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Baum Nummer 629
(20.4.2018)
Mancher empfiehlt mir wohlwollend
gelegentlich auch eitel oder belehrend
mächtige Verbrecher im Lande
nicht beim Namen zu nennen
beim Dichten allgemein zu bleiben
Texte für die Ewigkeit zu schreibenWenn Suchende meinen Baum betrachten
soll der Gesang meines Herzens
im Friedwald frohlockend bezeugen
dass Glück nicht in Gleichgültigkeit gedeiht
sondern in Verbundenheit mit der Erde
anschaulich als Gegebenes erlebbar֎֎֎
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Langer Atem
(18.4.2018)
In meinem Arbeitszimmer
im sechsten Stock angekommen
öffne ich weit die Tür zum Balkon
Das zarte Frühlingsgrün
bis zum Horizont ausgebreitet
zeigt hier und da wunderbare
rosa-weiße, gelbe
rot-bräunliche Muttermale
Die Sonne
selbst nicht sichtbar
schickt unverkennbar
ihren hellen Gruß
Vögel sind betriebsam, brünstig unterwegs
Ich atme diese Sanftmut tief ein
denke bewegt unter anderem
an Gaza, Syrien, Libyen
Irak, Yemen und Afghanistan
denke an mein Ursprungsland Iran
und bin mir dabei bewusst
dass ich Verdunklungen wahrnehmend
weiterhin vom Licht sprechen werde
von der Geborgenheit in Gerechtigkeit
von der Verbundenheit mit der Schönheit
von langem Atem fürs Leben֎֎֎
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MIRACLE
A young man dreamed of entering a large store. In the front of him, instead of an employee at the long flat-topped fixture , was an amazing being dressed in luminous brilliant white. “Who are you “asked the astounded young man.
The “employee” answered “An angel …“
„What do you sell here?“ „Everything you would like to buy,“ kindly replied the angel.
The young man began to enumerate: „I would like to end all wars in the world, tolerance towards the strangers, justice, kindness, more love in families, and …“ The angel stopped him: „I’m sorry, sir. You misunderstood me. We do not sell fruits; we only sell seeds.“The seed is always a beginning, a tiny, almost insignificant, beginning. A seed is a miracle. Even the largest tree comes from a tiny seed. And our soul is a garden in which every good deed exisits as a seed, that will sow larger values and virtues.
Dr. med. André Simon © Copyright
Übersetzung von Dietrich Weller
Wunder
André Simon
Ein junger Mann träumte davon, einen großen Laden zu betreten. Vor ihm stand statt eines Angestellten an einer langen Ladentheke mit abgeflachter Spitze ein erstaunliches Wesen in leuchtend weißem Gewand.
„Wer bist du?“, fragte der überraschte junge Mann.
Der „Angestellte“ antwortete: „Ein Engel.“
„Was verkaufst du hier?“
„Alles, was du kaufen möchtest“, erwiderte der Engel freundlich.
Der junge Mann begann aufzuzählen: „Ich möchte, dass alle Kriege in der Welt aufhören, Toleranz gegenüber Fremden, Gerechtigkeit, mehr Liebe in den Familien und …“
Der Engel stoppte ihn: „Es tut mir leid, mein Herr. Sie haben es falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte; wir verkaufen nur die Samen!“
Der Samen ist immer ein Anfang, ein winziger fast unbedeutender Anfang. Ein Samen ist ein Wunder. Sogar der größte Baum wächst aus einem winzigen Samen. Und Ihre Seele ist ein Garten, in dem jede gute Tat wie ein Samen vorhanden ist[1], der größere Werte und Tugenden aussät.
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Elba
(15.4.2018)
Zu wesentlichen Bestandteilen des Kampfes gegen die mächtigen Verbrecher unserer Zeit gehören die Wahrnehmung der Schönheit und der Erhalt der Lebensfreude.
Wenn ich die Augen schließe
spüre ich die Morgenröte auf meinen Lidern
schmecke das Salzige in der Brise
lausche dem Gespräch der Möwen
berühre die Wellen des Mittelmeeres
liebkose die aufgehende Blumenlandschaft
denn du bist bei mir֎֎֎
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FLOWER´S RHYMES
Poet YI-SHENG* had a dream.
