Monat: Februar 2016

  • ART OF TEACHING

    (Übersetzung von Dr. Dietrich Weller am Ende des Textes)

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    Many, many years ago, in the shade of an old tree, Master Ximéng gave a lesson. He focused his teaching on the importance of living in harmony with nature. Subsequently he spoke very gently of how human beings might accomplish this task.

    Afterwards he asked his students, in a whisper: “Have you any questions?”

    A student answered by asking; “Most honorable, what makes your method of teaching so outstanding?”

    He replied: “My method is based on the rules described in XUEJI. The essential rules are: gradual teaching, timing, prevention and imitation.

    Gradual teaching (SUN) means to consider the differences between the students. Its aim is to instruct them at diverse levels and give them particular teachings.

    The teaching is administered step by step and within the student’s level of knowledge. Learning can be effective only if the students can comprehend – within their ability.

    Timing (SHIH): Timing is teaching at an appropriate time. Without timing, twice as much effort as normal is needed to achieve success. Missing the timing by the time a student has reached a certain age, the student starts to engage himself in everyday’s ordinary tasks. The more personal engagements the student has, the less time he has left to study.

    Prevention (YUH): Prevention bears success. Failure happens due to insufficient prevention and lack of preparation. It is better to avert the problems instead of searching reasons for them afterwards. Prevention and preparation result in tough research and homework for the students. By preventing errors, the student is prepared for every possible life’s situations.

    When trouble occurs; it is usually already too late to make any substantive changes.

    Imitation (MO) is learning from others. Life is too short to make mistakes, or to find the best solutions all by oneself. By imitating what wise people have done successfully, one can decrease the chance of making mistakes or making the same mistake twice. After all, everyone has limited learning abilities. Collecting other people’s wisdom and adopting their methods is known to be successful.” 

     

    ANNOTATION:

    A standard textbook of education XUEJI was written during the ZHOU dynasty (1050 -256 BC), and it served as such until 1912. This book was adopted exclusively for teachers and was extraneous in the traditional Chinese medicine. It was especially frowned upon in the latter case, as traditional Chinese medicine had the rule MO (imitation), that the masters of healing arts kept their methods in secrecy and never exchanged their experiences.

    It is curious and remarkable that the ancient art of teaching XUEJI was adopted in classical medicine. Hippocrates taught their pupils the importance of proceeding step by step in the cure (SUN), the treatment without any delay (SHIH) and in the application of the cure to take preventive measures such as taking a proper diet, adequate exercise and getting enough rest (YUH).

    Our  21st century physicians, scientists, researchers and medical personnel worldwide put in the practice the gradual treatment (SUN), timing (SHIH) prevention (YUH).They implement imitation (MO), which means learning from others by collecting other people’s wisdom and adopting their methods. Thanks to the worldwide web the physicians are connected globally and permanently. In this way, they exchange their experiences online and update their medical knowledge. 

    Dr. med. André  Simon   © Copyright

     

    Übersetzung von Dr. Dietrich Weller

    Simon: Die Kunst des Lehrens

    Vor vielen, vielen Jahren hielt Meister Ximéng eine Vorlesung im Schatten eines alten Baumes. Er konzentrierte seinen Unterricht darauf, wie wichtig es ist, in Gleichklang mit der Natur zu leben. Deshalb sprach er sehr sanft darüber, wie Menschen diese Aufgabe erfüllen könnten.

    Danach fragte er seinen Schüler flüsternd: „Habt ihr irgendwelche Fragen?“

    Ein Schüler antwortete mit einer Frage: „Ehrenwerter, was macht deine Lehrmethode so außergewöhnlich?“

    Der Meister antwortete: „Meine Methode gründet sich auf die Regeln, die im XUEJI beschrieben sind. Die wichtigsten Regeln sind: schrittweise lehren, den richtigen Zeitpunkt erfassen, vorbeugen und nachmachen.

