,
    nur trauriges Elend bleibt den sterblichen Menschen,
    und nirgends ist Abwehr des Unheils[89].

    Wieder eine solch negative Konnotation durch Hesiod! Doch es ist es nicht  Sache der Göttin, nur zu strafen. Sie hat zwar die Macht, den Nacken des Hochmütigen zu beugen[90], aber die „Guten“ hebt sie aus der Tiefe herauf zum glücklichen Leben[91].

        Von Smyrna gelangt der Kult der Doppelgöttinnen nach Alexandria, wo er die schon früher vorhandene Nemesis-Verehrung maßgeblich beeinflusst[92].

       Viele kleinasiatische Städte zeigen auf Münzen und Reliefs die Bildnisse der Neméseis. In Tomisan der westlichen Schwarzmeerküste und im spanischen Astorga wird die Göttin ebenfalls in ihrer Pluralität verehrt[93]

     …obgleich sie keinen lateinischen Namen aufweist hat Nemesis auf dem Kapitol zu Rom ein Standbild, und ihr Kult erlebt, wie auch ihre Bedeutung in Kampf und Wettbewerb zeigt, seine größte Ausbreitung in der römischen Kaiserzeit[94].Jetzt kommt es sogar zu Wechselwirkungen mit Eros und Psyche, deren Schmetterlingsflügel die Göttin, die unmissverständlich durch den Nemesis-Gestus gekennzeichnet ist, bisweilen übernimmt[95].

    erst die späteren [Bilder] geben der Nemesis Flügel wie dem Eros, um damit auszudrücken, dass die Göttin besonders im Gefolge der Liebe erscheine[96]

    Quellen:

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    [1] Petersmann 1987, 172.

    [2] Hadzisteliou Price 1971, 52.

    [3] Auf das männliche Doppelwesen der Molione-Aktorione, die in Hom.  Il. 11, 750-752 erwähnt und auf einer Plattenfibel aus der Zeusgrotte am Ida im Kampf mit Herakles dargestellt sind, Schefold 1993,  97 macht Simon aufmerksam, dies. 1995, 71-75 Abb. 1.2.5.  

    [4] Simon 31985, 91; Nilsson 21955, 463.

    [5] London BM, aus Theben, korinthische Werkstatt, Higgins 1954, Nr. 897 Taf. 130.

    [6] RM 94, 1988, 43.

    [7] Die von Hadzisteliou Price genannte Terrakotta-Gruppe in London a. O. 56 Nr. 5 a Taf. 2, 3, sowie Higgins 1954, 165 f. Nr. 610 Taf. 79, datiert erst in die Mitte des 5. Jhs. v. Chr. Sie zeigt einen deutlichen Größenunterschied und die Lyra spielende kleinere Figur ist mit kindlich-rundem Gesicht als die Jüngere dargestellt. Ein Hinweis auf die eleusinischen Gottheiten Demeter und Kore ist die Truhe auf der sie sitzen.

    [8] Simon 31985, 110 Abb. 103.

    [9]  = Gabelung, Hadzisteliou Price 1971, 52 mit Anm. 48.

    [10] Petersmann 1987, 175-178.

    [11] Nilsson 21955, 456. 461 f.

    [12] Hes. Theog. 454 – 457.

    [13] Nilsson 21955, 463 und Anm. 6; Hadzisteliou Price 1971, 61 Taf. 8, 17-19.

    [14] Bauchhenß 2013, 133 f.

    [15] Kane 1998, 145-153 Abb. 16.1-16.10.

    [16] Anders Hadzisteliou Price1971, 52 Anm. 39. 58 f. Taf. I, 2. V, 11-13. VI, 14. Literarischen Quellen zufolge assistiert Artemis ihrer Mutter Leto zwar schon bei der Geburt ihres Zwillingsbruders Apollon, Kall. h. in Dianam 20-25, doch wird sie gewöhnlich nicht mit dieser allein, sondern als Mitglied der apollinischen Trias dargestellt, LIMC II 1984, 618   (L. Kahil).

    [17] Naumann 1983, 189; anders Simon 1995, 74.

    [18] LIMC VIII, 1997, 749 (E. Simon).

    [19]Imperium der Götter 2013, 90 Abb.; LIMC VIII, 1997, 753 Nr. 42 Taf. 510 (E. Simon).; Naumann 1983,  334 Nr. 337 Taf. 30, 1.

    [20] Naumann 1983, 188. 334-336 Kat. 336-354 Taf. 30, 1.

    [21] LIMC II, 1984, 972 Nr. 148 Taf. 721 (P. Demargne); Hadzisteliou Price 1971, 55 Taf. I 1..

    [22] LIMC II,  1984,  972 Nr. 148 Taf. 721 (P. Demargne).

    [23] Hadzisteliou Price 1971, 53. 55.

    [24] Hadzisteliou Price 1971, 53 Anm. 58 f.

    [25]„Le redoublement n’est guère encore expliqué“, LIMC II, 1984,  972 Nr. 148 (P. Demargne).

    [26] Kranz 2010, 13; Shapiro 1993, 125 mit Anm. 259-261.

    [27] Plut.Perikl.13; ein Weihrelief vom Ende des 5. Jhs. v. Chr. an  vier Heilgottheiten einschließlich Athena Hygieia fand sich in Thrakien bei Komotini, Hygieia 2014, 175 Abb. 58. 

    [28] Shapiro 1993, 126.

    [29] Burn 1987, 32 f. 36 f. 40 f.; Shapiro 1993, 128.

    [30] Paus. I 23, 4.

    [31] Paus. VIII 47, 1.

    [32] Paus. II  11, 6.

    [33] Hamdorf 1964, 47. 105 Nr. 374.

    [34] LIMC V (1990) 554 (F. Croissant).

    [35] um 420 v. Chr., Burn 1987, 7 f.; Kranz 2010, 16-22; Shapiro 1995, 127-129 Abb. 79. 81; Hamdorf 1964, 47 f.

    [36] Kranz 2010, 25-28 mit Anm.

    [37] LIMC VIII, 1997, 125 (F. Rausa).

    [38] Plin. n. 33, 19, 61 f. ; Riemann 1988, 53. 65.

    [39] Cic.de divin. II 85 f. RE 13, 1910, 25 f. (Otto).

    [40] Riemann 1988, 63.

    [41] Coarelli 2019, 302; Simon 1990, 60-62.

    [42] Riemann 1988, 63.

    [43] CIL XIV 2863, RE 13, 1910, 24 f. (Otto).

    [44] Simon 1990, 62 f. Anm. 30.

    [45] Simon 1990, 62 f. Abb. 80-82.

    [46] Riemann 1988, 44 f. Taf. 26-29. Simon 1995, 78 Abb. 7. Schmidt 1994, Nr. 322 Taf. 59. Das von Buchholz  abgebildete Objekt, angeblich London BM D 244, ders. 1987, 1-55 Nr. 26 Abb. 17, ist u. a. durch Hadzisteliou Price 1971, 63 Taf. 8, 24, Riemann 1988, Taf. 26, 3 und Rausa LIMC VIII, 1997, 127 Nr. 9 c Taf. 91  in Berlin bestätigt. Die sehr ähnliche Londoner Gruppe trägt die alte Inv. Nr. des Britischen Museums. Buchholz‘ Überlegung, es könne sich trotz der erkennbaren weiblichen Brüste um eine Gruppe von Mann und Frau handeln, ist nicht plausibel; Simon 1995, 78.

    [47] Stat. silv. 1, 3, 79 f.  ca 40-96 n. Chr. Bauchhenß 2013, 133 Anm. 26; Riemann 1987, 131; ders. 1988, 71.

    [48] Bauchhenß 2013, 132 Abb. 12; Riemann 1988, 47. 

    [49] Bauchhenß 2013, 133; ders. 2011, 35..

    [50] Fronto p. 157 N; CIL VI 30708 (=182) RE 84 f. (Otto)

    [51] Bauchhenß 2013, 137. 141 f. Kat.-Nr. 16 Ab. 15.

    [52] Paus. I  33, 4. Wittenberg 2014, 12.

    [53] Hes. Theog. 223 f.

    [54] Paus. I  33, 2.

    [55] Perdrizet 1912, 251-274 Taf. 1 f.; Schweitzer 1932, 177; Hornum 1998, 131-138; RE XVI, 2 [1935] 2371. 2373 (H. Herter). 

    [56] Hdt. 32, 1-34, 1.

    [57] Hdt. 1, 86-89.

    [58] Simon 21981, 107 f. Abb. 133. 

    [59] Paus. I 33, 2. 3.

    [60] Karanastassi 1992, 735;.Schweitzer 1931, 186; Wittenberg 2014, 13.

    [61] LIMC VI, 1992, 748 Nr.158 (P.Karanastassi)

    [62] Weber 2007, 305 Abb. 3 A. B; Wittenberg 2014, 15 Abb. 7.

    [63] LIMC VI [1992] 758 (P. Karanastassi).

    [64] Hornum 1998, 136 f.; „und ich werde deine Feinde zum Schemel deiner Füße machen“, Psalm 110, Schweitzer 1931, 215 f. Abb. 11.  

    [65] Verg. Aen. VI 851-853:
    Denk daran Römer die Völker Kraft deines Amts zu regieren,  Übe die Kunst, im Frieden die Sitten zu ordnen,  Unterlegene  schone, den Hochmut aber bezwinge!    

    [66] Wittenberg 2014, 99-102 Abb. 6. 11-13.

    [67] Bei einigen Statuetten häufen sich die Attribute, die sich jedoch  nicht auf allen Abbildungen verifizieren lassen, wie LIMC VI, 750 Nr. 181 Taf. 442; schönes Reliefbild der Nemesis in periferia orientali, mit Elle, Waage, Rad und Greif, LIMC VI, Nr. 8a Taf. 449.

    [68] LIMC VI, 733 (P. Karanastassi); Attribut der Waage, z. B. Schweitzer 1931, 196 f. Abb. 4;

    [69] Schild: Wittenberg 2014, 105 Abb. 20; Köcher mit Pfeilen: ders. a. O. 102 Abb. 13.

    [70] Wittenberg 2014, 18 f. Abb. 13. 19. 20; s. hierzu das Gladiatoren-Mosaik von Nennig/Saarland, Hönle – Henze 1984, 71 Abb. 40 c. d.

    [71] = Nemesis-Heiligtum. Out of Rome 1997, 135 Abb. 92; Schweitzer 1931, 177; Wittenberg 2014, 26-31. 115 Abb. 41. S. 121 Abb. 52; 23. 47. 49.

    [72] Das Römische Budapest (Münster / Lengerich 1986) 107-109 Abb. 43; Kaiserzeitliche Porträts in Aquincum. Kat. 6. Internationales Kolloquium 11.-15. Mai 1999 (Budapest 1999) 8. 38 f. Abb. 19              

    [73] Nonnos, Dion. 48, 382-384; Flagge 1975, 106-121;  RE XVI, 2 [1935] 2376 (H. Herter); LIMC  1992, 734  (Karanastassi); Schweitzer 1931,  181 Anm. 5; Wittenberg 2014, 17. Rad und Greif motivisch ähnlich bei der Kasseler Nemesis, die sich in den Busen speit (gr. ptyein eis ton kolpon), P. Gehrke 2007, 183-186.

    [74] Hornum 1998, 133 Abb. 14.6; Kayser 1973, 121 Nr. 434 (V. 2) „Nemesis mit Fackel und Rad, eine Frau (Hybris) zermalmend“;  Maderna 2005, 261 f. 582 f. Nr. 155 Abb. 26, „Fackel“; Schweitzer 1931, 215 Abb. 11; Wittenberg 2014, 100 Abb. 8. Die letzteren gehen auf den Gegenstand zur Linken der Göttin nicht ein.

    [75]Chr. Gugl, Nemesis in Virunum, Forum Archaeologiae 18/III/2001, Anm. 4-6  Abb. 3; Wittenberg 2014, 105 Abb. 20.

    [76] Wittenberg 2014, 12 Anm. 112-114; LIMC VI, 735 (P. Karanastassi).

    [77] Paus. I 33, 2. 3.

    [78] Plin. nat. 36, 17; RE XVI, 2 [1935] 2349 (H. Herter).

    [79] LIMC VI (P. Karanastassi) 1992, 735 Nr. 1 Taf. 431; Shapiro 1993, 174 f. 256 Nr. 113-115 Abb. 133.

    [80] Paus. I 33, 7.

    [81] Kypr. frg. 7 f.; Athen. frg. 7; Apollod. bibl. 3 [127] 10, 7; in späteren Versionen des Mythos gehen auch die Dioskuren aus diesem Ei hervor, LIMC VI, 1992 (P. Karanastassi) , 733-762; Schefold 1981, 242-248. 

    [82] Paus. I 33, 7.

    [83] RE XVI, 2 [1935] 2351 (H. Herter).

    [84] Timotheos, Anf. 4. Jh. v. Chr.; Eur. hel.16-22; Apollod. bibl. 3 [126-127] 10, 7; LIMC IV, 1988, 498. 503 f. Nr. 6. 8. Taf. 292  (L. Kahil); Schefold 1981, 242-244 Abb. 340 f . 

    [85] RE XVI, 2 [1935] 2352 f. (H. Herter); pax Augustae, mit Nemesis-Gestus, Flügeln, Caduceus und Schlange, Wittenberg 2014, 99 Abb. 5.

    [86] Paus. VII, 5, 1-3 und  Paus. I 33, 4.

    [87] Paus. IX 35, 6.

    [88] Bauchhenß 2013, 135 (Abb. 14)

    [89] Hes. erg. 197-200;  Shapiro 1993, 173.

    [90] Mesomedes  h. Nem. 15. 22, LIMC VI, 1992, 735 (P. Karanastassi).

    [91] Amm. Marcellinus XIV 2, 25, Schweitzer 1931, 181 Anm. 1.

    [92] RE XVI, 2 [1935] 2354 (H. Herter)

    [93] Bauchhenß 2013, 135.

    [94] Plin. n. 28, 22; Schweizer 1931, 175; LIMC VI, 734.

    [95] LIMC VI, 1992,  756 f. Nr. 190 (P. Karanastassi).

    [96] Paus. I 33, 7.

  • Pfingsten 1987: Wir wollen uns ein wenig umsehen in Thüringen und Sachsen. Das Auto ist frisch gewartet, die Route genehmigt, (Inter-) Hotels sind festgelegt, Papiere und Pässe in Ordnung. Los geht’s. An der Grenze bei Herleshausen müssen wir natürlich warten. Aber dann schießen unsere Pässe über das Förderband zu uns zurück. In Gotha setzen wir zum ersten Mal den Fuß auf den Boden des nahen, fremden Landes. Der kleine Opel mit dem Mainzer Kennzeichen ist schnell bekannt und wird überall angestarrt. Keine Hindernisse, nur, dass wir eine Arabeske im Sinn haben: Ekkehard und Uta in Naumburg,  außerhalb unserer sanktionierten Route. Und wie der Teufel sein Spiel macht: Verkehrskontrolle. Herzklopfen. Führerschein und Kraftfahrzeugschein sind zur Stelle. Bremsen, Lichter, alles funktioniert wie am Schnürchen. Dann wird unser Reiseplan visitiert, wir fürchten Schlimmes. Doch wir bekommen unsere Papiere zurück mit den freundlichen Worten: Gute Fahrt, meine Damen!

    Ein anderes Glanzlicht: Die Drei Gleichen. Wir erklimmen alle drei Burgberge, genießen viel Grün und, anders als erwartet. intakte Wälder. Die Sage vom Grafen von Gleichen mit den zwei Ehefrauen geriet in das Goethe-Drama Stella, an das der Dichter, nachdem das Publikum gegen das tragische Finale  protestiert hatte, einen zweiten versöhnlichen Schluss anfügte. Da heißt es dann: Und Gott im Himmel freute sich der Liebe und sein heiliger Statthalter sprach seinen Segen dazu. Und ihr Glück und ihre Liebe fasste selig e i n e Wohnung,   e i n Bett und e i n Grab.

    Von Dresden ist es nicht weit nach Radebeul, wo mir, einer alten Karl-May-Leserin, im gleichnamigen Museum das Herz höher schlägt. Bautzen an der Spree, Görlitz an der Neiße, auch schon vor der grundlegenden Restaurierung eine schöne Stadt. Die Friedensbrücke. Da drüben liegt Polen, für uns Westdeutsche damals noch unsagbar fern.      

    Bei der Ausreise falle ich mit meinen beiden Fotoapparaten, einer für Diapositive, der andere für Negative, Papierabzüge, auf. Es sind zwei Praktika, VEB Pentacon, eine vorzügliche Marke, die zu dieser Zeit zwar exportiert, aber im eigenen Land nicht verkauft wurde. Ich rede und rede und kann den Zöllner schließlich daran hindern, meinen belichteten Film herauszureißen. Das Auto wird gründlich untersucht, auch der Benzintank. Sie lassen uns ungeschoren ziehen, wir müssen auch nichts bezahlen, haben nur mehr als eine Stunde verloren.     

    Pfingsten 1989: Diesmal geht es in den Norden der Deutschen Demokratischen Republik. Die erste Station ist Wismar mit der Insel Poel, wo wir Freunde besuchen. Am Pfingstsamstag sind wir nicht die einzigen, die von Schlutup aus nach Osten wollen. Die Grenze hält uns so lange auf, dass wir zu spät zu einem Stapellauf  kommen, schade. Aber Wismar ist schön, auf der Insel blüht der Raps, es duftet. Dicke Kastanienbäume stehen direkt an der Straße. Wir genießen den geräuchertem Aal, von unseren Gastgebern selbst gefangen und zubereitet. Weiter über Rostock und Schwerin, Stralsund und Rügen, Greifswald und Usedom, es klappt alles, wir sind begeistert. Auf der Rückfahrt treffen wir unsere Freunde noch einmal, in Grevesmühlen bei den beeindruckenden  Megalithen. Als wir uns verabschieden, fließen Tränen. Wann werden wir uns wiedersehen? Ein halbes Jahr später ist die Grenze weg. Die Freunde waren inzwischen sicher schon zehnmal bei uns, wir wenigstens fünfmal auf ihrer Insel. Der Raps und die Kastanien blühen immer wieder. Dicke alte Laubbäume begleiten die Straßenränder, so dicht an der Fahrbahn wie sie bei uns schon lange nicht mehr stehen dürfen. Eine kluge Entscheidung hält den Massentourismus fern, Hochhäuser dürfen nicht gebaut werden. Unsere Freundin kann sich nicht vorstellen, an einem anderen Ort dieser Welt zu leben als auf ihrer kleinen Insel.

    Oktober 1989. Familien-Besuch im Erzgebirge, Annaberg-Buchholz. Ich habe eine Tempo-Automatik für meinen Wagen bekommen, um die erlaubte Geschwindigkeit leichter halten zu können. Meine schwerbehinderte Tante muss Geld tauschen; für mich als Begleitperson entfällt der Zwangsumtausch, erstaunlich. Da wir privat wohnen, melden wir uns auf der Polizei an. Wir haben einen Obstkorb mit frischer Ananas, Zitrusfrüchten und Bananen dabei, natürlich auch Kaffee. Aber wir sind es, die verwöhnt werden, mit Köstlichkeiten aus einem privaten Delikatessenladen. Am nächsten Tag kriege ich „frei“, meine Tante gibt mir ihre Mark der DDR, und ich ziehe los, an der Zschopau entlang, vorbei an der Augustus-Burg, weiter nach Freiberg. Von der Stadt weiß ich nicht mehr viel, nur dass es im Ratskeller vorzügliche Rouladen mit Rotkraut gab. Natürlich keinen Wein dazu – Null Promille.      

