Monat: November 2021

  • Der ist wichtig!

    Glaubt es mir.

    Auf geschlossenes Schuhwerk war im Osten, wie auch heutzutage „im Westen“, zu achten, gab es doch der Stolperfallen unzählig viele in den Arztpraxen und Kliniken.

    Ansonsten nahm man es zu Ossizeiten nicht so genau, die Gummihandschuhe wurden in irgendeiner Alkohollösung eingeweicht, anschließend auf Wäscheleinen aufgehangen, getrocknet, umgewendet, indem man in diesen zusammengepappten Handschuh hineinblies, wieder getrocknet, anschließend gepudert mit dem Krebs erzeugenden Talkum, alles über einer Schüssel aufstiebend in geschlossenem Raum. Ekelfaktor war obsolet, arbeitete man doch in der Frauenklinik. Da pustete dann auch der eine oder andere vom Pflegepersonal mal eben schnell  die in Alkohol eingeweichte Kanüle mit dem Mund aus, war dieses Biest mit altem Blut oder eingetrocknetem Zeugs verstopft.

    Ebenso lehrte man mich damals, das umherkullernde Quecksilber der zerbrochenen Fieberthermometer am besten mit frischen Brotscheiben „aufzutitschen“, vermehrten diese quicklichen Biester sich dann wenigstens nicht so penetrant, wie unter den Stacheln eines Kehrbesens!

    Heutzutage gibt es Listen, Aushänge, Einwegmaterial, Mundschutz und Aufklärung.

    Unbestritten ein Fortschritt.

    aus dem Buch Kill the ill von Dr. Benita Martin, Verlag ADA Dimensionsmalerei, Selfpublishing und Paramon

  • (19.11.2021)

    für meine Enkelkinder

    Guten Morgen meine Lichtlein
    Bunt und hell, schön und klein
    Viele Fragen zur frühen Stunde
    Wer trägt Blumen in dem Munde
    Gibt es in den Wolken Flocken
    Tragen Schafe lange Socken
    Was sagen dazu die Glocken
    Ding, dong, ding / Dong, ding, dong
    Ding, dong, ding / Dong, ding, dong

    Sind die Blätter nachts auch grün
    Wer kann den Wundertee brüh’n
    Wie kriegen Äpfel ihre Flecken
    Wer kann sich mit Freude recken
    Wer kann sich nun tanzend hocken
    Hat ein Einhorn lange Locken
    Was sagen dazu die Glocken
    Ding, dong, ding / Dong, ding, dong
    Ding, dong, ding / Dong, ding, dong

    Jetzt reichen die vielen Fragen
    Lasst uns tanzen, lasst uns sagen
    Freundschaften sind wunderbar
    Manchmal üppig, manchmal rar
    Holt euch schnell die bunten Socken
    Hände hoch und hurtig hocken
    Wie schön singen nun die Glocken
    Ding, dong, ding / Dong, ding, dong
    Ding, dong, ding / Dong, ding, dong

    ֎֎֎

  • Foto von Dr. Dietrich Weller

    (19.11.2021)

    Um von der grenzenlosen Schönheit
    dieser endlichen Unendlichkeit
    tief ergriffen zu sein
    reicht mit ein herbstliches
    durchlöchertes buntes Blatt

    ֎֎֎

  • 15.10.2021

        Wer da glaubt, unter diesem Titel verberge sich eine zu Herzen gehende Seifenoper, wird eine herbe Enttäuschung erleben. Es geht nämlich um handfeste Dinge wie antike Nachbildungen menschlicher oder tierischer Herzen, die man den Göttern darbrachte, um für erfahrene Hilfe zu danken oder Beistand in Krankheit und Not zu erbitten. Die Tradition setzt sich in Wallfahrtskirchen fort, wo Bilder und Altäre von Heiligen mit Devotionalien in Form von Herzen und anderen Körperteilen aus Wachs, Holz, Blech oder Kunststoff geschmückt werden[1].

        Antike  Körperteil-Votive bestehen aus örtlichem Kalkstein, Marmor, Holz oder dem preisgünstigen fast überall verfügbaren Ton. Die große Vielfalt der als Herzen interpretierbaren Terrakotta-Objekte gab von jeher Anlass zu  kontrovers geführten Diskussionen[2].      

