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Marsch! Marsch!
(28.6.2020)
Der Tyrann verkündete
Am Ende der Welt ist ein Berg
Auf seinem Gipfel ist eine Schlachtbank
Geht geordnet hin
und wartet dort auf euren Henker
Brav befolgten die Untertanen den Befehl֎֎֎
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Pure Wissenschaft
(22.6.2020)
Es steht nicht eindeutig fest
was und wie genau gemessen wird
Wer unter solchen Bedingungen
unbedacht viel misst
misst unweigerlich viel Mist֎֎֎
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Die Fuldawiesen
(30.5.2020)
Parallel zum Fahrradweg
breitet sich ein Meer aus
am Horizont umschlungen
von Wäldern und Hügeln
Es spricht mit mir
kraftvoll dunkelgrün
ermutigend pistaziengrün
liebevoll gelb und grün verwebt
Ab und an grüßen Farbflecken funkelnd
wie gelbe, weiße, tiefrote, blaue Boote
Greifvögel hier und da auf der Jagd
Kühe gemächlich bei ihren Kälbern
Stuten stolz neben ihren Fohlen
Ich lasse die Stadt hinter mir
und mit ihr die MenschenIn dieser bewegenden Zeit
haben augenscheinlich zahlreiche
bis gestern als Gelehrte geltende Größen
das einfache Alphabet
erbärmlich verlernt
und basale Maßstäbe
verräterisch vergessen
Nun laufen sie aufgeschreckt-zerstreut
in einem breit angelegten Irrgarten
Eine Wüste bedrückender Befindlichkeiten
ein Sumpf berstender Fehden
erschlagen den weiten Blick
ersticken die ganzheitliche Betrachtung
Die Machenschaften der Machthaber
zeigen ihre fatalen Früchte
Die Jahrzehnte lang
bedacht beschränkt gehaltene Allgemeinbildung
die gigantische Beeinflussung der Sinne
die breite Entwurzelung der Menschen
gebären nicht unerwartet
grobes GebarenAuf dem Rückweg nach Hause
genieße ich das sanfte farbenfrohe Meer
sauge seine Weisheiten auf
beherzige seine Botschaften
bereinige meine Wahrnehmung
gestalte geordnet meine Gedanken
und betrachte den beträchtlichen Gegenwind
mit einem Lächeln im Herzen֎֎֎
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(17.5.2020)
Wenn ich die Mutter Erde
endgültig eng warm umarme
werden Regenwürmer sich fröhlich schlängeln
Ameisen ihre prächtigen Hügel rege bauen
Kirschbäume Fruchtkörbe freigebig füllen
Birkenzweige in der Brise bezaubernd baumeln
Mohnblumen den Lebensmut sanft besingen
Wenn ich die Mutter Erde
endgültig eng warm umarme
wird der Wind mich mitnehmen
auf seiner weiten Reise
über Berge, Wüsten und Wälder
zu Geburtsstätten heller Wasserquellen
zu türkisblauen Meeren des Freimuts֎֎֎
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A swan is the symbol of wisdom, sincere love, fidelity to the partner, innocence, purity, strength, and courage.
They are in close relationship with the luminous gods and a sacred possessor of magical powers linked to music and singing, combined with the therapeutic powers of sun and water.
The swan also represents the inner light and harmony of the human spirit, the divine spark in man.
The flight of swan is compared to the return of the spirit to its source. The swan represents the part of the man who tends to develop the good to himself in perception and spirituality,
This symbolism arises from the transformation of the ungainly chick into a majestic swan, whose look can push beyond the world of appearances and see in the future.
The swan song is a metaphorical expression for the final artistic effort of a musician or poet. It refers to an ancient credence that swans sing a beautiful song before they are to die, having been silent during their lifetime.
Dr. med. André Simon © Copyright
Übersetzung von Dietrich Weller
Der Schwan
Ein Schwan ist das Symbol von Weisheit, echter Liebe, Treue zum Partner, Unschuld, Reinheit, Stärke und Mut. Sie stehen in enger Beziehung mit den leuchtenden Göttern und sind heilige Eigentümer magischer Kräfte, die mit Musik und Gesang verbunden sind, kombiniert mit der therapeutischen Kraft von Sonne und Wasser.
Der Schwan stellt auch das innere Licht und die Harmonie des menschlichen Geistes dar, den göttlichen Funken im Menschen.
Der Flug des Schwans wird verglichen mit der Rückkehr des Geistes zu seiner Quelle. Der Schwan steht für den Teil des Menschen, der dazu neigt, das Gute bei Wahrnehmung und Spiritualität für sich zu entwickeln.
Dieses Symbol entsteigt aus der Veränderung des unbeholfenen Kückens zu einem majestätischen Schwan, dessen Blick uns jenseits der Welt der Erscheinungen schickt und in die Zukunft sehen kann.