Under the blooming tree of a scenting peach
he acquainted the knowledge of a flower-to-flower speech.
Amidst the camellias, daises and peonies,
in his marvellous dream, poet YI-SHENG listen in,
the amazing flower’s rhyme:
“Here, we arrive, thanks the gardener’s goodness
we survive.
He takes care of us, from a dawn to dusk.
In sunrise his smile gives us the power
his stroke in the twilight is like
the good- night tale.”
Suddenly awaken; embraced by gentle breeze,
eavesdropped poet YI- SHENG
flower’s whisper again.
In vain …. in vain.
Desperate poet YI- SHENG
reminds flower- to- flower speech,
no moreHowever, flower’ rhymes hang back in his core.
Therefore, he declaims flourished verses
subtle like the petals, delicate like blossoms.
Unexpectedly, the thankful flowers,
hug by gentle wind, bend towards a new friend,
poet YI SHENG .Dr med. André Simon © Copyright
Author’s note: Poet YI SHENG is a physician, too.
* YI SHENG (Chinese expression for a medical doctor )
Credits.
„Siesta” was photographed by Dr. Dietrich Weller, who has agreed to illustrate this story. The author is grateful for this permission. http://www.fotocommunity.de/user_photos/2099744
Übersetzung von Dietrich Weller
Der Dichter Yi-Sheng hatte einen Traum.
Unter einem dufterfüllten Pfirsichbaum
lernte er, wie Blüten zueinander sprechen.
Inmitten von Kamelien, Gänseblümchen und Peonien
in wunderschönem Traume hört Yi-Sheng geheim
den wunderlichen Blumenreim:„Hier kommen wir! Dank Gärtner´s Güte
bleiben wir in Blüte.
Er sorgt für uns vom Morgen- bis zur Abendglut,
im Sonnenlauf sein Lächeln schenkt uns Mut,
sein Streicheln auch im Dämmerlicht
wirkt als Gute-Nacht-Geschicht.“Plötzlich wach, umarmt von zartem Wind
erlauscht Yi-Sheng, der Dichter,
der Blumen Flüstern lind:
Vergebens -… vergebens.
Verzweifelt weiß er
der Blüten Sprache
nicht – nicht mehr.Aber Blumenreime stecken tief in seiner Seele,
so rezitiert er blühende Verse
zart wie Blumenblätter, erlesen wie Blüten.
Unerwartet beugen sich die Blumen voll von Dank
umarmt von lauem Wind, zum neuen Freund
Yi-Sheng, dem Dichter.Bemerkung des Autors:
Yi-Shen ist auch Arzt. Yi-Sheng ist die chinesische Bezeichnung für einen medizinischen Doktor.
Dank:
Das Bild „Siesta“ wurde von Dr. Dietrich Weller fotografiert, der erlaubt hat, es hier zu veröffentlichen. Der Autor dankt für die Genehmigung.
Quelle: http://www.fotocommunity.de/user_photos/2099744 -
Frühlingsgruß
(18.3.2018)
Gestern erhielt ich ein bewegendes Gedicht des im Wiener Exil 1996 verstorbenen iranischen Poeten Siavash Karsa’i. Die empfundene Botschaft des Gedichtes verband ich mit den mich umgebenden Bildern. So entstand der folgende Text, auch als ein blühender Beweis dafür, dass vergangene Generationen in unseren Herzen weiterleben und uns Grenzen überbrückend bereichern.
Mitten im hirnrissigen Kriegsgeschrei
beobachte ich beruhigt und lächelnd
den Aufstand der Krokusse und Schneeglöckchen
Umgeben von dem lieblichen Gruß der Morgendämmerung
stelle ich mir das baldige Aufgehen der Knospen
und das rege Treiben in den Schwalbennestern vor
öffne weit die Fenster meines Herzens
und lasse den verborgenen Duft meiner Gedanken
weit, weit, weit hinausfliegen֎֎֎
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Krankes und Morbides im Werk von Thomas Mann
Das Wort Krankheit steht hier für bedrohliche pathologische Veränderungen am Patienten; das „Morbide“ setzt sich aus einer Gruppe von Befindlichkeitsstörungen zusammen, wie Hypochondrie, Resignation, Neurasthenie. Die Betroffenen erleben einen schleichenden Niedergang. Beide Erscheinungsformen, Krankheit und Morbides treten in den Erzählungen des Autors nebeneinander auf und durchdringen einander, sowohl in demselben Text und auch innerhalb ein und derselben Person.
