Tag: 1. September 2018

  • Bäume pflanzen

    (26.8.2018)

     

    In Erinnerung an Samir Amin (1931-2018)

     

    Das Haus erschien aus der Ferne
    beeindruckend prächtig
    bei näherer Betrachtung
    von innen verfallend 

    Suchend, denkend, mitfühlend
    lehnte ich mich an einen alten Baum
    der zärtlich, entschieden zu mir sprach 

    Sei du einer von den Menschen
    die großmütig Bäume pflanzen
    Bedenke mit sehenden Augen
    wie die Meinung der Herrschenden
    mit allen möglichen Machenschaften
    zur herrschenden Meinung entwickelt wird
    Bilden Gier und Gewalt
    die Grundlagen der Gesellschaftsordnung
    vereinnahmt die herrschende Meinung
    vergiftend sämtliche Lebensbereiche
    korrumpiert Schritt für Schritt
    Gewerkschaften, Parteien
    gesellschaftliche Bewegungen
    Kunst und Wissenschaft
    Gefühle und Gedanken 

    Gehöre du in diesem Strudel
    der Verdrehung und Verbiegung
    der Verelendung und Vernichtung
    zu den wachen Wesen
    die Rückgrat zeigen
    den Blickwinkel erweitern
    Ehrfurcht vor dem Dasein lehren
    selbstlos Bäume pflanzen und pflegen

    ֎֎֎

  • Die Fuldawiesen

    (5.8.2018)

    für Bernhard Trautvetter*

     

    So wie Wasser und Brot
    brauche ich Begegnungen
    mit den morgendlichen Sonnenstrahlen
     dem erfrischenden Gegenwind
    dem einsamen Raben im Spazierschritt
    den weiten Feldern mit dem Wald im Horizont
    den Frühaufstehern mit ihren Hunden
    Aber vor allem ersehne ich
    Menschen mit Weitblick und Rückgrat

    ֎֎֎

     

    *Der vorliegende Text entstand im Zusammenhang mit dem Artikels „Der große Krieg. Die globalen Kriegstreiber planen ihre letzte Schlacht.“ von Bernhard Trautvetter:

    https://amirmortasawi.files.wordpress.com/2018/08/der-groc39fe-krieg.pdf

     

  • Gegensätzlichkeiten

    (17.8.2018)

     

    mit Dank Wolfgang Jung gewidmet (Luftpost. Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein)

     

    Wenn Nachrichten bösartig
    meinen hart hergestellten Atemraum besetzen
    wenn die Menschen so gleichgültig schweigen
    dass meine Haut in der Stille schmerzt
    wenn tiefe Traurigkeit träufelt
    und das Papier sich gegen den Stift wehrt
    unbeschwertes Dahingleiten im Sinn
    dann strömen Worte weinend hinaus 

    In solchen Momenten verlasse ich den Raum
    rede mit Pflanzen und Tieren
    mit dem aus der Seele singenden Star
    den Vögeln auf den Getreidefeldern
    den Brombeeren am Rande des Steigs
    den bunten Blättern der tanzenden Eiche
    mit der Brise über der friedlichen Fulda
    die für eine Weile innehält
    mit der lachenden Sonne im hellroten Horizont 

    Sie lesen mir alle zwanglos, zärtlich
    bezeichnende Zeilen des Daseins vor
    beruhigenden, besänftigenden Balsam zum Überleben 

    So keimen kraftvoll strahlend
    mitten in bedrückender Verzweiflung
    Zuversicht, Wagemut und Freude

    ֎֎֎

     

  • Weckruf

    (29.8.2018)

     

    Am helllichten Tag
    erscheinen mir greifbar nah
    mögliche Zukunftsbilder 

    Die Zeichen der tragischen Zeit
    können kaum noch klarer sein
    Bequemlichkeit und Feigheit
    sind weitverbreitet, bestechend, betäubend 

    Wenn demnächst Illusionen
    geräuschvoll zerfallen
    in bohrende, brennende, beißende Scherben
    und die angebliche Ahnungslosigkeit
    ernüchternd verfliegt
    werden wieder elend
    Dörfer und Städte
    in Schutt und Asche liegen
    überzogen von dunklen Wolken 

    Am helllichten Tag
    spreche ich vom Licht
    von Verantwortung fürs Dasein

    ֎֎֎