Schlagwort: Empfehlungen

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    Europeans

    What we have acquired we easily can loose,
    what we have built can decrepit
    everything we have learnt we can forget.
    However, if we help someone in need,
    this  persists forever.

    The noblest form of giving is generosity,
    which is the habit of giving freely
    without expecting anything in return.

    Copyright Dr. André Simon

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Was wir erworben haben, können wir leicht verlieren,
    was wir aufgebaut haben, kann zusammenbrechen.
    Alles, was wir gelernt haben, können wir vergessen.
    Wenn wir aber jemandem in Not helfen,
    währt das für immer.

    Die vornehmste Form zu geben ist Großzügigkeit,
    das ist die Angewohnheit zu schenken,
    ohne eine Gegengabe zu erwarten.

  • Entwicklung

    (1.7.2017)

     

    Liebste, Schmerzen sind natürliche Warnsignale
    zum Handeln aufrufende Schutzfaktoren
    Je wachsamer ich vorgehe
    je größer meine Erkenntnisse sind
    je umfassender ich die Liebe definiere
    desto tiefer sind meine Schmerzen
    als Triebkraft meiner Entwicklung
    als Ursache meiner Befreiung

    ֎֎֎

  • Perspektivenwechsel

    (30.6.2017)

     

    Stürze nicht ab
    sage ich zu mir
    wenn du vor dem Abgrund
    tiefster Traurigkeit stehst
    angesichts erfolgter, laufender und geplanter Verwüstungen
    Suche die Nähe deiner Mutter Erde
    mit all ihren Botschaftern
    die dich tröstend streicheln
    und daran erinnern
    dass die Vernichter des Daseins
    dich gebrochen sehen möchten
    verbittert, erblindet, gelähmt
    So betrachte die Geschehnisse
    aus der Perspektive uralter Bäume im Wald
    und setze den Weg fort
    deiner Mittel und Möglichkeiten bewusst

    ֎֎֎

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    Life is …

    Row, row, row your boat
    Gently down the river,
    Merrily, merrily, merrily,
    Life is but a dream                                                                                                                                                                        

    This song known as a nursery rhyme is based on the Chinese popular song YIU, YIU, YIU, YIU DOU NGIPU KIU (Row, row, row, row by the bridge to Grandma’s house). The grandmother is to transmit their experiences to the grandchildren.

    It would be nice, if this passage had such a quality, which could flow from her to the grandchildren, just as water from one vessel, which is connected to another vessel, flows, until the water level is the same in both of them.

    As many others, this children song has taught the generations of kids the basic life’s lessons. In this song:

    Rower are you

    Your boat signifies your life

    You are not rowing on one occasion, but…….

    Row, row, row, means: you are continuously ‘rowing’ during all your life.

    The river represents the time of the entire life’s journey. Each instant the river is renewed like the time too. Heraclitus of Ephesus (535 BC– 475 BC) noted that everything flows (πάντα ῥεῖ-) and is summed up in his mysterious statement „Ever-newer waters flow on those who step into the same rivers.“ Consequently,” tempus fugit “(time flies), or as the ancient Roman poet Vergil expressed: FUGIT INREPARABILE TEMPUS (it escapes, irretrievable time).          This is proverbial warning, therefore “carpe diem” (seize the day).

    Merrily, merrily, merrily, – your rowing is gently and slowly, not arrogant or imposed, but allowing it to go with a flow of the river. With our merrily (cheerfully) approach, we have the ability to make a dream-like our life’s journey. Therefore ………

    Life is but a dream. Life is solely a dream. However, by our kindly attitude towards the others our dream might be marvelous too. 

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dr. Dietrich Weller

    Leben ist …

    Rudere, rudere, rudere dein Boot
    sanft den Fluss hinunter.
    Fröhlich, fröhlich, fröhlich,
    Das Leben ist nur ein Traum.

    Dieses Lied, bekannt als Kinderreim stammt von dem chinesischen Volkslied Yiu, Yiu, Yiu, Yiu Dou Ngipu Kiu (rudere, rudere, rudere neben der Brücke zu Großmutters Haus). Die Großmutter soll ihre Erfahrungen an die Enkelkinder weitergeben.