    Einen Tag später ist schon wieder alles vorbei. Auf der Rückfahrt muss ich nach der richtigen Auffahrt fragen. Der nette ältere Sachse fleht mich förmlich an: „Ach bleiben Sie doch hier, was für eine Praxis könnten Sie haben! Uns laufen ja die Ärzte alle weg!“ Für einen Moment bin ich nachdenklich, aber wenn ich mich jetzt nicht beeile, stehen meine Patienten zu Hause bis auf den Marktplatz. Um 16.00 Uhr beginnt die Sprechstunde, und es ist leider schon 11.00 Uhr. Das wird knapp, aber wir schaffen es[1].

    1996 Klassentreffen in Berlin: Wir laufen immer und immer wieder durch das Brandenburger Tor, hinüber und herüber wie die kleinen Kinder; wohnen im Grunewald im wilden Westen und genießen Kabarett im Osten, die „Stachelschweine“ in der Friedrichstraße. Das literarische Quartett wird gründlich auf die Schippe genommen. Eine Kahnpartie auf der Spree muss natürlich auch sein, mit Gurken versteht sich. Aber was ist das alles gegen die Museumsinsel und den offenen Vorhang!


    [1] W. Wamser-Krasznai, Gehen oder bleiben? in: dies. Scholien und Spolien (2018) 103-105.

  •   09.02.2021:

            Die Genealogie der Nymphen ist ebenso kompliziert wie verwirrend. Je nach Überlieferung gelten sie als Göttinnen, halbgöttliche Wesen zwischen Olympiern und Menschen[1], ländliche Gottheiten[2] oder weibliche Naturdämonen in Menschengestalt[3]. Auf einer etwas tieferen Stufe in der Hierarchie angesiedelt als die Musen, Horen und Chariten stehen sie den Silenen, Faunen, Satyrn und Panisken nahe, diesen „Proletariern der niederen Götterwelt“[4].   

        Der alt-ehrwürdige Nymphen-Kult ist über ganz Hellas, später über das Römische Reich, verbreitet. Schwerpunkte liegen in Aitolien und Ionien[5]. Als Odysseus auf seine Insel, das ionische Ithaka, zurückkehrt , wird er unerkannt als vermeintlich Fremder vom Sauhirten Eumaios gastlich aufgenommen und wie alle anderen mit einer schönen Portion gebratenen Fleisches bewirtet. Als erste erhalten aber die Nymphen und Hermes ihren Anteil am Mahle: 

    …da erhob sich der Sauhirt,
    Um die Portionen zu teilen…
    Und er zerlegte das Fleisch in sieben gesonderte Teile;
    Einen stellt er den Nymphen und Hermes, dem Sohne der Maia,
    Betend hin…[6]  

        Meist findet die Verehrung der Nymphen in freier Natur statt, an Quellen, in Höhlen und Grotten, Wäldern und Bergen, später in Brunnenhäusern, bei den Römern auch in Tempeln. Von einem Nymphenaltar auf Ithaka ist schon Ende des 8. Jhs. v. Chr. die Rede:

    Kamen sie nahe der Stadt zum schön hinströmenden Brunnen,…
    und es war ein Altar für die Nymphen
    Drüber erbaut, wo die Wanderer immer ihr Opfer verrichten[7].
    Und weiter:

    Im Gebiete von Ithaka ist ein Hafen des Phorkys,
    Jenes Alten vom Meere;…
    Doch an des Hafens Kopf ist ein blätterbreitender Ölbaum
    Und ganz nahe bei ihm eine dämmrige, liebliche Höhle,
    Heiliger Ort der Nymphen, welche Najaden genannt sind[8].

        Von den Nymphen in der Grotte von Lokroi epizephyroi, die mit untergeschlagenen Beinen dargestellt sind, glaubte man, sie säßen von den Knien an abwärts im Wasser (Abb. 1).                                

                          Abb. 1: Nymphenheiligtum bei Locri, Reggio Calabria.
                           Nach: von Matt – Zanotti-Bianco 1961, 131 Abb. 125

        Abgesehen von einem niederen Polos sind sie nackt. Der Wunsch eines ranghohen Centurio, die Nymphen in ihrer Nacktheit zu sehen, geht in Erfüllung[9], doch sie erscheinen auch vollständig bekleidet oder nur halb entblößt. Ein Mantel, der sich um Gesäß und Beine schlingt, gibt häufig mehr preis als er bedeckt (Abb. 2).

              Abb. 2: Dionysos bei den Nysai, Theater Perge (Anf. 2. Jh. n. Chr.) 
                          Nach: Teatri class. in Asia min. IV (1974) 29 Abb. 28 

        Dichter feiern die Schönheit der Nymphen, preisen ihr herrliches Haar und ihre glänzenden Zöpfe[10]. Ein Marmorrelief in Neapel stellt den Reigen der  Chariten und Nymphen dar. Außer durch die Namensbeischriften, deren Buchstaben-Form in das 3. Jh. v. Chr. weist[11], lassen sie sich in der Kleidung unterscheiden. Die ersten drei, Chariten, tragen Chiton und Schrägmantel, die zweiten, Nymphen, einen Peplos mit langem Überschlag und Scheinärmeln. Im gleichen Gewand folgt ihnen ein kleines Mädchen namens Telonessos, eine  Ortspersonifikation der Insel Telos. Das Relief könnte in der Dodekanes entstanden sein[12].      

        Vielfach sind die Nymphen mit einem Polos als „Zeichen ihrer Göttlichkeit“[13] dargestellt, auch wenn der Körper unbekleidet ist  Das trifft auf sizilische und westgriechische (Abb. 1) Vertreterinnen ebenso zu wie auf attische (Abb. 7) und böotische[14]. In Karien stellte man Polos-Trägerinnen mit unspezifischen Attributen wie Schale, Protome und Fackel oder im Gebetsgestus[15] dar. Besonders beliebt waren Hydrophoren, Statuetten junger Frauen mit Wassergefäßen auf den Köpfen. Ișik setzt sie mit den Nymphen gleich[16].

        Die  meisten antiken Schriftsteller halten die Nymphen für unsterbliche Göttinnen: 

    Ich bin geboren zwischen einem Sterblichen und einer Göttin,
    einer unsterblichen Nymphe…[17]

    Olympische Gottheiten sind sie allerdings nicht; sie wurzeln fest in der Erde, werden jedoch von Themis auf Geheiß des Zeus zur Ratsversammlung in den Olymp berufen[18].   

       Nach anderen literarischen Zeugnissen leben Nymphen besonders lang,  makróbioi[19], sind aber sterblich. Hesiod beziffert ihre Lebenszeit auf 9720 Generationen[20]

    Sie leben sehr lange, essen sie doch ambrosische Speise[21],
    heißt es im Homerischen Hymnos an Aphrodite.

        Als Eltern der melischen Nymphen (μελία/melía=die Esche) nennt der Mythos die großen Gottheiten der ersten Stunde, Gaia/Ge und Uranos, also die Erde und den gestirnten Himmel. Gleichwohl gelten die Kinder. vermutlich  wegen besonderer Umstände ihrer Geburt, nur als halbgöttliche Zwischenwesen. Gehen wir zu den dramatischen Anfängen zurück: Als ersten hatte der geräumige Schoß der Erde den eigenen Gatten hervorgebracht, Uranos, der voller Liebesverlangen Scharen von Kindern mit ihr zeugt, göttliche wie Rheia, Themis und die liebenswürdige Tethys. Auch Okeanos entströmte ihr wirbelnd. Sie gebar den krummgesinnten Kronos und schreckenerregende Riesen, die dem Vater von Anfang an verhasst waren. Immer wenn einer geboren wird, verbirgt er ihn sogleich im Schoß der Erde. Die gequälte Gaia sinnt auf Abhilfe und macht ihren Sohn, den verschlagenen Kronos, zum Komplizen. Mit einer scharfen von ihr selbst erzeugten Sichel

    mähte er, ohne zu zögern, seinem eigenen Vater die Scham ab und warf sie nach hinten durch die Luft[22].

    Aus dem blutüberströmten männlichen Organ entsteht im Schaum der aufbrandenden Meerflut die Göttin der Schönheit, Aphrodite.

    Aber alle Tropfen, die blutig der Scham des Vaters entrannen,
    Gaias Schoß nahm sie auf und gebar im Kreislauf der Jahre
    der Erinyen starkes Geschlecht und die großen Giganten,
    …auch die Nymphen, die weit und breit die melischen heißen[23].

    Alle  Baumnymphen sind eng mit dem Schicksal ihrer ‚Wirts-Bäume‘ verknüpft:

    .. Zugleich mit seinem Tod… verlässt ihre Seele die strahlende Sonne[24].Als der thessalische König Erysichthon[25] eine gewaltige der Ceres heilige Eiche zu fällen wagt, muss auch ihre Nymphe sterben.

    Unter diesem Holz lebe ich, Ceres‘ liebste Nymphe. Sterbend weissage ich dir, dass dir die Strafe für deine Taten bevorsteht – mir ein Trost im Tode. 

    Ihre Schwestern, die Dryaden (δρυς/drys=Eiche) schwören Rache. Ceres  verhängt eine grässliche Strafe über den Frevler: er muss unstillbaren Hunger leiden bis er am Ende gezwungen ist, sich selbst aufzuzehren[26].

        Nach dem Volksglauben sind Quell- und Brunnen-Nymphen (Najaden, ναϊάδης, die Fließenden; Kreniaden,κρένη) ebenfalls vom Fortbestand ihrer Quelle oder ihres Wasserlaufs abhängig [27]. Wenn es an Wasser mangelt, grollen sie. Wer das Wasser trübt, erregt ihren Zorn. Mit Abscheu erfüllt sie die blutbefleckte Hand eines Mörders[28]. Beladen mit vollen Wasserkrügen eilen die Najaden herbei, um den Scheiterhaufen zu löschen, auf dem Herakles, der die vom Nessos-Gewand verursachten Qualen nicht länger erträgt, den Feuertod sucht[29].   

        Vater der Nymphen ist nach Homer der allzeit liebesfähige Zeus:

    und ringsum pflanzten dann Ulmen
    Nymphen der Berge, die Töchter des Zeus, des Halters der Ägis[30].

    Den Namen der Mutter nennt Homer nicht. Später tritt die unnahbare Themis an diese Stelle[31].

        Wohl wegen ihrer innigen Beziehung zu allem Feuchten und Flüssigen werden die Nymphen mit weiteren Elternpaaren in Verbindung gebracht[32], so mit Okeanos, der die bewohnte Welt als gewaltiger Ringstrom umfließt, und mit seiner Schwester-Gattin, der liebenswürdigen Meeresgöttin Tethys[33].

    Sie gebar dem Okeanos wirbelnde Flüsse, wie den Neilos, Alpheios, Peneios oder den Acheloos[34], der seinerseits als Vater der Nymphen genannt wird[35]. Auch  Töchter gebar sie [Tethys], … Peitho, Elektra, Doris, Urania, Europe, Metis, Kalypso, Tyche, Styx, glänzende Kinder von Göttinnen alle, die Okeaninen[36](=Okeaniden). Hesiod gibt ihre Zahl mit dreimaltausend an[37].

    Zeus betraut die Okeaninen mit dem Amt der Kourotrophos und lässt sie für die Ernährung und Erziehung kleiner Kinder sorgen[38]. Aus einer Weihinschrift in der Nymphen-Grotte auf dem Ossa geht hervor[39], dass Kourotrophoi bisweilen auch die Pflichten von Geburtsgöttinnen [Eileithyien] übernehmen.

          Abb. 3: Hermes übergibt der Nymphe Ariagne den mutterlosen Dionysos
                  Pelike in Palermo, ca. 460 v. Chr. Nach Zanker 1965, 78 Taf. 4

        Der Name der sonst kaum bekannten Nymphe Ariagne ist auf der Pelike (Abb. 3) epigraphisch belegt[40]. Die kleinasiatischen Nysai, eine Najadengruppe[41], betreuen den kleinen Dionysos (Abb. 2).  

        Vier Nymphen, Najaden und Dryaden, dienen im Haus der Kirke:   

    Dienerinnen waren derweil in den Hallen beschäftigt,
    Vier, die in ihrem Haus die Hausarbeiten verrichten.
    Diese sind alle zumal aus Quellen und Hainen entsprossen
    Und aus heiligen Strömen, die sich zum Meere ergießen[42].

        Dass die Hesperiden zu den Nymphen zählen, wird manchmal bezweifelt. Hesiod äußert sich nicht dazu, doch der spätantike Nonnos betrachtet sie als Nymphai d‘ Hesperides[43].

    Aber die Nacht (Νὺξ) gebar …die Hesperiden, die jenseits des ruhmvollen Ringstroms – Okeanos – goldene Äpfel und Bäume, von Früchten prangend, bewachen[44]. Andere antike Autoren nennen sie Töchter des Atlas, des Okeanos oder des Zeus und der Themis[45].

        Heilnymphen heben sich bisweilen durch sprechende Beinamen von den anderen ab: medicae, salutiferae, salutares[46].

    Gegen fünfzig Stadien von Olympia entfernt liegt das elische Dorf Herakleia und dabei der Fluss Kytheros; eine Quelle ist da, die in den Fluss mündet, und ein Nymphenheiligtum an der Quelle. Jede der Nymphen hat ihren besonderen Namen“. Eine von ihnen heißt Iasis,die Heilerin.

    Wenn man in der Quelle badet, erlangt man Heilung von Erschöpfung und verschiedenen Schmerzen[47].

        In Samikon[48] ist eine Höhle nicht weit vom Fluss, die Höhle deranigridischen Nymphen genannt. Und wer mit der Weißfleckenkrankheit hineingeht, muss zuerst zu den Nymphen beten und ihnen irgend ein Opfer geloben, und dann lösen sich die kranken Stellen des Körpers ab. Wenn er den Fluss durchschwimmt, lässt er jenen Schaden in seinem Wasser zurück und steigt gesund und mit gleichmäßiger Hautfarbe heraus[49].                              

        An der Nordküste Siziliens, zwischen Palermo und Messina, besitzt die Nymphe Himera ein Heil-Heiligtum, dessen Quellen sie für Herakles und Athena sprudeln lässt[50]. Einige Münzen sind mit „Himeraion“, auf dem Gelände des heutigen Termini Imerese, beschriftet. Die Rückseite eines silbernen Tetradrachmon zeigt die Ortsnymphe bei der Trankspende/Libatio (Abb. 4).

    Inzwischen hält ein Silen seine Schulter in den heilsamen Strahl, der aus dem Löwenkopf-Wasserspeier hervorschießt[51].

                         

       Abb. 4: Silbernes Tetradrachmon, 430/420 v. Chr.
                                         Nach Franke 1964, 44 f. Taf. 22 a

        Etwa 15 Stadien unterhalb des Kithairon- Gipfelsbefindet sich eine Höhle der kithaironischen Nymphen, Sphragidion genannt, und die Nymphen sollen hier einst auch Orakel gegeben haben[52]. Seit sie in der Schlacht von Platää den Griechen gegen die Perser 479 v. Chr. beigestanden haben, erhalten sie staatliche Opfer[53].

    Ge verleiht für ihre älteste Orakelstätte in Delphi der Oreade Daphnis[54] prophetische Gaben.

        Nymphen  übergeben Perseus die notwendigen Gegenstände zur Tötung der Medusa: Kibisis (die Tragetasche für das abgeschlagene, versteinernde, Gorgonenhaupt), Tarnkappe und Sichel[55].

        Ganze Nymphen-Scharen stehen der Göttin Artemis zur Verfügung. Sie hatte sich von ihrem Vater Zeus sechzig neunjährige Okeanostöchter als Tanz-Gefährtinnen erbeten, dazu zwanzig amnisische Nymphen als Helferinnen bei der Jagd, auf dass sie

     mir die Jagdstiefel und… die schnellen  Hunde gut versorgen[56]…     

        Auch Apollon, Dionysos und Hera erfreuen sich der Gesellschaft von Nymphen[57]. Für den Hauptort der Herainsel Samos überliefert Anakreonden Namen Nymphenstadt. Das Heraion soll von den autochthonen Lelegern zusammen mit den Nymphen erbaut worden sein[58]. Juno rühmt sich ihres Gefolges von vierzehn besonders schönen Nymphen[59].

        Nach Apollonios von Rhodos werden die chthonischen Nymphen von den Leuten aus Kyrene als Garantinnen der Fruchtbarkeit verehrt. Auf einem der libyschen Grottenheiligtümer ist eine entsprechende Inschrift eingraviert[60].

                                Abb. 5: Chthonische Nymphen, Kyrene/Libyen
                           Umzeichnung nach A. Pagnini, Luni 2002, 356 Abb. 5

        In den Nischen eines Felsplateaus am Abhang der Akropolis von Kyrene wurden zahlreiche Terrakotta-Statuetten gefunden (Abb. 5)[61], Nymphen in stoffreichen gegürteten Chitonen und Capes aus Ziegenfell[62]. Alle tragen den Polos und geschlossene Schuhe; sie sind meist von kleinen Vierfüßern begleitet und halten Silphion-Büschel in den Händen[63].  

        Aus dem verwirrend vielfältigen Kreis der Nymphen treten Einzelgestalten mit individuellen Schicksalen und eigenen Mythen hervor.

         Amalthea: Die Titanin Rhea bringt ihren Neugeborenen, den kleinen Zeus, zu den kretischen Nymphen. Eine von ihnen, Amaltheia, ernährt das Kind mit der Milch einer Ziege, die später ebenfalls Amaltheia genannt wird. Als der Ziege ein Horn abbricht, umwickelt es die Nymphe mit Gräsern, füllt es mit Früchten und bringt es dem Zeuskind[64]. Den griechischen Namen für das  Füllhorn, Keras Amaltheias, überliefern schon die Linear-B-Tafeln[65].

        Arethusa, eine Quellnymphe aus Elis[66], flieht mit Hilfe der Göttin Diana vor dem Flussgott Alpheus auf die kleine Insel Ortygia vor Syrakus[67]. Sie lebt in Sizilien als Zugewanderte, doch ist ihr dieser Boden nun lieber als jeder andere. Auf Grund ihrer Fähigkeit durch die Erdentiefe zu dringen, kennt sie den Aufenthaltsort der Proserpina. Sie nennt ihn der Mutter Ceres/Demeter und tröstet diese ein wenig damit, dass die von Hades/Pluto wider Willen entführte Tochter nun die Mächtigste [ist] im Reich der Finsternis, die gewaltige Gemahlin des Königs der Unterwelt[68].

        Daphne, eine Tochter der Ge und einem Flussgott, wird von Apollon geliebt. Seine Verfolgung der Nymphe bleibt jedoch wie wir wissen vergeblich. Sie verwandelt sich in einen Lorbeerbaum, mit dessen heiligen Blättern und Früchten der Gott sich fortan schmückt und dadurch für immer mit der Geliebten verbunden bleibt[69]

       Die Oreade Echo ist berüchtigt wegen ihres unaufhörlichen Schwätzens. Mit  seichten Reden hält sie die eifersüchtige Juno so lange hin, bis Jupiter seine Liebeshändel mit anderen Nymphen zu Ende gebracht hat. Zur Strafe nimmt Juno der Echo die Fähigkeit, selbständig zu sprechen. Sie kann nur noch den Schluss einer fremden Rede nachplappern. Pan liebt sie und stellt ihr nach, wird jedoch abgewiesen, denn Echo liebt ihrerseits den schönen Narkissos. Doch der in sich selbst verliebte Jüngling zeigt ihr die kalte Schulter. Sie verzehrt sich in unglücklicher Liebe bis sie nur noch aus Knochen und Stimme –  dem Echo – besteht. Am Ende wird sie zu Stein[70].  

       Egeria,eineitalische Nymphe, zeichnet sich durch große Klugheit aus. Infolge ihrer umsichtigen Beratung herrscht Numa Pompilius, ihr Gemahl und  zweiter legendärer König von Rom, weise und friedvoll im Einklang mit den Göttern und er lehrt auch sein Volk, die Künste den Kriegen vorzuziehen. Als Numa stirbt, verfällt Egeria in lautstarkes Jammern und Klagen, bis die Göttin Diana von Aricia sie in eine Quelle verwandelt[71].