    Schrittweise lehren (SUN) bedeutet, den Unterschied zwischen den Schülern zu beachten. Das Ziel ist, sie auf unterschiedlichen Ebenen zu lehren und ihnen individuelle Schulung zu geben. Der Unterricht wird Schritt für Schritt erteilt und auf der Wissensebene des Schülers. Lernen kann nur wirkungsvoll sein, wenn die Schüler es erfassen können – mit ihren Fähigkeiten.

    Den richtigen Zeitpunkt erfassen (SHIH): Das bedeutet zum angemessenen Zeitpunkt zu lehren. Ohne den richtigen Zeitpunkt ist doppelt so viel Anstrengung erforderlich, um einen Erfolg zu erreichen. Wenn man den Zeitpunkt verpasst, wo der Schüler ein bestimmtes Alter erreicht hat, fängt er an, sich mit Alltagsaufgaben zu beschäftigen. Je mehr solche persönliche Beschäftigungen der Schüler hat, umso weniger Zeit hat er fürs Lernen.

    Vorsorge (YUH): Vorsorge trägt den Erfolg. Versagen geschieht durch ungenügende Vorsorge und Mangel an Vorbereitung. Es ist besser, Probleme abzuwehren statt hinterher nach Ursachen für sie zu suchen. Vorsorge und Vorbereitung führen zu genauer Nachfrage und Hausarbeit für die Schüler. Indem er Irrtümern vorbeugt, wird der Schüler auf jede mögliche Lebenslage vorbereitet. Wenn es Probleme gibt, ist es meist schon zu spät, irgendwelche grundsätzliche Veränderungen zu machen.

    Nachahmen (MO) bedeutet von anderen zu lernen. Das Leben ist zu kurz, um Fehler zu machen oder die besten Lösungen ganz allein zu finden. Wenn man nachahmt, was weise Leute erfolgreich gemacht haben, kann man die Chance verkleinern, Fehler oder einen Fehler zweimal zu machen. Immerhin hat jeder begrenzte Lernfähigkeiten. Die Weisheit anderer Menschen zusammenzutragen und ihre Methoden zu übernehmen ist bekanntermaßen erfolgreich.

    Anmerkung:

    Ein Standard-Lehrbuch der Erziehung XUEJI wurde während der Zhou-Dynastie (1050-256 vor Christus) geschrieben, und es diente als Lehrbuch bis 1912. Dieses Buch wurde ausschließlich für Lehrer angewendet und war unerheblich in der Traditionellen Chinesischen Medizin. Besonders in diesem Gebiet hat man es missbilligt, weil Traditionelle Chinesische Medizin die Regel des Nachahmens pflegte und die Meister der Heilkünste ihre Methoden geheim hielten und ihre Erfahrungen nie untereinander austauschten.

    Es ist seltsam und bemerkenswert, dass die alte Kunst des Lehrens XUEJI in der klassischen Medizin aufgenommen wurde. Hippokrates lehrte seinen Studenten, wie wichtig es ist, beim Heilen Schritt für Schritt vorzugehen (SUN), ohne Verzug zu behandeln(SHIH) und Vorsorgemaßnahmen wie passende Diät anzuwenden und angemessene Übungen und genügend Ruhepausen einzuhalten (YUH).

    Unsere Ärzte, Wissenschaftler, Forscher und medizinisches Personal des 21. Jahrhunderts führten die Praxis der abgestuften Behandlung (SUN), den richtigen Zeitpunkt (SHIH) und Vorsorge (YUH) ein. Sie verwirklichen die Nachahmung (MO), was bedeutet, von anderen zu lernen durch Sammlung der Weisheit anderer und Anwendung ihrer Methoden. Dank des weltweiten Netzes sind die Ärzte global und dauerhaft verbunden. Dadurch tauschen sie ihre Erfahrungen im Netz aus und frischen ihr medizinisches Wissen auf.