    Es wäre reizvoll, wenn diese Passage so gestaltet wird, dass sie von der Großmutter zu den Enkeln fließen könnte, gerade so wie wenn Wasser von einem Gefäß, das mit einem anderen verbunden ist, fließt, bis der Wasserspiegel in beiden gleich hoch steht.

    Wie viele andere hat dieses Kinderlied Generationen von Kindern die grundlegenden Lebenslektionen gelehrt. In diesem Lied

    Ruderer bis du.

    Dein Boot bedeutet dein Leben.

    Du ruderst nicht nur bei dieser einen Gelegenheit, sondern

    Rudere, rudere, rudere bedeutet, dass du ständig durch dein ganzes Leben ruderst.

    Der Fluss steht für die Zeit deiner gesamten Lebensreise. Jeden Moment wird der Fluss erneuert wie die Zeit auch. Heraklit von Ephesus (535-475 v. Chr.) schrieb, dass alles fließt (πάντα ῥεῖ) und zusammengefasst wird in der geheimnisvollen Behauptung Immer neue Wasser überströmen alle, die in denselben Fluss steigen.[1]

    Folglich Tempus fugit – es flieht die Zeit, oder wie der alte römische Dichter Vergil es ausgedrückt hat: Fugit inreparabile tempus – die Zeit flieht unwiederbringbar, sie flüchtet und kann nicht wieder gewonnen werden. Dies ist eine sprichwörtliche Warnung, deshalb carpe diem – erfasse den Tag. 

    Merrily, merrily, merrily  – dein Rudern ist sanft und langsam, nicht arrogant oder aufgezwungen, aber es erlaubt dir, mit der Strömung des Flusses zu schwimmen. Mit unserer fröhlichen, heiteren Weise haben wir die Fähigkeit, einen Traum wie deine Lebensreise zu erschaffen. Deshalb …

    Das Leben ist nur ein Traum. Das Leben ist ausschließlich ein Traum. Jedoch kann er durch deine freundliche Art gegenüber den Anderen auch ein wunderbarer werden.

     

    [1] Anmerkung des Übersetzers:

    Im Deutschen gibt es das Sprichwort: Du kannst nie in denselben Fluss steigen.

    Im Deutschen gibt es den feinen Unterschied zwischen der gleiche und derselbe. –
    Am Beispiel erklärt: Fritz hat das gleiche Auto wie Peter. – Das heißt, es sieht identisch aus (gleiche Marke, gleicher Typ, gleiche Farbe etc.), aber wenn man genau hinschaut, hat es z.B. eine andere Motornummer und ein anderes Kennzeichen, es ist also nicht dasselbe Auto, es ist nur das gleiche Auto.  Wenn aber Fritz sein Auto an Peter ausleiht, fährt Peter mit demselben Auto wie Fritz. –
    Grundregel: Dasselbe gibt es immer nur einmal, das gleiche kann es sehr oft geben. –
    Dann können wir das obige Zitat so formulieren: Du kannst immer in den gleichen Fluss steigen, aber nie in denselben!

    Und wenn wir schon dabei sind, „grammatikalisch Haare zu spalten“: Das gleiche schreibt man getrennt, dasselbe schreibt man zusammen. Begründung: gleiche gibt es als eigenständiges Wort (z.B. gleiche Fenster), selbe gibt es nicht als eigenständiges Wort.

     

     

     

     

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    Waltrud Wamser-Krasznai: Hier wird gebliwwe!

    zur Moderation Gehen oder Bleiben, Dietrich Weller

     

    Sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich in meinem Text wie in der Überschrift gelegentlich in mein ordinäres, vertrautes Oberhessisch verfalle. Es ist die Antwort auf eine Frage, die ich meinem Mann, der über mindestens zwei Staatsangehörigkeiten verfügt und auch sonst mit allerlei ‚Hunden gehetzt‘ ist, einmal im Jahr stelle. Sein belgischer Großvater nämlich hatte ihn als jungen Burschen gefragt, ob er nicht in Flandern bleiben und Chef seines Familienbetriebs, einer Schokoladenfabrik, werden wolle. Darauf meinte Petúr:

    Opa, nach dem nächsten großen Krach werde ich in Frankfurt schon wieder einen  Sparkäfer fahren, während Du noch deine Schubkarre schiebst. Meinst Du nicht auch, ich sollte lieber dort bleiben? Da antwortete der kluge, erfahrene Opa: Junge, Du bist der einzige in der Familie, der Grips hat. Nichts wie zurück nach Frankfurt mit Dir!