Wir beginnen mit einer Erzählung, die unter den vielen Pathographien Thomas Manns als einzige von einer Krebserkrankung handelt.
… betrauert von allen, die sie kannten.
Ovarialcarcinom: (Die Betrogene, 1953)
Eine Dame der Gesellschaft verliebt sich in den Englischlehrer ihres Sohnes, einen etwa 25 Jahre jüngeren Amerikaner. Der junge Ken ist zunächst an der so viel Älteren nur höflich interessiert, dann aber vom reizvollen Gegensatz immer stärker fasziniert. Kurz bevor sich die wieder erblühte Frau den drängenden Wünschen ihres Körpers ergeben kann, widerfährt ihr mit einer nächtlichen Massenblutung der Anfang vom Ende.
Infektionskrankheiten
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellten Seuchen eine ernsthafte Bedrohung dar. Man musste sich oft mit dem Lindern von Symptomen begnügen, und manche Chefärzte übertrugen hoffnungslose Fälle, die ihnen weder Ehre noch schnöden Mammon versprachen, lieber auf unbedeutende Assistenten. Die Rede ist von der Tuberkulose.
Als Soldat und brav (Der Zauberberg, 1924)
Joachim, ein junger Offiziersanwärter, kaschiert die Symptome so lange es irgend geht durch Sonnenbräune und militärische Haltung, während sein Vetter Hans das bleibt, was er in jeder Hinsicht ist, der „hübsche Bourgeois mit einer kleinen feuchten Stelle“. Nach dem missglückten Versuch, seinen Dienst wieder anzutreten, stirbt der Fahnenjunker an progredienter Laryngitis tuberculosa. Die Spur des anderen verliert sich in den Wirren des ersten Weltkriegs.
Wenn es Tuberkeln sind, so muss man sich ergeben (Buddenbrooks, 1901)
Clara Buddenbrook, ein ernstes, strenges Mädchen, hatte schon als Jugendliche an Gehirnschmerzen gelitten, sie traten neuerdings periodisch in fast unerträglichem Grade auf. Manchmal führt sie eine Hand zum Kopfe, denn dort schmerzt es. Nach geraumer Zeit erliegt sie einer Gehirntuberkulose.
An einem Zahne … (Buddenbrooks)
Um die Gesundheit des Thomas Buddenbrook ist es nicht gut bestellt. Während seiner Volontärzeit in Amsterdam erleidet er einen Blutsturz und unterzieht sich einer Luftkur in Südfrankreich. Frostige Blässe, bläuliches Geäder und eine Neigung zum Schüttelfrost sind ständige Begleiter als er in jungen Jahren bereits…Chef des großen Handelshauses wird. Seine Grundkrankheit ist zwar die Tuberkulose, aber die Ursache seines allzu frühen Todes ist sie nicht… Senator Buddenbrook war an einem Zahne gestorben, hieß es in der Stadt. Man denkt an eine Apoplexie oder man behilft sich mit der gängigen Formel für Fälle, in denen man es nicht so genau weiß: „Verstorben unter den Zeichen des Herz-und Kreislaufversagens“.
Die junge Frau litt an der Luftröhre…und Gott sei Dank, dass es nicht die Lunge war: (Tristan,1902)
…kaum vom Wochenbette erstanden … äußerst verarmt an Lebenskräften, als sie beim Husten ein wenig Blut aufgebracht hatte … es war, wie gesagt, die Luftröhre, ein Wort, das … eine überraschend tröstliche, beruhigende, fast erheiternde Wirkung auf alle Gemüter ausübte … Manchmal hüstelte sie. Hierbei führte sie ihr Taschentuch zum Munde und betrachtete es alsdann.
Das Ende kommt rasch, nicht ohne dass Thomas Mann den Kontrast zwischen Gabrieles ätherischem Wesen und ihrem stämmigen Gatten, mehr noch: ihrem pausbäckigen, prächtigen und wohlgeratenen Sohn gehörig herausarbeitet hätte.
