Helga Thomas
-
Alle Welt
berichtet schreibt
und forscht
übers WasserWarum nicht ich?
Alle Welt
wirklich alles
nicht nur Leben
braucht das Wasser
so wie auch ichDoch welches Wasser
meinen sie
welches Wasser
meine ich?Das Wasser
das vom Himmel fällt
aus der tiefen Erde dringt?
Die Welt umarmend
sie durchfließt?Als Brunnen
Mensch und Tiere tränkt
als See
dem Himmel
Berg und Baum
als Spiegel dient?Das in seinem
Auf und Ab
und Hin und Her
der Seele gleicht?Das Wasser
das in meinem Auge
von vergangener Liebe spricht?Das Wasser
das in jedem Körper
kreist?Unsichtbar kurz vor Herbstbeginn
als Nebel
sich über alle Dinge legt?Genauso unsichtbar
verlässt es als leichter Hauch
meine Haut
und verbindet mich
atemgleich
mit aller WeltWelches Wasser
es auch immer ist
es gibt sich hin
es passt sich an
formlos
füllt es jede Form
und sucht doch immer
seine eigne Mitte
und ist doch immer
ganz sich selbst
Copyright Dr. Helga Thomas
-
Schwäne sah ich auf dem Wasser
sie schwammen nicht
sie tauchten nicht
sie waren einfach da
wie das Wasser
das in sich ruhend
unbemerkt
stetig weiter flossNur das Spiegelbild
von Baum und Haus
vibrierte sanft
als wollte es
mit dem Wasser weiter fließenSchwäne sah ich auf dem Wasser
Sie waren einfach daOb ich es wohl von ihnen lerne
wenn ich von nun an
jeden Tag
mich an sie erinnere?Copyright Dr. Helga Thomas
-
I
Schaffe
in deinem Innenraum
einen Durchgang
zu der Welt
die dahinter liegtDort ist der Ort
und wo dich niemand findet
und du dich selbst verlierst
wenn du den Rückweg
vergessen hast
und das Knäuel in deiner Hand
nutzlos wird
weil der Faden rissSchaff
einen Durchgang
damit von dort
von der Welt
dahinter
die Taube
zu dir kommen kannWerde vertraut mit ihr
sie wird dich dann
heimgeleiten
von dem Ort
wo dich keiner findet
und du dich selbst verlorst.II
Der Ort
wo dich niemand findet
nicht einmal
du selbst
liegt noch weit
dahinter
wo der Himmel
die Erde
küsstNur im Flug
kannst du dahin gelangen
doch verlass dich
nicht auf Wolken
nicht auf dich selbstVertrau dich
einem Vogel an
Schwan
Gans
oder EnteEin Greif
dagegen
gewöhnt sich nur schwer
an MenschenCopyright Dr. Helga Thomas
-
Wer bin ich?
Frage des heutigen Narziss?Wer bin ich?
Aus Angst
eine falsche Antwort
zu hören und es
nicht zu bemerken
nicht zu erkennen
stelle ich mich dar:
so wie ich gern wäre
oder der andere mich gerne hätte
Oder …wie man so ist heute
in der Zeit der Individualität
in der Zeit mit den vielen
gesichtslosen Individuen
wie ich
ein Jemand der Niemand istSo stelle ich mich dar
und der andere in mir
die andere
das geschlechtslose ewige Ich
versteckt sich hinter
meiner Darstellung
von dem
wie ich meine zu sein
versteck ich
tief in mir
Nun finde ich mich
nicht mehr
und frage
traurig
mutlos
verzweifelt?
mein Spiegelbild
wer ich denn seiSehnsucht
zur anderen Welt
zur Tiefe
zum DunkelSehnsucht
die Grenze zu überschreiten
ins Geheimnis einzudringen
im blinden Schmerz
den Keim des Lichtes
zu findenCopyright Dr. Helga Thomas