Der Schwanengesang ist ein bildhafter Ausdruck für die letzte künstlerische Anstrengung eines Musikers oder Dichters. Er bezieht sich auf einen althergebrachten Gauben, dass Schwäne ein wunderbares Lied singen, bevor sie sterben sollen, nachdem sie ihr Leben lang still waren.
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Dieser Text war (ursprünglich vorgesehen für die Lesung Streifzüge, Moderation Dietrich Weller, Stralsund 2020)
Eigentümlich faszinierend sind Bach und Fluss. Es darf das kleinste Rinnsal sein, etwa in Freiburg die “Bächle” oder die Dreisam, die, weil sie ein wenig zum Ausufern neigte, durch eine endlose Folge von Stufen gebändigt wurde. Hauptsache es fließt! Andere Wasser haben auch ihre Schönheiten, stille Wasser wie Teiche, Seen, Maare, und wilde Wasser wie die Nordsee oder der Atlantik. Aber was ist das schon gegen einen Fluss?
Die Wetter entspringt im Hochmoor am Rande des Vogelsbergs und mündet über die Nidda in den Main. Um schwimmen zu lernen ging man, bevor sich die Landräte durch den Bau von Bädern und Kreiskrankenhäusern zu profilieren begannen, an die Wetter, in das von uns so genannte “Bad Griedel” bei Butzbach, zu dem es heute längst gehört. Das Wasser war warm und schlammig, gemütlich und ungefährlich. Auch später behielt die Wetter ihre Anziehungskraft. An einem Flussbogen in Trais Münzenberg begründeten wir ein Wasserheiligtum, wo wir den Nymphen Opfer in Form von Kupfermünzen darbrachten.
Der Sommer 1952 war so heiß und trocken, dass die Fluss-Schifffahrt vorübergehend eingestellt werden musste. Für die Ferien hatten wir Streifzüge an und auf der Weser vorgesehen. Unser Schiff setzte wegen des Niedrigwassers so häufig auf, dass wir zwischen Höxter und Hameln ausgebootet und auf kleinere Wasserfahrzeuge umgeladen wurden. Mutige machten sich einen Spaß daraus, den Fluss trotz der beachtlichen Strömung als Fußgänger zu überqueren.
Östlicher Quellfluss der Weser ist bekanntlich die Werra – zwei Namen, ein und derselbe indogermanische Wortstamm. Beides bedeutet “fließen”.
Wo Werra sich und Fulda küssen,
sie ihre Namen büßen müssen.
Und hier entsteht durch diesen Kuss
deutsch bis zum Meer der Weser Fluss.Das aus einer sehr anderen Zeit stammende Verslein ist auf dem Weserstein in Hannoversch Münden oberhalb des Zusammenflusses zu lesen. Werra-aufwärts wechselte der mäandernde Fluss 40 Jahre lang von einem der beiden deutschen Staaten in den anderen, dass es nur so eine Art hatte. In Bad Sooden-Allendorf, wo man beim Passieren der Werra-Brücke den westlichen Teil des Landes nicht zu verlassen brauchte, erfanden wir ein Wortspiel mit französischen Wurzeln: Qui viverà verrà (die Zeit wird’s lehren) wurde zu: qui viverà Werra (der wird leben, dem es vergönnt ist an der Werra zu weilen). Jetzt verbindet sie wieder!
Die Donau ist bekanntlich alles andere als “schön blau”, aber ihre Entstehungsgeschichte fasziniert. Als Ursprungsort gilt der dekorativ gefasste Quelltopf in Donaueschingen. Das überfließende Wasser sammelt sich in der Brigach, bevor diese sich mit der Breege vereinigt, um dann als Donau bei Immendingen im Karst des Weißen Jura zu versinken. Ein Teil des Wassers tritt im sprudelnden Aachtopf wieder an den Tag, fließt nach Westen über den Bodensee zum Rhein und damit in die Nordsee. Andere Quellbäche füllen das alte Flussbett auf und die neue Donau macht sich auf ihren langen Weg nach Osten zum Schwarzen Meer. Eine Wasserscheide? Ja, doch sie ist auch ein Bindeglied zwischen Norden und Osten. Nicht genug damit; bevor sie sich ins Schwarze Meer ergießt, teilt sie sich in viele Mündungs-Arme und gibt sich alle Mühe, die vier heutigen Nachbarstaaten miteinander zu verbinden. Einmal wurde ich gebeten, für jemanden von der Budapester Kettenbrücke herunter ins Wasser zu spucken; davor habe ich mich gedrückt, der Fluss war mir dreckig genug. Trotzdem ist die Donau ein majestätischer Anblick, wie sie mitten durch das schöne Budapest strömt, dessen Stadtteile sie allerdings heute, trotz der wunderbaren Brücken, faktisch trennt. Zu Stoßzeiten nämlich werden die Brücken zu Nerven-zerfetzenden Verkehrs-Fallen. Vom hoch gelegenen Buda in das geschäftige Pest ist man weit länger als eine Stunde unterwegs, gleich welches Fortbewegungsmittel man benutzt; auch die Straßenbahn kann nicht wie sie sollte. Es gibt keine Rettung außer dem Zweirad oder der U-Bahn, und die bringt einen nicht überallhin.