Andere Infektionskrankheiten nehmen im Werk des Autors weniger Raum ein.
Mit dem Typhus ist es folgendermaßen bestellt: (Buddenbrooks)
Die Diagnose ist gelegentlich durch besondere Umstände erschwert, wenn nämlich die Anfangssymptome, Verstimmung, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, unruhiger Schlaf, Kopfschmerzen, schon vorher bei anscheinend völliger Gesundheit vorhanden sind. Von völliger Gesundheit kann allerdings kaum die Rede sein, doch geraten wir hier an die Grenze zum Morbiden, von dem später noch zu reden sein wird.
Seit mehreren Jahren schon hatte die indische Cholera eine verstärkte Neigung zur…Wanderung an den Tag gelegt: (Der Tod in Venedig, 1911)
Möglicherweise infiziert sich der Schriftsteller Gustav Aschenbach mit rohem Obst, das er vor einem kleinen Gemüseladen kauft, Erdbeeren, überreife und weiche Ware. Die nur halb körperlichen Symptome, die ihn wenig später befallen, sind Schwindel und eine heftig aufsteigende Angst … Und noch desselben Tages empfing eine respektvoll erschütterte Welt die Nachricht von seinem Tode.
Bevor wir uns dem „Morbiden“ zuwenden, müssen wir uns noch mit einer weiteren durch Infektion in Gang gesetzten Krankheit beschäftigen, der Syphilis.
Krankheit, und nun gar anstößige, diskrete, geheime Krankheit … (Doktor Faustus 1947)
Progressive Paralyse:
Die Lues oder Syphilis wird gern als der „Affe unter den Krankheiten“ bezeichnet, da sie „alle“ Symptome nachahmen könne. Sie hat eine besondere Affinität zum Nervensystem. Adrian Leverkühn, ein hochbegabter Musiker und Komponist aus wohlsituiertem bürgerlichen Hause, handelt sich bei einer reizvollen Werktätigen im ältesten Gewerbe der Welt einen Primäraffekt ein, der scheinbar nach einer Therapie durch zwei Dermatologen spurlos verschwindet. Doch die Behandlung bleibt unvollständig, da der erste Arzt aus unbekannter Ursache plötzlich verstirbt und der zweite unter ebenso unklaren Umständen verhaftet wird – Teufelswerk, wie Adrian später erfährt. Nachdem er sich den Mächten der Finsternis überantwortet hat, erlebt er eine Steigerung seiner mentalen Fähigkeiten und Phasen höchster Seligkeit, schafft unerhörte musikalische Werke. Nun hat seine Spirochaeta pallida eine Passion für das zarte Parenchym der Kopfregion. Zunächst leidet der Künstler nur an Schwindelerscheinungen und Migräne, wird aber volle vierundzwanzig Jahre post infectionem in tiefster Verzweiflung und Rettungslosigkeit, von unerträglichen Schmerzen gepeinigt, mit allen Anzeichen einer progressiven Paralyse enden.
Ebenso einprägsam schildert Thomas Mann die Zeichen der Tabes dorsalis.
Mehrere Herren mit entfleischten Gesichtern werfen auf jene unbeherrschte Art ihre Beine, die nichts Gutes bedeutet. Sobald sie in Gabrieles Nähe kommen, lächeln dieselben Herren und versuchen angestrengt, ihre Beine zu beherrschen (Tristan, 1902).
Das Morbide
Bei den Buddenbrooks wandert das Übel in Form von Neurasthenie, einer reizbaren Nervenschwäche, als schleichende Familienkrankheit über vier Generationen hinweg, um die beiden letzten Vertreter gänzlich zu zerstören. Eine Schwächung des „Selbst“ macht die Betroffenen unfähig, ihre Arbeits- und Lebenswelt sinnvoll zu strukturieren. Die veraltete Bezeichnung Neurasthenie ersetzen wir heute gern durch die des allgegenwärtigen Syndroms „burnout“.