        Herkyna: Der gleichnamige Fluss…trennt den Hain des Trophonios von der Stadt Lebadeia in Böotien. Man erzählt, Herkyna habe hier einst mit Kore, der Tochter der Demeter gespielt, eine Gans gehabt … die in eine Höhle hineinflog. Unter dem Stein, wo die Gans sich versteckte, soll kaltes Quellwasser hervorgesprudelt und der Fluss deswegen Herkyna genannt worden sein. Am Flussufer steht ein Tempel derHerkyna und darin ein Mädchen mit einer Gans in den Händen. In der Höhle befinden sich die Quellen des Flusses… 

    Wer das Orakel des Trophonios einholen will, muss sich vorher kalten Waschungen mit dem Wasser der Herkyna unterziehen und von der heiligen Quelle trinken[72].  

        Herophile, die Tochter eines Sterblichen und einer Oreade vom Ida, trägt den Beinamen Sibylla und besitzt die Gabe der Weissagung. Ihr Leben ist endlich. In der Troas steht ihr Grabmal, auf dem ihr Schicksal in Form einer Elegie eingraviert ist: … den Nymphen und Hermes bin ich hier nahe… [73]

        Kallisto, die schöne Nymphe und Jagdgefährtin der Artemis/Diana hatte ebenso wie ihre Göttin Keuschheit gelobt. Eines Tages erliegt sie dem gewaltsamen Werben des Zeus und wird schwanger. Als dies Hera entdeckte, verwandelte sie Kallisto in einen Bären, und Artemis erschoss diesen Hera zuliebe. Zeus aber schickte Hermes, um das Kind zu retten, das Kallisto im Leibe trug. Kallisto selbst aber verwandelte er in ein Gestirn, den sogenannten Großen Bären…[74]

    In Parallelmythen wird Kallisto von der enttäuschten und gekränkten Artemis getötet, oder von ihrem Sohn Arkas, dem späteren Lokal-Heros von Arkadien, der sie in ihrer Bärengestalt nicht erkennt[75]. …jedenfalls zeigen die Arkader ihr Grab[76].

        Die Nymphe Kalypso ist als Tochter des Atlas eine der  Hesperiden[77].

    Fernab liegt im Meer eine Insel, Ogygia heißt sie;
    Dort wohnt Atlas‘ Tochter, die listenreiche Kalypso,
    Die mit den schönen Flechten, die mächtige Göttin…[78]
    Doch der [Odysseus] sitzt nun fest auf der Insel
    In den Räumen der Nymphe Kalypso, welche mit Zwang
    Ihn hält[79]

    Nach sieben Jahren intervenieren die Götter und Kalypso muss Odysseus ziehen lassen, mit einem tüchtigen Floß, göttlichen Kleidern und reichlich Wegzehrung[80].

        Kirke, dieMagierin, kann Menschen in Tiere verwandeln. Den Gefährten des Odysseus gibt sie bekanntlich die Gestalt von Schweinen. Als Tochter des Helios und einer Okeanide[81] ist sie zugleich Göttin und Nymphe. Sie empfängt kultische Ehren und wird als unsterblich gepriesen[82], doch man zeigt auch ihr Grab[83]. Von Anfang ist sie heimisch in Italien, wo zwei ihrer Söhne über die Tyrsener herrschen[84]. Nach Strabon und Cicero[85] besitzt sie eine „Ara sanctissima“ am Cap Circeo.  

        Kyane/Cyane: Nachdem Pluto/Hades mit seinem Gespann und der geraubten Proserpina durch den heiligen See gestürmt ist, den Teich der Palicen, der nach Schwefel riecht und in einem Erdspalt brodelt[86], gelangt er zu einer Bucht nahe bei Syrakus, die von schmalen Landzungen umschlossen ist.

    Dort wohnte  Cyane, nach der auch ihr Teich benannt ist – die berühmteste unter den sizilischen Nymphen[87]. Sie erhob sich inmitten des Gewässers bis über die Hüften aus den Wellen und erkannte die Göttin [Proserpina/Persephone]. ‚Keinen Schritt weiter!‘ sprach sie. ‚Du kannst nicht gegen Ceres‘ Willen ihr Schwiegersohn werden, du hättest um Proserpina werben, nicht sie rauben sollen’…Als es Cyane nicht gelingt, den Herrn der Unterwelt aufzuhalten, zerfließt sie in Tränen und verflüchtigt sich in ihrem eigenen Quellwasser. Sogar ihre Stimme verliert sie. Als Ceres zu ihr kommt, irrend nach des Kindes Spur[88], gibt sie ihr ein untrügliches Zeichen, den auf ihren Wassern treibenden Gürtel der Jungfrau. Herzzerreißend ist die Trauer der Ceres und grenzenlos ihr Zorn auf die beiden Brüder, Hades und Zeus, der die Entführung angezettelt und sanktioniert hat. Sie gebraucht ihre Macht und lässt alle Vegetation absterben. Das Gras wird gelb, die Milch versiegt in den Eutern  und das Korn verdorrt auf dem Halm. Nun lenken die Brüder ein und handeln einen Kompromiss aus: in Zukunft wird Proserpina Frühling und Sommer bei ihrer Mutter verbringen und nur in der dunklen Jahreszeit zu ihrem Gatten zurückkehren. Jetzt sprießt wieder das Korn, die Kühe kalben und das Land entfaltet seine Blütenpracht.       

        Kyrene stammt vom Fluss Peneios in Thessalien. Ihr Liebhaber Apollon bringt sie nach Libyen zu den chthonischen Nymphen und macht sie „zu einer langlebigen Nymphe „[89]. Der gemeinsame Sohn Aristaios, ein weithin berühmter Agronom, lehrt die Menschen den Gebrauch der kostbaren Silphionpflanze[90] (Abb. 5).

        Maia, Nymphe und Göttin, wird meist mit ihrem berühmten Sohn Hermes zusammen genannt: Hermes preise, o Muse, den Sohn des Zeus und der Maia,…

    Ihn, den hurtigen Boten der Götter, den Maia, die liebend
    Zeus sich vermählte, gebar die Nymphe mit prächtigen Zöpfen[91].

    Und:
    Maia, die Tochter des Atlas, gebar den ruhmvollen Hermes,
    der Unsterblichen Herold, von Zeus in Liebe umfangen[92].

    Ihre Mutter ist die Okeanide Pleione. Dadurch gehört auch sie zu den Pleiaden, dem Siebengestirn[93]. Bei Arkas, dem Sohn der Kallisto[94], vertritt Maia Mutterstelle als Kourotrophos. In Italien und den Provinzen besitzt sie ihren eigenen Kult als Erdgöttin. Bisweilen identifiziert man sie mit der Bona Dea.

    Schon auf dem Klitias-Krater[95] ist sie inschriftlich als Teilnehmerin am Festzug der Götter zur Hochzeit des Peleus mit der Meergöttin Thetis gekennzeichnet.

        Thetis‘ Ehe mit dem sterblichen Peleus, von Zeus erwünscht und betrieben, ist „stumm“ und verläuft nicht glücklich[96]. Nach der Geburt ihres Sohnes Achilleus kehrt die Tochter des Alten vom Meer „in ihr Element zurück“[97]Aber sie kommt mit allen Töchtern des Nereus und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn…[98].

        Tyche, eine PersonifikationdesSchicksals, ist nach Hesiod eine der Töchter des Okeanos und der Tethys. Als Stattgöttin trägt sie die Mauerkrone. Zu ihren Attributen gehören auch Steuerruder und Füllhorn[99].

        Die Heiligtümer der Nymphen bestehen in griechischer Zeit aus natürlichen oder künstlich angelegten Quellgrotten[100]. Seit dem 1. Jh. v. Chr. entwickeln sich monumentale Brunnenfassaden mit vorgelagertem Becken. Öffentliche Nymphäen (Abb. 6) dienen der Hygiene und dem Wohlbefinden, sind aber zugleich Orte der Nymphen-Verehrung und Weihestätten für deren Geschenk, das lebensspendende Wasser[101].

          Abb. 6: Kleines Nymphäum im Apollonheiligtum von Kyrene/Libyen
                                       Aufnahme der Verfasserin, 2009

        In der NympholepsieerfahrenErgriffene“ die ambivalente Macht der Nymphen in ihrer positiven Ausprägung. Verzücktes Staunen, Erweiterung des Bewusstseins, geschärfte Wahrnehmungsfähigkeit und besondere Redegabe und Ausdruckskraft sind die Folge. „Von Plato wussten die Spätgeborenen, dass die Göttinnen ihm schon als Kind das Geschenk der honigsüßen Rede in den Mund gelegt hatten“[102]. Phaidros bemerkt, dass seinen Freund Sokrates ein ganz ungewöhnlicher Fluss der Rede ergriffen hat und spricht ihn darauf an. Dieser erwidert:

    In Wahrheit göttlich scheint dieser Ort zu sein, so dass wenn ich im Lauf der Rede von den Nymphen ergriffen werde, du dich nicht wundern mögest. Denn schon jetzt bin ich nicht mehr gar fern von Dithyramben [103].  

        Auf einem attischen Weihrelief (Abb. 7) führt Hermes einen Reigen von drei mit dem Polos- geschmückten jungen Frauen an. Der dritten folgt ein nackter Knabe, dessen Handgelenk sie fest umschlossen hält, ein von den Nymphen Ergriffener, νυμφόληπτος, den sie mit sich zieht in ihren Bereich[104].  

                        Abb. 7: Athen, Akropolis- Mus. 702, um 510 v. Chr.
                                       Nach: Hausmann 1960, 11 f. Abb. 1

        Mitunter ist Nympholepsie ein gefährliches Laborieren am Abgrund. Der  junge Hylas, ein Geliebter des Herakles auf der Argonauten-Fahrt, gefällt auch den mysischen Quellnymphen so sehr, dass sie ihn überwältigen und zu sich ins Wasser ziehen[105]. Ein römisches Wandgemälde aus der Mitte des 2. Jhs n. Chr. zeigt den Jüngling gelassen sitzend im Kreis der Nymphen, ein Schilfbündel in der Hand. Oder wird Hylas in ein Echo verwandelt? Gründet er die Stadt Kios? Ist er dem Tod durch Ertrinken verfallen?[106] Wer denkt da nicht an Goethes Ballade vom Fischer, den eine Nixe mit sich in das feuchte Element herab schmeichelt?

     Das Wasser rauscht‘, das Wasser schwoll
    Ein Fischer saß daran…
    Aus dem bewegten Wasser rauscht
    Ein feuchtes Weib hervor….
    Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm,
    Da war’s um ihn geschehn.
    Halb zog sie ihn, halb sank er hin
    Und ward nicht mehr gesehn.

        Das Wort Nymphe interessiert jedoch noch in anderer Bedeutung, nämlich als Synonym für  Kore/Mädchen, als Braut, jung verheiratete Frau[107] und Puppe.

        Sogenannte Torsopuppen, „truncated figures“ oder „Rumpfpuppen“, wurden meist ebenso wie Gliederpuppen als Spielsachen verstanden[108]. Man konnte die  unbekleideten  ‚Anzieh-Puppen ‚ mit festlichen, hochzeitlichen Gewändern schmücken[109]. Die gestreckten Hüftgelenke und vertikal ansetzenden Oberschenkel machten sie ungeeignet zum Sitzen; es sind ‚Stehfiguren‘. 

        Die irreführende Bezeichnung Torso- oder Rumpfpuppe schränkt auf Exemplare ohne Kopf und Gliedmaßen ein, während es sich bei den „Puppen“ um Nachahmungen menschlicher Figuren handelt, die abgesehen vom Rumpf auch aus einem Kopf und den Ansätzen von Extremitäten bestehen (Abb. 8)[110]. Ebenso unzutreffend ist der Ausdruck  „limbless“[111], da die Gliedmaßen ja projektiert, aber bewusst unvollständig belassen sind.

                         Abb. 8: „Puppe“, Frankfurt/Main, 2. Hälfte 5. Jh. v. Chr.
                                            Nach Andres 2000,  31 Abb. 3[112]

        Aus den entwickelten weiblichen Formen geht hervor, dass nicht unserem heutigen Puppen-Verständnis entsprechend Kleinkinder gemeint sind, sondern  junge Mädchen und Frauen.

        Von derselben Matrize wie das Beispiel in Frankfurt (Abb. 8) leiten sich weitere Statuetten ab, in Amsterdam[113] oder im Kerameikos von Athen[114]. Sie alle tragen einen Sakkos[115]. Weitere „Torsopuppen“ befinden sich in Berlin[116], München[117], New York[118]. Das Museum in Leiden besitzt einen weiblichen Unterkörper mit den Oberschenkeln[119]. Kataloge aus  London[120], Kopenhagen (mit Sakkos) [121], Königsberg[122], Würzburg (mit Sakkos)[123], Paris (mit sehr kurzen Oberschenkel-Ansätzen)[124], Corinth[125] zeigen Parallelen attischen Ursprungs[126]. Ebenfalls auf eine attische Werkstatt lässt sich ein weiblicher Schoß mit den Ansätzen von Oberschenkeln zurückführen; er stammt aus der  Umgebung des Mausoleums von Halikarnassos[127]. Nackte Frauen-Figuren mit Arm- und kurzen Bein-Stümpfen aus der Kyrenaika sind durch einen besonders breiten Stand ausgezeichnet. Eine von ihnen trägt Polos und Halskette. Die verkürzten Beine stehen auf einer rechteckigen Plinthe[128]. Eine weitere Statuette aus Kyrene folgt dem attischen Typus[129].

        Frauenkörper mit dem Ansatz von Extremitäten aus Theangela/Karien bezeichnet Ișik als Sitzfiguren, doch reicht anscheinend die geringe Beugung in den Hüftgelenken zu einer Sitzhaltung nicht aus[130]. „Torsopuppen“ aus Priene sind nach Rumscheid bisher nur im Grabungsinventar verzeichnet[131].

    In Tarent treten an die Stelle von Statuetten mit Extremitäten-Ansätzen eher nackte weibliche Halbfiguren ohne Unterkörper und Beine[132].

        Die Grabstelen jung verstorbener Mädchen mit „Torsopuppen“ in den  Händen sind ebenfalls attischen Ursprungs: Getty-Museum Malibu[133], Harvard University Art Museum Cambridge[134] (Abb. 9), Glyptothek München[135], Nationalmuseum Athen[136].

                               Abb. 9: Grabstele der Melisto, ca. 340 v. Chr.
                                           Nach Rühfel 1984, 175 Abb. 73 

        Gegen die Deutung der „truncated figures“ als Puppen spricht J. Reilly sich aus. Sie hält die entwickelten weiblichen Körper, „limbless“ figures, für anatomische Votive[137]. Weihgeschenke dieser Art seien an Göttinnen adressiert, denen das Übergangsstadium junger Mädchen zwischen Kore, Ehefrau und Mutter besonders am Herzen liege, also Artemis, Nymphen, Demeter, Kore/Persephone und Hera. Ob in den Händen vorzeitig verstorbener Mädchen wie auf attischen Grabstelen (Abb. 9) oder als Beigaben in Kinder-Gräbern seien sie geeignet, Bitten um Geschlechtsreife und fruchtbare Ehe posthum zu unterstützen in der Hoffnung, den jungfräulich Verschiedenen eine Art Ersatz für Hochzeit und Mutterschaft als dem wichtigsten Ziel im weiblichen Leben[138] zuteil werden zu lassen.                                                             

        Reilly ’s Interpretation als „anatomical votives“ ruft die große Zahl von Körperteil-Votiven in Erinnerung, die vor allem in etruskisch-italische Heiligtümer geweiht wurden. Dazu gehören weibliche und männliche Körper mit oder ohne Kopf, mit und ohne Kleidung und mit oder ohne Fensteröffnung zum Leibesinneren[139]. Sie alle muten als Weihgaben und Grabbeigaben heranwachsender Mädchen einigermaßen befremdlich an.

        Nach Neils und Oakley bestehe kein Grund, warum die „Torsopuppe“ nicht zwei Funktionen erfüllen sollte, nämlich als Weihgeschenk an eine Heilgottheit und als Spielpuppe – letzteres vor allem dann, wenn die Verstorbene noch so kindlich in ihre Beschäftigung mit Puppe und Spieltieren versunken sei wie Melisto[140] (Abb. 9). Eignen sich nicht ohnehin Puppen mit unvollständigen Gliedmaßen besonders gut als Spielzeug, weil sie von den kleinen Händen viel besser unterhalb der verkürzten Arme um die Mitte gefasst und aufgestellt werden könnten?[141] Auch Dörig befand das Weglassen der leicht abbrechenden Glieder bei den tönernen Spielpuppen für „äußerst zweckmäßig“[142].  

        Betrachten wir noch einen Typus nackter Gliederpuppen, auf deren Abdomen sich anatomische Details wie Nabel, Rippenbogen und Kompartimente des geraden Bauchmuskels abzeichnen. Dass es sich nicht um eine auf die Bauchdecke projizierte Gebärmutter handelt[143], sondern um subcutane Strukturen und um Einzelheiten innerhalb der Haut des Abdomens, zeigt ein Vergleich mit archaischen Kouroi und mit den Terrakotta-Statuetten Tarentiner Symposiasten aus derselben Zeit[144]

        Interessant ist die von Mollard-Besques favorisierte Deutung einer „Torso-Puppe“ als Göttin, speziell als „Coré“/Persephone [145]..Könnte  der Koroplast die Absicht gehabt haben, den Augenblick darzustellen, da die Göttin gerade aus dem Hades emportaucht und heraufsteigt (Anodos)?

         Abb. 10:  Hermes führt Persephone herauf, Glockenkrater, um 440 v. Chr.
                                           Nach Simon 21985, 101 Abb. 94

    Noch haften die Beine halb im Boden, doch die Gestalt ist schon dem Leben und der geliebten Mutter zugewandt[146] (Abb. 10).

    Abgekürzt zitierte Literatur und Abbildungsnachweis:

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    Graepler 1997: D. Graepler, Tonfiguren im Grab. Fundkontexte hellenistischer Terrakotten aus der Nekropole von Tarent (München 1997)    

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    [1] Simon 2006, 363.

    [2] Semideae, rusticae numinae, Ov. Met. I  192; RE XVII, 2, 1530.

    [3] DNP 8 (2000) 1071.

    [4] Krause 1871, 122. 178.

    [5] Plut. b. Stob. IV 16, 18; RE XVII, 2, 1530.

    [6] Hom. Od. 14, 432-436.

    [7] Hom. Od. 17, 205-210.

    [8] Hom. Od. 13, 96-112.

    [9] Kenner 1978, 98 Anm. 13 Taf. 37, 2; badend: Chalkidische Schale in Würzburg, LIMC VIII, 896 Nr. 71 Taf. 596. ferner Nr. 30 a Taf. 588. Nr. 40 a Taf. 592. Manchmal ist es lediglich eine Muschel, die den Schoß kaschiert, Diez 1980, 103 f. Taf. 18 f.  Kenner 1978, 98 Taf. 36. 37, 3.

    [10] Hom. h. An Hermes 4, 7.

    [11] LIMC III (1986) 199 Nr. 41 Taf. 156; Hes. Theog. 907 f.

    [12] Inselgruppe um Rhodos. LIMC III (1986) 199 Nr. 41 Taf. 156 (E. Harrison).

    [13] Bell 1981, 162-164, Nr. 253-264 Taf. 62.

    [14] Simon 1972, 209 Abb. 6.

    [15] Ișik 1980, 236 f. Taf. 24 f.

    [16] Anscheinend deutet sich neben einer von ihnen eine Quellgrotte an,  Ișik 1980, 181 f. 184 f. Taf. 9-16.