                                             

    Abb. 1: Blick in den Thorax, nach Spalteholz 1907, 381 Abb. 427

        Beim Blick in den Brustraum des menschlichen Körpers erkennt man zwischen den zur Seite geklappten Lungenflügeln das Herz mit den beiden blattähnlich flach aufliegenden Vorhöfen/Atrien (Abb. 1).

        Seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts war ein Terrakotta-Gegenstand (Abb. 2) neuerdings in den Blick der angehenden und etablierten Gießener Archäologen geraten.

                  

    Abb. 2: Terrakotta aus Veji, Gießen, Inv.-Nr.  T III-18. Aufnahmen: M. Recke, Gießen/Frankfurt am Main.

        Er gehört mit einigen gleichartigen Objekten zur bedeutenden Sammlung antiker etruskischer Körperteilvotive, die der ehemalige Ordinarius für Anatomie in Königsberg, Ludwig Stieda, 1913 dem Archäologischen Institut der Universität Gießen zum Geschenk machte. Stieda, der seinen Lebensabend in Gießen verbrachte, hatte die Terrakotten in Mittelitalien, vor allem in Veji/Latium, erworben und 1899 in einer ersten Publikation sorgfältig beschrieben[3]. Gegenstände wie Abb. 2 fasste er unter der Überschrift: „Rätselhafte Organe“ zusammen.“… Die Leute in Veji wussten keinen Namen dafür, die Bediensteten der Museen in Rom benannten sie …’bubboni‘ [und] deuteten auf die Leistengegend…Ich bin vorläufig mit dieser Deutung nicht einverstanden… [und] halte die betreffenden Stücke für die krankhaft veränderte Eichel des männlichen Gliedes (glans penis)“. Zwei Jahre später folgte eine sehr viel ausführlichere, reich bebilderte Monographie mit dem Titel „Anatomisches über Alt-Italische Weihgeschenke (Donaria)“[4]. Darin blieb er, was die „konischen“ oder „pyramidalen“ Objekte betraf, zunächst bei seiner ersten Einschätzung, wurde aber „nachträglich an dieser Deutung irre“ und dachte an „eine vergrößerte Nachbildung der erkrankten Brustwarze“[5].

        Heute wissen wir, dass bei anatomischen Votiven nur ausnahmsweise pathologische Veränderungen angegeben sind. Krankheitszeichen an Brustdrüsen und männlichen Genitalien, Beulen[6] („Bubboni“) oder gar Pestbeulen[7] an Weihgeschenken wären eine Rarität, deren Echtheit ernsthaft bezweifelt werden dürfte. Die Konsultation von Ärzten verschiedener Fachrichtungen rief Ratlosigkeit und Kopfschütteln hervor.

        Konische und pyramidale Tongebilde kommen aus Fundorten in Mittelitalien/Etrurien, landen in Museen und Antikensammlungen mit entsprechenden Schwerpunkten und verschwinden häufig in Magazinen[8]. Im italienischen Schrifttum begegnet die Bezeichnung Cippi[9], Cippetti[10],  Cippetto votivo a pigna (Pinienzapfen)[11]. Cippus ist eine Grenzmarkierung, gilt aber im archäologischen Sprachgebrauch meist als Hinweis auf ein Grabmal (Abb. 3). In den Nekropolen von Cerveteri/Caere sind die Markierungen nach Geschlechtern differenziert: steinerne Häuschen bezeichnen weibliche, Cippi die männlichen Grabstätten[12].

    .

                      

    Abb. 3: Cippus aus Kalkstein, Palestrina, 3./2. Jh. v. Chr.,
    nach: Pensabene 1982, 71 Nr. 10 Taf. 11, 4

        Terrakotta-Cippi wie sie unter anderem aus dem Tiber geborgen werden[13], sind ovoidal, konisch oder pyramidal geformt, variieren jedoch beträchtlich in Form und Größe. Die von A. Comella und G. Stefani vorgenommene Gruppen-Einteilung[14] liegt etwas modifiziert auch dieser Untersuchung  zugrunde.

