Schlagwort: Tiere

  • Selbstüberwindung

    (19.7.2018)

     

    In durchlöcherten Schuhschachteln
    umgeben von Maulbeerblättern
    sah ich die Entwicklung der Seidenraupen
    ihr mehrfaches Häuten
    die Entstehung der Kokons
    das kurze Dasein der Schmetterlinge
    die Farbveränderungen der kleinen Eier 

    In ständiger Selbstüberwindung
    auf unterschiedlichen Ebenen
    nahm mein Leben seinen Lauf
    bei aller Versunkenheit und Glückseligkeit
    stets begleitet von der Sehnsucht
    einen Meißelschlag auszuführen
    an der werdenden Statue
    der Menschengesellschaft

    ֎֎֎

  •                                     

     

    Da Vinci Lesson    

    Leonardo da Vinci wrote, that the virtue of gratidude is said to be better developed in hoopooes than in humans. When hoopooes see their parents grow old, they make a nest for them, feed them and with their beaks they pull out old and shabby feathers, since they well know the benefits of life and food they have received from their parents.

    Could Leonardo observe this bird accurately, or most probably it was only fatherly lesson to his son Paulo?

    Today, five centuries later, Leonardo would update his fable, and complete it with a moral:                                       If One day you see me old, you will notice my ignorance on new technologies.  Be patient and give me the necessary time, as I had all the patience to teach you the ABC. One day you will find, that despite my mistakes, I always wanted the best for you, I tried to pave you the way We do not abandon our own parents at the time of real need: they have never done with us. And let us remember, that life is like a wheel: sooner or later we shall fall into the ditch that we dug ourselves.

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Leonardo da Vinci schrieb, die Tugend der Dankbarkeit sei bei den Wiedehopfen besser entwickelt als bei Menschen.

    Wenn sie die Eltern alt werden sehen, bauen sie ein Nest für sie, füttern sie, und rupfen  mit ihren Schnäbeln alte und zerzauste Federn aus, da sie um die Vorteile des Lebens und der Nahrung wissen, die sie von ihren Eltern empfangen haben. Mit einem bestimmten Kraut, das sie in die alten Augen tropfen, stellen sie die Sehstärke wieder her.

    Konnte Leonardo die Vögel genau beobachten, oder war es nur die väterliche Lektion für seinen Sohn Paolo?

    Heute, fünfhundert Jahre später, würde Leonardo seine Fabel auf den neuesten Stand bringen und mit einer Moral vervollständigen.

    Wenn du mich eines Tages alt siehst, wirst du meine Unkenntnis über neue Technologien bemerken. Sei geduldig und gibt mir die nötige Zeit, da ich auch die alle Geduld hatte, um dir das ABC beizubringen. Eines Tages wirst du entdecken, dass ich trotz meiner Fehler immer das Beste für dich wollte. Ich habe versucht, Deinen Weg zu ebnen. Wir verlassen unsere eigenen Eltern nicht, wenn sie uns wirklich brauchen: Sie haben uns nie verlassen.

    Und lass uns daran denken, dass das Leben wie ein Rad ist: Früher oder später werden wir in den Graben fallen, den wir selbst ausgehoben haben.

     

    Nachträgliche Bemerkung des Autors:

    Das Wort vici aus dem bekannten Zitat von Julius Caesar „Veni, vidi, vici“ – ich kam, sah und siegte – auch im Italienischen vinci die Bedeutung gesiegt.

    Leonardo ist als uneheliches Kind des Notars Piero geboren und als Leonardo de Piero getauft. Der Namenszusatz da Vinci ist kein Famiien-, sondern ein Herkunftsname und bedeutet aus dem Ort Vinci.

     

     

     

                                                                                                                                                                                                               

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    Dieser Artikel  wurde in dem GeNoMagazin für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikverbunds Gesundheit Nord, Ausgabe 20, im Juni 2018 veröffentlicht. Wir danken für die Abdruckgenehmigung. Autorin des Artikels ist Melanie Walter.

    Da der Artikel auf zwei DIN A4-Seiten erschien ist, die in diesem Format hier nicht lesbar sind, haben wir die Einzelteile separat abgedruckt.

     

    Der Gefäßchirurg ist seit 1996 Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie im Klinikum Bremen-Nord. Seit Mai 2018 ist er zudem Vorsitzender der Bremer  Krebsgesellschaft. Während des Studiums in Kiel hat sich der 61-Jährige in den Norden Deutschlands verliebt. Nach vielen Jahren Ruder-Pause hat er wieder mit dem Rudern angefangen.
    Heiner Wenk ist aktives Mitglied in zwei Rudervereinen. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. In seiner Freizeit spielt er auch Gitarre.

     

     

