Schlagwort: Gesellschaft

  • Zuversicht

    (5.4.2019)

     

    Die verträumten Knospen
    die lachenden Blüten
    die tanzenden Triebe
    die verspielten Frühlingsblätter
    umarme ich so
    wie beim Wiedersehen alter Freunde
    nach längerer Abwesenheit
    Keine einzige Sekunde
    mitten in der klirrenden Kälte
    zweifelte ich daran
    von den kahlen Bäumen
    wieder reichlich beschenkt zu werden
    Eine gleichartige Zuversicht
    ist mein Heilmittel und Herzenstrost
    auf der vielgestaltigen Lebensreise

    ֎֎֎

  • Abschließende Stellungnahme eines der „Vorschlagenden“- (J. v. Troschke)

    (bezogen auf die auf der BDSÄ-Website dokumentierten Reaktionen von Mitgliedern auf „unsere Anregung“.) 

    Warum probieren wir es nicht einmal ?

    Immer wieder einmal haben wir (die beiden „Vorschlagenden“) uns selbstkritisch gefragt, ob die von uns selbst verfassten Texte den Ansprüchen genügen, die wir bei Beiträgen der anderen so selbstverständlich anzulegen gewohnt sind. Dann haben wir damit angefangen uns – nach verständlichem Zögern – wechselseitig unsere Beiträge „zu verbessern“. Manche der Bemerkungen des anderen haben wir übernommen,  andere nicht. Spannend war es in jedem Fall, den eigenen Text mit „anderen Augen“ zu lesen. Wenn man erst einmal die Angst vor der narzisstischen Kränkung überwunden hat, ist es in jedem Fall „bereichernd“. Allerdings kann es ganz schön viel Arbeit machen, einen Text „zu verbessern“ – da ist es oft leichter, selber einen neuen Text zu verfassen … Und das gilt nicht nur für die Korrektur von Doktorarbeiten.

    Nun denn. Unsere positiven Erfahrungen bei der wechselseitigen Lektorierung unserer literarischen Texte hat uns veranlasst, so etwas allgemein – als Angebot des BDSÄ an seine Mitglieder – vorzuschlagen. „To whom it may concern“ (frei übersetzt „Wie es Euch gefällt“)

    Deshalb habe ich einen motivierenden Text zu schreiben versucht und Dietrich Weller hat den Vorschlag allen BDSÄ-Mitgliedern auf der Website zur Diskussion gestellt.

    Von 9o Mitgliedern (abzüglich den beiden „Vorschlagenden“) haben 9 ihre Meinung dazu schriftlich mitgeteilt und wurden auf der BDSÄ-Website veröffentlicht. Darauf kann ich mich mit diesem Text beziehen.

    Zur Ordnung habe ich 4 Kategorien gebildet:

    1) Eindeutig ja („… Dem Vorschlag … kann ich nur zustimmen“)

    2) Vielleicht – eher ja. („… Auf einer Seite stehen die Chancen, ja die Notwendigkeit, im Austausch die eigene Entwicklung zu befördern. Auf der anderen Seite sind die Risiken der Verletzlichkeit.“)

    3) Vielleicht – eher nein („… einesteils den Eindruck von frischem Wind … andererseits ging bei mir eine dunkelgelbe … Warnlampe an“)

    4) Eindeutig nein („…ich denke, Kritik wird immer als Damoklesschwert über uns hängen und uns die Fröhlichkeit und Leichtigkeit nehmen. Ich lehne Ihren Vorschlag also ab.“)

    Die auf der BDSÄ-Website dokumentierten Stellungnahmen lassen sich (m.E. – der Leser, oder die Leserin kann das überprüfen) diesen Kategorien zuordnen:

    1) Eindeutig ja               = x, x, x, x, x
    2) Vielleicht – eher ja     = x
    3) Vielleicht – eher nein = x
    4) Eindeutig nein           = y, x

    (insgesamt  N= 9 Stellungnahmen zu dem Vorschlag von 2 Mitglieder)

    ———————————————————————————————

    ( x = mit Namensnennung,
    y = Anonym, mit Hinweis darauf, die Meinung von weiteren Mitgliedern zu vertreten)

    Wie kann man das beurteilen?

    Die einzige namentliche und ausführlich begründete Ablehnung wurde von einem weiblichen Mitglied verfasst, deren Haltung möglicherweise die Skepsis der „schweigenden Mehrheit“  wiedergibt und deshalb ausführlicher zitiert werden soll:

    Leider kann ich Ihnen nicht im Internet antworten, ich bin nicht im Internet. So etwas gibt es auch heute noch.

    Ich antworte Ihnen daher schriftlich. Ich bin 96 Jahre alt, behindert und konnte ja leider schon viele Jahre nicht zu  unseren Treffen kommen. Ich habe mich immer auf die Treffen der Schriftsteller-Ärzte gefreut, auch weil ich da meine liebe Freundin Godula Bornheim traf. Auf all diesen Treffen herrschte Freundlichkeit, Fröhlichkeit, Leichtigkeit. Diese gute Stimmung, diese Leichtigkeit wird nicht mehr herrschen, wenn jeder von uns denken muss, dass seine Arbeit, sein Gedicht, zerpflückt  und durchgehechelt wird. Natürlich ist alles freiwillig, aber ich denke, Kritik wird immer als Damoklesschwert über uns hängen und uns die Fröhlichkeit und Leichtigkeit nehmen. Ich lehne Ihren Vorschlag also ab.“ 

    Auf meine Anfrage hin teilte mir unser Präsident mit, dass der BDSÄ derzeit 92 Mitglieder hat. Davon haben sich insgesamt 8 positiv geäußert (5 + die 2 Autoren = 7 „eindeutige“ und 1 „eher positive“ Stellungnahmen). Eine Einsendung war ambivalent, mit eher negativer Tendenz. 2 sind eindeutig gegen den Vorschlag, wovon die anonyme Stellungnahme (nach Auskunft von Dietrich Weller) angibt, „weitere Mitglieder“ (ich schätze maximal 6) zu repräsentieren.