    Am 3. Oktober 1989, dem Jahr, als dieses Datum bekanntlich noch nicht mit einem Feiertag gleichzusetzen war, hatte ich mich im Bezirk Karl-Marx-Stadt, dem späteren Kreis Chemnitz, ein wenig verfahren und musste nach dem Rückweg Richtung Autobahn Eisenach- Hersfeld fragen. Ich kam mit einem netten älteren Sachsen ins Gespräch, der mich förmlich anflehte: „Ach bleiben Sie doch hier, was für eine Praxis könnten Sie haben; uns laufen ja die Ärzte alle weg!“ Für einen Moment war ich durchaus nachdenklich, musste dann aber sagen: Wenn ich mich jetzt nicht beeile, werden meine Patienten zu Hause Schlange stehen bis auf den Marktplatz. Um 16.00 Uhr beginnt meine Sprechstunde und es ist leider schon 11.00!

    Zur Zeit erlebe ich in Hessen, dass archäologische Kollegen, die aus befristeten Jobs oder wegen Arbeitslosigkeit in das Vereinigte Königreich aufgebrochen waren, um dort dauerhafte Stellungen anzutreten, nun wegen des Brexit zurückströmen. Was werden sie hier vorfinden? Ihr Gesichtskreis muss sich verändert haben. Vielleicht verstehen wir einander zunächst gar nicht. Denken wir nur an die unterschiedliche Art, in Deutschland oder in den USA an eine Aufgabe heran zu gehen. Hier bei uns ist der Weg das Ziel. Auch ich bin mit dieser Einstellung aufgewachsen. So wichtig das Ergebnis auch ist, es würde doch etwas fehlen, wenn nicht schon die Arbeit am Projekt so spannend wäre und so viel Freude bereitete! Für Amerikaner dagegen zählt eins: das Resultat, und nur dieses, ohne Umwege und seitliche Arabesken.

    Unser Land und den Medizinbetrieb verlassen und anderswo neu anfangen? Dazu sind 10% unserer Landsleute bereit, überwiegend Personen mit dem nötigen Geld und mit international konvertierbarer Ausbildung. Trotzdem können sie nicht erwarten, als Auswanderer gleich die „Trepp‘ enuff  ze falle’“. Bis zu einer ernsthaften Anstellung dürften fünf Jahre vergehen, 15 Jahre sogar, um in dem ursprünglichen Beruf Fuß zu fassen und weiter zu kommen[1]. Unsere Vorstellungen von der Bedeutung einer Promotion oder Habilitation sind veraltet. Die Stellen-Besetzung funktioniert häufig Kraft Ernennung und die Besoldung erfolgt nach dem Motto: „Sprichst Du umsonst oder bringst Du das Geld mit?“

    Gehen oder Bleiben – es gibt objektive und subjektive Gründe dafür. Junge Menschen sind flexibel und richten sich nach der ökonomischen und politischen Situation. Das ist schon gut so. Die Alten beharren lieber auf ihren Gewohnheiten und versuchen das Vertraute möglichst zu bewahren. In einem alten Lied aus dem evangelischen Kirchengesangbuch, bei dem die Qualität des Textes und die Schönheit der Melodie einander in seltener Weise ergänzen[2], heißt es: „Verricht‘ das deine nur getreu“. Wenn wir das von uns sagen können, nämlich das Unsere getan zu haben oder noch zu tun, dann bleibt uns nur zu wünschen: „Noch ein bisschen weiter so!“

    Gehen oder Bleiben hat aber gerade für Schriftsteller-Ärzte auch andere Aspekte als politische, ökonomische oder soziale, nämlich einen literarischen. Wer hat etwas zu diesem Thema geschrieben, und wann?

