Autor: Amir Mortasawi Dr. med.

  • Danksagung

    (9.10.2018)

    meinen Patienten gewidmet

     

    Der Zufall verwandelte uns gegenseitig
    für einen wunderbaren Augenblick
    zu wachen Wegbegleitern
    Jenseits der zugeteilten Rollen
    fanden menschliche Begegnungen statt
    tiefe Einblicke schenkend
    So nahmen wir wechselwirkend
    am Schatz der Lebensweisheiten teil
    entwickelten uns weiter
    begriffen bewegt die Bedeutung
    der freien Verbundenheit
    und entfachten das Feuer der Lebensfreude

    ֎֎֎

  • Billiges Gewissen

    (6.10.2018)

    Die ach so großmütigen Machthaber
    bestimmten eindeutig den erlaubten Rahmen
    des kritischen Denkens und Handelns
    und forderten ihre Untertanen
    zur eifrigen Anteilnahme auf
    Die Untertänigen atmeten erleichtert auf
    folgten dankend und ehrerbietig
    Mit erhobenem Haupt
    Schaum im Mund
    und Schlamm in der Hand
    verteidigten sie überzeugt
    ihr gebilligtes gutes Gewissen
    vor Störungen der nicht erlaubten Kritik

    ֎֎֎

  • Abwicklung

    (4.10.2018)

     

    Als der Marsch in den Sarg[1] vollzogen war
    machten sich die Handlanger der Mächtigen daran
    störende Erinnerungen zu beseitigen[2]
    Zu ihrem Ärgernis aber
    lebten noch aufgeweckte Menschen
    die sich nicht einlullen ließen

    ֎֎֎

     

    Quellenangaben und Erläuterungen

    [1] „Marsch in den Sarg – Stimmen einiger Alt-68er“ ist der Titel eines Dokumentarfilms von Gaby Weber aus dem Jahr 2018

    https://neue-debatte.com/2018/09/14/dokumentarfilm-marsch-in-den-sarg-stimmen-einiger-alt-68er/

    [2] Schädigung der Hessischen Verfassung abgewehrt. Es bleibt die Aufgabe, die Grundsätze der Verfassung zu realisieren.

    https://amirmortasawi.files.wordpress.com/2018/10/4102018.pdf

     

  • Irrweg

     (4.10.2018)

     

    Wenn die europäische Betrachtung
    zum alleinigen Prinzip erhoben wird
    und die Wissenschaft zum Glauben
    so verkommt das ersehnte freie Denken
    zu einer jämmerlichen Rechtfertigung
    vielfältiger Verbrechen

    ֎֎֎

  • Wälder

    (4.10.2018)

    „Leben wie ein Baum
    einzeln und frei
    und brüderlich wie ein Wald
    das ist unsere Sehnsucht“

    Nazim Hikmet (1902-1963)

     

    Im therapeutischen Alltag
    werde ich beschenkt
    mit Lebensgeschichten
    Träumen und Zukunftsbildern
    wenn tiefgründige Beziehungen entstehen
    Selten erlebe ich dabei Menschen
    ohne Sehnsucht nach Wärme und Nähe
    Umso mehr schmerzt es dann
    wenn ich erkenne
    wie die Herrschenden den Nährboden verändern
    damit keine Wälder gedeihen können

    ֎֎֎

  • Berührung

    (3.10.2018)

     

    Die Morgenröte
    und das Abendrot
    liebe ich sehr
    so wie dein Lächeln
    das Güte und Zartheit
    in meinem Herzen rührt

    ֎֎֎

  • Spaziergang

    (30.9.2018)

     

    Klarer Himmel
    Kräftiges Hellblau
    Hieroglyphische Zeichen im Horizont
    eine Weile später als Zugvögel enträtselt
    bilden bewegte, bezaubernde Skizzen
    Ein paar Zeilen tiefer
    entfacht das Gedicht der frühherbstlichen Sonne
    rot-goldene Feuer auf Laubkronen
    Dein aufrichtiges Lächeln
    durchströmt mich wie helle Strahlen
    verkündet Geborgenheit und Lebensfreude

    ֎֎֎

  • Einladung

    (29.9.2018)

     

    Enkelkinder im Sinne
    Sterne im Blick
    das Herz voller Sehnsucht zu gestalten
    dichte und kämpfe ich
    dem Fest des Lichtes entgegen
    Wer möchte mitkommen?

  • Krankes Haus

    (29.9.2018)

    Im November 2018 ist die Premiere des Dokumentarfilms „Der marktgerechte Patient“*.

     

    In deutschen Krankenhäusern
    erlebte ich hautnah kranke Wesenszüge
    unserer Gesellschaftsordnung
    der kapitalistischen Denk- und Verhaltensweise
    gebündelt, greifbar, ernüchternd 

    Hierarchische Strukturen
    in denen ein einziger Mensch
    über den beruflichen Werdegang
    zukünftiger Ärzte entschied
    ihre wissenschaftlichen Arbeiten
    für sich beanspruchte
    und Träger demokratischer Gedanken
    schamlos schmähte 

    Verlogene Gebilde
    in denen nach dem Verfall des Ostblocks
    das Menschenrecht auf Gesundheit
    zunehmend zu einer Ware verkümmerte
    und das Personal
    in den Mühlen des Zeit- und Leistungsdrucks
    psychisch und körperlich erkrankte 

    Billige Jahresmärkte
    auf denen Ärzte und Wissenschaftler
    sich zu gefügigen Marionetten
    der Medizinindustrie herabsetzen ließen 

    In heutigen Krankenhäusern
    frage ich mich immer wieder
    wie ich dieses unmenschliche System
    grundlegend verändern kann
    oder wenigstens so in ihm lebe
    dass ich  möglichst wenig
    zu seinem Erhalt beitrage

    ֎֎֎

  • Fragiler Frieden

    (23.9.2018)

     

    Seit meiner Kindheit höre ich
    die tragische, beschwichtigende Aussage
    der Unwissende lebe leichter
    Mit ihr habe ich mich nicht angefreundet
    wohl wissend
    dass eine derartige, kurzweilige Leichtigkeit
    Vergehen und Verbrechen
    in sich tragen kann
    Ich habe längst eingesehen
    dass der harte Stein bricht
    und das schmiegsame Wasser verdampft
    wenn gewisse Grenzen überschritten werden
    Daher führe ich heute erneut
    Friedensverhandlungen mit meiner Trauer

    ֎֎֎