    Als empirischer Sozialforscher weiß ich, nur allzu gut, um die Probleme von Rücklaufquoten bei Fragebogen-Erhebungen.

    Besonders schwierig ist es, wenn es um die Beurteilung von Wahlbeteiligungen zur Interessenvertretung der Studierenden an deutschen Hochschulen geht. Die Prozentwerte liegen zumeist klar unter 20%. Wenn man sich einmal vorstellt, das wäre die Wahlbeteiligung bei politischen Wahlen, kann man sich leicht denken, wie die Kommentierung in den öffentlichen Medien ausfallen würde.

    Die übliche Reaktion auf geringe Teilnahmequoten bei Befragungen ist gemeinhin die, diese „im Vorwort“ kurz zu problematisieren und im folgenden Text, bei der ausführlichen Darstellung der Ergebnisse, nur noch relative Prozentwerte zu präsentieren.

    Bezogen auf unsere Befragung könnte man – je nach „Voreingenommenheit“ des Berichterstatters – zwei, gänzlich verschiedene, scheinbar „objektive Darstellungen“ vornehmen:

    • bei negativem Vorurteil: „Insgesamt 2+maximal „geschätzt“ 6 = 8, d.h. 57,143 % der Mitglieder die sich beteiligt haben (bezogen auf, zusammen genommen, N=14 Stellungnahmen), und somit eindeutig die Mehrheit, sind dagegen„. 
    • bei positivem Vorurteil: „Insgesamt 6+2 = 8 (derjenigen die sich positiv geäußert haben + die beiden Autoren), d.h. 57,143 % der Mitglieder, die sich beteiligt haben, und somit eindeutig die Mehrheit, sind dafür.“

    Bei differenzierter Auswertung könnte man dann noch unterteilen nach „aktiven“ und „passiven“ Mitgliedern oder verschiedenen „Altersgruppen“ etc.

    Viel zu viele, angeblich objektive, empirische Untersuchungen arbeiten – wie wir als Ärzte selbstverständlich alle wissen – mit derartigen Tricks.

    Halten wir fest – insgesamt 11 (9 Stellungnahmen und die 2 Autoren) der insgesamt 92 Mitglieder haben sich – bezogen auf den Vorschlag – persönlich mit einem eigenen (auf der BDSÄ-Website dokumentierten Beitrag) positioniert. Das sind 12%.

    Wie unser Präsident klar und unmissverständlich vorgegeben hat, sollte die Befragung keine „Abstimmung“ sein, sondern lediglich ein „Meinungsbild“ ergeben.

    Dabei haben insgesamt 9 aktive Mitglieder (5+2+2) die Vorteile einer solchen Vorschlages gesehen.

    Was spricht dagegen, dass diese das einmal im Rahmen des BDSÄ ausprobieren?

    Dann kann man ja sehen, ob und wie das funktioniert. Ich jedenfalls würde mich über jede Stellungnahme für die, auf der BDSÄ-Website, von mir veröffentlichten Beiträge (und somit auch zu diesem) sehr freuen und hätte nichts dagegen, wenn die dort auch dokumentiert würden.

    Ursprünglich wollte ich an dieser Stelle auch noch auf einige – in diesem Zusammenhang interessante – grundsätzliche Probleme eingehen. (Wie z.B. die ausgesprochen emotionale Abwehr von „veröffentlichten Leistungsbewertungen der eigenen Person“ in einer Leistungsgesellschaft, in der es jedem und jeder selbstverständlich erscheint, die Leistungen anderer ständig zu kritisieren…) Doch darauf will ich hier verzichten, weil das alles nur noch mehr komplizieren würde.

    So lasse ich es dabei, festzustellen, dass wir uns sehr darüber freuen, dass einige Kollegen und Kolleginnen unserem Vorschlag „etwas abgewinnen“ können.

    Deshalb mein Vorschlag: „Lasst es uns doch einmal ausprobieren!“

    Die „Skeptiker“ könnten sich das ja anschauen und beobachten, ob sich ihre Vorbehalte bestätigen oder – wie ich hoffe – nicht.

     

    Meine Meinung (Dietrich Weller)

    Ich danke allen Mitgliedern, die sich an der Umfrage bis jetzt beteiligt haben, sehr herzlich. Die Diskussion zeigt auch bei relativ kleinen Anzahl der Antwortenden die Breite der Meinungen.

    Um einen Vorschlag zu machen, der von allen angenommen werden kann, biete ich folgende Vorgehensweise an:

    1. Jedes Mitglied kann / darf (selbstverständlich freiwillig!) sich die Texte von Jürgen von Troschke und mir, die in der BDSÄ-Homepage veröffentlicht sind, vornehmen und mit Kritik und Verbesserungsvorschlägen versehen. Wenn diese Meinung an mich geschickt wird, werde ich sie unter dem jeweiligen Text mit Namensnennung veröffentlichen.  Anonyme Kritik werde ich nicht veröffentlichen.
    2. Die Kritik muss fair, sachlich und konstruktiv sein.
    3. Wenn ein Mitglied seine Texte ebenfalls zur Meinungsäußerung freigeben möchte, bitte ich um Nachricht. Dann werde ich das unter den jeweiligen Texten vermerken und die dann folgende Äußerung eines anderen Mitglieds ebenfalls veröffentlichen.
    4. Es muss sichergestellt sein, dass nur Texte von Mitgliedern beurteilt werden dürfen, wenn die jeweiligen Autoren die Texte ausdrücklich zu diesem Zweck „Lob und Verbesserungsvorschläge“ freigegeben haben.
    5. Ich habe jetzt ein neues Schlagwort „Lob und Verbesserungsvorschlag“ eingerichtet, sodass die entsprechenden Texte damit rasch gefunden werden können.

    Ich hoffe, dass wir hiermit eine Möglichkeit geschaffen haben, die allen Interessen gerecht wird.