    „Wahrgeworden
    die Weissagung der Zigeunerin

    Dein Land wird
    dich verlassen
    du wirst verlieren
    Menschen und Schlaf

    wirst reden
    mit geschlossenen Lippen
    zu fremden Lippen

    Lieben wird dich
    die Einsamkeit
    wird dich umarmen.“

    Das Gedicht heißt „Einsamkeit II“ und stammt aus der Feder von Rose Ausländer. Ich begegnete der Dichterin, die damals als solche noch fast unbekannt war, im Jahr 1972. Sie war meine Patientin in der Rheumatologie. Außer den Folgerungen, die man unschwer aus ihrem Namen ziehen konnte, wusste ich gar nichts von ihr. Mit dem Gedichtbändchen, das sie mir schenkte, konnte ich noch nicht viel anfangen und widmete ihm nicht genügend Aufmerksamkeit. Weit wichtiger war mir, dass ich es hinbekam, ihr mehrfach ohne größere Katastrophen Blut abzunehmen. Sie hatte nicht nur miserable Venen, sondern war überhaupt eine recht schwierige Frau. Übrigens handelte es sich bei dem Land, von dem sie, wie es im Gedicht heißt, verlassen worden ist, nicht um Deutschland. Vielleicht hatte sie ihre heimische Bukowina im Visier, aber eher noch die Vereinigten Staaten, die ihr einmal wegen allzu langer Abwesenheit die amerikanische Staatsangehörigkeit entzogen. Gestorben ist Rose Ausländer in Düsseldorf, wo sie seit 1965 lebte.

    Bleiben wir noch für einen Augenblick bei der Abnahme von Blut, diesem „ganz besond’ren Saft“. Ein „Tröpfchen“ davon besiegelt den Vertrag zwischen Mephisto und dem von ihm für die ewige Verdammnis vorgesehenen Faust. „Was kann die Welt mir wohl gewähren“ fragt der Rastlose, der ewig Unbefriedigte[3]:

    „Aus dieser Erde quillen meine Freuden,
    Und diese Sonne scheinet meinen Leiden.“

    Irgendwann endet es dann so:

    „Zum Augenblicke werd ich sagen:
    Verweile doch, du bist so schön!“

    Also bleiben? Hier wird gebliwwe!

     

    [1] Für Informationen und bewegte Diskussionen zu diesem Thema danke ich meinem Mann, Petúr L. Krasznai, Dipl. Wirtschaftsingenieur, Butzbach und Budapest.

    [2] Georg Neumark, Wer nur den lieben Gott lässt walten, um 1641.

    [3] J. W.  Goethe, Faust I und II.

  • Beitrag zur Lesung über das Thema Gehen oder bleiben

    BDSÄ-Kongress Mai 2017

    Vorbemerkung: Mein Freund Ronald hat mir ausdrücklich erlaubt, diese Geschichte hier vorzutragen.

    Die emotionale Hürde

    Ronald rief mich an:

    „Du hast doch Erfahrung mit Patientenverfügungen. Ich brauche Deinen Rat.

    Meine Mutter lebt in Kanada mit ihrem zweiten Mann. Vor ein paar Tagen ist sie in der Küche gefallen und hat sich eine Kopfplatzwunde zugezogen. Ihr Mann rief den Krankenwagen, man brachte sie in die Klinik, dort wurde die Wunde genäht. Dann haben sie meine Mutter wieder entlassen. Ein paar Stunden später stürzte sie noch einmal und verletzte sich wieder. Als sie jetzt in das Krankenhaus kam, hatte einer der Ärzte die Idee, ein Computertomogramm vom Schädel zu machen. Dabei stellten sie eine große Hirnblutung fest, und Mutter wurde stationär aufgenommen.

    In den folgenden Stunden verschlechterte sich ihr Zustand rapide, und sie starb.

    Mein Stiefvater war natürlich völlig entsetzt, er fuhr aber schließlich nach Hause. Am nächsten Morgen wollte er beim Bestattungsinstitut die Beerdigungsformalitäten regeln. Der Bestatter sagte nach einem Blick in seinen Computer:,Ihre Frau ist nicht als tot gemeldet. Sie lebt noch.`

    ,Nein, nein, sie ist tot! Ich war dabei, als sie starb!`

    Der Bestatter blieb bei seiner Meinung: ,Sie würde hier auf meiner Liste stehen, wenn sie tot wäre. Bitte gehen Sie noch einmal zur Klinik, und vergewissern Sie sich!`

    Mein völlig verunsicherter Stiefvater fuhr zur Klinik. Dort traf er auf die Krankenschwester, die beim Sterben meiner Mutter anwesend gewesen war.