        1. Glatte konische oder ovoidale Objekte mit mehr oder weniger gerundeter Spitze[15].

        2. Konische oder ovoidale Objekte mit umlaufender Einziehung oberhalb der Basis[16]. Ein Exemplar aus Lavinium ist mit einer geritzten Weihinschrift an die etruskische Göttin Menrva (lateinisch Minerva) versehen[17]. Die  Form der Buchstaben weist in das 3. Jh. v. Chr.

        3. Konische Objekte mit Blattmotiv[18] oder geschlossenem Blattkranz an der Basis. Sie stammen u. a. aus Fregellae, Rom und Veji (Abb. 4) [19].                         

    Abb. 4: Gießen, Inv.-Nr.  T III 43/12, aus Veji. Aufnahme: M. Recke, Gießen/Frankfurt am Main

        4. Konisch geformter Cippus, an dessen Basis zwei farbige Markierungen einander gegenüber liegen[20]. Andeutungen von „Herzohren“ ?  

        5. Konische Objekte mit zwei gegenständigen V-förmigen Inzisionen an der Basis[21]. Angedeutete „Herzohren“?

        6. Konische Objekte mit zwei gegenständigen blattartigen Protuberanzen an der Basis. „Herzohren“[22]?.

        Sambon hatte keine Bedenken, einen solchen Gegenstand, den er aus einer Privatsammlung kannte, als Herz mit aufgelagerten „auricles“ (Herzohren, Vorhöfe) zu bezeichnen (Abb. 5).

                                              

    Abb. 5:  Terrakotta-„Heart“,  nach: Sambon 1895, 148 Abb. 8

        7. Ein Exemplar im Nationalmuseum von Tarquinia ließ nach Entfernung von Inkrustationen außer den beiden plastisch angesetzten „Herzohren“ rot aufgemalte ‚Coronargefäße‘[23] erkennen.

        8. Die pyramidalen Objekte von dem nach seinem Haupt-Fundort hier so genannten ‚Typus Veji‘ (Abb. 2, 6) zeigen senkrechte Einziehungen und Rillen auf dem Körper. Rund um die Basis sitzen Protuberanzen verschiedener Größe. Allein im Votivdepot von Campetti in Veji kamen 346 solcher Exemplare zum Vorschein[24].

                                     

    Abb. 6: Gießen Inv.-Nr.  T III-18, Veji.  Aufnahme M. Recke, Gießen/Frankfurt am Main 

    Auf Grund der Ähnlichkeit mit Darstellungen von Herzen innerhalb eines thoracalen Eingeweideverbundes hatte Comella die pyramidalen Gebilde als „Cuori“/Herzen gedeutet[25]. Befestigt man einen Gegenstand wie T III-18 (Abb. 2. 6. 11) dergestalt an einer Fläche, dass die Spitze des Konus nach vorn zeigt, so erschließt sich die Vergleichbarkeit mit Herzen, die in einen Organverbund integriert sind[26] oder aus dem „Fenster“ einer Leibeshöhle hervor lugen[27]. Die Sammlung Stieda in Gießen enthält zwei spektakuläre Exemplare dieser Art, Inv.-Nr. T III-9 (Abb. 7) und T III-37 (Abb. 8) [28].

                                          

    Abb. 7: Gießen T III-9; aus Veji. Aufnahme M. Recke, Gießen/Frankfurt am Main

        Bei der Inv.-Nr. T III-9 handelt es sich um die linke obere Körperseite eines Mannes. Über dem horizontalen Mantelbausch öffnet sich das von einem Wulst eingefasste „Fenster“. Unter dem Bogen springt zwischen stilisierten „Lungenflügeln“ das Makronen-ähnlich gestaltete Herz hervor.

        Allerdings unterscheiden sich die Protuberanzen in Form und Ausrichtung. Während sie an der Basis von T III-18 breit und rund aufsitzen, entfalten sie sich beim Torso T III-37 (Abb. 8) wie kleine Blätter und streben in alle Richtungen auseinander. So bleibt für den ‚Typus Veji‘ im Hinblick auf die „Diagnose Herz“ ein Rest Unsicherheit [29].

