Herbert und Hölderlin – ein deutsches Requiem
Prolog
Dem Herbert und dem Hölderlin
Das Lebenslicht einst beiden schien.
Hölderlin, dem Geisttitan
Herbert auch, dem armen Mann,
Der sich aus der Armut raffte
Zum Marine Maat es schaffte
Dann bescheiden, pünktlich, klug
Nach dem Krieg die Post austrug.
Er wurde neunzig Jahre alt
Als er aus dem Zeitenspalt
Einsam in das Jenseits fuhr.
Ein Grabstein ziert die Lebensspur.
Er bleibt verschollen, unbekannt
Auch sein Verdienst für Vaterland
Anstand, Ehre, Einsatz, Pflicht
Kümmern seine Nachwelt nicht.
Hölderlin, in frischen Jahren
Ist bekannt und Kunst erfahren.
Goethe, Schiller, Hegel, Fichte
Zünden Friedrich Kerzenlichte.
Die führen ihn dem Pindar gleich
In ein neues Lyrikreich.
Göttliches wird neu beschrieben
Die Gunst des Höheren ist geblieben.
Wohlstand, Größeres erreichen
Wollte jeder von den Beiden.
Herbert als Kind, Friedrich als Greis,
Erfahren Jammer, Qual und Leiden.
Hier ist zu berichten
von vergangenem Sein.
Berühmt und begraben
Bei Brot, Wasser, Wein.
Das Treffen
Die Nacht war dunkel.
Der Tag ward nicht hell.
Das Leben zerfloss.
Und Leben fließt schnell.
Das Licht erlosch.
Kein Traum schäumt den Schlaf.
Als Hölderlin Herbert
Herbert Hölderlin traf.
Der Gesang
Grausam und hungrig
weht Herberts Jugendkleid.
Wohl spielt behütet
Hölderlins Kinderzeit.
Die Jugend
Linkshändig der Herbert
Milch-intolerant
Für Bildung zu arm
Zum Knechtsein verbannt.
Vaterlos Friedrich
Im Pfarrhaus ernährt
Von Sinclair zum Lehrer
Von Hegel bekehrt.
Der Gesang
Ungerecht mächtig
Dröhnt jedes Menschen Horn
Wild peitschen Wellen
Lust und Liebe nach vorn.
Das Leben
Herbert hofft Zucker
Statt Salz, trocken Brot
Findet im Krieg
Auf See fast den Tod.
Friedrich sucht Stimmen
Im Wahnsinn der Welt.
Fügt sorgsam zusammen
Was wächst und erhält.
Der Gesang
Es lebt nur Heute
Nur Heute ist wahr!
Herbert vergangen.
Wie Friedrichs Altar.
Der Abschied
Herbert war Kämpfen
Frei von Armut im Krieg
Führerlos und treu
Kein Gott, keinen Sieg.
Friedrich war Pfarrhaus
Göttliche Liebe, Titan
Denken, Sehnsuchtstriebe
Turmzimmer in Wahn.
Das Gebet
Beide sprechen leise
Das Gebet ihrer Zeit.
Herbert bescheiden
Friedrich Opferbereit.
K.K. 8.3.2020
Hölderlin digital
Die Götter sind gegangen
Nach Recht und Gesetz.
Gesichter gefangen
Im digitalen Netz.
Es spinnen die Dämonen
Youtube Freudenreich.
Lassen Geister wohnen
Unsterblich streiten gleich
Glaube und Wissen, die beiden
Halunken dieser Welt
Singen von Freiheit und Leiden
Dass ziellos zusammenfällt
Was im Heute gegeben
Morgen noch sicher scheint
Zügelfrei das Leben
Um Tod und Liebe weint.
Die Götter sind verloren
Digital verirrt.
Glaube ist erfroren
Wissen triumphiert.
Nur in engen Räumen
Virtuell in Bits
Lässt Glaube sich erträumen
Der Geister Farbensitz.
K.K. 9.3.2020
Hölderlins Gebet digital
Möge der Himmel geben
was die Erde versagt.
Sei die Freiheit mein Leben
digital geparkt.
Sei Wissen im Netz geborgen
Behütet den Göttern gleich.
Bewirtet mit Früchten des Morgen
im virtuellen Tafelreich.
Möge die Freiheit siegen.
Bleibe der Tod an der Macht.
Lasse ihn Zäune biegen
Bevor das Chaos erwacht
Und selbst die Ziele schmiedet,
Die den Göttern sind.
Sei Menschenwahn befriedet
Vom Netzwelt Götterkind.
K.K. 9.3.2020