Buddenbrooks
Thomas, der Firmenchef, empfindet, obwohl er kaum siebenunddreißig Jahre zählt, ein Nachlassen der Spannkraft, eine raschere Abnützbarkeit, die mit Rastlosigkeit und einem übertriebenen Hang zur persönlichen Sauberkeit und äußeren Perfektion einhergeht. Er wird sich darüber klar, dass oft die … sichtbarlichen und greifbaren Zeichen und Symbole des Glückes und Aufstieges erst erscheinen, wenn in Wahrheit alles schon wieder abwärts geht. An seinem Bruder Christian missfallen ihm Dinge, die er schon an sich selbst mit Abscheu bemerkt hat, nämlich eine ängstliche, eitle und neugierige Beschäftigung mit sich selbst, die zerfahren, untüchtig und haltlos macht. Aber wir sind bloß einfache Kaufleute … unsere Selbstbeobachtungen sind verzweifelt unbeträchtlich.
Christian bietet die Zeichen einer schweren hypochondrischen Störung. Er ist ein liebenswürdiger Taugenichts, alles andere als dumm, aber unfähig zu ernsthafter Arbeit. Während er sich als begabter Imitator und geistreicher Unterhalter betätigt, ergeht er sich andererseits in abstoßenden, detaillierten Beschreibungen seiner Qual. Haltlos und bar jeder Selbstkontrolle wird er schnell zum Spielball anderer „Suitiers“ und einer Frau von zweifelhafter Lebensführung. Als seine Ehefrau betreibt sie schließlich unter Berufung auf Wahnideen und Zwangsvorstellungen seine Entmündigung und die Einweisung in eine Anstalt.
Hanno, der jüngste und letzte Buddenbrook-Spross, still und kränklich, leidend und mitleidend, taugt gewiss nicht zum Kaufmann, allenfalls zum Künstler. Seine Spannungen entladen sich in musikalischen Phantasien bis zur Kakophonie. Die bläulichen Schatten in den tief liegenden Augenwinkeln hat er von seiner Mutter Gerda, und dass sie schon bei dem Neugeborenen auftreten, kleidet, wie Thomas Mann bemerkt, ein vier Wochen altes Gesichtchen nicht zum besten.
Tristan
In geringer Abwandlung erscheinen das blaue Äderchen über dem Auge und die tiefen Schatten zu beiden Seiten der Nasenwurzel als Leitmotiv auch bei Tristans Gabriele. Für die Beschreibung ihrer Ankunft in Einfried findet Thomas Mann ironisierende Sätze, da die beiden Braunen [Pferde] … mit rückwärts gerollten Augen angestrengt diesen ängstlichen Vorgang verfolgen, voll Besorgnis für soviel schwache Grazie und zarten Liebreiz. Wie pathetisch aber wird erst der Neurastheniker Spinell, den die Mitpatienten geschmackvoll den verwesten Säugling nennen! Er schwärmt die junge Frau an, die doch aus einem alten Geschlecht stamme, zu müde bereits und zu edel zur Tat [sic!] und zum Leben, … das sich gegen das Ende seiner Tage noch einmal durch die Kunst verklärt.
Der Zauberberg
Hans Castorp, Hospitant und weicher Neuling, bringt es auf dem Berghof mit Fiebermessen und anderen Bemühungen endlich dahin, dass er sich fast wie ein ‚richtiger‘ Patient fühlen darf.
Der Tod in Venedig
Gustav Aschenbach erliegt zwar am Ende der Cholera, doch auf der Basis eines Gefühls der Ausweg- und Aussichtslosigkeit, nachdem er sich, ein betörter Liebhaber, im Traum der Raserei des Untergangs ergeben hat und es auch im wachen Zustand gegen die Mahnung seines Gewissens unterlässt, die polnische Adelsfamilie vor den Gefahren der verseuchten Stadt zu warnen, damit er nicht auf den Anblick des leidenschaftlich Begehrten verzichten muss – Man soll schweigen! Man soll das verschweigen! und: Ich werde schweigen!
Meisterhaft versteht es Thomas Mann, seinen Protagonisten stets solche Krankheiten aufzuerlegen, die längst durch das Morbide in ihnen vorbereitet sind und sich schon beim scheinbar Gesunden in persönlichen Eigenschaften und als Symptome einer reizbaren Nervenschwäche äußern.