    Sie erschrak beim Anblick meines Stiefvaters und berichtete stockend:

    ,Ich habe Ihre Frau nach ihrem Tod zugedeckt in den Raum für Verstorbene geschoben. Als ich eine Weile später kam, um sie zu waschen, hörte ich ein Röcheln unter der Decke. Ihre Frau war tief bewusstlos und atmete ganz flach. Ich schlug sofort Alarm, und wir brachten sie auf Station. Dort liegt sie jetzt.‘

    Ein Arzt erklärte meinem Stiefvater, es sei ihm völlig unklar, wie es nach dem festgestellten Tod noch einmal zur Spontanatmung hatte kommen können. Dieser jetzige Zustand könne noch lange anhalten. Vielleicht sogar Wochen und Monate. Eine Hoffnung auf Heilung habe er nicht, die Hirnblutung sei viel zu ausgedehnt. Wenn Mutter überleben würde, dann nur schwerst hirngeschädigt.“

    Ronald machte eine kurze Pause, dann fragte er: „Wie sollen wir uns verhalten, was soll ich meinem Stiefvater raten? Soll die Ernährung fortgeführt werden? Sollen Medikamente gegeben werden?“

    „Zuerst will ich dir sagen, wie leid mir diese Situation tut. Das ist eine echte Schock- und Horrorgeschichte. Gibt es eine Patientenverfügung?“

    „Ja, die gibt es, und meine Mutter hat ganz klar verfügt, dass sie in einem hoffnungslosen Krankheitszustand keine lebens- und leidensverlängernden Maßnahmen will.“

    „Dann ist nach deutschem Recht die Situation ganz klar. Ernährung anzuordnen, zum Beispiel intravenös oder mit Magensonde, und Medikamente zu geben, sind ärztlich anzuordnende Leistungen. In dem vorliegenden Fall würden Ernährung und Medikamente das Leben und vielleicht sogar das Leiden verlängern. Die Ärzte dürfen also gar keine Ernährung und Medikamente geben, da dies gegen den erklärten Willen deiner Mutter geschieht.

    Die entscheidenden Fragen bei jedem neuen Medikament oder jedem neuen Ernährungsbeutel sind:

    • Darf ich diesen nächsten Beutel, dieses nächste Medikament geben?
    • Nützt es dem Patienten?
    • Würde der Patient das jetzt wollen?

    Es geht nicht darum, ob das Medikament oder die Ernährung objektiv wirkt, sondern ob sie subjektiv nützen. Und über den Nutzen entscheidet allein der Patient.

    Nach deutschem Recht sind Ernährung und Medikamentengabe gegen den erklärten Willen des Patienten vorsätzliche Körperverletzung nach §223 StGb. Ich vermute, das ist nach kanadischem Recht auch so. Aber das kann man ja fragen.“

    Ronald sagte erleichtert: „Diese Antwort habe ich erwartet. Danke, dass du das so klar formulierst. Was soll ich tun?“

    „Schlage deinem Stiefvater vor, mit der Patientenverfügung zu den behandelnden Ärzten zu gehen und sie auf die Vorschriften deiner Mutter zur Therapie in dieser Lebensphase aufmerksam machen. Er sollte sie bitten, die Ernährung und die Gabe von Medikamenten einzustellen. Wichtig ist eine sorgfältige palliative Versorgung, die für Beschwerdefreiheit sorgt. Dann wird sie in den nächsten Tagen, vielleicht sogar innerhalb eines Tages sterben. Das ist meiner Meinung nach das Gnädigste, was Ihr für sie noch tun könnt. Sie hat es so verfügt, deshalb müsst Ihr es so machen.

