Amir Mortasawi Dr. med.
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Baum Nummer 629
(20.4.2018)
Mancher empfiehlt mir wohlwollend
gelegentlich auch eitel oder belehrend
mächtige Verbrecher im Lande
nicht beim Namen zu nennen
beim Dichten allgemein zu bleiben
Texte für die Ewigkeit zu schreibenWenn Suchende meinen Baum betrachten
soll der Gesang meines Herzens
im Friedwald frohlockend bezeugen
dass Glück nicht in Gleichgültigkeit gedeiht
sondern in Verbundenheit mit der Erde
anschaulich als Gegebenes erlebbar֎֎֎
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Langer Atem
(18.4.2018)
In meinem Arbeitszimmer
im sechsten Stock angekommen
öffne ich weit die Tür zum Balkon
Das zarte Frühlingsgrün
bis zum Horizont ausgebreitet
zeigt hier und da wunderbare
rosa-weiße, gelbe
rot-bräunliche Muttermale
Die Sonne
selbst nicht sichtbar
schickt unverkennbar
ihren hellen Gruß
Vögel sind betriebsam, brünstig unterwegs
Ich atme diese Sanftmut tief ein
denke bewegt unter anderem
an Gaza, Syrien, Libyen
Irak, Yemen und Afghanistan
denke an mein Ursprungsland Iran
und bin mir dabei bewusst
dass ich Verdunklungen wahrnehmend
weiterhin vom Licht sprechen werde
von der Geborgenheit in Gerechtigkeit
von der Verbundenheit mit der Schönheit
von langem Atem fürs Leben֎֎֎
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Elba
(15.4.2018)
Zu wesentlichen Bestandteilen des Kampfes gegen die mächtigen Verbrecher unserer Zeit gehören die Wahrnehmung der Schönheit und der Erhalt der Lebensfreude.
Wenn ich die Augen schließe
spüre ich die Morgenröte auf meinen Lidern
schmecke das Salzige in der Brise
lausche dem Gespräch der Möwen
berühre die Wellen des Mittelmeeres
liebkose die aufgehende Blumenlandschaft
denn du bist bei mir֎֎֎
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Frühling sei Dank
(12.4.2018)
mit herzlichem Dank Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam gewidmet
Nicht selten stelle ich fest
dass mit wissenschaftlichen Vorgehensweisen gut vertraute Menschen
sich wie geistige Analphabeten verhalten
wenn es sich um gesellschaftliche Fragestellungen handelt
Das ruft bei mir abhängig von dem jeweiligen Zusammenhang
Bedauern, Wut, Angst, Ekel
tiefe Trauer und Verzweiflung hervor
Glücklicherweise besteht noch die Möglichkeit
zum Erhalt meines Gleichgewichts
von meiner Mutter Erde tröstende Wärme
und aufbauende Unterstützung zu empfangen֎֎֎
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Vögel unterwegs
(23.3.2018)
Vor einigen Wochen hatte ich das Glück, 3333 goldfarbene Tauben der Künstlerin Ruth Blanke zu erleben, die im November 2017 in die Überwasserkirche in Münster gezogen waren [1]. Die Bilder gingen mir nicht aus dem Kopf. Im weiteren Verlauf las ich das Buch „Die Mauer überwinden: Eine Vision für Israelis und Palästinenser“ des amerikanischen Psychologen, Traumatherapeuten und Friedensaktivisten Mark Braverman [2]. So entwickelte sich der vorliegende Text.