                                         

    Abb. 8: Gießen T III-37, aus Veji, Aufnahme: M. Recke, Gießen/Frankfurt am Main

        Frühere Deutungen wie „pathologisch veränderte Glans penis, Lymphknoten oder Abszess[30]“ überzeugte ebenso wenig wie die Vermutung, es handele sich um die anikonische Darstellung des Weihgebers[31].

        Näher liegt der Vergleich mit einem von griechischen sog. Totenmahlreliefs[32] wohlbekannten (Opfer-) Gebäck, dessen Form zu der Bezeichnung „Pyramides“ geführt hatte[33] (Abb, 9).

                        

    Abb. 9: Athen, National-Museum, spätes 4. Jh. v. Chr., 
    nach: Thönges-Stringaris, 1965, 80 Nr. 78 Beil. 11, 2

        Allerdings fehlen in etruskischen Bankett-Szenen die Darstellungen ähnlich geformter Backwaren. Das gilt auch für die Wandmalereien in etruskischen Gräbern.

        Von der üblichen approximativen Datierung um das 3. Jh. v. Chr. war man lange nicht abgewichen. Ein wenig beachteter Fund aus dem Entengrab/Tomba delle Anatre in der Nekropole Riserva del Bagno in Veji[34] lässt aufmerken. Das 1958 entdeckte Kammergrab war schon früh von Grabräubern aufgebrochen und ausgeraubt worden[35]. Farben und Stil der Enten-Fresken sowie die in der Kammer verbliebenen Keramik-Scherben datieren das Grab in das 7. Jh. v. Chr. Die Beifunde der sog. Coppette d’impasto, Becher aus brüchigem, von vielen groben Einschlüssen durchsetztem graubraunem Ton[36] (Abb. 11 a) beschrieb A. Medoro als konvex oder konisch, im Inneren hohl und glatt, an der Oberfläche ungleichmäßig und mit Protuberanzen besetzt. Nach Photo und  Zeichnung erinnern sie in verblüffender Weise den Votiv-„Herzen“ vom ‚Typus Veji‘ (Abb. 10 und 11).

                            

    Abb. 10: „Coppette d’impasto“, Tomba delle Anatre. 
    Zeichnung  C. Damiani – D. De Angelis, A. Medoro 2003, 80 Abb. 97

        An der Deutung als Behälter für flüssige oder feste Ingredienzien zweifelte   Medoro anscheinend selbst[37]. Die angegebenen Maße übertreffen die der ‚Gießener‘ Votive etwa um 0,5-1,5 cm. Schwerer wiegt aber die Abweichung im vermuteten Zeitraum der Entstehung: „Coppette“ und Votive vom ‚Typus Veji‘ wären durch mindestens 400 Jahre getrennt! Außerdem stammen die ersteren aus einem Grab, letztere, wie die anatomischen Weihgaben allgemein, aus Heiligtümern und deren Depots. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Jahr 2003 waren die „Becher“ noch nicht inventarisiert. Ich habe sie kürzlich, Anfang Oktober 2021, betrachten können, ohne die Möglichkeit sie zu photographieren. Sie sind  in einer Vitrine der Abteilung Veji im Etruskischen Nationalmuseum der Villa Giulia in Rom ausgestellt. Die Legende lässt ihre Bedeutung offen. Für mich hat sich die aus Photo und Zeichnung abgeleitete Vergleichbarkeit der beiden Objektgruppen (Abb. 11) relativiert. Die „Coppette“ erscheinen größer, dunkler und an der Oberfläche weniger strukturiert als gedacht. Gegen eine Parallelisierung der Funde sprechen ja auch die Entdeckung der „Becher“ in einem Grab und vor allem die vom Kontext abgeleitete Datierung in das 7. Jh. v. Chr.

    Abb. 11:  Veji, „Coppette d’Impasto“[38]          Votiv Gießen T III-18

        Dem gegenüber stehen eine gewisse Ähnlichkeit in der Form und der Fundort auf dem Gelände der alten Etruskerstadt Veji. Aber: Herzen? Falls die Votive vom Typus Veji wie Gießen T III-18 noch als solche durchgehen[39] – dem Betrachter der „Coppette d’Impasto“ fällt dieser Vergleich gewiss nicht ein.   