    Das Therapieziel ist nicht mehr, die Frau am Leben zu halten und zu heilen, sondern es hat sich durch die sehr schlechte Prognose verändert. Jetzt besteht das Therapieziel darin, der Patientin zu helfen, damit sie möglichst beschwerdefrei sterben kann.“

    Wir wechselten noch herzliche Worte, und ich bat Ronald, mich über den weiteren Verlauf zu informieren. – Ein paar Tage später rief er mich wieder an:

    „Mein Stiefvater ging in die Klinik und wollte mit den Ärzten sprechen. Er war sich völlig klar darüber, dass es seine Aufgabe war, jetzt den vor Jahren gemeinsam verfassten Beschluss umzusetzen und die Ärzte um eine Beendigung der Therapie zu bitten. Aber er brachte es nicht über´s Herz, den Ärzten diese Entscheidung zu vermitteln. Denn er sah plötzlich den Konflikt, dass er dann entscheiden müsste, dass JETZT die Flüssigkeitszufuhr abgestellt wird. Er hatte das Gefühl, damit den Todeszeitpunkt durch Verhungern zu bestimmen. Und dies, obwohl er wusste, dass der natürliche Verlauf diesen Zeitpunkt bestimmen würde.

    Also verließ er die Klinik, ohne den Ärzten den Beschluss in der Patientenverfügung mitzuteilen. Er sagte zu mir: ,Lass mich noch ein paar Tage warten. Ich hoffe, dass die Natur einen gnädigen Abschluss findet.`“

    Die Mutter starb einen Tag später bei laufenden Infusionen.

     

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    Tommy 

    My owner calls me Tommy. I have a large body with a thin long tail. I am plump and sit all day long on the couch feeding myself and watching TV. My owner is a very fat person. He feeds me daily with his leftover food. Every day I have breakfast, a light meal, brunch, afternoon refreshments and an opulent dinner. Between meals I love to drink coca cola and eat peanuts that I find adorable. I like eating bacon or sausages, Afterwards, I also like to eat cakes, chocolate and sweets. Every part of my body rebels against my stomach.  I´m asked: “Why should we be perpetually being engaged in administering to all your wants, while you do nothing. Simply you rest and enjoy your food. Your legs need to move, the pancreas needs the rest from the sweets and other foodstuffs. All your organs can no longer do their job”.

    Afterword

    Kim Campbell-Thornton who has written many articles and books about dogs and cats ,in the  article “Diabetes rising pets “ (image  above),  affirms: „As with people, the incidence of diabetes in cats and dogs is increasing and diabetes now affects as many as one in 50 of the animals, It is published in the literature that obesity is on the rise, No. 1, and No. 2, diabetes is on the rise right along with it.“

    Author’s note   

    Respect your body’s needs. Give your body excellent care to promote its health and well-being. Give it everything it absolutely requires including healthy food and drink.                    To continue stuffing food into a satiated body is to be trapped into believing that more of something is the cause of your happiness. To keep on feeding it is not as good as stopping. Eat, but stop when you are full.

     The World Health Organization warns: «Obesity has reached epidemic proportions globally, with more than 1 billion adults overweight – at least 300 million of them clinically obese – and is a major contributor to the global burden of chronic diseases, such as diabetes, cardiovascular diseases and disability.”  In the 21st century the simple advice for a healthy diet is “Enough is enough”.

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Tommy 

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Mein Herrchen nennt mich Tommy. Ich habe einen mächtigen Körper und einen dünnen langen Schwanz. Ich bin plump und hocke den ganzen langen Tag auf der Couch, ernähre mich selbst und sehe fern. Mein Herrchen ist eine sehr fette Person. Er füttert mich täglich mit seinen Essensüberbleibseln. Jeden Tag bekomme ich Frühstück, ein leichtes Essen, Brunch, nachmittägliche Erfrischungen und ein reichhaltiges Abendessen. Zwischen den Mahlzeiten liebe ich es, Coca Cola zu trinken und Erdnüsse zu essen, die ich wunderbar finde. Ich mag Schinkenspeck oder Würste. Danach esse ich auch gern Kuchen, Schokolade oder Süßigkeiten. Jeder Teil meines Körpers wehrt sich gegen meinen Magen. Ich werde gefragt: „Warum sollten wir uns andauernd mit deinen Wünschen beschäftigen, während du gar nichts tust? Du ruhst dich einfach aus und genießt dein Essen. Deine Beine müssen sich bewegen, die Bauchspeicheldrüse braucht Erholung von den Süßigkeiten und dem anderen Esskram. Alle deine Organe können nicht mehr länger ihre Aufgaben erledigen.“

    Nachwort

    Kim Campbell-Thornton, die viele Artikel und Bücher über Hunde und Katzen geschrieben hat, bestätig in dem Artikel „Diabetes schwemmt Haustier auf“ (siehe obiges Bild): „Genau wie bei Menschen steigt der Anteil an Diabetes bei Katzen und Hunden, und Diabetes betrifft eines von fünfzig Tieren. Es ist in der Literatur veröffentlicht, dass erstens Fettsucht immer häufiger vorkommt und zweitens Diabetes im gleichen Ausmaß ansteigt.