    Über den weiteren Verlauf der Aktion werde ich beim Kongress in Bad Herrenalb berichten. Trotzdem lade ich alle Mitglieder ein, den weiteren Verlauf der Homepage zu beobachten. Dazu ist sie da!!). –

    Herzliche Grüße,

    Dietrich Weller

     

     

  • In the small town of Wushu, there lives a very rich merchant named Xíguàn. Once, he demands an old Zen Master to teach his son how to avoid bad habits.  The Master takes the young man to walk in the neighboring wood. Suddenly, he halts at one place and asks the young man to clear a  small plant, that grew near the place they were standing on.

    The boy snaps with his thumb and forefinger easily the plant off the ground. By further walking, the Master asks the boy to bring him a bit bigger plant. The young man retreats a little and pulls it off, too.

    „And now, let try this one to rip out,“ says the teacher, pointing to a bush.  The young man had to use all his power to break it down, but it was impossible.

    „Finally try this,“ says the Master, pointing at a thick bamboo plant. The young man encloses the tree with his hands, and tried to rip it out.

    „Well this is impossible,“ said he breathlessly.

    And the teacher concluded: “The bad habits are in the begin, like the small plants, very easy to break them. As this huge bamboo was impossible to tear out with bare hands, equally the bad habits cannot be unlearned. In this way the bad habits lead our future behavior, dominate the native temperance and influence our way of life”

    Dr. med. André Simon © Copyright   

     

    André Simon, übersetzt von Dietrich Weller.

    Die Angewohnheiten

    In der kleinen Stadt Wushu lebte ein sehr reicher Händler mit Namen Xiguan.

    Eines Tages verlangte er von dem alten Zen-Meister, seinem Sohn beizubringen, wie man schlechte Angewohnheiten vermeidet.

    Der Meister nahm den jungen Mann mit auf einen Spaziergang in den benachbarten Wald mit.

    Plötzlich hält er an einem Platz an und bittet den jungen Mann, eine kleine Pflanze wegzuräumen, die in der Nähe des Platzes wuchs, auf dem sie standen.

    Der Junge schnippt mit Daumen und Zeigefinger die Pflanze lässig vom Boden weg.

    Auf dem weiteren Weg bittet der Meister den Jungen, ihm eine etwas größerer Pflanze zu bringen .Der junge Mann tritt ein wenig zurück und reißt sie auch weg.

    „Und jetzt lass uns versuchen, diese auszureißen“, sagt der Lehrer, indem er auf einen Busch zeigte. Der junge Mann musste seine ganze Kraft aufwenden, um ihn niederzubrechen, aber es war unmöglich.

    „Und jetzt zum Schluss versuch es mit diesem“, sagte der Meister und zeigte auf eine dicken Bambusstamm.

    Der junge Mann umschloss den Baum mit seinen Händen und versuchte, ihn auszureißen.

    „Also, das ist unmöglich“, sagte er atemlos.

    Und der Lehrer schloss daraus: „Die schlechten Angewohnheiten stehen am Anfang, wie die kleinen Pflanzen, es ist einfach, sie zu brechen. Wie dieser riesige Bambus mit bloßen Händen unmöglich auszureißen war, können die schlechten Angewohnheiten nicht verlernt werden. So führen die schlechten Angewohnheiten zu unserem zukünftigen Verhalten, beherrschen die angeborene Mäßigung und beeinflussen unsere Lebensweise.

  •  

    Hall. George Hall. Protagonist in Mark Haddons Roman „Der wunde Punkt“, Oberhaupt einer typisch amerikanischen Familie. Ehefrau, zwei erwachsene Kinder. Sohn homosexuell, Tochter geschieden. Jeder hat seinen wunden Punkt. Bei George war

    es die Stelle gewesen, die ihn umgehauen hatte. Er hatte seine Hose ausgezogen, als er ein kleines Oval hochgewölbter Haut sah, das dunkler als die Haut drum herum war und leicht schuppte.

    So sieht er aus, der schwarze Hautkrebs. Auf den ersten Blick ein Mal wie andere Male auch, beim zweiten Blick die Ahnung, dass dieses Mal bösartig sein könnte, ein schwarzes Schaf.

    Der Magen drehte sich ihm um.

    Dieser Verdacht wirft ihn fast um, Hoffnungslosigkeit und schreckliche Vorstellungen vom nahen Ende machen sich breit.

    Er würde sich umbringen müssen.

    Aber wie? Etwa wie Hemingway, der sich das Hirn in den Orangensaft geballert hatte, wie das Charles Bukowski auf seine brutal-ehrliche Weise formuliert hatte? Oder wie Sylvia Plath, den Kopf im Backofen, den Gashahn geöffnet? Doch warum sich umbringen, der Tod kommt doch heutzutage sanft, begleitet von schmerzstillenden Medikamenten, nicht wie bei Rilke und Benn mit heillosen Schmerzen.

    Ist Krebs nicht eine Erkrankung wie jede andere auch, wie Diabetes oder Bluthochdruck? Oder wie Tuberkulose, an der so viele Berühmtheiten vergangener Jahrhunderte gestorben sind? Diese ästhetisierende Krankheit, die Thomas Mann in seinem Zauberberg so romantisiert hat. Oder hat Susan Sontag in ihrem klugen Essay über Krankheit als Metapher Recht, dass Krebs eine andere metaphysische Dimension hat als Tuberkulose, Syphilis und Lepra? Krebs nicht als Krankheit, sondern als dämonischer Feind, als anti-soziales, nicht zu akzeptierendes Ereignis, das mit allen Mitteln vom Patienten selbst zu bekämpfen ist, gemeinsam mit einem Heer von Onkologen, die sich dem Kreuzzug gegen den Krebs verschrieben haben?

    Dann ging er nach oben und klebte ein großes Pflaster über das Wundmal an der Hüfte, damit er es nicht mehr zu sehen brauchte. Das Aus-dem-Auge-aus-dem Sinn funktioniert meistens nicht, und schon gar nicht, wenn es sich um Krebs handelt.

    Ein kleines Problem ergab sich, als George seine Arbeitskleidung auszog. Er wollte gerade Hemd und Hose ausziehen, als ihm wieder einfiel, was sich darunter verbarg.