    „Beim Schreiben kann ich gut Gedanken ordnen“

    Gefäßchirurg Heiner Wenk ist Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Schriftstellerärzte (BDSÄ). Sechs Tage vor der Zeitumstellung auf Sommerzeit ist Heiner Wenk guter Dinge. Der
    Frühling steht vor der Tür, Vogelgezwitscher und die wärmende Sonne lassen keine
    Zweifel an der neuen Jahreszeit. Kaum zu glauben, dass der Gefäßchirurgie-Chefarzt
    aus dem Klinikum Bremen-Nord dagegen ist, an der Uhr zu drehen.
    „Der Frühaufdreher oder: Gegen die Zeitumstellung“ lautet der Titel eines Textes,
    den der 61-Jährige veröffentlicht hat. Launig und leicht, dabei logisch gedacht,
    reiht er eigene Gedanken aneinander. Es geht um die Zeit. Zeit an sich und wie
    sich die Zeiten ändern. Und es geht ums Rudern und darum, dass auch das
    sich verändert mit der Zeit.
    Schreiben strukturiert das Denken, findet Heiner Wenk. Er gehört dem Bundesverband
    Deutscher Schriftstellerärzte (BDSÄ) an. Dort finden sich auch viele weitere, sehr
    unterschiedliche Texte vom Chefarzt der Gefäßchirurgie.
    Der Wassersport ist seine große Leidenschaft, dicht gefolgt von der Gefäßchirurgie.
    Wenn er nicht mit den Vereinskollegen von Bremen 1882 auf der Weser rudert, lebt
    Heiner Wenk seine sportliche Passion am liebsten auf der Hamme aus, die er als
    schönsten Fluss der Welt bezeichnet.
    „Unglaublich toll ist die Regatta Anfang März durch Amsterdam. Es ist kalt. Es ist eine
    lange Tour. Und jedes Mal frage ich mich in meinem Achter ‚Warum mache ich das?‘
    Aber die Stadt ist so schön und das in dieser Jahreszeit.“ Auch bei der drittgrößten
    Regatta der Welt auf der Außenalster ruderte er im Vierer mit.
    Prof. Wenk ist dagegen, dass zweimal im Jahr die Uhr verstellt wird. „Man kann
    die Zeit umstellen“, schreibt er. Aber muss man das, nur weil der Mensch es kann?
    „Ein Wahnsinn. Eine Riesenspökenkiekerei.“ heißt es in „Der Frühaufdreher“.
    Der Autor möchte die Winterzeit abschaffen.
    „Beim Schreiben kann ich gut Gedanken ordnen“, antwortet Prof. Wenk auf die Frage,
    warum er schreibt. Er tut das schon sehr lange. Gerne frühmorgens, mit dem Blick auf
    die Wiesen vor’m Fenster, die Vögel im Ohr. Es gibt Bücher von Heiner Wenk, „die werden
    auch gelesen“. „Jette in Weimar“ heißt eines, darin geht es um den Familienhund,
    der sich im Urlaub in Thüringen sehr wohl fühlt.
    Während er davon erzählt, klingelt das Handy des Chefarztes. „Hast du ’ne
    Mannschaft zusammen?“, wird der Anrufer gefragt. Wenige Worte werden
    gewechselt und alles ist klar. Demnächst läuft der Gefäßchirurg beim Organspende-
    Lauf in Berlin mit. Strahlend freut er sich darüber, auch seine dritte Leidenschaft –
    das Laufen – mit der Gefäßchirurgie verbinden zu können. „Das mache ich nur,
    weil ich da sowieso auf einem Kongress bin.“

    www.bdsae.org

     

  • Im Düngel

     

    Früher, als Kind, musste ich samstags in die Badewanne. „Fichtennadel“ war der bevorzugte Badezusatz. Das sind Geruchswahrnehmungen, die sich ganz tief ins Langzeitgedächtnis eingraben.

    Ein zweites Nadelholz weckt bei mir noch angenehmere Assoziationen: Die Kiefer. Auch Föhre genannt, wie sympathisch: Sylt, Amrum, Föhr: Das passt.

    Der Duft der Kiefer, der Föhre erinnert mich an schönste Kindheitstage, wenn wir in den „großen Ferien“ unsere Großtante Trude in Barsinghausen am Deister besuchen durften: Durch den Kiefernwald laufen bis zum Schwimmbad der Sportschule des Niedersächsischen Fußballverbandes, baden, Staudämme bauen im Wald, Lagerfeuer machen und sich ewige Freundschaft beim Gotte Manitu schwören.

    Genau diesen Geruch habe ich im Düngel wiederentdeckt.

    Der Düngel: Ein Wald, ein Staatsforst zwischen Meyenburg, Lehnstedt und Garlstedt: Kennt man doch, oder?

    Da, wo in Meyenburg der Brandberg in den Bollmannberg übergeht, ist der Waldrand. Auf dem Seedorfer Weg geht es in den Kiefernwald, als erstes sieht man ein Erholungsheim der evangelischen Kirche, dann ein paar Ferienhäuser, und dann ist man alleine und mittendrin im Wald – so viele Pflanzen und Bäume, Gerüche, viel zu viele Mücken, und dann steht die Rute meines Hundes, und drei Meter vor uns flüchtet ein Reh, das mir in der Reizüberflutung komplett entgangen war, Jette aber nicht.

    Ich reihe mich ein in die große Zahl derer, die sich hier wohlfühlen, für die der Wald Rückzugs- und Regenerationsraum ist.

    Schon lange ist diese Gegend besiedelt.

    Hünengräber, hier Megalithengräber genannt, legen seit 5000 Jahren Zeugnis darüber ab. Eine andere Ruhestätte berührt mich besonders: Es ist eine Kriegsgräberstätte für serbische Soldaten, die hier im ersten Weltkrieg umgekommen sind. Das ist ein wohltuendes Pendant zu den Soldatengedenksteinen auf unseren Friedhöfen, die noch heute den Krieg verherrlichen, von einem „guten Kampf“ sprechen, den der Soldat gekämpft, bevor er „seinen Lauf“ vollendet hat.

    Und nun beende ich meinen Lauf mit dem Hund und steige aufs Rad. Über die Autobahn, die den Düngel durchquert, fahren wir zu den Heidhofer Teichen. Hier findet sich eine naturbelassene Moorlandschaft, unter den Bäumen dominieren Eichen und Birken.

    Wir tanken auf im Wald.

    Sauerstoff, Ruhe, Gerüche von Kiefern, Pilzen, Farnen und Blumen nehme ich mit nach Hause.

    Der Wald ist Schauplatz vieler Mythen. In der Literatur ist er mal idyllischer Schauplatz, mal Ort von Horrorszenarien. Das geht bis in die Kinderbücher hinein: Wegen Ronja Räubertochter mussten wir mehrfach Urlaub in Schweden machen. Weil nicht nur für mich, sondern auch für meine Kinder der Wald ein besonders schöner und geheimnisvoller Ort ist.

    Sooft es geht, bin ich mit Jette im Dügel. Irgendwann treffe ich sie, die Kobolde, Waldgeister oder die Wildruden von Astrid Lindgren. Jette spürt sie auf.

     

  • Artemis, eine Bärengöttin?  

     

    Über Artemis, die „Bärengöttin“ ist vielerlei geschrieben worden, z. B.:

    …meinte K. Glaser die „Bärengöttin“ (Αρκτ[ε]μις  zu  αρκτος) in ihr zu erkennen“, H. Gams, in: Artemis, Der kleine Pauly, 619.

    …die urtümliche Erscheinungsweise der πότνια ἅρκτων, ἲππων, ταὐρων“, ebenda, 622.

    …in Attika zeugt ein vom Staat anerkannter Brauch von der alten Bärennatur der Göttin,  Hoenn 1946, 19.

    …les petites ourses, qui exécutent, en l’honneur d’Artemis, la déesse Ourse, une danse où elles imitent l’animal sacré, Kahil 1977, 94.

    …In alten Geschichten hatte ja Artemis noch die Gestalt der Bärin, Kerényi 71984, Band I, 116 f.