[1] http://www.bistum-muenster.de/index.php?myELEMENT=344094
[2] http://www.wdl-verlag.de/frieden-und-versoehnung/978-3-86682-162-0_Detail.htm
֎֎֎
für Leni
Besorgt, bewegt, entschlossen
verrückt vor Hoffnung, geschlossen
wollten 3333 Vögel
in der Überwasserkirche in Münster
das beklemmende Schweigen brechen
das an Verbrechen grenzteDas Fluch beladene Erbe des Wegschauens
über Nacht nicht überwindbar
wollten sie nicht widerspruchslos belassen
auch nicht die törichten Ausreden
das Schicksal sei in den Sternen geschrieben
einige seien zum Gehorchen verurteilt
andere auserwählt zum BefehlenFest davon überzeugt
dass Begegnungen beheimaten
tief verbunden mit der Erde
traten sie den Flug in alle Himmelsrichtungen an
um Lebewesen liebevoll zu berühren
zur Gerechtigkeit zu rufen
den Blinden die Augen zu öffnen
die Gefangenen aus dem Gefängnis zu führen
und die in der Finsternis Sitzenden
aus ihren goldenen Kerkern֎֎֎
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Frühlingsgruß
(18.3.2018)
Gestern erhielt ich ein bewegendes Gedicht des im Wiener Exil 1996 verstorbenen iranischen Poeten Siavash Karsa’i. Die empfundene Botschaft des Gedichtes verband ich mit den mich umgebenden Bildern. So entstand der folgende Text, auch als ein blühender Beweis dafür, dass vergangene Generationen in unseren Herzen weiterleben und uns Grenzen überbrückend bereichern.
Mitten im hirnrissigen Kriegsgeschrei
beobachte ich beruhigt und lächelnd
den Aufstand der Krokusse und Schneeglöckchen
Umgeben von dem lieblichen Gruß der Morgendämmerung
stelle ich mir das baldige Aufgehen der Knospen
und das rege Treiben in den Schwalbennestern vor
öffne weit die Fenster meines Herzens
und lasse den verborgenen Duft meiner Gedanken
weit, weit, weit hinausfliegen֎֎֎
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Die Fulda
(8.3.2018)
In Erinnerung an den Streik der Textilarbeiterinnen in New York am 8.3.1857, den Streik der Näherinnen und Fabrikarbeiterinnen in Lynn (Massachusetts) am 7.3.1860, die Streiks und Demonstrationen der Tabak- und Textilarbeiterinnen in New York am 8.3.1908 und den ersten internationalen Frauentag am 19. 3.1911
Flüsse sind für mich
faszinierende Lehrer
Sie ermuntern mich
Begebenheiten in Bewegung wahrzunehmen
verschiedene Blickwinkel zu erkennen
mein geschichtliches Gedächtnis zu schärfen
und die Gegenwart
in zeitlichen Zusammenhängen zu erfassen֎֎֎
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Wegzehrung
(3.3.2018)
Mit dem Rücken zu mir
schläfst du ruhig in meinen Armen
Deine Wärme durchströmt meinen KörperAls Teil dieser Welt
bin ich kein gleichgültiger Beobachter
kein empfindungsloser Zuhörer
Bilder und Geschichten
lasse ich durch meinen Kopf wandernZur gezielten Gestaltung der Geschehnisse
brauche ich eine beachtliche Wegzehrung
Im Gepäck nehme ich mit
das Lächeln und Schmusen der Kinder
den Blick des Nachbarn Katze
das Zwitschern der Vögel im Gesträuch
die Zärtlichkeit der keimenden Zitronenkerne
das Plätschern des Baches im Walde
den Klang der Schuhe im Schnee
die Umarmung der Morgenröte
das Anrühren der Abendbriese
und vor allem
deine Wärme֎֎֎
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Strahlend
(1.3.2018)
Jedes Mal wenn ein Lebewesen
sich bei mir geborgen fühlt
werde ich bereichernd beschenkt
mit einem Stück Sonne
Die Teile sammle ich in meinem Herzen
und verteile sie später
als strahlendes Lächeln֎֎֎
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Nähe und Wärme
(17.2.2018)
In deiner Nähe
gelangen Gedanken zu Flüssen
gedeihen Gefühle zu Gärten
Durch deine Wärme
wird der Boden beständig֎֎֎