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Autor: Helga Thomas

Dr. phil. Helga Thomas. Geboren
am 31. Januar 1943 in Berlin.
Ausbildung und Arbeit als Analytikerin, Psychotherapeutin.
1976 Diplom am C. G. Jung-Institut. Für meinen Beruf war
die Erkenntnissuche wichtig. Mit 15 entdeckte ich nach der
Flucht aus Ostberlin das Briefe- und Tagebuch-Schreiben,
und mit 18 Jahren kam der Durchbruch zur Lyrik, meiner
eigentlichen Domäne. Vor meiner Ausbildung am Jung-Institut hatte ich Slavistik
und Germanistik studiert, und zu diesem Zweck hatte
ich noch zur Zeit des eisernen Vorhangs ein Jahr in Sofia
studiert, um Material für meine Doktorarbeit zu sammeln.
Seit 2003 bin ich mindestens zweimal im Jahr für längere
Zeit in Sofia, um dort Analysen und Supervisionen,
Seminare und Vorträge durchzuführen. Es ist „stimmig“,
dass in Bulgarien ein Teil meiner Bücher jetzt erschienen
ist, die Lyrik zum Teil zweisprachig.
Ich empfinde meine beiden Kinder als das Zentrum meines Lebens,
auch wenn sie inzwischen erwachsen sind (Tochter, geboren
1978, Heilpädagogin, Sohn, geboren 1979, Mediziner),
und meine beiden Enkeltöchter Luisa, geboren 2007 und
Mathilda, geboren 2009. Immer ist ein Hund an meiner
Seite.
Mein ganzes Leben habe ich geschrieben, aber heute
weiß ich, dass 1994 durch das dichterische Aufarbeiten
eines Traumas eine Blockade meines Schaffens gelöst
wurde. Mein Beruf kommt also mir selbst zugute in meinem
dichterischen Schaffen, und mein dichterisches
Schaffen hilft mir in meinen Beruf.
Meine mir wichtigsten Bücher:
Emotionen. Gedichte, Tegra Verlag, Sursee 2000. – Dunkelblüten
– Lichtsamen. Gedichte, Verlag CH. Möllemann,
Borchen 2003. – Warte, bis die Seerose blüht, Roman,
Verlag CH. Möllemann, Borchen, 2006. – Halt inne. Blick in
eine andere Richtung. Gedichte, Sofia 2007. – Lausch auf
den Atem verborgenen Lebens. Gedichte für Nelly Sachs
und Paul Celan, Borchen 2007 (hierfür erhielt ich 2008 den
Horst Joachim Rheindorf-Preis des Bundes Deutscher
Schriftstellerärzte). – Geschichten (m)einer Kindheit. Erzählungen,
Sursee 2007. – Lichträume, Räume der Liebe
und des Lebens, bulgarisch-deutsch, Sofia 2008. Urformen,
bulgarisch-deutsch, Gedichte, Sofia 2009. – Gesicht
im Fenster, Gedichte, Wien 2011.
Die Bücher sind zu beziehen über: Dr. Helga Thomas, Hammerstr. 10, 79540 Lörrach, und beim Verlag.

Kokitche (Helga Thomas)

Beiträge zur Lesung „Gärten“, BDSÄ-Kongress Mai 2016   Im Gras vor der alten kleinen Kirche blühen Schneeglöckchen Kokitche werden sie in Bulgarien genannt Sie sind weiß wie die Lilie die der Engel der Jungfrau reichte Weiß wie Schnee wie die Milch der Mutter Drei Blütenblätter umfassen den Becher der sich zur Erde neigt Drei wie Vater Mutter und Kind wie die Frau die gleichzeitig auch Mutter und Tochter ist Eine Dreiheit wie Vater Sohn und Heiliger Geist Wo sind deine…

Das Gute an Fehlern (Helga Thomas)

  Gestern saß ich im Zug von Berlin nach Basel. Ich kehrte von einem Kongress zurück, der für mich sehr wichtig war – sicher nicht nur für mich – und eine Mitgliedsversammlung hatte stattgefunden, die – vielleicht – noch wichtiger war als der ganze Kongress (objektiv und für mich). Ich schaute aus dem Fenster, trank Kaffee, Tee oder Wasser und erinnerte mich,  liess alles noch einmal Revue passieren. An dem Morgen war mir ein kleines Missgeschick passiert, dass mich an…

Eichelhähne (Thomas)

Kennt ihr Eichelhähne? Nein, keine Eichelhäher, sondern Eichelhähne, es gibt auch Eichelschweine, vielleicht auch Eichelhunde. Das kleine dünne Mädchen im Nachkriegsberlin kannte sie auch nicht. Ihr Spielkamerad erzählte ihr davon auf dem Weg zum Gärtner. Sie traute sich nicht mehr, den Weg alleine zu gehen, seit sie der Zwerghahn angegriffen hatte. Er war ihr auf die Schulter gesprungen und hatte ihr auf den Kopf gehackt. Sie schrie fürchterlich und warf den Korb mit den Kartoffelschalen und Gemüseabfällen weit von sich.…