    …im Kreis der Artemis, wo die große Göttin und ihre kleinen  Doppelgängerinnen als Bärinnen galten und Bärinnen hießen, Kerényi 71984, Band II, 98.

    …In einer Reihe von Sagen wird Artemis offensichtlich mit diesem Tier [dem Bären] assoziiert, und vielleicht hat man sie sich in älterer Zeit in Bärengestalt vorgestellt, Parke 1987, 214.

    … Kallisto wird in das alte Symbol der Göttin, die Bärin, verwandelt, RE II, 3 (1895) 1341.

    …Zahlreiche Arten von Tieren werden der Artemis heilig gehalten, von Raubtieren besonders die Bären (in Arkadien Artemis Kalliste oder ihre Hypostase Kallisto selbst als Bärin gedacht), RE II, 3 (1895) 1344.

    …Bärin, Symbol der Artemis in peloponnesischen (besonders arkadischen) und in attischen Kulten, RE II, 3 (1895) 1434.

    …Artemis…die  als Kallisto in Bärengestalt hoch verehrt wurde, v. Scheffer 1939, 32.

    …Artemis, die ursprünglich selbst eine Bärin war, Schefold 1981, 229.

    Aber halten diese Zitate auch Stand? Artemis, eine Bärengöttin?  So reizvoll es wäre, den Aussagen namhafter Autoren zu folgen, so problematisch ist es auch, denn um es gleich vorweg zu nehmen: für eine Bärengestalt der Artemis/Diana fehlen allem Anschein nach die antiken Belege, ob in Form literarischer Quellen und/oder als eindeutige, z. B. epigraphisch gesicherte bildliche Darstellungen. Kerényi, der sich häufig auf antike Texte berufen hat, lässt bei dieser Frage ebenfalls im Stich. In der „Helena“ des Euripides, die er als Quelle angibt, ist nur von der Verwandlung der Kallisto in einen zottigen Vierfuß [1] die Rede. Artemis wird weder als Bärin noch als Bärengöttin apostrophiert. Ähnliches gilt auch für die Hygin-Zitate des Autors[2]. Lediglich Lukian von Samosata[3], der unter den heiligen Tieren der syrischen Göttin, „welche zugleich der Rhea und der Artemis verglichen wird“, auch den Bären nennt, kommt der Thematik einigermaßen nahe.

    Homer setzt Artemis mit der Herrin der Tiere, πότνια  θηρὦν[4], gleich. Die Abwandlung „πότνια ἅρκτὦν“, Herrin der Bären, taucht lediglich in einer Sekundärliteratur, ohne Angabe antiker Quellen, auf[5]. Als πότνια  θηρὦν hat die Göttin ihre Tiere, vor allem Löwe und Stier, Hirsch und Federvieh[6], fest im Griff. Die Bärin/Arktos ist nicht unter ihnen[7]. Dennoch bestehen enge direkte und indirekte Beziehungen zwischen Bären und Göttin. So hat Artemis die flinke Läuferin… Atalante… sehr gelobt,… die ebertötende Tochter des Arkassohnes [8], die als Neugeborene von einer Bärin gesäugt worden war[9]. Unter den vielen Tierstatuetten, die man den griechischen Göttern weihte, sind Bären ausgesprochen selten. Wenn sie dennoch als Votivgabe in Erscheinung treten, lassen sie sich in aller Regel einem Artemisheiligtum zuordnen, gerade als ob die Verehrer dieser Gottheit im Bären eine besonders willkommene Weihgabe sähen, bisweilen sogar ein angemessenes Tieropfer[10]. Pausanias nämlich berichtet, dass auf dem Altar der Artemis Laphría in Patrai/Patras lebende Tiere verbrannt wurden, darunter kleine und ausgewachsene Bären[11]. Im Heiligtum von Lusoi fand man Bärenzähne, ein Votiv, das ebenfalls auf eine jagende, tötende Gottheit hinweist[12]. Ursprünglich empfing Artemis auch Menschenopfer[13]. Nach dem Mythos von Aulis wurde die zum Opfertod bestimmte Königstochter Iphigenie von der Göttin verschont und durch eine Hirschkuh ersetzt[14]. In Brauron tritt eine Bärin an die Stelle des Opfers[15].

    Als junge Athener eine heilige Bärin töten, sendet Artemis der Stadt zur Strafe eine Pestepidemie, die erst dann enden soll, wenn die Bürger ihre kleinen Töchter als „arktoi /Bärinnen“ in den Dienst der Göttin stellen[16]. Das  „Einbären“, ̒αρκτεύειν, findet etwa im Alter von neun Jahren statt[17]. Die aus Brauron stammenden, in einer Privatsammlung aufbewahrten Fragmente sog. Krateriskoi haben die Kenntnisse von den eigentümlichen brauronischen Kultbräuchen der Arkteia erweitert[18]. Außer den laufenden Mädchen und der bogenschießenden Göttin sind u. a. zwei Gestalten mit menschlichen Körpern und Bärenköpfen dargestellt: ein Mann mit nacktem Oberkörper und übergestülptem Bärenkopf und eine Frau in Chiton und Mantel mit Bärenmaske[19]. Offenbar handelt es sich um Kultpersonen im Rahmen des festlichen Rituals zu Ehren der Artemis Brauronia. L. Kahil verweist auf eine Passage bei Hesych, in der die Bärin als heiliges Tier und zugleich als Priesterin der Artemis bezeichnet werde[20]. Antike Schriftsteller schildern also durchaus enge Beziehungen zwischen Bären und Göttin; doch wenn es gilt, dieser selbst die angeblich vorhandene Bärennatur nachzuweisen, dann versiegen die Quellen. Der Kult für die keltisch-römische Gottheit Dea Artio, die sowohl in Frauen- als auch in Bärengestalt verehrt wird, hat anscheinend nur lokale Bedeutung[21].

    So viele Beinamen man Artemis auch gegeben hat[22] – die Bärin gehört nicht dazu. Häufige Begleittiere sind nicht Bären, sondern Hirschkuh, Löwe und Panther, dann Ferkel und Greif, Hahn und Hase[23]. Auch im Umfeld der πότνια  θηρὦν /Herrin der Tiere fehlen die Bären[24]. Sie werden in den Quellen genannt, aber selten bildlich dargestellt. Ausnahmsweise erscheint auf einem der brauronischen Krateriskos-Fragmente ein Bär. Man erkennt seinen Rücken, ein Ohr und den oberen Teil der Schnauze[25]. Ein anderes Fragment zeigt die bogenschießende Artemis im kurzen Gewand.