    [17] Paus. X, 12, 3; Orph. Arg. 648; RE 34, 1937, 1539..

    [18] Ov. met. I  192-195. Hom. Il. 20, 4-9.

    [19] RE XVII, 2, 1530

    [20] Hes. frg. 304 MW  (frg. 171, 5 Rz.); Simon 2006, 363.. .

    [21] Hom. h. 5 An Aphrodite  260; nach  Aristoteles (?) frg. 679 soll ihre Lebenszeit 1000 Jahre betragen,  Paus. X 10; RE XVII, 2, 1530. .

    [22] Hes. Theog. 180 f.

    [23] Hes. Theog. 126-195.

    [24] Hom. h. 5 An Aphrodite, 269-272; .

    [25] Ov. Met. VIII, 741-782.

    [26] Ov. Met. VIII, 815-880..

    [27] Krause 1871, 138. 161.

    [28] RE XVII, 2, 1536 mit Angabe verschiedener antiker Quellen.

    [29] Knauß 2012, 319-321 Abb. 21.26 – 21.29; ferner Kenner 1978, 103 Abb. 6 Taf. 39.

    [30] Hom. Il. VI, 419 f.; Hom. Od. VI, 102-105; IX, 154 f.; XIII, 355 f.;  XVII, 239; Hes. frg. 171, 5 Rz; Alk. frg. 11 D; RE XVII, 2, 1528. 1530.

    [31] Hes. Theog. 16; Themis ist eine Tochter des Uranos und der Gä; RE XVII, 2, 1527.

    [32] Orph. hym.51, 1; RE XVII; 2, 1528.

    [33] Hes. Theog. 136.

    [34] Hes. Theog. 337-345.

    [35] Plat. Phaidr.263 d.

    [36] Hes. Theog. 366.

    [37] Hes. Theog. 337-367.

    [38] Hes. Theog. 346-348; lat. „Nutrices“, Kenner 1974, 108 f.

    [39] Kenner 1978, 107 f. 

    [40] Zanker 1965, 78; „Ariadne: Sometimes confused with the nymph Ariagne“, Hadzisteliou Price 1978,  189.

    [41] Kenner 1978, 97.

    [42] Hom. Od. X 348-351.

    [43] Nonn.Dionys. XIII, 351 ff. Krause 1871, 145 f.

    [44] Hes. Theog. 211-216.

    [45] LIMC V (1990) 394.

    [46] Kenner 1978, 101.

    [47] Paus. VI  22, 7.

    [48] In der Landschaft Elis, im Nord-Westen der Peloponnes.

    [49] Paus. V, 5, 11; Wamser-Krasznai 2016, 70 f.

    [50] Pind. Ol XII 18; Diod. IV 23, 1 und V  3, 4; Strab. VI 275; RE VIII, 2, 1615 (Ziegler).

    [51] Wamser-Krasznai 2016, 71 Bild 5.

    [52] Paus. IX 4, 9.

    [53] Plut. Aristeid. 11, 3. 19, 6; Simon 1972, 2, 216.

    [54] Nicht zu verwechseln mit dem sizilischen Hirten gleichen Namens, Paus. X 5, 5.

    [55] Von Apollod. II, 4, 2.3. Namen und Zugehörigkeit erfahren wir nicht, Krause 1871, 147 Anm. 2 hält unter Berufung auf Ovid, Metamorphosen V, 540, die Avernalischen Nymphen für die Verantwortlichen bei der Abgabe und Rücknahme der Utensilien.

    [56] Amnisos: Kretischer Fluss, an dem ein Artemis-Heiligtum lag,  Kallimachos 2004,  Auf Artemis 403 und Anm. 1..

    [57] s. Nymphe beim Waschen des Kultbildes, Dionysos „Die Locken lang, ein halbes Weib?…(München 1987) 49 Abb. a.

    [58] Simon 1972, 216 f.

    [59] Verg. Aen. 1, 71-75.

    [60] Apoll. Rhod. II, 504 f. Bacchielli 1994, 54.

    [61] Bacchielli 1994, 45.

    [62] Hdt. IV 189, 2.

    [63] Micheli 2000, 43-60; Wamser-Krasznai 2015, 50-53.

    [64] Bemman 1994, 17; Hyg. astr. 2,3; Hyg. fab. 182; Eratosth. 13; Ov. fast. 5, 115-128; Pind. in Schol. Il. 21, 194. Münze aus Aigai, Zeit des Antoninus Pius: Amaltheia mit Zeuskind, Füllhorn und Ziegenkopf, LIMC I 1981, 583  Nr. 3 Taf. 437.

    [65] Bemmann 1994, 14 Anm. 12.

    [66] Im Westen der Peloponnes.

    [67] Paus. V 7, 2.

    [68] Ov. Met. V, 487-513. 572-642.

    [69] LIMC III (1986) 344 f.;  Ov. Met. I, 452-567; Wamser-Krasznai 2007, 92-95.

    [70] Ov. Met. III, 356-400.

    [71] Ov. Met. XV 482-599. 547-551; Plut. Leben des Numa 4.

    [72] Paus. IX  39, 2-5. 7. 8;  Hampe – Simon 21985) 5; Wamser-Krasznai 2012/13, 56. 65 f.

    [73] Paus. X  12, 1-7.

    [74] Paus. VIII 3, 6 f.

    [75] Wamser-Krasznai 2019, 113; dies. 2007, 96.

    [76] Paus. VIII 3, 7.

    [77] LIMC VIII, 891

    [78] Hom. Od. 7, 244-246. Ogygia ist fiktiv. Das maltesische Gozo und ein Inselchen südlich von Kreta streiten sich um die Ehre der Identifikation mit Ogygia.

    [79] Hom. Od. 5, 13-15.

    [80] Hom. Od. 7, 261-266.

    [81] Perse, Hom. Od. X  135-139; Hes. Theog. 956.

    [82] Hom. Od. XII 302.

    [83] Zwischen Eleusis und Salamis, Strab. IX 395, 13.

    [84] Hes. frg. 1011.

    [85] Am tyrrhenischen Meer, Latium, Strab. V 232, 6; Cic. nat. deor. III 48.

    [86] Verg. Aen. V, 732; VI, 126 f.

    [87] Inter Sicelidas Cyana celeberrima nymphas, Ov. met. V, 412. V 413 -440. 469-475; Bell 1981, 92 f..

    [88] Friedrich Schiller, Das eleusische Fest, 1798. Das Gedicht beginnt mit den Zeilen:

     „Windet zum Kranze die goldenen Ähren,

    Flechtet auch blaue Zyanen hinein…“ Der hiervon abgeleitete Name unserer Kornblume ist heute beinahe unbekannt.

    [89] Marg 526.

    [90] Pind. Pyth. IX v. 17 f.; Wamser-Krasznai 2015, 50 f.

    [91] Hom. h. An Hermes 4, 1-4.

    [92] Hes. Theog. 938 f. 

    [93] Hes. frg. 169 Merkelbach/West..

    [94] Apollod. 3, 8, 2.

    [95] Florenz, 570/565 v. Chr., LIMC  VI, 335 f. Nr. 14 Taf. 172; Simon 21981, 77 Taf. 52.

    [96] Soph. Troilos frg. 618.

    [97] Marg 324; Hom. Il. XVIII 35-85.

    [98] FriedrichSchiller, Nänie (1800).

    [99] Hes. Theog. 349-364; Wamser-Krasznai, Horn und Füllhorn, Abb. 1.

    [100] Verg. Aen. I 166-168.

    [101] Diez 1980, 107.

    [102] Himmelmann-Wildschütz 1957, 7 f.

    [103] Platon, Phaidros 238 c. d; Larson 2001, 13 f.

    [104] Klöckner 2001, 128. 

    [105] Himmelmann-Wildschütz 1957,  8; Apoll. Rhod. 1, 1207 ff. LIMC V, 577 Nr. 31 (J. H. Oakley). 

    [106] Nikandros frg. 48 Schneider; Schol. Aristoph. Plutus 1127; LIMC V, 374.

    [107] „Die reizvollste Entwicklungsstufe im weiblichen Leben“, Kenner 1978, 97.

    [108] Schauenburg 2007, 116 mit den Anm. 12-15.

    [109] Dörig  1958, 43 f.; Simon 2006, 361 f. In einem wohlbekannten Epigramm weiht Timarete-der Göttin Artemis „den kekryphalos …und die kórai (Puppen)…mitsamt den Puppengewändern“, Andres 2000, 9; Graepler 1997, 216-219 Anm. 137;  Rumscheid 1986, 225 Anm. 1386.

    [110] Andres 2000, 11 Abb. 3; ebenso Bol 1986, 82-85 Abb. 44; Simon 2006, 358 f. Abb. 6

    [111] Reilly, „Naked and Limbless“, 22000, 154. 

    [112] Kotera in: Bol 1986, 82-85 Abb. 44.  .   

    [113] Allard Pierson Museum, Lunsingh Scheurleer 1986, 29 Abb. 10.

    [114] Inv. 8698, Schwarzmaier 2015, 309 und Anm. 25 Abb. 6; Vierneisel-Schlörb Kerameikos XV (München 1997) 53 Nr. 146. 147 Taf. 30.

    [115] = Haube, die hinten in einer Spitze ausläuft.

    [116] Rohde 1968, 17 f. Abb. 19 a.

    [117] Hamdorf 2014, 163 D 35.

    [118] Reilly 22000, 161 Abb. 37.

    [119] Leyenaar-Plaisier 1979, 18 f. Taf. 4, 22.

    [120] Higgins 1967, 75 Taf. 30 B; ders. 1954, 182 Nr. 683 Taf. 89 (Kopf verloren).

    [121] Breitenstein 1941, 28 Nr. 266 Taf. 29.

    [122] Dörig 1958, 46 Taf. 25, 4; ferner ebenda 41-52 Taf. 22, 3. 24-26.

    [123] Schmidt 1994, 55 f. Nr. 58 Taf. 14 g.

    [124] Mollard-Besques 1954, 84 C 12 Taf. 56.

    [125] Merker 2000, 52 Anm. 205  MF-71-45 Taf. 75.

    [126] Hamdorf 2014, 163 äußert beim Exemplar D 35 Zweifel an der attischen Provenienz wegen der Tonqualität mit starkem Glimmergehalt.

    [127] Higgins 1954, 115 Nr. 373 Taf. 56.

    [128] Mollard-Besques 1954, 117 Nr. C 208. C 210 Taf. 83.

    [129] Winter 1903, 170, 3.

    [130] Iṣik 1980, 174 f. 186 f. Nr. 204. 205 Taf. 28.

    [131] Rumscheid 2006, 225 Anm. 1382.

    [132] Graepler 1997, 218 f.

    [133] Neils – Oakley 2003, 169 Nr. 68.

    [134] Neils – Oakley 2003, 307 Nr. 124 (unsere Abb. 9).

    [135] Vierneisel-Schlörb 1988, 65-71 Taf. 25 f.

    [136] Schwarzmaier 2015, 309 Abb. 8; Dörig 1958, 45 Taf. 23.

    [137] Reilly 22000, 162 f.  Abb 38; van Straten 1981, 106 Abb. 50. Ferner  Merker 2000, 49 f. C 106-C 109 Taf. 12.

    [138] Graepler 1994, 50; Schwarzmaier 2015, 310 f.. 315 Abb. 6; anders Simon 2006, 361 f. 

    [139] Recke – Wamser-Krasznai 2008, 49. 51. 119. 136 Abb. 46. 47; den Hinweis auf einen großformatigen männlichen Terrakotta-Körper mit Ansätzen von Extremitäten und intakter Vorderseite ohne Fensteröffnung, London, BM, Cat. Walters 1903, 371 Nr. D 439 Abb. 73, verdanke ich M. Recke, Frankfurt am Main; ferner Thorax und rechter Arm eines Mannes, Korinth, .Hygieia 2014, 226 Abb.96.   

    [140] Neils – Oakley 2003, 265. 307 Abb. 68. 124; Dörig 1958, 41. .

    [141] Unkonventioneller Vorschlag von Dipl. Ing. P. L. Krasznai, Budapest. 

    [142] Dörig 1958, 46.

    [143] Anders Schwarzmaier 2015, 310 Anm. 31 (mit Hinweis auf Exemplare der myrinäischen Aphrodite orientale, hinter deren  abnehmbarer Nabelpartie sich ein „Embryo“ befindet, dazu V. Dasen, Femmes à tiroir (Fribourg – Göttingen 2004) 141; ‚Initiation‘ aufwachsender Mädchen, Simon 2002, 297; Winter 1903, 169, 2; Stillwell 1952, 149 Nr. XX, 8. 9 Taf. 31.

    [144] Kouroi: E. Buschor, Frühgriechische Jünglinge (München 1950) 40 Abb. 44. S.86 f. Abb. 97; Martini 1990, 182 Abb. 58. S. 184 Abb. 60; Symposiasten: Levi 1926, 26 f. Abb. 28;  Wamser-Krasznai 2013, 182 Nr. 437 Abb. 83; dies., Fehldiagnose! In: Fließende Grenzen (Budapest 2015) 17 f. Bild 7. 8;  Winter 1903, 198, 7.

    [145] Mollard-Besques 1954, 83 f. C 10-C 12 Taf. 56.

    [146] Neils – Oakley 2003, 125 Abb. 13; Bérard – Vernant 1985, 165 f. Abb. 159.

  • Göttin mit Löwenfellkappe – Artemis Italica, 

    Auch nachdem die Diskussion um die Bezeichnung „Artemis Bendis“ für die unteritalische Göttin mit Löwenfellkappe weitgehend abgeschlossen war[1], feiert die irrige Ausdrucksweise weiterhin fröhliche Urständ[2]. Daher darf eine Anhängerin der Italischen Artemis vielleicht auf Nachsicht hoffen, wenn sie  wieder einmal Wasser ins Meer tragen will.

    Die Italische Artemis mit der Löwenfellkappe[3]

    Bekanntlich trägt die Italische Artemis eine spitze „phrygische“ Mütze mit einem Überzug aus Löwenfell. Dieser wird manchmal als „Skalp“ bezeichnet, doch ein Skalp besteht aus der Kopfschwarte vom Schädeldach[4]. Die Kappe der Göttin dagegen ist mit dem oberen Abschnitt des Löwengesichts, unter Einschluss der Nase und der Oberlippe bzw. des Oberkiefers geschmückt[5]. Der Ausdruck „Maske“, der bisweilen  begegnet[6], wird dem Sachverhalt eher gerecht. Löwentatzen fallen wie Tänien[7] von oben auf die Schultern herab (Abb. 1).

                                 Abb. 1: Artemis Italica, Gießen Inv. T I-14

                           Aufnahme: M. Recke, Gießen/Frankfurt am Main

    Gesicht im Löwenrachen: Herakles, Omphale? Artemis

    Im Anschluss an die erste der kanonischen Taten zeigt sich Herakles gern mit dem Fell des nemeischen Löwen, wobei das Gesicht des Heros aus dem  aufgesperrten Löwenrachen herausschauen kann, sodass Stirn und Wangen vom Kiefer des überwundenen Gegners gerahmt werden[8]. Ähnlich erscheinen auch weibliche Versionen wie „Omphale“ (Abb. 2) oder die Göttin Artemis[9].

                Abb. 2: Aus Kakopetria/Zypern, Omphale? Mitte des 5. Jhs. v. Chr.

                                Nach Karageorghis 1977, 186 Nr. 53 Taf. 64 

    Zur Ikonographie der Italischen Artemis

    Im Gegensatz zur gerundeten Tierkopfmütze des Herakles endet die Löwenkappe der Göttin in einer Spitze. Meist ist Artemis stehend dargestellt, in kurzem Gewand und mit hohen Stiefeln, weniger oft in einem langen Gewand. Darüber trägt sie einen symmetrisch auf den Rücken fallenden Fellmantel mit Löwentatzen, die vorn auf der Brust verknotet sind[10] oder ein nach Art des Schrägmantels drapiertes Fell, das entweder ebenfalls von einem Löwen stammt[11] oder aus der Decke eines Hirschkalbs besteht ( Nebris). In der freien Hand hält die Göttin einen Bogen, manchmal auch einen Köcher[12] (Abb. 3). Tiere sitzen oder stehen zu ihren Füßen und schmiegen sich in ihre Arme[13]. Eines ihrer weniger häufigen Attribute ist die Schale[14]. Weibliche Figuren mit Kreuzfackel und Ferkel, die aus demselben Kontext stammen, weisen auf die Nähe zu den chthonischen Göttinnen Demeter und Kore/Persephone hin. An die Stelle der Löwenfellkappe tritt bei ihnen eine polosartige Kopfbedeckung[15]

    Aus den Werkstätten von Tarent, Metapont, Herakleia und anderen koroplastischen Zentren Großgriechenlands und Siziliens gingen Hunderte von Artemis-Statuetten hervor[16]. Die Vorderseiten der Figuren stammen aus Matrizen, während die Rückseiten gewöhnlich offen belassen sind (Abb. 1b).

                      Abb. 3: Aus der Sammlung C. W. Lunsingh Scheurleer

                                                 AA 1932, 318 Abb. 1[17]

    Artemis in Thrakien

    Neben der genuin thrakischen Göttin Bendis ist auch die griechische Artemis keine Unbekannte in Thrakien. Für Herodot (4, 33. 5, 7) gehört Artemis zu den dort verehrten Gottheiten. Archäologische Zeugnisse für ihre Präsenz in Thrakien stammen jedoch aus späteren Jahrhunderten. Ein marmornes Relief in Sofia zeigt die Göttin auf einer Hirschkuh reitend, ein Typus, der mit der Ikonographie der Bendis nichts zu tun hat[18]. Die Weihinschrift ist in griechischen Buchstaben der römischen Kaiserzeit an die „Herrin Artemis“ gerichtet[19].

    Bendis die Fremde aus Thrakien im griechischen Kernland

    Während für Bendis in Thrakien Belege aus vor-hellenistischer Zeit fehlen[20], ist ihr Kult in Attika mehrfach nachgewiesen. Sie besaß ein Heiligtum in Laurion, wo man seit dem 5. Jh. v. Chr. thrakische Bergleute als Arbeiter im Silberbergbau beschäftigte[21]. Vor allem aber verehrte man „die Fremde“ im Hafenbezirk  von Athen. Zu Beginn der „Politeia“ schildert Platon die beiden feierlichen Prozessionen, die, getrennt für Thraker und für attische Bürger vom Athener Prytaneion ausgingen und zum Bendis-Heiligtum im Piräus führten[22]. Dieses lag nahe beim Heiligtum der Artemis Munichia[23]. Die Legitimierung des fremden Kultes erfolgte durch die Göttin Themis, deren Name inschriftlich neben dem der Bendis, der Artemis und des Jägers Kephalos auf einem attischen Skyphos erscheint[24].

    Artemis und Bendis – zwei Göttinnen mit gemeinsamen Aspekten

    Im Piräus wurden Bendis und Artemis zusammen verehrt[25]. Nach einer Scholie zu Platon sei die Bendis der Thraker gleichzusetzen mit der griechischen Artemis[26]. Hesych schließt seine Glosse zu den Thrakerinnen („Thrattai“) des Kratinos[27] mit den Worten: „und sie bezeichnen die MondgöttinalsBendis und Artemis“[28]. Derartige Gleichsetzungen kulminieren im Synkretismus späterer Zeiten, als man die thrakische Bendis bald mit Artemis Tauropolos, bald mit Hekate, sogar auch mit Kybele identifizierte[29].       