Lit. bei der Verfasserin.
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Bridges (André Simon)
(Die Übersetzung folgt nach dem Originaltext)
Michelangelo, famous Renaissance painter and sculptor had recommended the Awareness: “The greatest danger for most of us is not that our aim is too high and we miss it, but that it is too low and we reach it.”
Therefore, my ultimate goal is very, very, very high:
It is to create the imaginary BRIDGES.
A bridge that unifies North and South
A bridge that unifies East and West
A bridge that ties the philosophers of the Ancient World
and the way of the life in the 21st Century.
We are told never to cross a bridge until we come to it,
but this world is owned by the men who have `crossed bridges`
in their imagination, far ahead of the crowd.
Those thinkers help us during our lifetime.
Life is a bridge between inexperience and wisdom.
Wishful thinking for the 21st Century would be:
The creation of the most precious bridge,
the bridge of tolerance, which passes over the deep gap
that divides neighbors’ beliefs from ours.
Every day, by crossing this bridge, turns into a happy day.Dr. med. André Simon © Copyright
Author’ note
The reverse of all denomination of Euro banknotes bear different type of the stylized bridge illustrations. These bridges are” imaginary”, and do not represent the existing monuments. However, the message is clear; the bridges bring the slight contribution to the unification of the Europe.
Brücken
Übersetzung von Dietrich Weller
Michelangelo, der berühmte Renaissance-Maler- und -Bildhauer hat diese Erkenntnis empfohlen: „Die größte Gefahr für die meisten von uns besteht nicht darin, dass unser Ziel zu hoch ist und wir es verfehlen, sondern dass es zu niedrig ist und wir es erreichen.“
Deshalb ist mein äußerstes Ziel sehr, sehr, sehr hoch:
Es geht darum, das geistige Bild Brücken zu erschaffen,
eine Brücke, die Nord und Süd vereinigt,
eine Brücke, die Ost und West vereinigt,
eine Brücke, welche die Philosophen der Welt mit
der Lebenskunst des 21. Jahrhunderts verbindet.
Man sagt uns, wir sollten eine Brücke erst überschreiten, wenn wir sie erreichen,
aber diese Welt wird von Menschen besessen, die in ihrer Vorstellung weit vor der Menge Brücken überschritten
haben.
Diese Denker helfen uns während unserer Lebenszeit.
Das Leben ist eine Brücke zwischen Unerfahrenheit und Weisheit.Wunschdenken für das 21. Jahrhundert würde die Erschaffung der wertvollsten Brücke bedeuten:
die Brücke der Toleranz, welche die tiefe Kluft überspannt,
die Glaubenssätze unseres Nachbarn von unseren trennt.Jeder Tag wandelt sich in einen glücklichen Tag, während wir die Brücke überschreiten.
Nachtrag des Autors:
Die Rückseiten aller Euro-Banknoten aller Länder tragen verschiedene Arten von stilisierten Brücken. Diese Brücken sind erfunden und zeigen nicht die bestehenden Bauten. Aber die Botschaft ist klar: Die Brücken schaffen einen kleinen Beitrag zur Vereinigung Europas.
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Die Fulda
(8.3.2018)
In Erinnerung an den Streik der Textilarbeiterinnen in New York am 8.3.1857, den Streik der Näherinnen und Fabrikarbeiterinnen in Lynn (Massachusetts) am 7.3.1860, die Streiks und Demonstrationen der Tabak- und Textilarbeiterinnen in New York am 8.3.1908 und den ersten internationalen Frauentag am 19. 3.1911
Flüsse sind für mich
faszinierende Lehrer
Sie ermuntern mich
Begebenheiten in Bewegung wahrzunehmen
verschiedene Blickwinkel zu erkennen
mein geschichtliches Gedächtnis zu schärfen
und die Gegenwart
in zeitlichen Zusammenhängen zu erfassen֎֎֎
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Strahlend
(1.3.2018)
Jedes Mal wenn ein Lebewesen
sich bei mir geborgen fühlt
werde ich bereichernd beschenkt
mit einem Stück Sonne
Die Teile sammle ich in meinem Herzen
und verteile sie später
als strahlendes Lächeln֎֎֎