    Die Metamorphose in eine Bärin ist in der antiken Literatur gut belegt, doch sie  bezieht sich auf Kallisto, eine schöne Nymphe aus dem Jagd-Gefolge der Artemis[26]. Ihr Name, Kallisto, führt zur Frage nach der Identität der Jägerin mit der Göttin, die selbst den Beinamen Kalliste trägt[27]. Pausanias schildert das Grab der Kallisto auf einer hohen Anschüttung …, auf deren Spitze das Heiligtum der Artemis liegt[28]. Dabei habe ich den Eindruck, fährt er fort, dass Pamphos, ein vorhomerischer Dichter, etwas von den Arkadern erfahren hat, da er als erster in seinem Gedicht Artemis Kalliste nennt. Außer an diesem Ort befinden sich in der Nähe der Akademie von Athen ein Bezirk der Artemis und Holzstatuen der Ariste und Kalliste. Wie ich meine, und womit auch die Epen des Pamphos übereinstimmen, sind das Beinamen der Artemis[29].

    Mit … Kallisto … kam Zeus als Liebhaber zusammen[30]. Er täuscht die Jungfrau auf üble Weise, nimmt Gestalt und Tracht der Diana/Artemis an[31] und umarmt sie. …sie wehrt sich, doch wen könnte ein Mädchen und wer könnte Iuppiter besiegen?[32] … Zeus … schickte Hermes, um das Kind zu retten, das Kallisto im Leibe trug. Sie selbst aber verwandelte er in ein Gestirn, den sogenannten Großen Bären, den auch Homer … erwähnt[33].

    Parallelmythen mit teilweise widersprechendem Inhalt variieren die Begebenheit. In Bärengestalt irrt Kallisto umher, bis sie eines Tages auf Arcas stößt, ihren Sohn, den späteren Lokal-Heros Arkadiens. Er ist inzwischen 15 Jahre alt und ein tüchtiger Jäger, der seine Mutter in ihrer verwandelten Gestalt nicht erkennt. Gerade als er die Brust des wilden Tieres mit seinem Geschoss durchbohren will, greift endlich der Verursacher von Leid und Verwirrung, Zeus/Jupiter, ein, versetzt die beiden an den Himmel und macht sie zu benachbarten Sternbildern[34]. Juno/Hera, seine eifersüchtige Gemahlin, gibt sich erst zufrieden, als die Meergötter dafür sorgen, dass die Große Bärin für immer um den Polarstern kreist[35], ohne jemals die Wohltat des Bades im Okeanos, dem reinen Meer, zu erfahren[36]. Eine andere Version des Mythos wurde mehrfach in Bildern dargestellt: die Göttin zielt mit Pfeil und Bogen auf die weibliche Gestalt, die durch den kleinen Knaben in ihrer Nähe als Kallisto ausgewiesen ist[37]. Pausanias lernte noch das heute verlorene Gemälde des Polignotos in Delphi kennen, auf dem Lykaons Tochter Kallistostatt einer Decke ein Bärenfell hat[38]. Apulische (Vasen-) Bilder geben den Augenblick der Metamorphose wieder: wild und zottig wachsen die Haare, Fell bedeckt die Arme, aus den Händen werden Tatzen und aus den Fingern Krallen. Die merkwürdig spitzen Ohren, die im Gegensatz zu den meist rundlichen Ohren der natürlich vorkommenden Bärenarten stehen[39], wurden zuweilen als bärentypisch beschrieben[40]. Auch die römische Bronzefigur einer Bärin im Aachener Dom ist mit „wölfisch“ spitzen Ohren wiedergegeben. Der fehlende Schwanz, ein üppiger Fellkragen und die weiblichen Brüste lassen keinen Zweifel an ihrer Bärennatur. Sie ist wie Künzl bemerkt, „ein Bär mit leichten zoologischen Ungenauigkeiten“[41]. Vielleicht hängt das mit der wundersamen Genealogie der Kallisto zusammen. Sie gilt bald als Nymphe, bald als Tochter des arkadischen Königs Lykaon[42]. … die Bärin schauderte, wenn sie im Gebirge Bären erblickte, und hatte Angst vor Wölfen, obwohl ihr Vater einer war[43]. Ovid verbindet also zwei verschiedene Arten von Säugetieren miteinander. Wenn es bei Euripides[44] heißt: …In des Raubtiers Gestalt verschwanden die Bürden des Kummers…, dann stellt sich die Frage, ob die Metamorphose der Kallisto überhaupt als Bestrafung zu werten ist, wie es so häufig geschieht. Schließlich handelt es sich bei der Bärin um ein heiliges Tier der Artemis[45].

    Das Verhalten der vielgestaltigen Göttin gegen Mensch und Tier ist merkwürdig ambivalent. Sie behütet Lebewesen, doch sie vernichtet sie auch: …hat dich die Schützin getötet, Artemis, die dich traf  mit ihren sanften Geschossen[46]schon beim dritten Mal hast du … auf ein Tier geschossen[47]. Ein Relief in Kassel zeigt die „Hirschtrefferin“/elaphebolos, die dem verwundeten Tier mit einem zweiten Speer den Todesstoß gibt. Entsprechend den Gepflogenheiten neolithischer Zeit ist für die Jägerin Artemis das waidgerechte Töten selbstverständlich[48].

     

    Artemis als Hirschtrefferin. Relief, Ende des 5. Jhs. v. Chr..

    Kassel. Aufnahme der Verfasserin

    Das vierte Mal hast du… dein Geschoss auf die Stadt der Ungerechten gelenkt, die…vielerlei Freveltaten verübten[49].                                 

    Da dich für die Weiber zur Löwin

    Zeus gemacht und dir gab zu töten, wen du nur möchtest[50].

    …die Frauen sterben… im Wochenbett, von einer Krankheit befallen[51]

    Wenn Artemis ihre Integrität verletzt sieht[52] oder Sterbliche sich der Hybris/Überheblichkeit schuldig machen, ist die Rache der Göttin furchtbar. Als Niobe sich ihrer vielen Söhne und Töchter rühmt und es wagt, sich über Leto, die nur zwei Kinder geboren hat, nämlich Artemis und Apollon, zu erheben, bricht das Unheil über die Niobiden herein.  Diese [die Knaben] hat Apollon getötet mit silbernem Bogen…die Töchter die Artemis pfeileverschüttend…[53].