    Das Mal, durch das Pflaster dem Blick entzogen, macht sich auf andere Art und Weise bemerkbar.

    Sie waren gerade beim Brombeerstreuselkuchen, da fing die Stelle an zu jucken wie ein Fußpilz. Das Wort „Tumor“ drängte sich in seinen Kopf, und es war ein hässliches Wort, das er nicht hören wollte, aber auch nicht loswerden konnte.

    Die von der Krebsdiagnose überreizten Sinne spielen verrückt, die fatale Diagnose geht nicht mehr aus dem Kopf.

    Während er am Tisch saß, konnte er spüren, wie er wuchs, … genau wie der Schimmel auf der Brotkante.

    Wie zum Hohn kommt George auch noch an Plakaten vorbei, auf denen die sogenannte gesunde Bräune in direkte Verbindung mit Hautkrebs gebracht wird! Die Zeiten, in denen ein Hemingway völlig hemmungslos tief gebräunte Haut und von der Sonne gebleichte Haare fetischisieren konnte, sind längst vorbei. Für George bedeuten Bräune nur mehr Hautkrebs, Siechtum und Gedanken an den drohenden Tod.

    Er würde umrundet von Medizinstudenten und Gastprofessoren der Dermatologie an Krebs sterben.

    Doch halt: Die Diagnose ist ja nicht gesichert. Handelt es sich wirklich um Krebs oder nicht doch um etwas so Harmloses wie ein Ekzem? Aber selbst wenn es sich um Krebs handelte – wäre das so schlimm, schließlich muss doch jeder sterben?

    Die Vorstellung, wirklich Krebs zu haben, erschien ihm allmählich fast wie eine Erleichterung.

    Langsam nimmt die Idee Gestalt an, den oberflächlichen Hautkrebs durch einen schnellen Schnitt selbst zu eliminieren. Es wird zwar bluten, aber bestimmt nicht allzu sehr. Es gibt blutigere Eingriffe, etwa die Selbstkastration der Skopzen, ausgeführt, um eine höhere Stufe des Daseins zu erreichen. Oder um sich von der Fleischeslust zu befreien, wie der junge Mann in Hemingways Erzählung „Gott hab euch selig, ihr Herren“, oder der „Hofmeister“ in der Komödie von J. M. R. Lenz?

    Er nahm die Schere in die rechte Hand und fuhr auf der Suche nach dem wunden Punkt mit den Fingern der linken Hand über seine Hüfte.

    George täuscht sich über das Ausmaß der Blutung.

    Eine solch große Menge Blut hatte er nicht erwartet. … Es war dicker und dunkler, als er gedacht hatte, fast ölig und erstaunlich warm.

    Als Laie kann George nicht wissen, dass man schon einige Liter Blut verlieren muss, bevor es bedrohlich wird, eine derartige Schnittwunde reicht da nicht.

    Die Badewanne sah aus, als hätte man darin ein Schwein abgestochen.

    George landet im Krankenhaus. Aus Scham über die stümperhafte Selbstbehandlung erfindet er eine Verletzung, hervorgerufen durch einen unsachgemäß gehandhabten Meisel. Doch Lügen haben bekanntlich kurze Beine, die Verwandtschaft findet schnell die Wahrheit heraus.

    Er wollte sich den Tumor offensichtlich rausschneiden.

    Der Tumor ist zwar weg, nicht aber die Todesfurcht, die untrennbar mit dem Schwarzen Krebs verbunden ist, diesem „Schwarzen Tod“ der Neuzeit, der heutzutage angeblich Zigtausende jedes Jahr tötet, so wie im Mittelalter die Pest, von der die Menschen reihenweise dahingerafft wurden. Nicht nur Laien, auch viele Ärzte und selbst Hautärzte sind der anachronistischen Überzeugung, dass der Schwarze Krebs ein Todesurteil ist, obwohl wir doch seit mindestens zwei Jahrzehnten wissen, dass 9 von 10 Betroffenen überleben. Da verwundert es nicht, dass auch George sich fürchtet.

    Ich habe Angst, Jamie. Solche Angst. Vor dem Sterben. Vor dem Krebs. Eigentlich fast ständig. Viele Ärzte taugen wirklich gar nichts. Man braucht nur drei Jahre mit Medizinstudenten zu verbringen, um den Glauben an diesen Berufsstand ein für alle Mal zu verlieren.

    Auch George projiziert seine Ängste auf die Ärzte, von denen er annimmt, dass diese ihr Handwerk nicht verstehen oder zu wenig empathisch sind. Wo gibt es noch Ärzte, die wie Bulgakow, tief im Innern eines rückständigen Landes, in einem Jahr Tausende von Patienten behandeln, bis hin zur Selbstaufgabe und um den Preis der Morphiumsucht? George tröstet sich mit dem Wissen, dass alles Leben mit dem Tod endet, allen ärztlichen Bemühungen zum Trotz.

    Was sollte denn eigentlich so schlimm am Tod sein? Früher oder später musste jeder dran glauben. Es war Teil des Lebens. Als schliefe man ein.

    Schmerzen, für viele Menschen ein Grund, sich vor dem Krebstod zu fürchten, spielen in Georges Überlegungen keine Rolle. Er weiß, dass die moderne Medizin nicht nur Krebs, sondern auch Schmerzen mit allen Mitteln bekämpft. Es ist nicht wie bei Rilke, der in einem Gedicht den Herrn darum bittet, jedem seinen eignen Tod zu geben, ein Sterben, das aus jenem Leben geht, darin Liebe, Sinn und Not waren. Rilke hat seine eigene Not, seine furchtbaren Schmerzen, bewusst bis zum Ende durchlitten.

    Haddons George hat seinen Krebstod nicht so ganz akzeptiert, immer wieder tröstet er sich mit dem Gedanken, an einer harmlosen Entzündung zu leiden.

    Er litt an einem Ekzem. Jetzt konnte er das einsehen.