    Gemeinsame ikonographische Aspekte sind neben den begleitenden Tieren das kurze Gewand mit den hohen Stiefeln, die Nebris und eine phrygische Mütze[30],  freilich ohne  Löwenfell-Überzug, im Grunde also wenig spezifische Merkmale[31]. Die für Bendis charakteristische Kopfbedeckung, Alopekis, konnte dagegen in besonderen Situationen auch einmal von Artemis getragen werden. Das zeigt die Darstellung eines Satyrspiels zu „Iphigenie auf Tauris“ in der Umzeichnung einer heute verschollenen apulischen Amphora. Aus den Kulissen taucht links ein junger Satyr auf, rechts erscheint „Artemis Taurica“ in kurzem Gewand, hohen Stiefeln und einer Fellmütze mit langen Laschen. In einer Hand hält sie eine Fackel, in der anderen den Doppelspeer[32]. Iphigenie ist als Artemis-Priesterin festlich geschmückt und durch einen großen Schlüssel als Amtsperson ausgewiesen. Die beiden jungen Männer, Orest und Pylades, halten ebenfalls Doppelspeere bzw. eine Lanze mit zwei Spitzen in Händen. Hesych verleiht der Bendis zwar den Beinamen „dilonchos“, die mit den zwei Lanzen, doch ist das Attribut nicht Bendis-spezifisch. Göttliche und  heroische Gestalten wie Artemis und Kephalos[33], Orest und Pylades, können ebenfalls Doppellanzen tragen. Bisweilen gelten Terrakotta-Gruppen von Artemis mit einem Tier als Bendis[34], eine Folge der gemeinsamen Jägerinnen-Tracht, in Verbindung mit der phrygischen Mütze.

    Artemis und Bendis – zwei ganz verschiedene Gottheiten

    Wie die beiden Seiten des genannten Tübinger Skyphos[35] zeigen, unterschied man in Attika trotz der gemeinsamen Aspekte sorgfältig zwischen den beiden Göttinnen. Die Namen, „Artemis“ auf der einen und „Bendis“ auf der anderen Seite des Gefäßes sind wohlweislich beigeschrieben[36]. Bendis trägt ihre Fuchspelzmütze, Alopekis, Artemis dagegen ein zierliches Diadem.

    Auch im Umgang mit Tieren verhalten sich die beiden Göttinnen unterschiedlich. Auf den Bendis-Reliefs in Kopenhagen und London sind Tiere gar nicht angegeben[37]. Der Tübinger Skyphos zeigt neben Bendis ein Reh und auch zu Füßen der Marmorstatue in Mariemont sitzt ein kleines Tier[38]. An Artemis kommen die Vierfüßler, vor allem in großgriechischen Darstellungen, viel näher heran[39]. Sie hängen an ihr und hocken auf ihr. Sogar stehend wiedergegebene Begleittiere schmiegen sich eng an die Herrin[40], deren Art und Weise ein Rehkitz im Arm zu halten, nur mit der Souveränität einer Potnia Theron zu vergleichen sei[41].   

    Zahlreiche Zeugnisse belegen die Verehrung der Artemis auf italischem Boden[42]. Für die thrakische Bendis dagegen ist auf der Apenninen-Halbinsel literarisch nirgendwo ein Kult nachgewiesen[43]. Der Löwe, dessen Kopf und Fell das Bild der Italischen Artemis bestimmen, hat nicht das Geringste mit der Bendis- Ikonographie zu tun[44]. Gleichwohl ist vor allem für Tarent, Metapont, Herakleia und Santa Maria d’Anglona ein Bendiskult postuliert worden. Man  nahm dafür einfach die zahlreichen seit dem letzten Viertel des 5. Jhs. v. Chr. entstandenen Artemis-Statuetten mit phrygischer Mütze und darüber gezogener Löwenmaske in Anspruch. C. W. Lunsingh Scheurleer drückte sich noch einigermaßen vorsichtig aus, indem er von  „Vermutung“ und „Annahme“ sprach, ohne jedoch eine tragfähige Basis für die Anwesenheit der Bendis in Süditalien zu liefern[45]. Rüdiger, der sich sogar auf das Jahr 404 v. Chr. als angeblichen Zeitpunkt der Einführung des Bendiskultes in Tarent festlegte[46], blieb ebenfalls den Beweis für diese Behauptung schuldig.

    Phrygische Mützen auf Vasenbildern als Zeugnis für die Präsenz der Bendis in Unteritalien?

    In seiner ausführlichen Studie zu diesem Thema betrachtet Schauenburg[47] acht mögliche Bendis-Darstellungen auf unteritalischen Vasen. Meist hält die Göttin ein bis zwei Speere in der Hand und trägt eine phrygische Mütze[48]. Die übrige Bekleidung ist inhomogen[49] und stimmt mit dem Bild der Bendis, „wie es gesicherte Wiedergaben vermitteln“, so wenig überein, dass die „geläufige Deutung“ [als „Artemis Bendis“] ernsthaft bezweifelt werden muss[50]. Der Autor erläutert, warum er in den weiblichen Göttergestalten der besprochenen Vasenbilder durchweg Artemis erkennt, selbst dann, wenn sie als Taurika im Rahmen des Satyrspiels mit einer Alopekis geschmückt ist[51]. Zudem macht er darauf aufmerksam, dass die phrygische Mütze auch von Männern getragen werden kann, wenn sie als Nicht-Griechen gekennzeichnet werden sollen, und dass diese Kopfbedeckung in ihrer gezackten Form seit dem späten 5. Jh. v. Chr. zur Tracht des Herrschers gehört[52].   

    Artemis und ihre traditionell enge Beziehung zum Löwen

    „Da dich …zur Löwin Zeus gemacht“ heißt es bei Homer, Il. 21, 483. Aischylos, Agam.140, nennt sie die Gottheit, die Löwen zittern macht. Pindar sagt in dem für die Thebaner verfassten Dithyrambos:

    „Sie aber schreitet auf leichten Sohlen einher,
    Artemis, die ihre heimlichen Gründe verließ und in bukolischer Lust
    für Bromios[53] anschirrt‘ die Brut der reißenden Leuen…“[54];

    und Pausanias IX, 17. 2 berichtet vom steinernen Löwen vor dem Tempel der Artemis Eukleia in Theben.

    Zu den archäologischen Zeugnissen außerhalb Westgriechenlandsmüssen  wenige Stichworte genügen: Artemis-Hekate als Herrin der Tiere auf einer großen böotischen Amphora; Artemis mit Löwenfell aus einem Löwenrachen herausschauend, mit gespanntem Bogen, das Gesicht weiß bemalt und mit „weiblichem“ Auge; als Potnia Theron mit Hirsch und Löwen auf dem Klitias-Krater in Florenz; Perirrhanterion aus Samos in Berlin, um 650 v. Chr., mit der „dreigestaltigen Artemis-Hekate als Löwenbezwingerin“[55]; Terrakotta-Statuetten der Artemis als Löwen-Herrin aus Korfu[56]

    Funde aus dem Heiligtum der Artemis Orthia in Sparta, der Mutterstadt von Tarent: Terrakottafiguren hoheitsvoller Frauen, vor denen sich Löwen aufrichten[57]. Kleinformatige lakonische Bleigruppen mit geflügelten Frauen und gebändigten Löwen[58] erinnern an entsprechende, ebenfalls in archaischer Zeit entstandene Statuetten aus Metapont[59]. In Sizilien wurde die Verbindung von Artemis mit dem Löwen ebenfalls thematisiert[60]. Aus Calvi in Kampanien[61] kommt die ungewöhnliche Darstellung einer vierfach geflügelten Artemis mit zwei antithetisch aufgerichteten Löwen. Die beiden unter dem Peplos-Überschlag hervortretenden Flügel sind zur Stütze für die Hinterbeine der Tiere geworden. Während die Löwen der Herrin eine Vorderpranke an die Schulter legen, hält diese die jeweils andere Vorderpfote in erhobenen Händen. Das Relief verbindet eine in Kampanien beliebte und verbreitete Form tönerner Architekturplastik mit der Ikonographie der archaischen Potnia Theron und den stilistischen Merkmalen des 1. Jhs. v. Chr.[62].

    Löwenkappen als Kopfschmuck nicht-göttlicher anthropomorpher Wesen

    Von allen Göttern ist es nur die Italische Artemis, die eine Kopfbedeckung aus Löwenfell trägt (Abb. 1. 3); aber die einzige Gestalt mit einer derartigen Mütze ist sie nicht. Seit Anfang des 4. Jhs. v. Chr. werden in Großgriechenland auch nicht-göttliche, übermenschliche Wesen und sogar gewisse Sterbliche mit einem gleichartigen Kopfschmuck ausgezeichnet[63]. Ohne die Vermittlung durch spitze Mützen zieren Löwengesichter die Köpfe dämonischer Gestalten. An den Seiten treten kleine gebogene Flügel aus dem Lockenhaar hervor[64] (Abb. 4). Dieser Typus von Terrakotta-Antefixen wurde im Tarent des 4. Jhs. v. Chr. besonders häufig reproduziert.

                            Abb. 4: Tarentiner Antefix in Basel, ca. 325 v. Chr.

                                         Nach Herdejürgen 1983, 51 Abb. 5

    Zu den Eigenarten Tarentiner Koroplastik gehören auch die Darstellungen sterblicher Männer mit Löwenkappen (Abb. 5). Als Angehörige einer höheren Gesellschaftsschicht heben sich die Honoratioren der Stadt mit anspruchsvollen Attributen deutlich vom schlichten Bürger ab, vor allem wenn sie sich als Teilnehmer am Bankett auf Klinen lagern. Tänien und Rosetten an der ausgefallenen Kopfbedeckung unterstreichen ihre enge Vertrautheit mit der elitären Welt des Symposions[65].                      

                             Abb. 5: Bärtiger Symposiast mit Löwenfellmütze

                                       Nach Herdejürgen 1982, 57 Nr. 133

    Die Italische Artemis und ihre Kappen 

    Die Bandbreite der von Artemis getragenen Mützen reicht von „spitz“ bis „phrygisch“. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Kappenarten gibt Hinweise auf Typen, Varianten und Stilisierungen[66].

    Eine Lücke schließt sich

    Die beachtliche Lücke, die zwischen den archaischen Darstellungen der Löwenherrin einerseits und den Löwenfellkappen des 5./4. Jhs. v. Chr. andererseits zu klaffen schien, hatte dazu beigetragen, im Auftreten der phrygischen Mütze mit Löwenfell-Überzug einen Beleg für das „Erscheinen“ der thrakischen Bendis auf italischem Boden zu sehen[67]. Nur fehlt, wie mehrfach festzustellen war, hierfür die Bestätigung[68]. Aus den Grabungsergebnissen in der Umgebung von Metapont geht indessen eine Kontinuität der Artemis-Verehrung zwischen dem 6. und dem 4. Jh. v. Chr. hervor[69]. Eine im 4. Jh. v. Chr. entstandene Artemis-Statuette aus Tarent mit Löwenfellkappe und Bogen reflektiert das Potnia Theron-Motiv: an der linken Flanke der Göttin sitzt ein kleines vierfüßiges Tier (Hirschkalb?), ein anderes zu ihrer Rechten am Saum des Gewandes[70]. Ähnliches zeigt eine im 5. Jh. v. Chr. in Tarent geschaffene Statuette. „Die fast zärtliche Art, mit der sie [Artemis] den Panther gegen sich andrückt und dazu den Hirsch im Arm hält“, weist sie ebenso als Schützerin und Hegerin vor allem der kleinen Tiere aus wie als deren Herrscherin[71]. An einer anderen aus Tarent stammenden Artemisfigur mit Löwenfellkappe, Nebris und Bogen springen zwei kleine Vierfüßler empor. Von der Kline, auf der die Göttin lagere, ist nicht viel erhalten. R. A. Lunsingh Scheurleer beschreibt ein Polster, das den linken Arm stütze[72]. Auch die von C. W. Lunsingh Scheurleer vorgeschlagene Deutung der Unterlage (?) als Felsen, auf dem die Göttin sitze, wäre motivisch sehr ungewöhnlich[73].

    Artemis Bendis in Italien?

    Fragt man nun nach dem Grund der ebenso beliebten wie im Fall der Italischen Göttin mit Löwenfellkappe irreführenden Namens-Verbindung „Artemis Bendis“[74], so bleibt abgesehen von unkritischen Übernahmen aus früheren Publikationen immer ein und dieselbe Antwort: die Jägerinnen-Tracht in Kombination mit der phrygischen Mütze. Dabei wird der Löwenfell-Überzug, bei dem es sich um ein unabdingbares Detail, geradezu um das ‚Leitmotiv‘ in der Ikonographie der Artemis Italica, handelt, geflissentlich übersehen.                 

    Die Löwenfellkappe ist aber nicht nur Ausdruck einer ganz eigenständigen großgriechischen Artemisvorstellung[75], sondern – wie die Tarentiner Symposiasten mit gleichartigen Kopfbedeckungen zeigen – m. E. auch ein Merkmal spezifisch großgriechischer Ikonographie. Mag also die  Namensverbindung „Artemis Bendis“ für Attika und benachbarte griechische Landschaften hingehen[76], so muss sie im Hinblick auf die Italische Göttin mit der Löwenkappe schlicht als abwegig bezeichnet werden.  

    Abgekürzt zitierte Literatur und Abbildungsnachweis:

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    Wamser-Krasznai 27.03.2013: Italische Artemis, uni-giessen.terrakotten, Tarentiner Köpfe      Abb. 1 und 2  (Bild-Bearbeitung H. Zühlsdorf, Gießen)

    Wamser-Krasznai 22018: W. Wamser-Krasznai, Artemis italica, die Göttin mit der Löwenfellkappe, in: dies. Scholien und Spolien (Filderstadt 22018) 39-56

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    [1] „Artemis del tipo definito forse erroneamente come Bendis“, Lippolis 1982, 115; Lettta 1968, 306-312; ders. 1972, 122; Schauenburg 1974, 180; Schürmann 1989, 55; R. A. Lunsingh Scheurleer distanziert sich von der  Bezeichnung Artemis „Bendis“-Typ durch Verwendung von Anführungszeichen, ders. 1986, 71-73 Abb. 72. 73.

    [2] Bergamasco 2006, 135-152; Curti 1989, 23; Frizzi 1996, 153-155; Muller – Aubry 2016, 88 f. 91 Abb. 4-7; Osanna – Bertesago 2010, 451 f.; Poli 2010, 368-386.

    [3] „leontê“, Letta 1972, 121-123.   

    [4] Anzenberger 2001, 120 f.; Schürmann 1989, 54-56. 61 f.

    [5] Harden 1927, 93 f.  Abb. 1. 2. Der Autor meint wegen der fehlenden Mähne von Löwinnen sprechen zu müssen; dem ist kaum zu folgen, da es sich ja eben nicht um den Skalp, sondern um den oberen Abschnitt des Löwengesichts handelt. 

    [6] Anzenberger 2001, 17 f., eigentlich ‚Teilmaske‘ oder ‚unvollständige Maske‘.

    [7] Letta 1968, 308.

    [8] z. B. LIMC IV (1992) 734 Nr. 5. 11. 12 Taf. 444 f. s. v. Herakles (J. Boardman); Hermary – Mertens 2014, 226-239, Cat. 300-320); Karageorghis 1977, 186 Nr. 54 Taf. 64 f.; ein sehr ähnliches Bild bietet ein Terrakottakopf aus einem Votivdepot in Tarent, von Iacobone als Kopf der Artemis mit Löwenfellkappe ohne phrygische Mütze bezeichnet, dies. 1988, 30 f. Taf. 24 c. Indessen gleicht das Gesicht den bartlosen Männern vom Typ des zyprischen Herakles.  

    [9] Fragment von einem Dinos des Lydos, um 550/540 v. Chr., Simon 31985, 172. 174 Abb. 157.

    [10]Anzenberger 2001, 29 f. Abb. 2-5. 7 f. S. 34 Abb. 16-19; Letta 1968, 309 Taf. 1; Miller-Ammermann 1990, 40 f. Abb. 28;  Neutsch 1967, 167 Taf. 28, 2; Rüdiger 1967, 350 f. Abb. 22 a. b. Abb. 23 b. Abb. 24 c.

    [11] Letta 1968, 306;  C. W. Lunsingh Scheurleer 1932, 315 f. Abb. 2; Osanna – Bertesago 2010, 452 Abb. 10 d.

    [12] C. W. Lunsingh Scheurleer 1932, 315 f. Abb. 1 und 2; R. A. Lunsingh Scheurleer 1986, 72 f. Abb. 73.    

    [13] Reh, Hase, Hund, Panther? Frizzi 1996, 153 f.; Lo Porto 1961, 138 f. Abb. 13; Rüdiger 1967, 350 Abb. 23 b.

    [14] Rüdiger 1967, 350 f. Abb. 22 c. 24 a.

    [15] Curti 1989, 23 f.; Neutsch 1967, 134-136. 167-169. 191 Abb. 45 Taf. 28; Otto 1996, 97-123; Rüdiger 1967, 351 Abb. 24 d.

    [16] In Herakleia z. B. mehr als 2000 und in Santa Maria d’Anglona weitere 1000, Bergamasco 2006, 145-147; Metapont: „numerosi i frammenti“, Letta 1971, 121; Harden 1927,  93; Neutsch 1967, 167 Taf. 28; Rüdiger 1967, 348 f.

    [17] Ebenso Bergamasco 2006, 137 Abb. 1 a. b. 141 Abb. 2; Kopf: LIMC II (1984) 691 Nr. 925 Taf. 515 s. v. Artemis (L. Kahil); ebenso Deoudi 2015, 59 Abb. 10 , versehentlich „aus Laurion“.

    [18] LIMC II (1984) 771 Nr. 1 Taf. 577 s. v. Artemis in Thracia (A. Fol).

    [19] 2./3. Jh. n. Chr.; Deoudi 2010, 139  Nr. S 32  Taf. 36.

    [20] Die archäologischen Zeugnisse sind durchweg griechisch, LIMC III 1986, 95-97 Taf. 73 f. s. v. Bendis (Z. Gočeva – D. Popov); DNP 1997, 558; Curti 1989, 24.

    [21] Goette – Hammerschmidt 2004, 95. 280 f.; LIMC III (1986) 97 Nr. 8. Im Minendistrikt von Laurion sollen zwei Statuetten der Bendis gefunden worden sein, Hartwig 1897, 16 f.; Nilsson 1942, 170. M. Deoudi, die mir umgehend die Hartwig’sche Arbeit von 1897 mit einer Abbildung der rundplastischen Bendis-Statuette aus Laurion zugänglich machte, bin ich für ihre kollegiale Liebenswürdigkeit zu großem Dank verpflichtet. Dies. 2015, 49-59; Nilsson 1942, 142 f.

    [22] Plat. pol. 327 a. b; Xen. hell. II, 4, 11; Bergamasco 2006, 139; Simon 2016, 41.

    [23] Xenophon, Hellenika II, 4, 11; Curti 1989, 24. Hinweise auf weitere Kultstätten der Bendis in Griechenland: Deoudi 2010, 53 f.; Hartwig 1897, 2 f.

    [24] Watzinger 1924, 59 Taf. 41;  CVA Tübingen (5) Taf. 21 f.; Bergamasco 2006, 140 f. Abb. 2; Deoudi 2015, 58 Abb. 3 (nur die Seite mit Themis und Bendis); dies. 2003-2004, 46-51; Simon 2016, 40 f. 

    [25] Goette – Hammerstaedt 2004, 280 f. 

    [26] Hartwig 1897, 2; Deoudi 2003/2004, 53 Anm. 19, Scholia in Platonem (vetera) R 327 a.

    [27] Attischer Komödiendichter, Zeitgenosse des Aristophanes. Seine „Thrakerinnen“ entstanden  ca. 442 v. Chr.

    [28] Curti 1989, 24. Für Hilfe bei Übersetzungen aus dem Griechischen habe ich G. Bidmon, Butzbach, sehr zu danken..

    [29] Hartwig 1897, 3.

    [30] LIMC III (1986) 96 f. Nr. 3. 7. 9 Taf. 73 s. v. Bendis (Z. Gočeva – D. Popov).