                      Tötung der Niobiden, Kelchkrater, ca. 450 v. Chr., Paris

                                    Nach Simon 21981, 133-135 Abb 193[54]

     

    Doch Artemis ist auch Heilerin, die zusammen mit ihrer Mutter Leto den verwundeten Aenaeas behandelt[55]; sie ist Helferin, die für glückliche Geburten sorgt: Nur selten wird sie in eine Stadt hinabsteigen, wenn nämlich Frauen, von akuten Wehen gequält, mich als Nothelferin rufen[56]. Auf wen du… freundlich lächelnd und gnädig herniederblickst , gut trägt denen die Ackerfurche Ähren, gut geht die Zucht der Vierbeiner, gut vergrößert sich der Hausstand. Und nie gehen sie zu den Gräbern, es sei denn, sie bringen etwas Hochbetagtes[57].Als Kourotrophos[58] schützt und fördert sie kleine hilflose Wesen, ein Aspekt, der auch Bärinnen eigentümlich ist. Nach Aristoteles nämlich werden die neugeborenen Bärenkinder von ihrer Mutter nicht nur genährt[59], sondern durch beharrliches Lecken erst in Form gebracht[60].

    Wie ist es nun um die Bärengestalt der Göttin Artemis bestellt?

    Es gibt die Darstellungen und literarischen Zeugnisse zu den Arkteia, den Festen zu Ehren der Artemis Brauronia. Kleine Mädchen[61] führen rituelle Läufe aus, wobei sie von Priester/inne/n mit Bärenköpfen und- Masken beaufsichtigt werden. Sie tragen krokosfarbene Gewänder und werden Bärinnen, arktoi, genannt, aber als Menschenkinder wiedergegeben. Artemis nimmt als Jägerin, in weiblicher Gestalt, an den Festlichkeiten teil, ohne jeden Hinweis auf eine viel beschworene „Bärennatur“. Der Versuch, sie als Bärengöttin zu etablieren, basiert vor allem auf der Identifizierung mit Kallisto, deren Verwandlung in eine Bärin ja literarisch und bildlich belegt ist. Doch wenn man die unsterbliche Göttin derart eng mit einer Untergebenen verknüpft, so heißt das, sie einer Nymphe anzugleichen, die zwar langlebig, aber eben doch sterblich ist[62], die nicht nur verwandelt und verstirnt sondern auch getötet und begraben werden kann, Begebenheiten an denen die Göttin einigen mythologischen Strängen zufolge wiederum aktiv beteiligt ist.

    Eine andere Folge der Identifikation wäre die Verbindung einer Gottheit mit einem Grabmal – ein Widerspruch in sich, noch dazu, da sich dieses Grabmal auf dem Gelände des Heiligtums eben dieser Gottheit befindet.

    Im Übrigen verlöre die Göttin, indem man sie via Kallisto zur (Gattin und) Mutter macht, ihre notorische Jungfräulichkeit[63]. Für einen solchen  willkürlichen Eingriff in die mythologische Charakteristik der Artemis fehlt in Literatur und darstellender Kunst der Antike jede Grundlage[64]. Selbst wenn man ihre Aspekte als Geburtsgöttin und Kourotrophos, Potnia Theron, Ephesia und Pergaia berücksichtigt, ist es eine Sache, als große umfassende  Fruchtbarkeitsgottheit über Gedeihen und Vergehen der Natur zu wachen, aber eine andere, eingeengt auf einen lokalen Kult als Mutter des Individuums Arcas, eponymen Heros der Einwohner Arkadiens, zu gelten.

    Auf unsere Frage: Artemis, eine Bärengöttin? gibt es daher allem Anschein nach nur eine Antwort: Artemis. die Göttin mit den vielen Namen und Gestalten[65], ist in der Antike weder als Bärin dargestellt noch in den Schriften expressis verbis als solche bezeichnet worden.

    Antike literarische Quellen:

    Eur. Hel.: Euripides, Helena, in: Ausgewählte Tragödien I übers. E. Buschor (Darmstadt 1996)

    Eur. Iph. A: Euripides, Iphigenie in Aulis. Übers. von J. J. Donner (Stuttgart 1965)

    Hom. h.: Homerische Hymnen, griech. u. dt. (München – Zürich 61989)

    Hom. Il.: Homer, Ilias, übers. R. Hampe (Stuttgart 2007)

    Hom. Od.: Homer, Odyssee, übers. R. Hampe (Stuttgart 2007)

    Hyg. astr.: Hygini De astronomia (Stuttgart – Leipzig 1992)

    Hyg. fab.: Hygini fabulae (Stuttgart – Leipzig 1993)

    Kall. h.: Kallimachos, Werke . Griechisch und deutsch. Hymnen, Auf Artemis. Hrsg. und Übers. M. Asper (Darmstadt 2004) 402-417

    Ov. Met.: Ovid, Metamorphosen, Lateinisch-Deutsch, Übers. M. von Albrecht (Stuttgart 1994)

    Paus.: Pausanias, Reisen in Griechenland 8, Arkadien (Düsseldorf – Zürich 2001)

     

     

    Abgekürzt zitierte Sekundärliteratur:

    Bachofen 1863: J. J. Bachofen, Der Bär in den Religionen des Altertums  (Basel 1863)

    Bevan 1986: E. Bevan, Representations of Animals in Sanctuaries of Artemis and other Olympian Deities (Oxford 1986)

    Bevan 1987: E. Bevan, The Goddess Artemis, and the Dedication of Bears in Sanctuaries, BSA  82, 1987, 17-21

    Bruns 1929: G. Bruns, Die Jägerin Artemis (Diss. München1929)

    Christou 1968: Chr. Christou, Potnia Theron (Thessaloniki 1968)

    Hoenn 1946: K. Hoenn, Artemis. Gestaltwandel einer Göttin (Zürich 1946)

    Kahil 1977: L. Kahil, L’Artemis de Brauron: Rites et Mystère, AntK 20, 1977, 86-98

    Kahil 1984: LIMC II (1984) 624-628 Nr. 2-57 Taf. 442-447 s. v. Artemis (L. Kahil)

    Kaufmann-Heinimann 2002: A. Kaufmann-Heinimann, Dea Artio, die Bärengöttin von Muri: römische Bronzestatuetten aus einem ländlichen Heiligtum (Bern 2002)