    Also eine Entzündung, die vor der Zeit des aufgeklärten Patienten und des shared decision making übliche, verharmlosende Diagnose selbst in fortgeschrittenen Stadien der Krebskrankheit. Der Arzt damals als notorischer Überbringer guter Nachrichten? Wie im Fall von Theodor Storm, dessen Arzt die Diagnose Magenkrebs auf Wunsch des Patienten korrigierte. Doch ob mit oder ohne ehrliche Information des Patienten: die meisten leben vom Prinzip Hoffnung, von der Vorstellung, zu denen zu gehören, die ihren Krebs überleben. Für manche Patienten mit fortgeschrittenem Schwarzen Krebs ist diese Vorstellung heute kein Wunschdenken mehr. Als Haddon seine Geschichte schrieb, war noch nicht abzusehen, dass die fulminanten Fortschritte in der Therapie des Schwarzen Krebses dieses Wunschdenken langsam Realität werden lassen. Haddon lässt, unabhängig vom medizinischen Fortschritt, Georges Schicksal offen, der davon träumen kann, dass er seinem Krebs nicht vor der Zeit zum Opfer fallen wird.

     

    Mark Haddon: Der wunde Punkt. Heyne Verlag, München 2006 [Zitate kursiv]

     

  • zum Weltkrebstag 2019

    Theodor Storm und der Magenkrebs

     

    Theodor Storm war –wie viele von uns – bekennender Norddeutscher:

    „hin gen Norden zieht die Möwe,
    hin gen Norden zieht mein Herz;
    fliegen beide aus mitsammen,
    fliegen beide heimatwärts.

    Ruhig, Herz! Du bist zur Stelle;
    flogst gar rasch die weite Bahn-
    und die Möwe schwebt noch rudernd
    überm weiten Ozean.“

    1817 wurde Theodor Storm in Husum geboren. Also in die Zeit der Aufklärung, Goethe war da schon 20 Jahre alt.

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  • Gleichberechtigung

    (19.1.2019)

     

    Rufe nach Gleichberechtigung
    kann der Kapitalismus
    wohlwollend, großzügig
    in sein Ganzes Aufnehmen
    solange es um die Regulierung der Teilhabe
    an seinen Verbrechen
    oder deren Duldung geht
    Gnadenlos geht er allerdings vor
    wenn Bestrebungen nach Gleichberechtigung
    sein Bestehen in Frage stellen

    ֎֎֎

  • Ich muss diesen Gedichten ein paar Worte vorausschicken:

    Wegen körperlicher Gründe ist mir das Schreiben schwergefallen (egal, ob von Hand oder am Computer). Ich musste aber meine Gedichte aufschreiben, sonst kann ich die Entwürfe bald selbst nicht mehr lesen… Ich entschloss mich, sie in den Mac zu diktieren und später in mein Gedichtbuch einzufügen.

    Dann hätte ich sie auch gleich zum Verschenken…. Ich mache keine Auswahl wie sonst und deshalb sind ein paar einführende Worte

    nötig. Manche Gedichte sind in einem Prozess entstanden, der noch nicht abgeschlossen ist, teils ist es ein innerer Erkenntnisprozess, teils gehören die Gedichte in verschiedene Projekte… Deshalb sind sie vielleicht nicht zu verstehen. Wundert Euch also nicht, wenn einige sehr… geheimnisvoll? Kryptisch?  Okkult?….

    erscheinen. Merkwürdigerweise gefielen sie einigen Freunden ganz besonders. Die Sprache, der Rhythmus, die Bilder wirken auch so… Mir fiel dazu ein Zitat von Paul Celan ein (ich will mich nicht mit ihm vergleichen!). Auf die Bemerkung, dass einige seiner Gedichte schwer verständlich sein, meinte er: Lesen, immer wieder lesen

     

     

    Unsere Pflicht ist es
    Beryll zu werden
    wie der Stein
    der den Augen
    neues Sehen ermöglicht
    wie seine Farbe
    die Farbe der
    im Feuerwasser
    im Wasserfeuer
    verborgenen Rosen

    Werde Beryll
    hilf ihm
    das Alphabet zu retten
    und sei es auch
    nur
    ein einziger Laut!
    Sage
    sprich ihn
    singe und tanze ihn forme ihn
    mit Händen in der Luft
    gestalte ihn
    in Farbe und Form

    Dann …
    du bist noch
    kein Beryll
    bist aber sein
    Gehilfe geworden

    12./13.12.2018

     

     

    Die schwarzen Vögel schlafen noch
    Die schwarzen Vögel der Nacht
    Die schwarzen Boten des Unheils
    wie die Menschen behaupten
    Menschen
    die ihre Brüder und Schwestern
    unter den Tieren nicht mehr kennen
    In Wahrheit bewachen sie im Winter
    die langsam erwachende Sonne
    deshalb siehst du sie
    in der Wintermorgendämmerung
    nur vereinzelt
    die schwarzen Vögel
    wissende Freunde von Hund und Mensch

    1. 12. 2018

     

    Heimat
    ist kein Ort
    Glaube
    ist keine Weltanschauung
    Glaube
    ist die Mutter der Liebe
    Liebe erschafft
    Heimat

    1. 12. 2018

     

     

    Dass ich mich opfern kann
    ohne mich zu verlieren
    dass ich unter den Sternen weile
    ohne die Erde zu verlassen
    dass ich fest auf Erden stehe
    und gleichzeitig hinabtauche
    in die Urgründe
    der Menschheit
    der Erde
    ohne zu ertrinken …
    Das verdanke ich
    dem Schmerz
    der mich weckt
    warnt
    hilft
    der mich das Kreuz
    spüren lässt
    das Kreuz
    das ich trage
    Nur weiß ich
    (noch) nicht:
    wessen Kreuz ist es?