    Abgekürzt verwendete Literatur und Bildnachweis:

    Alexander 1905: G. Alexander, Zur Kenntnis der Etruskischen Weihgeschenke nebst Bemerkungen über anatomische Abbildungen im Altertum. Anatomische Hefte. I. 1905, 157-198

    Baggieri 1999: G. Baggieri (Hrsg.), Archeologia, Religione e Medicina, in: L’antica anatomia nell’arte dei Donaria  II. (Roma 1999) 79-110

    Bartoloni 1970: G. Bartoloni, Alcune terrecotte votive delle Collezioni Medicee ora al Museo Archeologico di Firenze, StEtr 38, 1970, 257-270 Taf. 21 d

    Bartoloni – Benedettini 2011: G. Bartoloni – G. Benedettini, Catalogo. Veio. Il deposito votivo di Comunità Regio VII 3 (Roma 2011)  

    M. Bentz (Hrsg.), Rasna. Die Etrusker. Ausstellung im Akademischen Kunstmuseum. Antikensammlung der Universität Bonn (Petersberg 2008)

    Blumhofer 1993: M. Blumhofer, Etruskische Cippi (Köln – Weimar – Wien 1993) 

    Brijder – Beelen – van der Meer 1989/90: H.A.G. Brijder – J. Beelen – L.B. van der Meer, de Etrusken (1989/90)

    Brocato 2008: P. Brocato, Osservazioni sulla tomba delle Anatre a Veio e sulla più antica ideologia religiosa etrusca, Ocnus 16, 2008, 69-105

    Cascino – Di Giuseppe – Patterson 2012: R. Cascino – H. Di Giuseppe – H. L. Patterson (Hrsg.), ‚Veii. The Historical Topography of the Ancient City‘ (London 2012) 

    Coarelli 1986: F. Coarelli (Hrsg.), Fregellae 2. Il Santuario di Esculapio (Rom 1986)

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    Comella 1981: A. Comella, Complessi votivi in Italia in epoca medio- e tardo-repubblicana, MEFRA 93, 1981, 717-795

    Comella 1982: A. Comella, Il Deposito votivo presso L’Ara della Regina. Materiali del Museo Archeologico Nazionale di Tarquinia (Roma 1982) 

    Comella 1986: A. Comella, I materiali votivi di Falerii (Rom 1986)

    Comella 2001: A. Comella, Il Santuario di Punta della Vipera (Rom 2001)  

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    Di Giuseppe 2012: H. di Giuseppe, Le Terrecotte architettoniche e i materiali votivi romani, in: R. Cascino – H. di Giuseppe – H. l. Patterson (Hrsg.),Veii. The Historical topography of the Ancient City (London 2012)

    Fabbri 2019: F. Fabbri, Votivi anatomici fittili (Bologna 2019) 

    Fenelli 1984: M. Fenelli, Lavinium, in M. Cristofani – St. Quilici Gigli (Hrsg.), Archeologia Laziale VI (Roma 1984) 325-344    

    Holländer 1912: E. Holländer, Plastik und Medizin (Stuttgart 1912)

    Lewis 2017: O. Lewis, Gehirn und Herz als Organe der Seele, in: Die Seele ist ein Oktopus. Antike Vorstellungen vom belebten Körper (Berlin – Ingolstadt 2017) 37-45

    Macintosh Turfa 2004: J. Macintosh Turfa, Anatomical votives, in: ThesCRA I (Basel – Los Angeles 2004) 359-368  

    Märtin 2012: R.-P. Märtin, Jenseits des Horizonts (Stuttgart 2012)

    Martini 2003: W. Martini, Sachwörterbuch der Klassischen Archäologie (Stuttgart 2003)

    Medoro 2003: A. Medoro, Necropoli di Riserva del Bagno, Tomba delle Anatre, in: I. van Kampen (Hrsg.), Dalla Capanna alla Casa. I primi abitanti di Veio (Formello 2003) 73- 80 Nr. 97 Taf. 11 d       Abb. 10 und 11

    Pensabene 1977: P. Pensabene, Cippi, Busti, Ritratti. Nota in Margine a M. F. Kilmer, The Shoulder Bust in Sicily and South Italy, ArchCl 29, 1977, 430 f.