    Kerényi 71984: K. Kerényi, Die Mythologie der Griechen I. Die Götter- und Menschheitsgeschichten (München 71984)

    Kerényi 71984: K. Kerényi, Die Mythologie der Griechen II. Die Heroengeschichten (München 71984)

    Künzl 2003: E. Künzl, Die antike Bärin im Dom zu Aachen (Mainz 2003)

    Parke 1987: H. W. Parke, Attische Feste (Mainz 1989)

    Maggiulli 1970: G. Maggiulli, Artemide – Callisto, in: Mythos. Scripta in honorem Marii Untersteiner (Genova 1970) 179-185

    Reeder 1995: E. D. Reeder, Pandora. Frauen im klassischen Griechenland (Mainz 1995)

    1. Scheffer 1939: Th. v. Scheffer, Die Legenden der Sterne im Umkreis der antiken Welt (Stuttgart – Berlin 1939)

    Schefold 1981: K. Schefold, Kallisto, in: Die Göttersage in der klassischen und hellenistischen Kunst (München 1981) 229-232

    Sale 1962: W. Sale, The Story of Callisto in Hesiod, RhM (Rheinisches Museum für Philologie) 105, 1962, 122-141

    Sale 1965: W. Sale, Callisto and the Virginity of Artemis,  RhM 1965, 11-35

    Simon 21981: E. Simon, Die griechischen Vasen (München 21981)

    Simon 1990: E. Simon, Die Götter der Römer (München 1990)

    Technau 1937: W. Technau, Die Göttin auf dem Stier, JdI 52, 1937, 76-103

    Trendall 1977: A. D. Trendall, Callisto in Apulian Vase-Painting, AntK 20, 1977, 99-101

    Vikela 2008: E. Vikela, The Worship of Artemis in Attica: Cult Places, Rites, Iconography, in: N. Kaltsas – A. Shapiro (Hrsg.), Worshiping Women. Ritual and Reality in Classical Athens (New York 2008)

    Vikela 2015: E. Vikela, Apollon, Artemis, Leto. Eine Untersuchung zur Typologie, Ikonographie und Hermeneutik der drei Gottheiten auf griechischen Weihreliefs (München 2015) 75-128

    Wamser-Krasznai 2007: W. Wamser-Krasznai, Metamorphosen der Haut im  antiken Mythos, Akt Dermatol 33/2007, 96 f.

    Wamser-Krasznai 22018: W. Wamser-Krasznai, Artemis Italica, die Göttin mit der Löwenfellkappe, in dies.: Scholien und Spolien (Filderstadt 2017) 39-56

     

    [1] Eur. Hel. 375-385; RE XV, 1 Merops, 1066; Kerényi I 71984, 117 Anm. 477.

    [2] Hyg. astr. 2, 1. 2; ders. fab. 177, 2. 3.

    [3] Lukian. De Dea Syria 41 f.; Bachofen 1863, 12.

    [4] Hom. Il. 21, 470.

    [5] H. Gams, Artemis, in: Der kleine Pauly I (München 1979) 622.

    [6] πότνια ταυρών, Der kleine Pauly ebenda; Technau 1937, 89 f. Abb. 10; Christou 1968, 78-101; Kahil 1984, Nr. 2-66.

    [7] Der Bär, die Arktos, ist im Griechischen weiblich.

    [8] Kall. h. 3, 215 f. Arkas: Anklang an Arktós [die Bärin] RE II, 3, 1159.

    [9] Apollod. III 9, 2, 2; Aelian. v. h. XIII 1,4; RE II, 3 (1895) 1434 s. v. Artemis. Bärin (Wernicke); Bachofen 1863, 11.

    [10] Als entsprechende Fundorte nennt Bevan die Akropolis von Athen, das argivische Heraion, das Artemision von Thasos, das Heiligtum der Artemis Orthia in Sparta und das der Athena Alea in Tegea, dies. 1987, 17. 20.

    [11] Paus. 7, 18, 12 f.

    [12] s. den Beinamen Elaphebolos, Hirschtrefferin, Hom. h. 27, 2; Kall. h. 3, 262.

    [13] Zur Beendigung der Menschenopfer für Artemis: Paus. 7, 19, 6.

    [14] Ehrwürdige, die der Menschenopfer sich erfreut…Eur. Iph. A.1525; Ov. met. 12, 30-35; Darstellung: Fresko im Haus des tragischen Dichters, Pompeji, St. De Caro (Hrsg.), Il Museo Nazionale di Napoli (Napoli 1994) 183 VI, 8, 5 Inv. 9112; …abgelehnt hattest du die Opferbräuche der Taurer..,.Kall. h. 3, 174 f.

    [15] Scholia Graeca in Lysistratam 645; Bevan 1987, 18 Anm. 7.

    [16] Arist. Lys. 148; Schol. Arist. Lys. 645; Kahil 1977, 87.

    [17] Bachofen 1863, 15; Kall. h. 3, 14.

    [18] Kahil 1977, 86-98.

    [19] Kahil 1977, Fig. A-C. 92 f. Abb. 6 f. Taf. 18 f., v. a. Taf. 20.

    [20] Kahil 1977, 93 und Anm. 33.

    [21] Anscheinend beschränkt sich der Kult auf die Gegenden um Bern und Trier (kleine Terrakottafiguren und Matrizen) Kaufmann-Heinimann 2002, 50; dazu der Hinweis auf eine Felsinschrift „Artioni“ bei Ernzen in Rheinland-Pfalz, dies. S. 52; Bachofen 1863, 35.

    [22] Vikela 2015, 79-87; RE II, 3, 1895, Artemis, 1378-1402. Zur Bedeutung des Löwen als Tier der Artemis: Wamser-Krasznai 2017, 46 f.

    [23] RE II, 3, 1895, Artemis, 1435-1439.

    [24] Andere große Vierfüßler packt sie an einer Extremität oder, wie auch die Wasservögel, am Hals, s. Christou 1968, 61-77.

    [25] Kahil 1977, 90 f. Abb. 4 Taf. 19, 2.

    [26] Hes. cat. fr. 163; Kall. fr. 632; Paus. 8, 3, 6; Ov. met. 2, 476-484; Apollod. 3, 101.

    [27] = die Allerschönste; Maggiulli 1970, 184 f. Anders Sale 1965, 12.

    [28] Paus. 8, 35, 8.

    [29] Paus. 1, 29, 2.

    [30] Paus. 8, 3, 6.

    [31] Ov. met. 2, 425-428.