    13.12.2018

     

    Wie einst der
    Zungenbaum
    in der Tiefe des Meeres
    sang
    so sangen später
    auf den Klippen des Meeres
    die Sirenen
    Die stummen Fische die
    die Laute

    des versunkenen Alphabets
    verschluckten
    wandelten sich
    in singende Vögel
    die Rettung des verlorenen Alphabets
    begann…

    …und irgendwann in Zukunft
    kann die neue Welt
    auf den Trümmern der alten
    entstehen

    14.12.2018, 17:50 Uhr

     

    Ich habe Rosen
    für dich gepflückt
    wollte dich erfreuen
    dich erinnern
    an uralt Vergessenes der Menschheit
    Doch du…
    hast die Blüten vertrocknen lassen
    und aus den Dornen
    für mich einen Kranz gewunden
    Warum?
    Du weißt doch:
    nur Freude und Liebe
    können Leid lindern

    Du weißt doch:
    es ist ein Ros entsprungen
    und auf deinem dunklen Pfad
    erstrahlt ein Lichtstrahl
    Spürst du nicht
    dein Engel begleitet dich
    das Tor zum Paradies
    ist für dich
    nicht mehr bewacht!

    Das uralte Gewässer aus
    Erdenbeginn
    funkelt im ersten Sonnenlicht
    wie am Morgen
    die Perle aus Tau
    wie die Tränen deines Kindes
    Das Netz
    geflochten aus dem dunklen Gespinst
    des Grauens unserer Zeit
    soll uns nicht mehr verbinden
    soll auch dich nicht fesseln

    Geh
    deinen Weg in die andere Welt
    Freude und Liebe
    werden deine Begleiter sein

    1. 12. 2018, 7:30 Uhr

     

    Antwort auf vegane Missionare

    Einst
    in einem längst vergangenen Leben
    wurden sie als Kind
    geschlachtet
    aufgegessen
    der Hunger
    die Angst vor dem Sterben
    der anderen
    waren zu groß

    Heute…
    um sicher zu sein
    dass sie niemals und nie
    gleiches tun
    verzichten sie auf jegliches Fleisch
    Wisst ihr nicht
    es gibt viele Arten
    zum Mörder am Leben
    zu werden

    18.12.2018, 7:45 Uhr

     

    Trugschluss

    Wenn du
    deine Augen
    mit deinen Händen
    bedeckst
    siehst du nicht mehr
    die Welt
    doch die Welt
    sieht dich immer noch
    Doch jetzt
    bist du ihr hilflos ausgeliefert

    18.12.2013

     

    Unterschied

    Ich verstecke mich
    weil ich nicht Zeuge werden will
    (und selbst nicht gesehen werden will)
    Ich verstecke mich
    hinter einer anderen Erscheinungsform
    weil ich so alles besser sehen kann
    weil ich Zeuge
    werden will

    18.12.2018

     

     

    Nach dem Hören der Nachrichten
    und der Presseschau im Radio
    am Morgen der Wintersonnenwende 2018 fragte ich mich:
    Müssen vielleicht heute
    in dieser Zeit
    hier und an vielen Orten der Welt
    so grauenhafte Dinge geschehen
    so viele
    damit wir erkennen:
    die Barmherzigkeit
    die Mitmenschlichkeit
    lebt immer noch
    unter den Menschen
    erwacht an dem Geschehen
    (oder wird sie erst
    in ihm geboren?)
    Ein neugeborenes Kind
    nicht aus der
    eigenen Familie
    kann anscheinend
    nicht mehr unsere Liebe
    Freude
    Staunen
    erwecken

    aber das Kind
    das unter Trümmern
    aus den Armen seiner toten Mutter
    lebend geborgen wurde!

    21.12.2018, 8:20 Uhr

     

     

    Ich vergesse so vieles
    weiß nicht mehr
    warum ich den einen Raum
    verließ
    den anderen betrat

    Vermeintlicher Trost sagt:
    Du hast zu viel
    an das du denken musst
    du bist müde
    auch du spürst
    das Alter

    Ist es wirklich so?
    ich ahne
    das Eigentliche dahinter:

    Innehalten
    Lauschen
    spricht aus dem eigenen Innern
    die wieder erwachte Erinnerung
    oder wird eine Frage gestellt
    der neue Impulse folgen?

    Vielleicht treten beide
    in herzlicher Umarmung
    vereint
    in mein Bewusstsein

    Jetzt
    in deinem Alter
    erinnert die Vielzahl deiner
    Pläne Pflichten Wünsche
    Vereine
    die längst vergangene Vergangenheit
    und die schon gekommene Zukunft
    in dir…

    dann …
    ist dein Vergessen
    kurz
    wie ein erholsamer Schlaf
    und die Erinnerungen kommen
    wie das Morgenlicht

    21.12.1978

     

     

    Vierter Advent
    Auch wenn ich
    wie alle Menschen jetzt
    von allen guten Geistern
    verlassen bin
    so weiß ich
    mein Schutzengel
    ist bei mir

    Ich kann den Blick
    in den Spiegel wagen
    ich kann den
    ersten Schritt wagen
    auf meinem erst noch
    entstehenden Weg

    Mein Engel fängt mich auf
    wie eine Mutter
    und er sagt tröstend
    zu mir:

    „Das Bild im Spiegel
    bist nicht du
    du hast falsch
    hineingeblickt
    schau in mein Auge…“
    Nun suche ich
    nicht nur am Himmel
    die Augen meines Engels:

    Manchmal
    finde ich sie in mir
    und es war keine Erinnerung
    wenn ich mich beschützt fühlte

    Es ist JETZT!!

    Und ich weiß:
    das Kind in mir kann ins MORGEN
    wachsen

    23.12.2018

     

    Ich spreche mit dir
    innerlich
    ohne Worte
    ich spreche mit dir
    in Gefühlen
    Gedanken
    Bildern
    Manchmal
    bist du in
    meinem Innenraum
    Dann sehe ich
    am Blick deiner Augen
    an deinem Lächeln
    dass du mich verstanden

    Für Anna

    25.12.2018

     

    I

    Ich spüre
    wie Kräfte
    vielleicht auch Wesen
    missbraucht werden…

    Sie kommen zu mir
    sind geschickt von einer
    unerlösten Toten
    – sie weiß nicht
    was sie tut –

    Die Wesen stören mich
    hindern mich
    drängen mich
    zum Abgrund

    Vielleicht ist es
    – für mich–
    zu früh
    die Seele zu erlösen?