    Bemerkung des Autors

    Respektiere die Bedürfnisse deines Körpers. Gib deinem Körper hervorragende Pflege, um seine Gesundheit und Wohlbefinden zu gewährleisten. Gib ihm alles, was er absolut benötigt einschließlich gesunder Ernährung und Getränke.

    Weiter Nahrungsmittel in einen gesättigten Körper zu stopfen bedeutet, dass du in der Falle steckst, die dich glauben lässt, dass mehr von etwas die Ursache deines Glücks ist. Weiter zu essen ist nicht so gut wie damit aufzuhören. Iss, aber höre auf, wenn du satt bist.

    Die Weltgesundheitsorganisation warnt: „Fettsucht hat weltweit epidemische Ausmaße erreicht mit mehr als 1 Milliarde übergewichtigen Erwachsenen, von denen mindestens 300 Millionen klinisch fettsüchtig sind. Und das ist ein wesentlicher Beitrag zu der weltweiten Last der chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Behinderung.“

    Im 21. Jahrhundert ist der einfache Ratschlag für eine gesunde Ernährung „Genug ist genug!“

    Bemerkung des Übersetzers

    Das Wort Diät kommt aus dem Griechischen δίαιτα (díaita) und bedeutete ursprünglich Lebensweise. Inzwischen wird es für gesunde Ernährung benutzt.

  • A SPARROW TALE ( Dr. med. André Simon)

     

     

    There is an old story that tells how a grand Knight, who was riding through a forest, one day, came across a sparrow lying on the ground on its back with both feet in the air. To the question: what does it do, sparrow said, that the sky is to fall down. „The Knight laughingly replied „Are you going to keep it?“ „Everyone should do what one can“ said the sparrow.

     

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

     

     

    Die Geschichte vom Spatz

    Es gibt eine alte Geschichte, die erzählt, wie ein berühmter Ritter auf seinem Ritt durch einen Wald eines Tages an einem Spatz vorbei kam, der rücklings auf dem Boden lag und beide Beine in die Höhe streckte.

    Auf die Frage, was er mache, sagte der Spatz, der Himmel falle herunter.

    Der Ritter antwortete lachend: „Fängst du ihn auf?“

    „Jeder sollte tun, was er kann!“, sagte der Spatz.

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

     

     

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    EMPTINESS    (Dr. André Simon )

    The Master Xi asked: „Does emptiness in this circle have any value?”

    “Empty is empty, and therefore has no value” responded the pupil.

    The Sage explained: “The experience of emptiness is a necessary precondition to spiritual transformation. Emptiness is defined as an experience of being without anything. The state of emptiness means to be blankness, worthless, purposeless or meaningless.

    In the state of emptiness one has no answers and no power of hope.

    Emptiness remains in silence. Being silent, peaceful and calm, one can resolve all failures in one’s life.

    Being empty one is without resentment of the past, or fears for the future. In one’s life one takes or gives, so one can lose one’s way by one’s self. Because of this, one needs to empty one’s soul. Only in this way, one is able to return to one’s spiritual home.

    However, the return is only possible, if one waits in silence. Silence has more eloquence than words, and is more powerful. In the silence one implores the Almighty to demonstrate to us the way.

    This enlightens the value of emptiness. 

     Dr. med. André Simon  ©  Copyright

     

    Leere

    Der Meister fragte: „Hat die Leere in diesem Kreis irgendeinen Wert?“

    „Leer ist leer, deshalb hat sie keinen Wert“, antwortete der Schüler.