    [32] Ov. met. 2, 439-441.

    [33] Paus. 8, 3, 6 f. Hom. Od. 5, 272-275.

    [34] Ov. met. 2, 509.

    [35] Als Zirkumpolarsterne ‚tauchen sie nicht ab‘, sondern sind ganzjährig für uns sichtbar, Hom. Od. 5, 271-277; dazu auch Wamser-Krasznai 2007, 96.

    [36] Hyg. fab. 177, 2. 3.

    [37] Kall. fr. 632; DNP a. O. Frühklassische Amphora und Bronzemünze aus Orchomenos, Schefold 1981, 229-232 Abb. 316-318; ferner LIMC II (1984) 609 Nr. 2 Taf. 438 s. v. Arkas (A. D. Trendall).

    [38] Paus. 10, 31, 10.

    [39] Reeder 1995, 301 Abb. 2; auf den Bildern der Krateriskos-Fragmente in der Sammlung Cahn sind die Ohren der bärenköpfigen Figuren zwischen  rund und spitz angegeben, ebenda 327 Abb. 100 b. c; Kahil 1977, 86 f. Fig. C. Taf. 20, 2. 3.

    [40] Trendall 1977, 100 Taf. 22, 2. 4. 5; Schefold 1981, 230 f.  Abb. 320. 322.

    [41] Künzl 2003, 16 Abb. 4 f. 42 f. .

    [42] Zwei verschiedene Versionen, Apollod. 3, 8, 2; Sale 1965, 14.

    [43] lupus = λύκος. Ov. Met. 2, 494 f.

    [44] Eur. Hel. 378-380.

    [45] Sale 1965, 26. 32 f.

    [46] Hom. Il. 11, 172 f.; Od. 11, 172. 198 f.; Laser 1983, S 91

    [47] Kall. h. 3, 119 f.

    [48] Simon 1990, 51.

    [49] Kall. h. 3, 120-122.

    [50] Hom. Il. 21, 483 f.

    [51] Kall. h. 3, 126 f.; Maggiulli vermutet in dieser Krankheit das Kindbettfieber (Puerperalfieber), an dem die Frauen in Kürze sterben, dies. 1970, 183 Anm. 24.

    [52] Der Jäger Aktaion belauert Artemis beim Bade. Sie verwandelt ihn in einen Hirsch und lässt ihn von seinen eigenen Hunden zerreißen, Ov. Met. 3, 164-252.

    [53] Hom. Il. 24, 602-609; Ov. Met. 6, 195-305; Paus. 1, 21, 3 u. a.

    [54] Die Abbildungserlaubnis erteilte mir Frau Prof. Dr. Erika Simon, Würzburg, der ich wie schon so oft hierfür und für viele Informationen zu danken habe.

    [55] Hom. Il. 5, 447 f.

    [56] Kall. h. 3, 20-23.

    [57] Kall. h. 3, 129-133.

    [58] Diod. 5, 73, 5; DNP 936 f. s. v. Kourotrophos (F. Graf).

    [59] Bärin mit „weiblichen“ Brüsten: römische Statue im Aachener Dom, Künzl 2003, 16.

    [60] Aristoteles h. a. VI 30; RE IV 1897, 2759. Danach Plin. n. VIII 126; Vergil, der das Lecken der Bärin an ihren Jungen mit dem Feilen an einem Gedicht vergleicht, Verg. vit. Suet. reliq. 59 R; Ov. Met. XV, 379-381; Plut. mor. 494; Bevan 1987, 19; Porph. Vita Pythagorae 41; Bachofen 1863, 4. 6; Hoenn 1946, 19.

    [61] …Nymphen suchte sie sich aus, allesamt neunjährig, Kall. h. 3, 42 f.

    [62]Die Nymphen sollen zwar eine lange Anzahl von Jahren leben, doch nicht gänzlich unsterblich sein, sagen die Dichter von ihnen.“ Paus. X, 31, 10.

    [63] Hom. h. 9. an Artemis: Jungfrau blieb sie…die jagdfrohe, treffliche Schützin…

    Hom. h. 27. an Artemis: züchtige Jungfrau, Meistrin der Hirschjagd, Kall. h. 1.5. 30:  Artemis besingen wir..Gib mir, ewig Jungfräulichkeit zu bewahren, Vater. Und  Zeus antwortet: nimm dir alles mein Kind, was du..forderst und anderes, größeres noch wird dein Vater dir geben. Maggiulli 1970, 180; anders Sale 1965, 12. 34 f.

    [64] Ähnlich Sale 1965, 33-35; dagegen: “ Zeus ist von alters her der Artemis als Gatte gesellt, in Arkadien als Vater des Arkas, in Lakonien als Vater des Lakedaimon; in dem später allgemein geltenden Göttersystem ist sie eine Tochter des Zeus…“ RE 3, 1895, 1369. Einzige Quellenangabe: Paus. II 9, 6 mit dem Hinweis auf eine Kultgenossenschaft von  Zeus und Artemis. .

    [65] Vikela 2008, 80.

  • Panne bei Hinnebeck

    Am 21. Mai 2017 hatte Freddy Radeke mit seiner grünen Ente, mit der er gerne an besonders schönen Orten im Bremer Umland liegenbleibt und dann in „buten un binnen“ über diese Gegenden berichtet, (s)eine Panne bei Hinnebeck. Der Bericht über die 270 Seelen Gemeinde fokussierte insbesondere auf eine Kunstausstellung der Italienern Deborah Brisotto. Mit Kükendrahtfiguren.

    Und nun, ein Jahr später, habe ich selbst eine Panne bei Hinnebeck gehabt.

    Und das kam so:

    Im Februar 2018 sind wir raus aus Bremen gezogen, an den Geestrand nach Meyenburg. Meyenburg gehört wie Hinnebeck zu Schwanewede, hat aber eine Kirche, einen Laden, ein Landhaus, eine Wassermühle mit Mühlencafé und eine alte Genossenschaft, wo man Maike’s Friesentorte bekommen kann.

    Von hier aus haben wir dann im Mai –also ein Jahr später als Freddy Radeke und bei genauso gutem Wetter- eine Fahrradtour nach Hinnebeck gemacht, weil die Sendung von buten un binnen aus dem Jahr zuvor unvergessen ist. Durch die Marsch ging es über die Gräben, bis endlich kurz vor Hinnebeck ein Graben keine Brücke mehr hatte: Der Weg war einfach zu Ende!