    Sie weiß nicht
    was sie tut
    sie sucht meine Nähe
    und ist so verwirrt
    dass sie nicht bemerkt
    wie oft ich bei ihr bin
    Ich muss mich schützen…

    Eben war ich im Traum
    an der Tür des Stalles
    und bat darum
    mir meinen Umhang
    zurückzugeben

    Ich erwachte und verstand nicht:
    welchen Umhang?
    Brigids schützender Mantel
    fällt mir ein
    War ich vielleicht in ihrem Dienst
    einst und gab auch meinen Mantel?

    Vielleicht
    war die schützende
    Hülle gemeint
    die uns am Anfang
    umhüllt
    wie später Engelflügel?

    Warum musste ich
    auch erwachen
    bevor ich eine Antwort erhielt?

     

     

    II

     

    Vielleicht
    muss ich jetzt
    in dieser Zeit
    der Heilige Nächte
    in denen auch
    Dämonen ihr Unwesen treiben
    aus Gedanken
    eigenen
    Inspirationen
    geschenkten
    Tönen
    gehörten
    Bildern
    gesehenen
    mir einen
    eigenen Umhang weben

     

    III

     

    Ich werde dann
    am Faden der Erinnerung
    immer tiefer in
    die Höhle dringen
    Erwartet mich dort
    ein Ungeheuer
    oder ein Schatz?
    Vielleicht wie im Märchen
    Beides

     

    26.12.2018

     

    Beginn der 13 Nächte

    „Im Urbeginn war die Erinnerung“
    Welcher Urbeginn?
    Der eigene
    der Familie
    der Menschheit?
    Gibt es nicht viele
    Urbeginne?
    Die Geburt des Jesus
    die Geburt des Christus
    die Erschaffung der Erde wieder
    zur Zeit der Atlantis
    vor und nach der Flut

    Die Erschaffung der Erde
    als Idee
    im Kosmos

    (26. 12. 2018)

     

    Vielleicht
    sollte ich
    Vogel und Fisch fragen
    die Begleiter der
    Weltschöpfung?

    4.1.2019

     

    Überwinde die Hast
    die Hektik
    das Eilen
    die nach der Festeszeit
    wieder
    deinen Alltag
    beherrschen
    Schaffe Räume und Zeiten
    für Ruhe und Stille
    dass Güte und Weisheit
    geboren werden
    Väterlich
    mütterlich
    schützen sie
    deine Seele
    die zärtlich liebend
    sich mit der
    Schönheit der Welt
    verbindet

    Vierte Nacht der heiligen Nächte 2018/2019

     

     

    Wenn du zurückblickst
    heute
    am letzten Tag des Jahres
    und vorausblickst
    voll Hoffnung
    oder Angst
    dann verzweifle nicht
    über das Treiben in der Welt
    erschöpfe dich auch nicht
    im Kampf
    in dem du eh unterliegst

    Zeige auf andere Art
    dein Aufbegehren
    wandle dich
    werde Sand
    werde Sand
    im Getriebe der Welt

    Helga Thomas

    31.12.2018

    Aus verschiedenen Gründen wollte ich (eigentlich seit vorgestern) auf das Jahr 2007 zurückblicken. Dabei fand ich ein altes Gedicht, es war im Verlauf eines I GING-Seminars entstanden. Es passte eigentlich auch in die Zeit jetzt, ich hätte es jetzt schreiben können… Habe ich es eigentlich in mein Gedichtbuch von 2006 eingetragen? Ja, das habe ich, aber ich merkte, ich möchte es jetzt auch in meinen Gedichten von 2019 eintragen, ich möchte eine Karte mit ihm machen.

    Weil ich dich anerkenne
    habe ich Geduld mit dir
    weil ich Geduld mit dir habe
    anerkennst du mich
    meinen Rat
    meine Zuneigung
    Und langsam
    auf dem Wege der Geduld
    wandelt sich Anerkennung
    in Liebe

    Helga Thomas

    21.10.06/4.1.19

     

    Wenn du fürchten musst
    in den Fluten der Mutlosigkeit
    zu ertrinken
    und deinen Kräften
    nicht vertrauen kannst
    und keine Rettung
    weit und breit in Sicht ist…
    dann denke an den
    der über das Meer ging

    Er wird dir ein Halt sein
    dass du nicht untergehst
    selbst wenn du ertrinkst
    Mit seiner Hilfe
    wirst du dich
    zum Wasserwesen wandeln
    das seiner Schwester gleicht
    und den Menschen hilft

     

    Wer
    ohne gehalten
    getragen zu sein
    in den Fluten versinkt
    ist den Kräften des Bösen
    ausgeliefert
    Seine Angst wird sich wandeln
    in vernichtende Gefühle der Rache

    6.1.2019

    9:50 Uhr

     

    Zur Geburt des göttlichen Ich
    erstrahlte der Weihnachtsstern am Himmel
    ihm folgten die Könige
    aus fernen Landen
    Als Narziss
    – er hatte sich nie
    vom Jäger zum Hirten gewandelt–
    erkannte
    wer in seinem Spiegelbild verborgen war
    erblühte zur Auferstehungszeit
    der Stern seiner Blume
    die auch den
    heiligen Kelch
    bewahrt

    6.1.2019

     

     

     

     

     

     

  •                                 The SILENCE      

     

                                                                              Oak-tree (Dr. Dietrich Weller )

     

    Many years ago, on a hot sunny day, in the shade of an old oak-tree, Master Xi and his pupils were resting. There was silence in the air. Suddenly, Master Xi asked his pupils: “What is the meaning of silence? “ The pupils remain silenced. Than he started to explicate:

    “Let’s consider the virtues of an aged turtle, which is the symbol of universe, longevity and endurance. Turtles crawl over the Earth on their bellies, but their shells, with their dome shaped backs, are like a vault to the sky, representing the universe. Their incredible longevity and endurance leads one to believe they are everlasting. The shell pattern describes their ability to pass on their virtues for posterity. However, a turtle’s greatest virtue is silence.                              In silence, the turtle overcomes the storms.  In silence man overcomes the stormy times.