    [31] Letta 1968, 308.

    [32] Schauenburg 1974, 184; Curti 1989, 26 f. Taf. 3, 2; Pickard-Cambridge 1956, 86 Abb. 14.

    [33] Watzinger 1924, 59 Taf. 41;  CVA Tübingen (5) Taf. 21 f.

    [34] Deoudi 2010, 58 Abb. 12; „aus Laurion“, dies. 2015, 59 Abb. 9; .“un grand chien de chasse“, Mollard-Besques 1954, 89 Nr. C 39 Taf. 62; „un jeune cerf“, LIMC II (1984) 690 f. Nr. 921 Taf. 515 s. v. „Artemis du type dit Bendis“ (L. Kahil); Winter 2, 163, 3 b. „Aus Tanagra“, irrtümlich:“das Fell auf der linken Schulter geknüpft“. Eine enge Parallele in London, angeblich aus  Korinth, wurde von Higgins wegen seiner Tonfarbe für attisch gehalten[34]. Die Gruppen unterscheiden sich kaum von einander. Das Tier wendet sich jeweils nach außen. Die Plinthe der Pariser Ausfertigung ist profiliert. Beide Gruppen dürften von derselben Matrize abhängen. Ähnlich ein Exemplar in Frankfurt am Main, das ebenfalls aus Korinth stammen soll. Hier steht Artemis mit einer Schale in der rechten Hand auf einer höheren rechteckigen Plinthe. Der neben ihr sitzende Hund wendet sich der Göttin zu.  

    [35] Watzinger 1924, 59 Taf. 41;  CVA Tübingen (5) Taf. 21 f.

    [36] Der Skyphos entstand Ende des 5. Jhs. v. Chr., Simon a. O. 40 f.

    [37] LIMC III 1986, 96 Nr. 3. 4.

    [38] Hartwig 1897, 4-15 Taf. 1 und 2; LIMC III (1986) 96 f. Nr. 3. 4. 7 Taf. 73 s. v. Bendis (Z. Gočeva – D. Popov).

    [39] Neutsch 1967, 167 f. Taf. 28, 1. 2; Rüdiger 1967, 350 Abb. 23 b.

    [40] Ein kleiner Vierfüßler an der linken Flanke, ein anderer am Gewandsaum rechts, De Juliis 1982, 295 Taf. 47 a und b; Lippolis – Garaffo – Naffissi 1995, 59 f. Taf. 19, 4; C. W. Lunsing Scheurleer 1932, 315 f. Abb. 1, unser Bild 3.

    [41] Letta 1968, 306. 315 Taf. 1..

    [42] Tarent: Harden 1927, 96; Lippolis – Garraffo – Nafissi 1995, 174-177 Taf. 48. Herakleia: Lo Porto 1961, 138-140 Abb. 14. 15. Metapont: Olbrich 1979, 80 f. 85; Simon 31985, 154.

    [43] Curti 1989, 29; Letta 1968, 311; Lippolis 1982, 114 Anm. 130; Schauenburg 1974, 178.

    [44] Letta 19 68, 308 f.; Wuilleumier 1939, 484.

    [45] C. W. Lunsingh Scheurleer 1932, 327-331; danach z. B. Schneider-Herrmann 1970, 53 f.

    [46] Rüdiger 1967, 351.

    [47] Schauenburg 1974, 181-186.

    [48] Ders. a. O. 185; Hartwig 1897, 6 f. Abb. 1.

    [49] Schauenburg 1974, 148 Abb.13: kurzes Gewand, hohe Stiefel, gezackte phrygische Mütze, zwei Speere; S. 149 Abb. 14: mit einfacher phrygischer Mütze; S. 159 Abb. 28: im langen geschürzten Gewand und mit hoher spitzer, ornamentierter Mütze, Schild und zwei Speeren; S. 170 Abb. 41: mit kurzem Gewand und Sandalen, zwei Speeren und kegelförmiger Mütze, S. 175 Abb. 44: in kurzem Gewand, Mantel und hohen Stiefeln mit zwei Speeren, Mütze mit Laschen und hoher nach hinten gebogener Spitze, vor dem sitzenden Kithara spielenden Orpheus, der eine Kappe mit nach vorn fallender Spitze trägt. Zweite weibliche Figur in ähnlicher Kleidung; S. 177 Abb. 45; geflügeltes weibliches Wesen mit phrygischer Mütze und ähnlicher Kleidung, Thymiaterion; S. 182 Abb. 46: Speer, kurzes Gewand, nackte Beine, gezackte phrygische Mütze; 182 Abb. 47: zwei Speere, kurzes Gewand, phrygische Mütze.

    [50] Schauenburg a. O. 184.

    [51] Curti 1989, 26 f. Taf. 3, 2; Letta 1968, 309; Schauenburg ebenda.

    [52] Dareios, Volutenkrater in Neapel, Trendall 1989, 89 Abb. 203..

    [53] = Dionysos.

    [54] Simon 2016, 86 f.

    [55] Simon 31985, 172 Abb. 157. S. 159 Abb. 144; S. 151 Abb. 139. S. 172 Abb. 157; S. 169 f. Abb. 153; S. 158 f. Abb. 144.

    [56] Lechat 1891, 25 Taf. 2,2 und S. 66 Nr. 64 Taf. 2,4 mit hängendem Löwen, der den Kopf zurückwendet; Dawkins 1929, 149 Abb. 108 Taf. 32, 1-3; Preka-Alexandri 2016, 229. 234 Abb 8.

    [57] Farrell 1907/08, 63 Abb. 6 a. b; Preka-Alexandri 2016, 234 Abb. 7. 8.

    [58] Dawkins 1929, 260 f. Abb. 119-121. 149 Abb. 108 Taf. 69; Thompson 1909, 293 f. Abb. 10.11.

    [59] Metapont, eine achäische Gründung in unmittelbarer Nähe von Tarent, Olbrich 1979, 79 f. B 54 b Taf. 44; A 125 Taf. 31. S. 76 A 122 Taf. 29; zur stilistischen koinè der Achäer s. Croissant in: E. Greco (Hrsg.), Gli Achei e l’identità etnica degli Achei d’Occidente, Coll. Paestum  Fevrier 2001 (2002) 397-413.

    [60] Terrakottafigur einer Artemis, die ihre rechte Hand auf den Kopf eines Löwen legt, Kekulé 1884, 66 f. Taf. 24, 3; Ferner Harden 1927, 97 f. 100 f.; Lippolis – Garaffo – Nafissi 1995, 174-177.

    [61] Vafopoulou – Richardson 1981, 42 Abb. 45; dies. 1991, 55 Abb. 66..

    [62] s. die Form der langen, eng gewundenen Korkenzieherlocken auf den Schultern der Göttin.

    [63] Letta 1971, 122 f. mit Anm. 378 f.

    [64] Borriello 1996, 106 f. Abb. 9.76; Letta 1968, 307;  Lulof 2007, 58-61 Nr.58-61 Taf. 18 f. und Farbtaf. V c; Herdejürgen 1982, 111 f. 132-135 Abb. 176. 177; dies. 1983, 48-55 Abb. 5; Schauenburg 1974, 179. 

    [65] ähnlich Hamdorf  2014, 274 Abb. D 384; Hübinger – Menninger 2007, 136 f. Abb. 64; ferner Sammlung  Lunsingh Scheurleer und Vergleichsstück aus Berlin, Antiquarium, ders. 1932, 330-334 Abb. 10. 13; Wamser-Krasznai 2013, 119.

    [66] s. Wamser-Krasznai 22018, 49 f.

    [67] Ein Typus ohne Vorläufer, bei dem es sich schlicht um eine Neu-Erscheinung handele, Bergamasco 2006, 136. 143; „Bendis è stata importata a Taranto …nel 404 av. Cr.“, Rüdiger 1967, 351.

    [68] Schauenburg 1974, 178. Letta 1971, 122-124 Anm. 375; Lippolis 1982, 114 Anm. 130.

    [69] Osanna – Bertesago 2010, 448-453 Abb. 8-10.

    [70] De Juliis 1982, 295 Taf. 47 a.

    [71] Schneider-Herrmann 1959, 55-57.

    [72] „Aanliggende“ = gelagerte Artemis, R. A. Lunsingh Scheurleer 1986, 71 f. Abb. 72. ; G. Jurriaans-Helle, Amsterdam, der ich für ihre freundliche Information zu großem Dank verplichtet bin, mahnt bis zum Auftreten einer vollständiger erhaltenen Parallele mit Recht zur Vorsicht.   

    [73] Ders. 1932, 319 f. Abb. 6; ebenso LIMC II, 1 (1984) 692 Nr. 933 s. v. Artemis (L. Kahil); G. Jurriaans-Helle, Amsterdam, der ich für ihre freundliche Information zu großem Dank verplichtet bin, mahnt bis zum Auftreten einer vollständiger erhaltenen Parallele mit Recht zur Vorsicht.

    [74] A. Muller – Chr. Aubry 2016, 88 f. 91 Abb. 4-7; Poli 2010, 368-387 Abb. 619-687; Bergamasco 2006, 135-152.

    [75] Stähler 1985, 96 f. Taf. 44 d.

    [76] s. auch „Bendis in Kleinasien“, Deoudi 2015, 49-59.

  •     Aristodemos führt im zweiten Buch seiner spaßigen Erinnerungen aus: Dem Musiker Dorion, der einen Klumpfuß hatte, kam bei einem Symposion der Schuh des behinderten Fußes abhanden. Da sagte er, Ich will dem Dieb nichts Schlimmeres wünschen, als dass ihm der Schuh passt.
    Athenaios, Gelehrtenmahl 8, 338 a. ( 2./3. Jh. n. Chr.)

    Der angeborene Klumpfuß manifestiert sich in ein- bis drei Fällen auf 1000 Geburten, in ca. 50 % doppelseitig. Jungen sind mehr als zweimal so häufig betroffen wie Mädchen. Die Fehlbildung setzt sich aus den Komponenten Pes equinovarus et adductus, supinatus et excavatus zusammen, d. h. aus Spitzfuß, Innendrehung und-Kippung, Sichel- und Hohlfuß. Eine familiäre Häufung war frühzeitig aufgefallen, doch konnte ein klarer Erbgang bis heute nicht nachgewiesen werden. Wie oft bei ungewisser Ätiologie weicht man auf die  sog. multifaktoriellen Ursachen mit exogenen und endogenen Faktoren aus[1]. Die fehlerhafte Entwicklung beginnt anscheinend in den ersten sechs Embryonalwochen[2]. Knöcherne Deformierungen und pathologische Gelenk-und Weichteilveränderungen sind die Folge. Im Rahmen der muskulären Imbalance kommt vermutlich dem Musculus tibialis posterior eine besondere Rolle zu[3].  

    Die Theorie des Verharrens der embryonalen Skelettanlage auf einer frühen Entwicklungsstufe, also einer Hemmungsmissbildung, wurde im Kern bereits 1592 formuliert[4]. Um 1652 hielt man ein „Versehen“ der Mutter, französisch envie[5], bzw. eine starke „Einbildung“ für ursächlich. Gegen 1782 dominierte die Vorstellung von einem Platzmangel im Mutterleib[6].

    Für die Therapie gelten heute ähnliche Richtlinien wie zur Zeit des Hippokrates: sie soll möglichst rasch nach der Geburt einsetzen. Mit dem Schlagwort „zuerst behandeln, dann abnabeln“ wurde diese Forderung auf die Spitze getrieben.

        Bei denjenigen, welche von Geburt an einen  krummen Fuß haben, ist dieser Zustand in den meisten Fällen zu heilen, es müsste denn die Verbiegung eine sehr bedeutende sein. Am besten ist es demgemäß, wenn man derartige Zustände möglichst rasch ärztlich behandelt…Die Gänge des Verbandes lege man in derselben Richtung, in welcher auch die Einrichtung des Fußes durch die Hände stattgefunden hat, damit der Fuß eher etwas auswärts gekehrt erscheint [d. h. in Überkorrektur]. Man muss, um es mit einem Worte zu sagen, wie ein Wachsbildner die in widernatürlicher Weise verbogenen und verzerrten Teile in ihre richtige natürliche Lage zurückzuführen suchen, indem man einerseits mit den Händen, andererseits mit dem Verbande, und zwar in ähnlicher Art, die Einrichtung bewirkt. Man darf dabei aber nicht gewaltsam zu Werke gehen, sondern muss es behutsam machen.

    (Hippokratische Schriften, Band 3, Abschnitt 4 De articulis/περὶ Ἂρθρων[7])

                            

    Abb. 1:  Klumpfuß und Behandlung um 1768 . Nach Valentin 1961, 75 Abb. 57
                                   

    Vorsichtig redressierend nutzt man die noch vorhandene biologische Plastizität des Gewebes, um eine Korrektur zu erzielen, die man anschließend bei gebeugtem Knie in einem Oberschenkel-Gips fixiert[8]. Der Wechsel des Gipsverbandes erfolgt anfangs ein- bis zweimal wöchentlich. Nach fünf bis achtmaligem Redressement und Umgipsen wird eine Schiene angelegt, die in den ersten drei Monaten ganztägig, bis zum 4. Lebensjahr nur noch nachts zu tragen ist. Die Spitzfußkomponente bleibt zunächst bestehen, soll jedoch möglichst noch vor dem Erlernen des Laufens durch eine Achillotenotomie korrigiert werden.

    Die Zeitspanne zwischen Hippokrates von Kos und dem Beginn des 16. Jahrhunderts ist weitgehend dunkel. Um 1500 entstehen die ersten korrigierenden Schienen, zunächst aus Holz, dann aus Eisen. Den Rat zum behutsamen Vorgehen hat man nicht immer befolgt. So weist Franciscus Arcaeus (ca. 1493-1573) das Hilfspersonal an, den Knaben von einem kräftigen Kerl auf die Knie nehmen zu lassen, die Hände und Beine hinter sich gebunden. Danach gehe der Wund-Artzt hinzu und ziehe den Fuß mit großer Gewalt aus und bemühe sich denselben wieder einzurichten[9]. Doch der starke Druck des blockierten Talus, des Sprungbeins, auf die Knöchelrolle verursacht schwere Knorpelschäden[10]. Gewaltsame Repositions-Manöver mit anschließender brutaler Apparate-Versorgung des rechten Beines musste auch der 1788 geborene Lord Byron über sich ergehen lassen. Der Knabe litt Qualen, ohne dass Besserung erfolgte[11]. Die später von seinem Reisegefährten Trelawny beschriebene Deformität beider Füße und eine postmortale Untersuchung der Beine sind nicht bestätigt[12]. Byron hat die Vorteile der seit 1837 zunächst in London praktizierten Achillotenotomie um 13 Jahre verpasst[13].

    Wie hilflos man noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts vielerorts dem Klumpfuß  gegenüber stand, schildert der orthopädische Chirurg  L. Strohmeyer, der 1830 an einer Tagung der Naturforscher in Hamburg teilnahm. Unter allgemeiner Zustimmung der vorzüglichsten deutschen Chirurgen wurde ein mit Klumpfuß behaftetes Mädchen von 20 Jahren trotz Strohmeyers Vorschlag, es doch erst mit weniger radikalen Eingriffen zu versuchen, amputiert[14].    

    Strohmeyer übernahm die zuerst in Frankreich praktizierte subcutane Form der Achillotenotomie und publizierte sie in deutschen und erneut in französischen Zeitschriften. Nach 1835 konzentrierte sich V. Duval ganz auf die erfolgreiche operative Therapie der Spitzfußkomponente. Sein 1839 erschienenes Buch, „Traité pratique du pied bot“, Praktische Behandlung des Klumpfußes, veranlasste den Arzt Dr. Charles Bovary in Flauberts berühmtem Roman „Madame Bovary“ zur Achillotenotomie an einem behinderten Knecht. „Charles stach in die Haut; man hörte ein kurzes Knacken. Die Sehne war durchtrennt, die Operation war beendet.“[15] Wie die Leser des Romans wissen blieb leider der gewünschte Erfolg aus. Es kam zur Gangrän und der Hausknecht musste amputiert werden.

    Während meiner operativen Ausbildungszeit erlebte ich einen vergleichbaren besonders unseligen Fall. Eine Tänzerin litt berufsbedingt an einer ausgeprägten Paratenonitis achillea, einer schmerzhaften Entzündung der Weichteile in der Umgebung der Achillessehne. Nach wiederholten konservativen Therapieversuchen, zu denen damals noch die Infiltration mit Cortico-Steroiden gehörte, und ebenso zahlreichen Rezidiven entschloss sich der behandelnde Oberarzt, das entzündete, verquollene Gewebe um die Achillessehne herum operativ anzugehen. Eine schwere Eiterung war die Folge. Stück für Stück ging die gesamte Achillessehne der Tänzerin verloren. Am Ende blieb nur eine Unterschenkelamputation. „Da musste dann schon das ganze   Wiedergutmachungs-Repertoire aufgefahren werden“, war der gemütvolle Kommentar der lieben Kollegen. Ich konnte froh sein, meine eigenen Finger nicht in der Wunde gehabt zu haben.      

    Zurück zum Klumpfuß und in den Olymp. wo der klumpfüßige Künstler-Gott Hephaistos dringend erwartet wird, um den Bann zu lösen, der seine Mutter Hera auf dem von ihm geschmiedeten Thronsessel fixiert[16].

        Mein Sohn freilich, Hephaistos, den selbst ich gebar, ist ein Schwächling
    …mit krummen Füßen[17].
    Einst packt ich ihn grad an den Händen und warf ihn ins weite Meer;
    doch Thetis, die silberfüßige Tochter des Nereus,
    Fing ihn auf und versorgt ihn im Kreis ihrer Schwestern.
    (Homerischer Hymnos an Apollon, 316-320)

    Verständlich, dass Hephaistos sich für die Lieblosigkeit seiner Mutter ein wenig rächt.

                    

    Abb. 2: Rückführung des Hephaistos, 600-580 v. Chr..  Nach: Simon 31985, 219 Abb. 204

    Man erkennt die nach hinten gekrümmten Füße, die ihm den Beinamen κυλλοποδίων, der Krummfüßige, eingetragen haben[18].

    Nach dem Ende der hocharchaischen Zeit stellt man die Behinderung des Hephaistos weniger drastisch dar. Sie wird allenfalls angedeutet, beispielsweise durch einen unter die Achsel gestützten Stab (Abb. 3[19]) oder sie bleibt ganz außer Acht. 

                      

    Abb. 3: Athena und Hephaistos, Ostfries des Parthenon.   Nach Simon 31985, 228 Abb. 217

                                      

    Abgekürzt zitierte Literatur und Bildnachweis:

    Brommer 1978: F. Brommer, Hephaistos. Der Schmiedegott in der antiken Kunst (Mainz 1978)

    Goebel – Gille – Löhr 2005: E. Goebel – J. Gille – J. F. Löhr, Lord Byrons Klumpfuß. Historische Vignette, Der Orthopäde 34/ 2005, 75 f. 

    Laser 1983: S. Laser, Medizin und Körperpflege, ArchHom S (Göttingen 1983)

    Loeschcke 1894: G. Loeschcke, Korinthische Vase mit der Rückführung des Hephaistos, AM 19, 1894, 510-525 Taf. 8

    Michler 1963: M. Michler, Die Klumpfußlehre der Hippokratiker. Eine Untersuchung von De Articulis Cap. 62. Mit Übersetzung des Textes und des Galenischen Kommentars (Wiesbaden 1963) 

    Rössler – Rüther 2007: H. Rössler – W. Rüther, Orthopädie und Unfallchirurgie (München 2007)

    Simon 31985: E. Simon, Die Götter der Griechen (München 31985)       Abb. 2. 3

    Trelawny 1986: E. J. Trelawny, Letzte Sommer. Mit Shelley und Byron an den Küsten des Mittelmeeres (Berlin 1986)

    Valentin 1961: B. Valentin, Geschichte der Orthopädie (Stuttgart 1961) 6. 67-106      Abb. 1

    Wamser-Krasznai 2012/2013: W. Wamser-Krasznai, Hephaistos – ein hinkender Künstler und Gott, in: dies., Auf schmalem Pfad. Grenzgänge zwischen Medizin, Literatur und den schönen Künsten (Budapest 22012/2013) 72-82

    Wright 1986: D. Wright, Einleitung zu Edward John Trelawny, Letzte Sommer. Mit Shelley und Byron an den Küsten des Mittelmeeres (Berlin 1986)


    [1] Für entsprechende Informationen danke ich den Humangenitiker*innen  Prof. Dr. Ursel Theile, Mainz, und Prof. Dr. Ulrich Zechner, Frankfurt am Main.