    Pensabene 1982: P. Pensabene, Sulla tipologia e il Simbolismo dei Cippi funerari a Pigna con corona di foglie d’Acanto di Palestrina, ArchCl 34, 1982, 71 Nr. 10 Museo di Palestrina 38-97 Taf. 9-36        Abb. 3

    Pensabene 2001: P. Pensabene, Le Terrecotte del Museo Nazionale Romano II Materiali dai Depositi Votivi di Palaestrina: Collezioni ‚Kircheriana‘ e ‚Palestrina‘ (Roma 2001)

    P. Pensabene  – M. A. Rizzo – M. Roghi – E. Talamo 1980: P. Pensabene – M. A. Rizzo – M. Roghi – E. Talamo, Elementi aniconici a „pigna“, in: Terracotte votive dal Tevere (Roma 1980) 321 f. 

    Recke 2000: M. Recke, Die Klassische Archäologie in Gießen. 100 Jahre Antikensammlung (Gießen 2000) 53 f, Abb. 29

    Recke 2008: M. Recke, Auf Herz und Niere, Spiegel der Forschung 25 Nr. 2, 2008, 59 f. Abb. 4-6

    Recke 2012-2013: M. Recke, Neues aus der Antikensammlung – Jahresbericht 2012-2013,  6 Abb. b.

    Recke 2015: M. Recke, Neues aus der Antikensammlung – Jahresbericht 2015, 12 Abb. a.

    Recke – Wamser-Krasznai 2008: M. Recke – W. Wamser-Krasznai, Kultische Anatomie. Etruskische Körperteil-Votive aus der Antikensammlung der Justus-Liebig-Universität Gießen. Stiftung Ludwig Stieda (Ingolstadt 2008)

    Recke – Wamser-Krasznai 2008a: M. Recke – W. Wamser-Krasznai, Kultische Anatomie. Begleitheft zur Ausstellung (Ingolstadt 2008)

    Sambon 1895: L. Sambon, Donaria of Medical Interest in the Oppenheimer Collection of Etruscan and Roman Antiquities, British Medical Journal II, 1895, 146-150 und 216-219.        Abb. 5

    Spalteholz 1907: W. Spalteholz, Handatlas der Anatomie des Menschen II (Leipzig 1907)        Abb. 1

    Stieda 1899: L. Stieda, Über alt-italische Weihgeschenke, Römische Mitteilungen 14, 1899, 230-243  

    Stieda 1901: L. Stieda, Anatomisches über Alt-Italische Weihgeschenke (Donaria). Anatomisch-Archäologische Studien II (Wiesbaden1901) 51-131

    Thönges-Stringaris 1965: R. N. Thönges-Stringaris, Das griechische Totenmahl, AM 80, 1965, 1-99 Beil. 1-30        Abb. 7

    Torelli – Pohl 1973: M. Torelli – I. Pohl, Regione VII. Veio. Scoperta di un piccolo santuario etrusco in Località Campetti. La Stipe Votiva, in: NSc 370, 1973, 227-258 

    Vagnetti 1971: L. Vagnetti, Il Deposito votivo di Campetti a Veio (Sansoni 1971)     

    Van Kampen 2003: I. van Kampen (Hrsg.), Dalla Capanna alla Casa. I primi abitanti di Veio (Formello 2003)

    Wamser-Krasznai 1996: W. Wamser-Krasznai, Die Italischen Terrakotten aus der Antikensammlung der Justus-Liebig-Universität Gießen. Ungedruckte Magisterarbeit 1996

    Wamser-Krasznai 2007: W. Wamser-Krasznai, Antike Weihgeschenke im Blickpunkt der Andrologie, in: E. G. Jung (Hrsg.), Kleine Kulturgeschichte der Haut (Darmstadt 2007) 100-103


    [1] Wamser-Krasznai 2007, 100.

    [2] Di Giuseppe 2012, 309, Nr. 16 Abb. 5.98 (E 44)

    [3] Stieda 1899, 241; ähnlich Bartoloni 1994, 521.

    [4] Stieda, 1901. 105 f.

    [5] Stieda 1901, 131 Anm. 1.