In was wird meine Liebe sich wandeln (Thomas)

In was wird meine Liebe sich wandeln, all das, was ich erfuhr durch sie und durch Dich? Der Schmerz des Abschieds, die Wut der Enttäuschung, die schwebende Leichtigkeit und später das Erkennen eigener Schuld, nicht mehr klagen und beklagt werden. Und wieder seh ich den ersten Blick, der mich traf, durch den ich Dich erkannte und höre, wie Du  nach meinem Namen gefragt, ganz leise, hinter meinem Rücken. Und wieder erleb ich, wie wir uns an den Händen ergriffen und…

Innere Stimme (Thomas)

Die innere Stimme ich kann sie nicht hören nicht so wie als Kind ich sie hörte Ist sie verstummt? oder ist mein Ohr das innere ertaubt? Sehen? Kann ich auch nicht im eigenen Innern zu dunkel ist es dort Doch ich spüre in mir ganz leicht die Gebärden Spricht mein Engel so zu mir? Dann kann ich es lernen wieder die innere Stimme zu verstehen 5.02.2014 Meine inneren Ohren sind verschlossen waren sie jemals geöffnet? Habe ich innere Ohren? So…

Die Glockenblume oder mein erstes Gebet (Thomas)

Als meine Großmutter fragte – es war eigentlich nur der Form nach eine Frage – „na, du betest sicher nicht?“, spürte ich all die ablehnenden Gefühle in ihrer Stimme, die sie gegen meine Mutter hatte. Ich drückte mich ganz fest ins Bett und sagte mutig zu ihrem Gesicht, das über mir war, jeden Moment bereit, sich herab zu senken und mit den unvermeidlichen Gutenacht-Kuss zu geben: „natürlich bete ich“. Auch wenn sie es sich nicht anmerken ließ, sie war überrascht.…

Eurydikes Klage (Thomas)

Endlich ist mir jemand begegnet, dem ich meine Schuldgefühle anvertrauen kann. Ich dachte, ich könne nie darüber sprechen, der Schmerz sei einfach zu stark. Doch der Schmerz darüber, dass die Welt weiterhin Jahr für Jahr, Jahrhundert für Jahrhundert, inzwischen sogar Jahrtausende lang meinem Geliebten Unrecht tut, ist noch größer, noch unerträglicher geworden. Ich weiß nicht, was mich trösten könnte. Vielleicht die Töne seiner Leier, die wie erfrischender Regen niedertropfen und manchmal aufsteigen wie Nebel in der Morgensonne. Aber er spielt…

Wenn es so wäre (Helga Thomas)

Wenn es so wäre, dass nach meinem Tode nichts mehr weiteres kommt und nach dem Tode der Erde keine Weiterentwicklung mehr ist, wenn es so wäre, dass eine geistige Welt nur im Kopfe der Künstler lebt, selbst, wenn es so wäre … Die Trauer um das verlorene Kind, die Sorge um hilfloses Leben die Liebe zum Du und zu anderen Leben Sie wären der Boden, aus dem eine neue Welt erwächst und Leben geboren wird, wo nichts ist. Deine Liebe…

Zum Thema Umzug (Helga Thomas)

  Ich habe etwas ausgepackt (ich bin gerade am Umziehen) ich nahm es in die Hand eine erdbraune Muschel eine von denen aus unserer Kinderzeit wenn du sie ans Ohr hältst (auch fern von jeglicher Küste) kannst du das Rauschen des Meeres hören … Später erklärten mir kluge Menschen: du hörst das Rauschen deines eigenen Blutes sein Echo noch später dachte ich (inzwischen selber klug geworden): Ist das nicht dasselbe? zwei Bilder eines einzigen Geschehens Ich hielt die Muschel wie…

Sommermorgen (Helga Thomas)

Ich habe heute Morgen meinen Hund gestreichelt er schaute mich so traurig an denn ich wollte jetzt noch nicht raus in den nassen Sommermorgen Ich habe durstig gierig fast die erste Tasse Tee getrunken und dann erfreute mich der Apfel mit Farbe Form Geruch Geschmack Ich freute mich dass ich immer noch in den Apfel beißen kann Obwohl mein Körper mit aller Schwere mich niederzog schwer und unbeweglich freute ich mich dann als langsam alle Glieder wieder beweglich wurden Noch…

✎ 2021 Bundesverband Deutscher Schriftstellerärzte (BDSÄ)
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