    © Dr. med. André Simon, copyright für die Übersetzung Dr. Dietrich Weller

     

    Nachtrag des Übersetzers:

    Dieser Aufsatz ist sehr interessant für mich. Er erinnert mich sehr an meinen Mathematiklehrer, Herrn Wolfgang Lechler, der einer der wenigen Lehrer in meinem Leben war, von denen ich wirklich etwas für die Kunst des Lebens gelernt habe.

    Einer seiner Lieblingssätze war: „Sie müssen die Aufgaben vor der Klassenarbeit, vor dem Test lösen. Wenn Sie erst in der Prüfung damit anfangen, über Lösungsmöglichkeiten nachzudenken, ist es schon zu spät, und Sie haben keine innere Ruhe dazu.“

    In der Woche vor dem schriftlichen Abitur sagte er: „Wenn Sie es bis jetzt nicht verstanden haben, lernen Sie es in dieser Woche auch nicht mehr. Deshalb machen wir jetzt eine Woche lang Mathematik anders.“ Und dann hielt er uns jeden Tag einen Vortrag über Leben und Werk eines anderen berühmten Mathematikers.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

  • Wer das liest, von scharfen Strippern, Strings und Einsätzen im Beckenbereich, der denkt sicherlich an die Reeperbahn, St. Pauli und Rotlichtviertel. Und wer zur Kenntnis nimmt, dass scharfe Ringstripper aus Hygienegründen ausrangiert worden sind, der denkt an übertragbare Krankheiten, vielleicht an Tripper, Syphilis  oder noch Schlimmeres.

    Wir bewegen uns jedoch in ganz anderem Ambiente, gut ausgeleuchtet, Rot ist allerdings tatsächlich die dominierende Farbe.

    Wir blicken in ein eröffnetes arterielles Gefäß in der Leiste, umschlungen mit einem Bändchen, in dem ein Zylinder präpariert ist. Auf diesen wird nun ein Ringstripper aufgefädelt, der in der Beckenarterie günstigenfalls einen Gefäßverschluss ausschälen kann. Das gelingt nicht immer. Aber meistens. Manchmal, selten,  wird die Beckenarterie perforiert. Und weil das gefährlich ist, nannte man dieses Verfahren in den 80er Jahren „Hitchcock-Manöver“, als nämlich Hitchcock noch die bekannteste Krimiserie war und noch nicht „Großstadtrevier“ oder „Tatort“.

    Ein anderes Problem war, dass der Zylinder nicht immer dort durchtrennt werden konnte, wo man wollte, nämlich an der Abzweigung der inneren Beckenschlagader, sondern irgendwo abriss. Schlaue Leute armierten den Ringstripper deshalb mit einem Draht, der in einem Röhrchen verlief und das Ringmesser innen auskleidete. In korrekter Position konnte man dann am Draht, dem String,  ziehen und damit den Desobliterationszylinder durchschneiden. Das war der scharfe Ringstripper.

    Geniale Idee.

    Wenn man die Dinger nicht nach Gebrauch erstens wieder sauber machen musste und zweitens einen neuen Draht dort hineinpraktizieren musste. Weil das so schwierig war, wenn nicht gar unmöglich, wurde vor mehr als zehn Jahren deshalb der wiederholte Einsatz dieser Geräte verboten, und als Einmalinstrumente waren sie einfach zu teuer.

    Was passierte? Die Geräte landeten im Schrank.

    Mit der Etablierung der Ballondilatation und der Stents im Operationssaal als Hybridtechnik verlor der Ringstripper sowieso zunehmend an Bedeutung. Vergessen wurden sie nicht. Als wir nun aber unsere OP-Siebe durchgesehen haben, „reorganisiert“ heißt das im modernen Sprachgebrauch, wurden die Instrumente endgültig ausrangiert. Nicht ohne Wehmut.

    „Das waren noch Zeiten, als noch scharf strippt wurde“, flüsterte eine alternde Mitarbeiterin; nicht von der Reeperbahn, nein: aus Bremen.

    Copyright Prof. Dr. Heiner Wenk