    [6] Im Sinne einer ausgeprägten umschriebenen Lymphknotenschwellung, Alexander 1905, 178 f. Auch Stieda erwähnt diese Bezeichnung, verwirft sie jedoch, Stieda 1901, 105; desgleichen Holländer 1912, 313 f.

    [7] Brijder – Beelen – van der Meer 1989/90, 168. 218 Abb. 162.

    [8] z. B.: Sammlung Gorga, Rom, Palazzo Altemps; Sammlung Kircheriana, Pensabene 2001, 281 Taf. 59, 288; Sammlung Stieda, ders. 1901, 82. 105 f. 131 Abb. 5. 9. 18. 22 Taf. 2-5; Modena, Museo Civico, Alexander 1905, 173 f. 178 f. Abb. 7-9 Taf. 1/2; Antikensammlung  Bonn, Bentz 2008, 158 f. Abb. 160; Florenz, Rom, Holländer 1912, 313-315 Abb. 206-208; Bartoloni 1970, 257-270. 267 Nr. 35-36 Taf. 21 d

    [9] Comella 1982, 151; Coarelli 1986, 141 f.

    [10] Comella 1978, 82-86 Taf. 37 f.; dies.1986, 79-81 Taf. 43; Vagnetti 1971, 103 Taf. 58. 

    [11] Pensabene 2001, 281.

    [12] Blumhofer  1993, 6-64. 73-82; Coarelli 1986, 142; Martini 2003, 54.

    [13] Pensabene – Rizzo – Roghi – Talamo 1980, 43. 322  Nr. 1212 Taf. 113; Holländer 1912, 314 Abb. 208.

    [14] Comella – Stefani 1990, 109-112  Taf. 34d-g.

    [15] Comella 1982, 154 Nr. D19XIV und XV Taf. 91 b; Bartoloni – Benedettini 2011, 697 Nr. L V Taf. 86 g; Comella 1986, 80 Taf. 43 a; Comella – Stefani 1990, Taf. 34 e H II; Vagnetti 1971, 103 Nr. 1 Taf. 58. Einige   Exemplare erinnern an babylonische Gewichte, Comella 1978, 83 Nr. E 2 Taf. 37, 217; Märtin 2012, 57 Abb. 35.

    [16] Comella 1978, 84 Nr. E 6, Taf. 37, 221.

    [17] Fenelli 1984, 336 Abb. 11.

    [18] Coarelli 1986, 142 Taf. 92, 3. 4.

    [19] Aus Veji: Bartoloni – Benedettini 2011, 696 Taf. 86 e-f; Recke 2012-2013, 7 Abb. 6 b; aus dem Tiber: Pensabene – Rizzo – Roghi – Talamo 1980, 321 f. Nr. 1207-1209 Taf. 113.; Holländer 1912, 314. Abb. 208.

    [20] Comella – Stefani 1990, 111 Nr. H II Taf. 34 e.

    [21] Comella 1978, 84 f. Nr. E 7 Taf. 38; Comella 2001, 84  Taf. 33 b.

    [22] Comella 1978, 84 f. Nr. E 4-6 Taf. 37; Comella 2001, 84 Taf. 33 b.

    [23] Baggieri 1999, 98 Abb. 20. auch  Abb. 1, mit vertikal geschwungenen Furchen; Macintosh Turfa, ThesCRA I, 2004, 365 Nr. 314.

    [24] Cascino – Di Giuseppe – Patterson 2012, 308 f.  Nr. 16  E44 Abb. 5.98 und S. 401 (Appendix 3); Bartoloni – Benedettini 2011, 695 f. Taf. 86 a-d; Comella – Stefani 1990, 110 Taf. 34 d. Stieda 1901, 82. 105 f. 131 Abb. 5. 9. 18. 22 Taf. 2-5.. 

    [25] Comella 1982, 150-157, Taf. 89 b-d. 90-91 a. c; Comella 1978, 82-86 Taf. 37 f.

    [26] Comella 1982, 157 Taf. 93 a; Comella – Stefani 1990, 110.