    [2] E. Wrage-Brors, Ergebnisse chirurgischer Klumpfußversorgung…Diss. Hannover 10.10.2006.

    [3] Rösler – Rüther 2007, 322-324; Valentin 1961, 79; T. Chr. Grünewald, Mittel-bis langfristige Ergebnisse bei Pat. mit Klumpfußrezidiv…Diss. Köln 29.7.2009;  L. M. J. von Pfister, Der Klumpfuß, Diss. München 9.7.2014.

    [4] Hieronymus Fabricius ab Aquapendente, Valentin 1961, 71.

    [5] Valentin 1961, 74. 77.

    [6] P. Camper, Abhandlung über den besten Schuh, Valentin 1961, 81.

    [7] Hippokrates (ca. 460-370 v. Chr.) Hippokratische Schriften, Band 3, Abschnitt 4 „De articulis“,  München 1900, 152; Valentin 1961, 5 f.; Michler 1963, 5-16.

    [8] Besser: Gipsverband des ganzen Beines. Rösler – Rüther 2007, 324; erste Erwähnung der Gipsbehandlung im 10. Jahrhundert durch arabische Ärzte, Valentin 1961, 8.

    [9] Valentin 1961, 67 f.

    [10] Rössler – Rüther 2007, 324.

    [11] George Gordon Noel Lord Byron. Goebel – Gille – Löhr 2005, 75 f.

    [12] Wright 1998, 14. 25. 32; Trelawny 1998, 190-192.

    [13] Goebel – Gille – Löhr 2005, 76.

    [14] Valentin 1961, 94.

    [15] Gustave Flaubert (1821-1880), Madame Bovary.

    [16] Apul. Amphora, 330/320 v. Chr., LIMC (1988) 639 Nr.126 Taf. 392.

    [17] ῥικνὸς πόδας, Laser 1983, S 18 und Anm. 34.

    [18] Loeschcke 1894, 512 Taf. 8; Laser 1983, S 18 Anm. 34. Mit der Bezeichnung ist die Varusstellung des Fußes gemeint.

    [19] Parthenon-Fries, ca. 440 v. Chr., s. Brommer 1978, 242 Taf. 50,2; Wamser-Krasznai 2012/13, 73 Abb. 3.

  • 1993 kam ich von einer kurzen sehr ergiebigen Griechenlandreise zurück und erfuhr aus der Zeitung, dass ich Konkurrenz bekommen hatte. Zwei Fachkollegen hatten sich 500 m von mir entfernt niedergelassen. Wir luden sie ein, sprachen freundschaftlich mit ihnen und es ließ sich gut an bis auf die Gewissheit, dass sich nun mehr Leute in den nicht größer gewordenen Kuchen teilen mussten. Alle Patienten, die männliche Ärzte bevorzugten, schöne große neue Praxisräume, hübsche Arzthelferinnen, Bestellsystem und Fahrstuhl haben wollten, verließen mich; auch diejenigen, denen ich zu ungeduldig war. Eine Katastrophe zunächst. Dann tröpfelten einzelne frühere Patienten zurück. Die Atmosphäre entspannte sich. Wir vertraten einander und waren einigermaßen sicher, dass wir miteinander leben konnten.

    Dann fiel der nächste Schlag. Von heute auf morgen wurde mir die Röntgenzulassung entzogen. Meine Einrichtung war veraltet, die Bilder entsprachen qualitativ nicht mehr den Anforderungen. Auf meinem Haben-Konto durfte ich allerdings verbuchen, dass meine Diagnostik und meine Therapie (-Vorschläge) bis dahin einwandfrei waren. Eine glanzvolle Erinnerung habe ich an eine Patientin, die unter dem Verdacht auf Schenkelhalsfraktur sekundär zu mir geriet. Ihre Hausärzte, die nicht besonders viel davon hielten, Überweisungen an Orthopäden auszustellen, da sie ja ohnehin selbst alles wussten und konnten, hatten die Patientin in eine radiologische Praxis geschickt. Der Befund:  „kein Anhalt für …“. Doch die Schmerzen bestanden unverändert weiter. Nun wurde ihr – einer bekannten Butzbacher Persönlichkeit –  tatsächlich eine Überweisung zum Orthopäden zugestanden, mit der Einschränkung „zur Diagnostik“, damit nur ja keine „fachärztliche“ Therapie daraus würde. Meine klinische Untersuchung mündete in den starken Verdacht auf eine Schenkelhalsfraktur. Jetzt musste das Röntgenbild angefordert werden. Es war trotz seiner fach-radiologischen Provenienz ziemlich verbesserungsfähig, zeigte aber doch eine eindeutige intermediale Fissur des Schenkelhalses. Das war den Hausärzten peinlich, mir aber ein inneres Gau-Turnfest.

    Zurück zum Entzug meiner Röntgenzulassung. Wir hätten das Röntgengerät aufmöbeln oder ersetzen und nach erneuter Prüfung die Zulassung behalten können. Nun war mein Mann und einziger Mitarbeiter in der Praxis ein exzellenter Wirtschaftsingenieur. Seine diesbezüglichen Fähigkeiten hatte er bereits beim Umzug der Praxis von Kassel nach Butzbach bewiesen. Durch Verkleinerung der Räume, Verzicht auf weiteres Personal, radikaler Verminderung der Ausgaben und Ausbau von ein paar Besonderheiten wie z. B. Hausbesuch – bei Orthopäden durchaus unüblich – war der Betrieb endlich „wirtschaftlich“ geworden. Er stellte mir frei, die Ausgabe für eine neue Röntgeneinrichtung in den Kauf zu nehmen, musste mir aber davon abraten, da der Röntgenanteil seinen Berechnungen nach nicht wirtschaftlich zu erbringen war.

    Wir verzichteten auf eigenes Röntgen – für einen Orthopäden ungeheuerlich – und trafen ein Abkommen mit einer sehr kollegialen Röntgenärztin. Meinen Befürchtungen zum Trotz stiegen unsere Einnahmen an. Auf einmal konnten wir von der Praxis leben. Ein bescheidenes Zubrot ergab sich aus meiner Mitarbeit im Prüfungsausschuss der Kassenärztliche Vereinigung. Über 10 Jahre saß ich dort, an Mittwoch Nachmittagen, lernte eine Menge und verdiente ein bisschen was dazu. Wir besuchten zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen. Ich hielt Vorträge in Volksbildungswerken und bildete mich zur Abrechnungs-Expertin aus. Der Schachzug gelang. Inzwischen sind wir Rentner und leben bequem. Die weitere Entwicklung, die ja durchaus Anlass zu Pessimismus gibt, liegt nicht mehr in unserer Hand.

    Es kommt aber noch eine Fortsetzung. Als ich versuchte, meinen Kassenarztsitz, den ich bis zum vollendeten 68. Lebensjahr innehatte, weiterzugeben, dachte ich natürlich an meine hiesigen Kollegen. Sie hatten inzwischen einen dritten Orthopäden als Angestellten, ohne eigene Kassenzulassung hinzu genommen. Dieser war aber ein rechter Stoffel, der es nicht einmal für nötig hielt, telefonisch bei mir vorzusprechen. Da fing ich an zu „mauern“ und Verhandlungen mit einem sympathischen etwa 18 km entfernt praktizierenden Kollegen aufzunehmen. Das zog sich in die Länge. Ein Anwärter z. B. nahm lieber eine Oberarzt-Stelle an und blieb in der Klinik, verständlich. Eine andere Praxis, etwas näher gelegen, sprang ein. Ich schloss mit dem jungen angestellten Orthopäden einen Vertrag. Jetzt begannen meine hiesigen Kollegen quer zu schießen, zitierten mich vor die KV, die Landesärztekammer und das Sozialgericht. Ich gewann erwartungsgemäß, denn einer neueren sozialgerichtlichen Entscheidung zu Folge war ein Kassenarzt-Sitz nicht gegen den Wunsch der Inhaberin zu vergeben. Wir konnten uns den Rechtsbeistand sparen. Die prominente Rechtsanwältin unserer Kontrahenten dagegen durfte  sich anschließend ein neues Auto leisten.

    Nach ihrer Trennung von dem „Stoffel“ und einer Gesetzesänderung haben meine Kollegen längst einen angenehmen „Dritten“. Wir sind versöhnt, und ich konsultiere sie bei Bedarf selbst.         

    Gut gegangen.

  • Antikes und Antikisierendes in Goethes Werk

        Das Antike in Goethes Werk ist ein so weites Feld, dass nur eine bescheidene subjektive Auswahl getroffen werden kann. Die verwendete Sekundärliteratur orientiert sich im Wesentlichen am Alter der Verfasserin; für die neuere fehlt ihr manchmal das Verständnis, doch wir versuchen das Mögliche. Goethe-Worte und-Texte erscheinen in Kursivschrift, andere wörtliche Zitate sind in Anführungszeichen gesetzt.

    1. Löwen am Arsenal in Venedig:

    …zwei ungeheure Löwen von weißem Marmor vor dem Thore des Arsenals; der eine sitzt aufgerichtet, auf die Vorderpfoten gestemmt, der andere liegt – herrliche Gegenbilder, von lebendiger Mannichfaltigkeit. Sie sind so groß, dass sie alles umher klein machen, und dass man selbst zu nichte würde, wenn erhabene Gegenstände uns nicht erhüben. Sie sollen aus der besten griechischen Zeit und vom Piräus in den glänzenden Tagen der Republik hierher gebracht sein[1]. Eines dieser prächtigen Thiere, welcher bloß auf den beyden Hinterpfoten sitzt, wird in der Höhe wohl 10 Fuß haben, und ist das Thier aus einem Stücke.

    Ruhig am Arsenal stehn zwei altgriechische Löwen;
       Klein wird neben dem Paar Pforte, wie Turm und Kanal.
    Käme die Mutter der Götter herab, es schmiegten sich beide
        Vor den Wagen, und sie freute sich ihres Gespanns[2].
    Aber nun ruhen sie traurig; der neue geflügelte Kater
        Schnurrt überall, und ihn nennet Venedig Patron.

    Venezianisches Epigramm XX

        Nicht zwei Löwen sind es sondern vier, mit dem „geflügelten Kater“ sogar fünf, die den Eingang zum Arsenal rahmen und bewachen. Links neben der Pforte sitzt bloß auf den beyden Hinterpfoten[3] majestätisch aufgerichtet ein etwa um 360 v. Chr. entstandener mehr als drei Meter hoher Löwe. Admiral  Morosini, berühmt-berüchtigt durch die Zerstörung des Parthenon[4], hatte ihn 1688 von Piräus nach Venedig überführt, ebenso wie den ruhenden Löwen (um 320 v. Chr. entstanden), der an der Heiligen Straße von Athen nach Eleusis, nahe am Dipylon Tor, aufgefunden worden war. Er liegt hier rechts vom Tor (Abb. 1). Sein Kopf stellt nach Vermeule eine „schauderhaft naturalistische Restaurierung“ dar[5].

                Abb. 1: Am Arsenal in Venedig. Löwe vom Athener Kerameikos.
                        Im Giebel der „geflügelte Kater“, nach Ruetz 1993, 32.

        Weiter nach rechts folgt ein hocharchaischer Vierfüßer-Torso des frühen 6. Jhs. v. Chr., der 1715 importiert worden war und dann einen „sehr italienischen Barock- Kopf“ erhielt… Ein Blick genügt, um ihn als einen der archaischen Löwen von der Löwenterrasse in Delos zu identifizieren“[6]. Dieses „königliche Tier“ ist zwar überlebensgroß[7], wirkt aber zierlich und schlank neben den beyden ungeheuren Löwen, die das Tor flankieren. Sie stammen nach Goethe aus der besten griechischen Zeit , was für ihn allemal die klassische Epoche  – bis hin zum Klassizismus[8] bedeutet, nicht die archaische. Daher konnte der langgestreckte spannungsvolle Körper  des delischen Löwen nicht mithalten. Der Dichter muss ihn allem Anschein nach schlicht ignoriert haben[9]. Ganz rechts schließt ein wesentlich kleinerer (hellenistischer?) Löwe an, von dem selten die Rede ist.

        Kybele, die Mutter der Götter, wurde von den Römern als Mater Deum Magna Idaea, Große Göttermutter vom heiligen Berg Ida, verehrt (Abb. 2). Ihr Kult war vom Euphrat über Phrygien an die kleinasiatische Westküste gelangt und hatte  ihre Spuren auch auf den ägäischen Inseln und in den griechischen Kernlanden hinterlassen. Auf Weisung der sibyllinischen Bücher wurde er von Pergamon nach Rom überführt, wo  die Göttin 191 v. Chr. in ihr Heiligtum auf dem Palatin einzog. Augustus rühmt sich in seinem Tatenbericht, den Tempel, der mehrfach durch Brände, zuletzt 3 n. Chr., zerstört worden war, wieder aufgerichtet zu haben[10].

                Abb. 2: M D M I: Der Großen Göttermutter vom Ida und dem Attis,
                                295 n. Chr. Aus: Imperium der Götter 2013, 95.

    2. ‚Der Tänzerin‘ Grab:

        Das dreiteilige, später offenbar zerstörte Stuckrelief war 1809 in einer Grabkammer bei Cumae in Kampanien entdeckt worden. Goethe, der die Reliefs 1812 in einer kleinen Abhandlung besprach, fasste die drei Teilbilder zyklisch auf,  als eine Trilogie vom Leben und Sterben einer vortrefflichen Tänzerin[11]. Sowohl an der Deutung als auch an der zyklischen Auffassung wurden Zweifel geäußert. Es bleibt aber die Tatsache, dass auf allen drei Szenen der überlieferten Umzeichnungen jeweils eine tanzende Figur den Mittelpunkt bildet, zweimal eine Frau im Gewand und einmal ein nacktes Gerippe, von  Goethe als dieses gegenwärtige lemurische Scheusal bezeichnet.

    „Wie eine Unterschrift zu diesem Bild“ wirkt nach Wegners Ansicht „die Aufrufung der Lemuren durch Mephistopheles bei Faustens Tod“[12]. Das ist heute nicht jedem selbstverständlich. Goethe relativiert die gelehrten Kommentare auch seiner späteren Interpreten, indem er sich auf die unter dem Namen Philostratos bekannten Sophisten des 3. Jhs. n. Chr. beruft[13]:

          Abb. 3: Umzeichnung der Reliefs aus einem Grab bei Cumae (Ausschnitt)
               1. Jh. n. Chr. (Datierung Goethes).  Nach: Szanto 1898, 98 Abb. 39.

        Jener lemurische Scherz will mir nicht echt griechisch vorkommen; vielmehr möchte ich ihn in die Zeiten setzen, aus welchen die Philostrate ihre Halb- und Ganzfabeln, dichterische und rednerische Beschreibungen hergenommen[14]AlsLemuren werden bekanntlich auf Madagaskar lebende Primaten bezeichnet. Für einen Römer mit mythischen und mystischen Kenntnisse der Antike aber waren es abgeschiedene Seelen, zu deren Versöhnung alljährlich eine nächtliche Feier veranstaltet wurde[15].

       Kommt uns beim Anblick der Abb. 3 b (unten) nicht eher der Gedanke an Goethes 1813 entstandene Ballade vom Totentanz[16]?

    …nun hebt sich der Schenkel, nun wackelt das Bein
    Gebärden da gibt es vertrackte
    Dann klipperts und klapperts mitunter hinein
    als schlüg man die Hölzlein zum Takte
    …Schon trübet der Mond sich verschwindenden Scheins,
    Die Glocke sie donnert ein mächtiges Eins –
    und unten zerschellt das Gerippe.

        Die  Umzeichnung des oberen Reliefs (Abb. 3) hat ein Symposion zum Gegenstand, wo die Bankett-Teilnehmer nach römischer Sitte auf einer „sigma-förmigen“ Kline lagern. Das Sigma der römischen Kaiserzeit entspricht  unserem lateinischen C. Trank und Speise stehen bereit. Eine Tänzerin trägt zur Unterhaltung bei.

    3. Statuette einer Victoria

        „Die jugendliche Göttin …wiederholt fast Zug um Zug eine schwebende Victoria aus Fossombrone [Prov. Pesaro-Urbino, Region Marken] im Museum zu Kassel, von dem Goethe einen Abguss besaß“[17]. Das kleine Original (Abb. 4) kam eben, wie ich da war, …von Dresden für ihn anEr .meinte, beim Essen und Trinken sei am besten von der Kunst zu sprechen…zuletzt hatte er das Glas Wein in der einen Hand und die Victoria in der andern[18]. Der Fundort ist nicht bekannt. Es ist eine Figur von Bronze, 7 Zoll hoch, mit der Kugel aber worauf sie steht und der kleinen Platte in welcher die Kugel eingelassen ist, mit den Flügeln, die in die Höhe gerichtet sind, ist sie accurat einen Leipziger Fuß hoch [etwas mehr als 24 cm]. Das ganze zeigt sich mit der größten Leichtigkeit, ganz en face…eine unglaublich anmutige Bewegung in allen Theilen der Figur. Goethe hebt die Eleganz des Kunstwerks hervor, das zu den vorzüglichsten gehört die wir besitzen [19]

    Vorbild für die Victorien in Weimar und Kassel war vermutlich die Statue in der römischen Kurie, dem Sitz des Senats, wo Octavian/Augustus sie aufstellen ließ, nachdem er 31 v. Chr. bei Actium über Marc Anton und Cleopatra gesiegt hatte. In den erhobenen Händen hielten die beiden Statuetten vermutlich einen Schild, ähnlich den Victoria-Statuen auf  den Giebelecken des Antoninus Pius- und Faustina-Tempels auf dem Forum Romanum[20].

              

       Abb. 4: Victoria. Stiftung Weimarer Klassik, 140-160 n. Chr.
                                 Nach Wegner 1949, 86-88 Abb. 46

    4. Die Medusa Rondanini

    In Rom wohnte ich im Corso [Via del Corso], dem Grafen Rondanini gegenüber, schreibt Goethe an Zelter. So sah er die Maske noch im gleichnamigen Palazzo, bevor Ludwig von Bayern sie für die Glyptothek in München erwarb. Diesen Anblick, der keineswegs versteinerte, sondern den Kunstsinn höchlich und herrlich belebte, entbehrte ich nun seit vierzig Jahren[21]. 1826 schenkt ihm der König einen guten Abguss[22].

    Rom, 29. Juli 1787…war ich mit Angelica [Kaufmann] in dem Palast Rondanini. …Nur einen Begriff zu haben, dass so etwas in der Welt ist,…macht einen zum doppelten Menschen…Wie schäme ich mich alles Kunstgeschwätzes, in das ich ehmals einstimmte[23].

         

      Abb. 5. Medusa Rondanini, München. Hadrianische Kopie nach Original   
                          des späteren 5. Jhs. v. Chr. Aufnahme der Verfasserin. 

        Goethes Begeisterung gilt der Schönheit. Das Medusenhaupt, sonst wegen unseliger Wirkung furchtbar, erscheint mir wohltätig und heilsam[24] ein wundersames Werk, das, den Zwiespalt zwischen Tod und Leben, zwischen Schmerz und Wollust ausdrückend, einen unnennbaren Reiz …über uns ausübt[25].