    Wir mußten umkehren, weil wir nicht den Mut hatten, die Fahrräder hinüberzuschmeißen und hinterherzuspringen, eine Furth gab es hier nicht.

    Also: zurückfahren. Oder auch nicht: Panne bei Hinnebeck. Hinterrad. Für mich irreparabel.

    Eine Woche später verfügt mein Fahrrad über unplattbare Reifen der Firma Schwalbe, und das Wetter ist pünktlich zum Pfingstfest herrlich. Ein neuer Versuch.

     

    Ich nähere mich Hinnebeck von Süden. Von Vorberg aus komme ich in die Hinnebecker Furth – hier gibt es also eine. Hinnebeck hat eine Furth und das rückt diesen Ort in die Nähe von Lübeck und München. Diese Städte wurde alle im 13. Jahrhundert von Heinrich dem Löwen gegründet, und als erstes erhielten sie eine Furth durch die Trave und die Isar.

    Hinter Hinnebeckerfurth  -hier gibt es eine Islandpferdezucht, die Tiere grasen auf einer Streublumenwiese- kommt dann der eigentliche Ort: „Junges Dorp unner ole Eken“ steht am Eingang. Ansonsten gibt es im Wesentlichen schöne Einfamilienhäuser und große Bauernhöfe und eine abknickende Vorfahrt: Links nach Neuenkirchen (da ist Freddy Radeke geboren), rechts nach Aschwarden, geradeaus in die Natur.

    Geradeaus geht’s dann auch schließlich nach Aschwarden, mehr gibt’s hier auch nicht. Aschwarden sieht man schon von Weitem in der platten Marschlandschft. Man erkennt die Mühle und die Kirche. Die Nikolaikirche ist wie die Keitumer Kirche in klein, man gedenkt der Soldaten, die im 2. Weltkrieg einen „guten Kampf gekämpft“  und „den Lauf vollendet“ hatten. Sicherlich steht die Stele aus Pietät noch da, denn ein guter Kampf was das ganz bestimmt nicht.

    Nun kann man entscheiden, ob man nach Harriersand oder nach Meyenburg weiterfahren möchte. Die Marsch ist riesig, am Horizont der Geestrand mit dem Düngelwald. Wie schön Meyenburg am Geestrand gelegen ist. Durch die Wiesen geht es immer geradeaus in Richtung Geest. Unterwegs ein Bienenstock vor einem Rapsfeld, dahinter ein Schöpfwerk, roter Backstein. Mein Langzeitgedächtnis arbeitet im Hintergrund vor dem Grün der Wiesen und dem hohen Himmel: Das ist genau die Gegend von Siggi Jepsen aus der Deutschstunde, es riecht hier auch genauso wie in Nordfriesland, und die Nikolaikirche von Aschwarden spricht ja auch noch die Sprache des Deutschaufsatzes von Siggi: „Die Freuden der Pflicht“.

    So ist nicht der Lauf beendet, aber die Fahrradtour nach Hinnebeck – als erstes erreicht man in Meyenburg das Herrenhaus von Wersebe, und dann sitzt man auf der Terrasse und bringt Ordnung in diese herrlichen Landschaftsbilder.

  • Elba

    (15.4.2018)

     

    Zu wesentlichen Bestandteilen des Kampfes gegen die mächtigen Verbrecher unserer Zeit gehören die Wahrnehmung der Schönheit und der Erhalt der Lebensfreude.

     

    Wenn ich die Augen schließe
    spüre ich die Morgenröte auf meinen Lidern
    schmecke das Salzige in der Brise
    lausche dem Gespräch der Möwen
    berühre die Wellen des Mittelmeeres
    liebkose die aufgehende Blumenlandschaft
    denn du bist bei mir

    ֎֎֎

  • Vögel unterwegs

    (23.3.2018) 

    Vor einigen Wochen hatte ich das Glück, 3333 goldfarbene Tauben der Künstlerin Ruth Blanke zu erleben, die im November 2017 in die Überwasserkirche in Münster gezogen waren [1]. Die Bilder gingen mir nicht aus dem Kopf. Im weiteren Verlauf las ich das Buch „Die Mauer überwinden: Eine Vision für Israelis und Palästinenser“ des amerikanischen Psychologen, Traumatherapeuten und Friedensaktivisten Mark Braverman [2]. So entwickelte sich der vorliegende Text.

    [1] http://www.bistum-muenster.de/index.php?myELEMENT=344094

    [2] http://www.wdl-verlag.de/frieden-und-versoehnung/978-3-86682-162-0_Detail.htm

     

    ֎֎֎

     

    für Leni

     

    Besorgt, bewegt, entschlossen
    verrückt vor Hoffnung, geschlossen
    wollten 3333 Vögel
    in der Überwasserkirche in Münster
    das beklemmende Schweigen brechen
    das an Verbrechen grenzte 

    Das Fluch beladene Erbe des Wegschauens
    über Nacht nicht überwindbar
     wollten sie nicht widerspruchslos belassen
    auch nicht die törichten Ausreden
    das Schicksal sei in den Sternen geschrieben
     einige seien zum Gehorchen verurteilt
    andere auserwählt zum Befehlen 

    Fest davon überzeugt
    dass Begegnungen beheimaten
    tief verbunden mit der Erde
    traten sie den Flug in alle Himmelsrichtungen an
    um Lebewesen liebevoll zu berühren
    zur Gerechtigkeit zu rufen
    den Blinden die Augen zu öffnen
    die Gefangenen aus dem Gefängnis zu führen
    und die in der Finsternis Sitzenden
    aus ihren goldenen Kerkern

    ֎֎֎

  •  

    Krähen im kahlen Baum
    rufen mich
    wollen Futter
    Ich schaue nach oben
    schwarzblaue Silhouette
    gegen den wasserblauen Himmel
    mit Wolkengischtkronen

    Ich sehe einen Fisch

  • Gefiederte Geschwister

    (21.11.2017)

    für Ilona

     

    Mit Wiedereinzug der kalten Jahreszeit
    bestücke ich das Vogelhäuschen im Beet
    vor dem Wohnzimmer
    Meine Geschwister kommen angeflogen
    Wir frönen fröhlich
    fern dem Dunst des Alltags
    fern dem Getöse aller Wichtigtuer
    den Wundern des Lebens
    Sie erinnern mich erfrischend
    an meine eindeutige Endlichkeit
    mitten im Unendlichen

    ֎֎֎