    The world is old; the silence is even older. The Almighty communicates to all beings, in the unique mode  understood from everyone – with the voice of Silence.

    Silence is the evidence of inner knowledge, and the joy of a deeply satisfying inner awareness. By reaching into the inner silence, one achieves just the right sense of serenity and realization of utter bliss and perfection.

    Fruits ripen in the sun; noble thoughts ripen in the silence.         In the silence of the silent mind there is nothing to hear but peace.

    Dr. med. André Simon

     

    Credits

    An Oak-tree was photographed by Dr. Dietrich Weller, who agreed to illustrate this text. The author is grateful for this permission.
     http://www.fotocommunity.de/user_photos/38236792

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Die Stille

    Vor vielen Jahren ruhte sich Meister Xi mit seinen Schülern an einem heißen, sonnigen Tag im Schatten einer alten Eiche aus. In der Luft war es ruhig. Plötzlich fragte Meister Xi seine Schüler: Was bedeutet Stille?“

    Die Schüler blieben stumm. Dann begann er zu erklären:

    „Lasst uns die Tugenden einer alten Schildkröte betrachten, die das Symbol für Universum, Langlebigkeit und Ausdauer darstellt. Schildkröten kriechen auf ihren Bäuchen über die Erde, aber ihre Panzer mit ihren kuppelförmigen Rücken ragen wie ein Tresor in den Himmel und stellen das Universum dar. Ihre unglaubliche Langlebigkeit und Ausdauer lässt uns glauben, sie leben ewig. Das Panzermuster beschreibt ihre Fähigkeit, ihre Tugenden an die Nachwelt weiterzugeben. Die größte Eigenschaft einer Schildkröte jedoch ist ihr Schweigen.

    In der Stille überlebt die Schildkröte die Stürme. In der Stille überlebt der Mensch stürmische Zeiten.

    Die Welt ist alt; die Stille ist noch älter.

    Der Allmächtige nimmt mit allen Wesen in einer einzigartigen Weise, die von jedem verstanden wird, Kontakt auf, mit der Stimme der Stille.

    Stille ist das Zeichen des inneren Wissens und die Freude einer tief befriedigenden inneren Achtsamkeit. Indem man in die innere Stille hineinreicht, ermöglicht man genau den richtigen Sinn von Abgeklärtheit und die Verwirklichung der äußersten Glückseligkeit und Vollkommenheit.

    Obst reift in der Sonne; edle Gedanken reifen in der Stille. In der Stille eines stillen Geistes gibt es nichts hören außer Friede.

    Dank
    Die Eiche wurde von Dietrich Weller aufgenommen, der erlaubt hat, diesen Text damit zu bebildern. De Autor dankt für die Genehmigung.
    http://www.fotocommunity.de/user_photos/38236792

     

  • Gemeinsame Werke

    (1.1.2019)

     

    Manche Schriften und Gedichte
    aus meiner Heimat
    und anderen Teilen dieser Erde
    behüte ich wie Schätze in meiner Brust
    Ihre Aussagen verbinde ich
    bei neuen Wahrnehmungen
    Begegnungen und Berührungen
    mit gegenwärtigen Klängen, Farben und Düften
    Das Ergebnis teile ich meiner Umwelt
    bedacht  in der Hoffnung mit
    dass Betrachtungen und Behandlungen allgemein
    umsichtiger, zärtlicher
    und barmherziger werden

    ֎֎֎

  • Water (Shui)

     

                  

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    The Chinese pictogram for water represents a straight vertical line as a river  with sloping small tributaries.

    If they wanted to rest, teachers and their pupils have always chosen a place nearby a river.

    Water runs, and every drop is of the same substance.

    Water is not frightened of being divided and later united, because it is eternal.

    Water has a flattering comforts as used by washing of our body,

    but at the same time can be powerful and overwhelming, like in the floods.

    Water is deep in lakes and oceans, where it is dangerous and embodies the

    almost mysterious darkness. When it is calm and still, the water reflects the sky.

    Water is vital to life on Earth.

    “To be strong, you have to be like a water; if there are no obstacles it flows; if there is an obstacle it stops; if a dam is broken then it flows further.                           If a vessel is square, then it has a square form, if is a round, it has a round form, because it is so soft and flexible, it is the most necessary and strongest thing in the world.”  Lao-Tzu

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Wasser

    Das chinesische Schriftzeichen für Wasser stellt eine gerade senkrechte Linie wie ein Fluss mit abgeschrägten kleinen Zuflüssen dar.

    Wenn sie sich ausruhen wollten, haben Lehrer und ihrer Schüler immer einen Platz an einem Fluss in der Nähe ausgewählt.

    Das Wasser fließt, und jeder Tropfen besteht aus der gleichen Substanz.

    Das Wasser wird nicht verängstigt, wenn es geteilt und später wiedervereinigt wird, weil es ewig währt.

    Wasser bietet einen schmeichelnden Komfort, wenn es zum Waschen unseres Körpers benutzt wird.

    Aber es kann ebenso kraftvoll und überwältigend wie bei Überflutungen sein.

    Wasser befindet sich tief in Seen und Ozeanen, wo es gefährlich ist und die beinahe geheimnisvolle Dunkelheit verkörpert.

    Wenn es ruhig und still ist, spiegelt das Wasser den Himmel wider.

    Wasser ist für die Erde lebensnotwendig.

     

    Um stark zu sein, musst du sein wie Wasser; wenn es keine Hindernisse gibt, fließt es;

    wenn es Hindernisse gibt, stoppt es.

    Wenn ein Damm gebrochen ist, fließt es weiter.

    Wenn ein Gefäß quadratisch ist, hat Wasser eine quadratische Form, wenn es rund ist, wird das Wasser rund.

    Weil es so weich und anpassungsfähig ist, ist es eine äußerst notwendige und stärkste Sache auf der Welt. (Lao Tzu)