    Das in den archaischen Gorgo-Bildnissen dargestellte Grässliche beeindruckt  Goethe weniger[26]. In seiner Dichtung spielt er jedoch darauf an, wie vor der Erkennungsszene zwischen Iphigenie und Orest:

    Schleicht, wie vom Haupt der gräßlichen Gorgone,
    Versteinernd dir ein Zauber durch die Glieder?[27]
    Oder im Faust:
    …Dabei wirds niemand wohl.
    Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.
    Ihm zu begegnen ist nicht gut:
    Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut,
    Und er wird fast in Stein verkehrt;
    Von der Meduse hast du ja gehört[28].

    Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen;
    Denn Perseus hats ihr abgeschlagen[29].

        In Faust II greift der Dichter auf die Schrecknisse im 9. Gesang von Dantes Inferno zurück. Indem er das Vernichtungspotential der Medusa auf die Schlachtfelder der Geschichte verlagere und die zerstörerische Kraft der Gorgo dort immer weiter wachsen lasse, werde sie auch für spätere Jahrhunderte leichter fassbar[30]. In der darstellenden Kunst entwickelt sich bekanntlich das Bild der Medusa vom Grässlichen, mit offenem Mund, heraushängender Zunge und Reißzähnen, zum Menschlicheren mit einzelnen monströsen Zügen, endlich zum schönen, glatten, kühlen Frauengesicht, dessen Wildheit sich auf die lebhaft bewegten Locken beschränkt. Unter dem Kinn verknoten sich die Leiber der aus dem Haar hervor züngelnden Schlangen[31] (Abb. 5). Für Goethe sei die rätselvolle Maske der Medusa Rondanini zur „Ästhetik des Schrecklichen“ geworden, deren „eisige mitleidlose Schönheit“ kristallklare ebenmäßige Züge angenommen habe[32].  

    5. Das „Urpferd“

       Abb. 6: Pferdekopf vom Gespann der Selene, Parthenon-Ostgiebel, London
                                           Aufnahme der Verfasserin

        Einen Abguss des Pferdekopfes vom Parthenon sah Goethe im Osteologischen Institut der Universität Jena[33].

    An dem Elgin’schen Pferdekopf, einem der herrlichsten Reste der höchsten Kunstzeit, finden sich die Augen frei hervorstehend und gegen das Ohr gerückt, wodurch die beiden Sinne, Gesicht und Gehör, unmittelbar zusammen zu wirken scheinen und das erhabene Geschöpf durch geringe Bewegung sowohl hintersich zu hören als zu blicken fähig wird. Es sieht so übermächtig und geisterartig aus, als wenn es gegen die Natur gebildet wäre, und doch jener Beobachtung gemäß hat der Künstler eigentlich ein Urpferd geschaffen, mag er solches mit Augen gesehen oder im Geiste verfasst haben; uns wenigstens scheint es im Sinne der höchsten Poesie und Wirklichkeit dargestellt zu sein[34].

        Außer dem Elgin’schen Pferdekopf  stand im osteologischen Kabinett zu derselben Zeit eines der venetianischen Rosse von San Marco, in Gyps versteht sich. Damit wurde dem Vergleich zwischen beiden erneut Vorschub geleistet[35]. Obwohl Goethe sein Urpferd eindeutig bevorzugt, empfiehlt er den Kunstrichtern…zu bedenken,…  daß, um das Vortreffliche zu preisen, keineswegs nöthig sei, andern ebenfalls guten Werken Fehler aufzubürden…Wer gründlich die Kunst versteht, wird…jedem Verdienst, es äußere sich nun in welcher Form es wolle, Gerechtigkeit widerfahren lassen[36]. Diesem ebenso souveränen wie maßvollen Kommentar eines Autodidakten auf dem Gebiet der antiken Kunst ist nichts weiter hinzuzufügen. 

    6. Die Apotheose Homers

        Das figurenreiche Marmorrelief, das an der Via Appia gefunden worden war, gelangte bereits zu Goethes Zeiten aus dem Palazzo Colonna nach London in das Britische Museum[37].

    Homer sitzt, wie wir sonst den Zeus abgebildet sehen, auf einem Sessel, jedoch ohne Lehnen, die Füße auf einem Schemel ruhend, den Scepter in der Linken eine Rolle in der Rechten. Ihn bekränzt Oikoumene, die Personifikation des Erdkreises. Wie Goethe auf Eumelia kommt ist unklar; die Figuren sind inschriftlich gekennzeichnet[38].

     Abb. 7: Apotheose Homers, Relief des Archelaos (Ausschnitt). Um 130 v. Chr. 
                                         Nach Pinkwart 1965, 57 Taf. 29

        Auch der Künstler, Archélaos von Priene, hat sich auf seinem Werk verewigt. Zu der namentlich nicht bezeichneten Statue am rechten Bildrand – außerhalb unserer Abb. – stellte der Dichter weiter führende Betrachtungen an. In dem hohen Dreifuß hinter der Männerfigur vermutet er einen Siegespreis, mit dem ein antiker Dichter-Kollege für seinen Erfolg im musischen Wettbewerb ausgezeichnet worden sei. Zum Dank dafür könne er das Relief gestiftet haben. Nach einem anderen Vorschlag komme der pergamenische Astronom und namhafte Homer-Interpret Krates von Mallos[39] als Empfänger des Dreifußes in Betracht.    

    7. Die Dioskuren auf dem Quirinalsplatz in Rom

        Unter vielen köstlichen Sachen haben mich vorzüglich ergötzt zwei Abgüsse der Köpfe von den Colossalstatuen auf dem Monte Cavallo. Man kann sie bei Cavaceppi in der Nähe in ihrer ganzen Größe und Schönheit sehn. Leider dass der beste durch Zeit und Witterung fast einen Strohhalm dick der glatten Oberfläche des Gesichts verloren hat und in der Nähe wie von Pocken übel zugerichtet aussieht[40].

                             

      Abb. 8: Dioskur vom Montecavallo, severisch.
                                       Nach: Castores 1994, 201-205 Taf. 9.

        Die Gruppe stand vermutlich vor den Thermen des Konstantin. Unter Papst Sixtus V wurde sie zwischen 1589 und 1591 restauriert. Sie steht heute neben dem Obelisken, der vom Augustus-Mausoleum auf die Piazza Quirinale verbracht und dort 1786 aufgerichtet worden war[41]. Aus päpstlicher Zeit stammen auch die Inschriften, nach denen Kastor und Pollux von den  griechischen Bildhauern hochklassischer Zeit, Phidias und Praxiteles [dem älteren] geschaffen worden seien. Diese Angaben waren für den Parthenon-begeisterten Goethe maßgebend. Heute gilt die Gruppe als klassizistisches Werk der römischen Kaiserzeit[42].      

    …auf dem Monte Cavallo an einem heißen Tag. Ich ließ meine Blicke über den Quirinalsplatz hingehen…In der Mitte des Platzes bäumten sich die Pferde der Dioscuren, den Inschriften nach Werke des Phidias und des Praxiteles, aber gewiss in Italien entstanden, Castor und Pollux, weiß und ein wenig fett, wie sie die Rosse bändigen, aber weil die bronzenen Zügel fehlen, sieht es so aus, als stiegen die Götterpferde, von ihrer Gebärde magisch beschworen, so steil gen Himmel empor[43].

    Antikisierendes, Faust II:

    Goethe lässt eine große Schar griechischer und römischer Gottheiten und Dämonen auftreten, von denen die meisten einem etablierten Götterhimmel  oder einem Aequivalent wie dem Hades oder den Weiten der Ozeane angehören. Aber auch nicht-göttliche Wesen wie Heroen oder Menschen mit außerordentlichen Fähigkeiten spielen in der Tragödie eine beachtliche Rolle. Wir wollen drei davon herausgreifen: Seismos, Homunculus und Euphorion.

    Seismos:

    „DerSeismosist der Personifikation des Erdbebens nachgebildet, auf einem Gemälde nach einer Beschreibung des Philostrat unter dem Kerker des Petrus in den Raffaelischen Tapeten“[44].       

    Das hab ich ganz allein vermittelt,
    man wird mir`s endlich zugestehn,
    und hätt ich nicht geschüttelt und gerüttelt,
    wie wäre diese Welt so schön?
    Wie ständen eure Berge droben
    im lichten reinen Ätherblau,
    hätt ich sie nicht empor geschoben
    zu malerisch entzückter Schau?
    [45]

    Dieser Monolog des Seismos wirkt wie ein Bekenntnis zum Plutonismus.

    Für seinen Gegner, den Neptunisten Thales, ist alles Gestein Sedimentgestein. Im Feuchten ist Lebendiges erstanden[46],

    Goethe war selbst Anhänger des Neptunismus und könnte, so wird gern argumentiert, den verbal wie ’seismisch‘ beeindruckenden ‚Vulkan-Ausbruch‘  nur ironisch gemeint haben, denn: Ohne Wasser ist kein Heil![47] heißtes auch imGesang der Sirenen am oberen Peneios. Aber nicht von ungefähr stellt der Dichter in Anaxagoras dem Thales einen Plutonisten gegenüber:

    Hast du, o Thales, je in einer Nacht
    Solch einen Berg aus Schlamm hervorgebracht?…Plutonisch grimmig Feuer,
    Durchbrach des flachen Bodens alte Kruste
    Dass neu ein Berg solgleich entstehen musste[48].

    Goethe – ein Neptunist reinsten Wassers? Heute ist an die Stelle von Plutonismus und Neptunismus die Evolutionstheorie getreten; Schicht folgt(e) auf Schicht.

    Homunculus,ein auf chemische Weise erzeugtes Menschlein, sei nach Paracelsus durchsichtig und körperlos aber mit wunderbaren Kenntnissen und besonderem Kunstsinn ausgestattet[49]. Eine gläserne Phiole, ohne die er nicht lebensfähig ist, umschließt ihn:

    Natürlichem genügt das Weltall kaum;
    Was künstlich ist, verlangt geschlossnen Raum[50].

    Ich schwebe so von Stell‘ zu Stelle
    Und möchte gern im besten Sinn entstehn,
    Voll Ungeduld, mein Glas entzweizuschlagen[51]
    Zwei Philosophen bin ich auf der Spur!
    …Von diesen will ich mich nicht trennen,[52]

    Ihnen, den PhilosophenThales und Anaxagoras, schließt Homunculus sich an[53].  Seine unersättliche Neugier aber bringt ihn dazu, dass er sich selbst zerschellt, „um…in den Prozess des Lebens einzugehen“[54].

    Euphorion ist nach Ptolemaios Chennos (1. Jh. n. Chr.), der die Figur  erfunden habe[55], der geflügelte Sohn des Achilleus und der Helena, als sie auf der Insel der Seligen [Leuke] leben[A1] . In Goethes Drama sind Helena und Faust seine Eltern.

    Durch eines Knaben Schönheit elterlich vereint
    Sie nennen ihn Euphorion so hieß einmal
    Sein Stief-Stiefbruder, fraget hier nicht weiter nach.
    Genug, ihr seht ihn, ob es gleich viel schlimmer ist
    Als auf der brittischen Bühne wo ein kleines Kind
    Sich nach und nach heraus zum Helden wächst.
    Hier ist’s noch toller kaum ist er gezeugt so ist er auch geboren[A2] 
    Er springt, und tanzt und ficht schon tadeln viele das
    So denken andre dies sey nicht so grad
    Und gröblich zu verstehen, dahinter stecke was
    …spinnt der Dichtung Faden sich immer fort
    Und reißt am Ende tragisch!…[56]

    Die Verse, in denen der Tod Euphorions beklagt wird, sind zugleich eine Huldigung an den 1824 als Teilnehmer an den griechischen Freiheitskämpfen in Missolunghi  noch allzu jung verstorbenen Lord Byron[57]:

    Ach, zum Erdenglück geboren,
    Hoher Ahnen, großer Kraft,
    Leider früh dir selbst verloren,
    Jugendblüte weggerafft![58]

    Wenn aber Goethe die Äußerung tut, Byron allein lasse ich neben mir gelten, dann mag sogar einem Enthusiasten für einen Augenblick der Atem stocken[59].

    Abgekürzt zitierte Literatur und Bildnachweis:

    Bieber 1915: M. Bieber, Die antiken Skulpturen und Bronzen des königlichen Museum Fridericianum in Cassel (Marburg 1915) 60 ff. Nr. 153 Taf. 41

    Brommer  21982: F. Brommer, Die Parthenon-Skulpturen (Mainz 21982) 50 Taf. 143

    Goethe ca.1950: Goethe Werke (Müller und Kiepenheuer Ansbach o. J.)

    Grumach 1949: E. Grumach, Goethe und die Antike (Berlin 1949)  2 Bände

    Homer 2008: Homer. Der Mythos von Troia in Dichtung und Kunst (München 2008)

    Imperium 2013: Imperium der Götter. Isis-Mithras-Christus. Kulte und Religionen im Römischen Reich (Karlsruhe 2013)

    Martini 1994: W. Martini, Die Magie des Löwen in der Antike, in: Chloe, Beihefte zu Daphnis 20, 1994, 51 f. Abb. 27

    Osterkamp 2007: E. Osterkamp, Die Rückkehr der Medusa, in: Gewalt und Gestalt: die Antike im Spätwerk Goethes (Basel 2007) 50-66

    Pavan 1982: M. Pavan, Die Pferde von San Marco in Klassizismus und Romantik, Ausstellung Berlin 1982, 73-76

    Pinkwart 1965: D. Pinkwart, Das Relief des Archelaos von Priene, AntPl  IV, 55-65      

    Ruetz 21993: M Ruetz, Goethes Italienische Reise  >Auch ich in Arkadien<  (Stuttgart  21993)

    Siegesgöttin 2004: Siegesgöttin in Kaisers Diensten. Die Victoria von Fossombrone (Kassel 2004)

    Szanto 1898: E. Szanto, Archäologisches zu Goethes Faust, ÖJh 1, 1898, 93-105

    Vermeule 1972: C. Vermeule, Greek Funerary Animals, 450-300 B. C., AJA 76, 1972, 49-59

    Wegner 1949: M. Wegner, Goethes Anschauung antiker Kunst (Berlin 1949) 

    Wickhoff 1898: F. Wickhoff, Der zeitliche Wandel in Goethes Verhältnis zur Antike dargelegt am Faust, ÖJh 1, 1898, 105-121


    [1]  Venedig 8.Oktober 1786 (Ital. Reise 30, 135).

    [2]  Abb. 2.

    [3]  Grumach 1949, 561.

    [4]  Vermeule1972, 53.

    [5] „A horribly natural  restoration“, Vermeule ebenda.

    [6] Vermeule 1972, 54; der delische Löwe mit dem Kopf aus dem italienischen Barock erscheint der Verfasserin so ungemein scheußlich, dass sie auf die im Übrigen wie immer ausgezeichneten Wiedergaben durch H. Zühlsdorf, Gießen, in diesem einen Fall verzichten zu müssen glaubt.

    [7] Wegner 1949, 33; Martini 1994, 51 f. Abb. 27. 

    [8] Osterkamp 2007, 11. 14. 65.

    [9] Anders Wegner 1939, 33; 142. 146.

    [10] DNP 7, 998 f.

    [11] Schriften zur Kunst, Weimarer Ausgabe Band 48; Grumach 1949, 585-590; Osterkamp 2007,  16 f.; Wegner 1949, 81-83 Abb. 5. Szanto 1898, 97-101 Abb. 39.

    [12] Goethe, Faust II, 5; Grumach 1949, 589; Wegner 1949, 81.

    [13] s. u. den Beitrag zur Personifikation des  Seismos.

    [14] DerTänzerin Grab (1812) I 48, 150; Grumach 1949, 880 unten.

    [15] Szanto 1898, 97.

    [16] J. W. Goethe, Der Totentanz.

    [17] Wegner 1949, 86.

    [18] Charlotte v. Stein, 16.5.1796; Grumach 1949, 566.

    [19] Goethe an Heinrich Meyer [den sog. Kunschtmeyer oder Goethe-Meyer] Jena, 20. Mai 1796 (IV 11, 72 ff). Wegner 1949, 87.

    [20] Siegesgöttin 2004, 20-23.

    [21] Weimar, 21. Januar 1826  (IV 40, 255 f.) Wegner 1949, 53 f.

    [22] Wegner 1949, 53 f Osterkamp 2007, 51-56..

    [23] Ital Reise 32, 39. Nach Wegner 1949, 53.

    [24] Weimarer Ausgabe IV, S. 195, Osterkamp 2007, 58.

    [25] Ital. Reise 32, 322; Grumach 1949, 540.

    [26] Osterkamp 2007, 54.

    [27] Iphigenie auf Tauris Vs. 1162 f.

    [28] Faust I, Vers 4189-94.

    [29] Faust I, Vs. 4207-4208.

    [30] Faust II, 2; Osterkamp 2007, 56 f.

    [31] LIMC IV 1988, 285-362 Taf. 163-207, hier 347 f. Nr. 25 Taf. 196 (I. Krauskopf; G. Paoletti)

    [32] Osterkamp 2007, 64 f. Wegner 1949, 53. Mir will das, mit Verlaub, als Überinterpretation erscheinen.

    [33] Wegner 1949, 43 Abb. 18.

    [34] J. W. Goethe, Über die Anforderungen an naturhistor. Abbildungen im Allgem. und an osteologische insbesondere II 12, 147, nach Brommer 21982, 50; Grumach 1949, 510; Wegner 1949, 43.

    [35] Briefe, Tagebücher, Grumach 1949, 506-509. 561; Pavan 1982, 73-76.   

    [36] Kunst und Altertum II 2, 88-98 (1820) Grumach a. O. 509.

    [37] Grumach 1949, 572-576; Wegner 1949, 67 f. Abb. 33

    [38] Pinkwart 1965, 57.

    [39] Krates verstarb um 150/140 v. Chr. T. Lochman, in: Homer 2008, 297 f . Abb. 11; ferner E. van der Meijden Zanoni ebenda, 21 Abb. 1.

    [40] Ital. Reise 32, 291; Grumach 1949, 512; Wegner 1949, 77.

    [41] Nista 1994, 193-208 Taf. 8-16; F. Coarelli, Rom (Darmstadt 2019) 301.

    [42]Hadrianisch, Wegner 1949, 77; severisch, Nista 1994, 200; constantinisch, LIMC III 619  Nr. 77 (F. Gury).

    [43] Marie Luise Kaschnitz, Besser als Rohrdommelruf, Engelsbrücke 51983, 180-182; Wamser-Krasznai —2020–

    [44] Wickhoff 1898, 16 mit Anm. 32.

    [45] Faust II, 2 V. 7550-7557.

    [46] Faust II, 2 V. 7855

    [47] Faust II, 2 V. 7499.

    [48] Faust II, 2 V. 7857 f. und 7862-7864 f.

    [49] Faust II, 2 V. 6879; Erläuterungen Goethe 420 f.  

    [50] Faust II, 2 V. 6881 f.

    [51] Faust II, 2 V. 7830-7832.  

    [52] Faust II, 2 V. 7836. 7840.

    [53] Faust II, 2 V.7856. Osterkamp kapriziert sich auf Thales allein, ders. 2007, 36 f.

    [54] Osterkamp 2007, 37.

    [55] DNP 4, 1998, 265

    [56] Faust, Paralipomenon Nr. 176, Grumach 1949, 719 f.

    [57] Goethe ca. 1950 Bd. 6,  Hrsg. Rudolf Alexander Schröder, 429.

    [58] Faust II, 3 V. 9915-18.

    [59] Am 2.10.1823, Goethes Unterhaltungen mit dem Kanzler Friedrich von  Müller. hrsg. v. Carl August Hugo Burkhardt (Stuttgart 1870) 65..


     [A1]

     [A2]