Wasser
Ein Gedicht von Sohrab Sepehri (1928 – 1980) aus dem Buch „Der grüne Raum“; erste Erscheinung 1967
Übersetzung aus dem Persischen von Afsane Bahar
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Machen wir das Wasser nicht dreckig:
flussabwärts trinkt vielleicht eine Taube Wasser.
Oder in einer fernen Lichtung wäscht ein Stieglitz die Feder.
Oder in der Oase wird ein Krug voll.
Machen wir das Wasser nicht dreckig:
Vielleicht läuft dieses fließende Wasser zum Fuße einer Weinpappel,
um eines Herzens Trauer herunter zu waschen.
Vielleicht hat die Hand eines Derwischs
ein trockenes Brot ins Wasser eingetaucht.
Eine schöne Frau kam an den Flussrand,
machen wir das Wasser nicht dreckig,
das schöne Antlitz hat sich verdoppelt.
Wie belebend ist dieses Wasser!
Wie rein ist dieser Fluss!
Was für eine Reinheit haben die Menschen flussaufwärts!
Ihre Quellen sollen perlend bleiben,
ihre Kühe sollen lange Milch spenden!
Ich habe ihr Dorf nicht gesehen,
zweifelsohne ist an ihren Hütten die Fußspur Gottes.
Der Mond erhellt dort das Feld des Wortes.
Zweifelsohne sind die Mauern in dem Dorf flussaufwärts niedrig.
Seine Bewohner wissen, was für eine Blume die Anemone ist.
Zweifelsohne ist dort das Blaue blau.
Die Dorfbewohner wissen Bescheid, wenn eine Knospe aufgeht.
Was für ein Dorf muss es sein!
Seine Gassen und Gärten sollen voller Musik sein!
Die Menschen am Ursprung des Flusses verstehen das Wasser.
Sie haben das Wasser nicht dreckig gemacht,
machen wir auch das Wasser nicht dreckig.
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