Schlagwort: Sprache

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    Weltweit erkennbar ist der Trend
    Dass man die Frau stets extra nennt.
    Bei Bürgern, Ärzten und Patienten
    Muß „-innen“ man gleichauf verwenden.

    Viel wurd‘ erreicht von den Emanzen
    Nur nicht die Führungskraft beim Tanzen.
    Ein and’res – sprachlich weites Feld
    Ward feminin noch nicht bestellt.
    Es muss die Frauen wurmen sehr
    Die Dominanz der Silbe „ER“.

    Ehr-geiz, Er-lebnis und Er-folg
    Sind doch nicht männliche Domänen
    Wenn ich den Lauf der Welt verfolg‘
    Bestimmen Frauen das Er-gebnis.

    Wenn wir das Ehr-gefühl mal nehmen.
    Das ist nicht solo maskulin
    Frau sollt‘ sich’s „Sie“-Gefühl nicht schämen.
    Der Er –os ist auch feminin.

    Studentinnen fühl’n kein Verlangen
    In Bayern zu immatrikulier’n
    Man könnte aber in Er-langen
    Mit Recht Si -nologie studiern.

    Die Hauptstadt Thüringens zu kennen
    Ist Qual fürs weibliche Geschlecht
    Statt Er-furt – „Sie-furt sie zu nennen.
    Das wär‘ so manch‘ Emanze recht.

    Man möcht‘ als Frau verächtlich zischen
    Und gerne flög‘ man auch nicht mehr fort
    Spricht man(n) stets nur von Air-condition
    Auf einem dominanten Air-Port.

    Die Frau am Steuer – das macht frei.
    Viel schöner als die Wohnung putzen.
    Doch kommt’s zum Unfall mal dabei
    Soll man als „Sie“ den Air-Bag nutzen?

    Was man dem Manne lassen muß
    Zum Trotz der Emanzipation
    Das ist – wenn gut kommt der Er-guss
    Bei kräftig strammer Er-ektion.

    Was wünscht „Sie“ Männern – meistens Strolchen
    Er-kältung, Är-ger und Er-brechen
    Und spricht man auch nicht von Er-dolchen
    Kann man sich mit Er-nährung rächen.

    ’ne contradictio in adjectu
    Und gleich beim Standesamt zu streichen
    Ist Er-ika – der Name schreckt so
    Das „Er“ darin sollt tunlichst weichen.

    Solch eine E(r)radikation
    Vom weiblichen Geschlecht betrieben
    Ruft auf den Plan Opposition
    Wo wär‘ sonst Männerstolz geblieben.

    Jetzt regt im Mann sich der Verstand
    Dass er das „Sie“ im Wort vertreibe
    Ist gegen Sie-mens, Si-mulant
    Und rückt der Sy-philis zu Leibe.

    Auch Si-oux, Si-phon und Si-lage
    Die Sie-ben, Si-nus und Si-zilien
    Dies bringt die Männerwelt in Rage
    Und es sträuben sich die Cilien.

    Der Mann, der mache keinen Är-ger
    Und spiel‘ den wundgeschoss’nen Tiger
    Läuft er auch Sturm wie ein Berserker
    Das Weib bleibt doch am Ende  S i e – ger.

     

    Copyright Dr. Volker Steffen)

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    Über das Schriftbild der Ärzte – vornehmlich traditionelle Rezepte und Unterschriften betreffend – gehen die Meinungen auch wohlmeinender Betrachter nicht weit auseinander. Den Medizinern wird allgemein eine schlechte und vor allem unleserliche Handschrift attestiert. Das hat Ursachen in der Hatz des beruflichen Alltags, was das erwähnte Urteil allerdings auch nicht mildert. Doch es gibt rühmliche Ausnahmen.

    Mein verehrter klinischer Lehrer Professor August Sundermann – weit bekannter und strenger Ordinarius für Innere Medizin an Erfurts nunmehr erfolgreich beerdigter Medizinischer Akademie, Erzieher vieler Studenten und Ärzte – hatte selbst ein bemerkenswert schönes und deutliches Schriftbild. Zusätzlich fesselte er in seinem Kolleg und bei wissenschaftlichen Vorträgen mit wohlverständlicher Artikulation der Sätze. Zu Ärzten und Studenten, die handschriftliche Texte oder ihre Unterschriften nicht lesbar oder in abstrakter Form zu Papier brachten, sagte er ironisch: „Schämen Sie sich Ihres Namens, dass Sie ihn so unlesbar entstellen, oder können Sie nicht richtig schreiben?“

    Im Übrigen forderte er – wie jeder verantwortungsbewusste Lehrer – generell für alle und von allen eine lesbare Schrift und verständliche Aussprache. „Denn Sprache und Schrift sollen zur Verständigung der Menschen dienen und nicht zur Verschleierung von Identität, Gedanken und Problemen!“

    Womit er nicht nur die Mediziner in die Pflicht nahm. Und, recht überlegt, scheint das Sundermannsche Credo immer mehr an Bedeutung zu gewinnen.

     

    Aus Kardach, Medizin tropfenweise, Peter-Stein-Verlag, Weimar.

    Copyright Dr. Siegbert Kardach