Meine erste Begegnung mit der Elbe hatte ich 1942 in Dresden und im Elbsandsteingebirge, dessen Anwohner nicht alle etwas von der aufgezwungenen “Verbindung” hielten. Das verstand ich damals noch nicht, aber an die mächtigen Felsen kann ich mich erinnern und vor allem an die rote Brauselimonade, die ich dort bekam. 1990 war endlich Gelegenheit, von Osten her über die Elbe nach Westen zu blicken. Wie lange hatte ich mir die Nase am Zaun plattgedrückt und von einem Aussichtsturm, der am Westufer errichtet war, auf die andere Seite hinüber gespäht. Noch waren die Dömitzer Brücken nicht wieder hergestellt, aber es gab genügend Fähren in beide Richtungen. Der Fluss verbindet wieder, wie es sich für ein fließendes Wasser geziemt.
In Rom, im Tiber nahe der Cloaca maxima, beim Tempel des Asklepios liegt mein Carneol-Ring. Leider hat dieses kleine Opfer meine Freundin nicht vor schwerer Krankheit retten können.
Der älteste Kult auf der Tiberinsel galt dem Flussgott Tiberinus. Als aber Rom 293 v. Chr. von einer schweren Seuche heimgesucht wurde, benötigte man die Hilfe eines Größeren, des Heilgottes Asklepios. Eine Gesandtschaft machte sich zu Schiff auf den Weg nach Epidauros, dem wichtigsten Kultort des Gottes. Auf der Rückfahrt hatte sie eine heilige Schlange an Bord, die bei der Tiberinsel in den Fluss tauchte. So bezeichnete sie den Ort, an dem der Asklepios-Tempel errichtet werden sollte. Heute steht da die Kirche S. Bartolomeo. Hospitäler der Israeliten und der Barmherzigen Brüder setzen die Kontinuität der antiken Heilstätte fort. “Zu Bestrahlungen und Behandlungen wandern die Römer über die beiden kurzen Brücken ins uralte Hospital. Dort geht es…sauber zu, da wird der alten Heilüberlieferung noch immer Genüge getan”, schrieb Marie Luise Kaschnitz 1962[1]. Die Ostspitze der Insel erinnert an den Bug des Schiffes, mit dem die heilige Natter nach Rom gebracht wurde. Eine wohl auf das Jahr 62 v. Chr. zurück gehende Travertin-Verkleidung zeigt ein Relief des Äskulap mit seinem Schlangenstab und verbindet so den Tiber mit dem saronischen Golf, aber auch mit den vielen fließenden Brunnen, die zu einem Asklepios-Heiligtum gehören; denn “rein muss sein, der in den duftenden Tempel tritt…”[2].
Übrigens sind es von der Tiberinsel nur wenige Schritte zur Giudecca, und dort isst man die allerbesten Artischocken!
[1] Schlange des Äskulap, in: Engelsbrücke (München 51983) 71 f.
[2] Porphyrius, De Abstinentia II 19, zit. bei A. Krug, Heilkunst und Heilkult (München 1985) 130.
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Seelennahrung
(29.4.2020)
Ein Korb Sonnenlicht
ein Hauch Wolken
eine Hand voll Frühlingsfarben
eine Spur Wind
fertig ist das Seelenmahl֎֎֎
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Blicke und Gedichte
(23.12.2018)
Wir verweilen in einem Raum
mit vielen Wänden
Jede Wand hat zahlreiche Fenster
zum Empfangen und zum Senden
Jeder öffnet ein Fenster zum Licht
verfasst dann sein eigenes Gedicht
Wenn wir Blicke und Gedichte
redlich zusammenführen
werden wir gemeinsam
die Wahrheit eher berühren -
Seelenruhe
(26.6.2018)
Milliarden Jahre Lebewesen auf der Erde
Millionen Jahre Menschenaffen
Zehntausende Jahre menschliche Kultur
Meine eindeutige Endgültigkeit
betrachtet im Lichte anderer Zeitabschnitte
ermöglicht eine gütige Gelassenheit
bei der Pflege des Sinns für Gerechtigkeit֎֎֎
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Umnachtung
(21.4.2020)
In Zeiten großer Verbrechen
der Sonne Trost in meinem Herzen
des Regens Frische in meinen Adern
des Meeres Weite in meinen Augen
sprach ich bewegt-besorgt
mit den Kirschbäumen und Schlüsselblumen
mit den feinen Trieben im Walde
mit dem Moosteppich auf Steinen und Gehölz
mit den Schwänen auf den Wiesen
mit dem Storchenpaar am See
mit der stillenden Stute auf dem Felde
Alle sagten mir gefühlsvoll-sachlich
Es ist nicht der erste Irrsinn
Es ist nicht der letzte Wahnsinn
Bleibe verbunden mit der Erde
Sie wird dir den Weg zeigen֎֎֎