    Der Weise erklärte: „Die Erfahrung der Leere ist eine notwendige Vorbedingung zur spirituellen Transformation. Leere ist definiert als die Erfahrung, ohne irgendetwas zu sein. Der Zustand der Leere bedeutet, leer, wertlos, absichtslos und bedeutungslos zu sein. Im Zustand der Leere hat man keine Antworten und keine Kraft für Hoffnung. Leer bleibt in der Stille. Indem man still ist, friedvoll und ruhig, kann man alle Fehler in seinem Leben auflösen. Wenn man leer ist, empfindet man keine Abneigung gegen die Vergangenheit oder Angst vor der Zukunft. Im Leben nimmt man oder gibt, dadurch kann man den eigenen Weg durch sich selbst verlieren. Deshalb muss man seine Seele leeren. Nur auf diesem Weg kann man zur eigenen spirituellen Heimat zurückkehren.

    Diese Rückkehr ist jedoch nur möglich, wenn man in der Stille abwartet. Die Stille hat mehr Beredsamkeit als Wörter und ist mächtiger. In der Stille beschwört man den Allmächtigen, uns den Weg zu zeigen. Das erleuchtet den Wert der Leere.“

    Übersetzung Dr. Dietrich Weller

     

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    SOFTNESS ( Dr. André Simon )                                                               

    Speaking on paradoxes Master Xi asked: “Does gentleness and softness have power?”

    “No, softness is weakness“: answered the pupil.

    Sage explained: “Gentleness is not a weakness, but a power and a force that can be used to bring about positive changes. With gentleness and a smooth temper one can achieve spiritual victory. Being hard or violent is the way to defeat.

    One can lose teeth, never the soft gums. A single large tree can grow on a mountain, between two delicate flowering shrubs. The tempest may bring all or part of a large tree down, but the shrubs bow and remain…

    In life one needs to bend like a bamboo, without becoming bent or broken, through flexible  resistance to a situation. Through nonresistance, the wind passes and one returns upright.

    Aggressive people may attack us, but with our kind behavior they are conquered. Softness of great power touches the hearts and minds of all wounded beings. One does not need to be violent or hard towards others, but gently nudge them in the right direction, towards gentle love. There will be an opportunity to express gentle love, which will open new doors for you.

    All you need to do is to allow some time and space and provide the power of softness.

    Like a flower that won’t blossom by force, but flourishes only in its own time.

    Dr. med. André Simon  ©  Copyright     

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Sanftmut 

    Als Meister Xi über Weichheit sprach, fragte er: „Haben Sanftmut und Weichheit Kraft?“

    „Nein, Sanftmut ist Schwachheit!“, antwortete der Schüler.

    Der Weise erklärte: „Sanftmut ist keine Schwäche, sondern eine Kraft und Macht, die genützt werden kann, um positive Veränderungen zu vollbringen. Mit Sanftmut und sanftem Temperament kann man spirituellen Sieg erreichen. Hart und gewalttätig zu sein, ist der Weg zur Niederlage.

    Man kann Zähne  verlieren, aber nicht das weiche Zahnfleisch. Ein einzelner großer Baum kann auf einem Berg wachsen zwischen zwei zarten blühenden Büschen. Der Sturm mag den ganzen Baum oder Teile davon niederreißen, aber die Büsche beugen sich und bleiben stehen.

    Im Leben muss man sich wie ein Bambusstab biegen ohne verbogen oder gebrochen zu werden, indem man sich geschmeidig an eine Situation anpasst. Indem man sich nicht widersetzt, weht der Wind vorbei, und man kann sich wieder aufrecht stellen.

    Aggressive Leute können uns angreifen, aber mit unserem freundlichen Verhalten werden sie erobert. Weichheit mit großer Macht berührt das Herz und den Geist von allen verwundeten Lebewesen. Man muss nicht gewalttätig oder hart gegenüber anderen sein, sondern sie nur sanft in die richtige Richtung schubsen zur sanften Liebe hin. Es wird eine Gelegenheit geben, diese sanfte Liebe zum Ausdruck zu bringen, und das wird dir neue Türen öffnen.

    Alles, was du machen musst, ist, einige Zeit und Raum zuzulassen und die Macht der Weichheit zur Verfügung zu stellen.

    Wie eine Blume, die nicht durch Zwang blüht, sondern nur in ihrem eigenen Zeitmaß gedeiht.