    [27] Bartoloni – Benedettini 2011, 571 f. Taf. 77 a; Recke 2008, 60 f. Abb. 5. 6. Überlegungen dazu, allerdings noch mit abweichenden Schlussfolgerungen, stellte die Verfasserin bereits in ihrer unpublizierten Magisterarbeit an,  W. Wamser- Krasznai, Die italischen Terrakotten der Antikensammlung der Justus- Liebig- Universität Gießen, 1996, 57-59. 

    [28] Recke – Wamser-Krasznai 2008,  118-123. 130 Abb. 46 f. 48 f. 54. 136 Abb. 57.

    [29] So auch Edlund-Berry, ThesCra I, 2004, 372 Nr. 5.

    [30] „Bubonen, Bubboni, entzündliche Geschwülste der Inguinaldrüsen“, Alexander 1905, 173 f.

    [31] Pensabene 1977, 430 f. Taf. 118-121; ders. – Rizzo – Roghi – Talamo 1980, 321;  „Typ H I“, Comella – Stefani 1990, 109-112 Taf. 34d-g.

    [32] Thönges-Stringaris 1965, 15. 78 Nr. 63 Taf. 8, 2;  S. 81 Nr. 85 Taf. 9, 1; S. 80 Nr. 78 Taf. 11, 2.

    [33] Sinn 2000, 116 f. Abb. 13; Backwerk: Recke – Wamser-Krasznai 2008, 70 f. und 122 f. Abb. 48. 49; Holländer 1912, 313-315 Abb. 206. 207; „Tortine votive“ Torelli – Pohl 1973, 248 Abb. 125; ebenso neuerdings Bouma 1996, 277 Abb. 12i; das Depot Acquoria bei Tivoli habe außer Votivköpfen kleine Kuchen, „focacce“, und  konische Gegenstände aus Ton enthalten, Comella 1981, 738-739, Nr. 63; Edlund-Berry, ThesCRA I, 372 Nr. 5.

    [34] „Uno dei punti più suggestivi di Veii“, De Agostino 1965, 139.

    [35] De Agostino 1965, 140; Brocato 2008, 70.

    [36] Medoro 2003, 80  Nr. 97 Taf. 11 d.

    [37] Die Dissertation zum Entengrab, Arianna Medoro, Perugia1998-1999, ist nicht publiziert, van Kampen 2003, 137.

    [38] Foto M. D ‚Eletto.

    [39] Eher skeptisch auch Fabbri 2019, 118-121 Abb. 64 c.

  • Hilfsmittel zwischen Last und Nutzen – heute und in alter Zeit

        Kaum etwas anderes ist uns augenblicklich so lästig wie die Maske.

    Das Wort kommt aus dem Arabischen, Maskharat, und bedeutet Narr, Posse, Scherz. Über das französische Masque und das italienische Maschera gelangte es in die deutsche Sprache, und es überrascht uns kaum, dass der Name für Wimperntusche, Maskara, nichts anderes bedeutet als Possenspiel oder Narrheit. Schauspieler „machen Maske“ wenn sie für den Auftritt hergerichtet werden. Der Schminkraum im Theater heißt kurz „die Maske“. 

    In der antiken Kunst bezeichnet man als Masken die vom Kopf vertikal abgetrennten Gesichter, die sich durch ihren starren Ausdruck, ihre übersteigerte Mimik und ihre unnatürlichen Züge als künstlich erweisen[1]. Anders als eine   Protome oder Büste schließt die Maske am Kinn oder mit der Bartspitze ab. Daher trifft das Wort „Maske“, das wir in der jetzigen Pandemie-Situation für  die vorgeschriebene Mund-Nase-Bedeckung verwenden, nicht so richtig ins Schwarze. Besser wäre „Halbmaske“, doch denken wir dabei eher an die Verkleidung der oberen Gesichtshälfte – aus virologischer Sicht natürlich unsinnig. 

                     

    Abb. 1 Kleine Halb-„Maske“ aus Bronze, Lucus Feroniae, „4.-2. Jh. v. Chr.“, nach: Baggieri 1999, 92 Abb. 7

        Wie die „blinden“ Augen des kleinen Bronzevotivs  (Abb. 1) zeigen, trifft der Ausdruck Maske auch hier nicht zu. Ob es sich allerdings, wie der Autor suggeriert[2], um die Darstellung einer Augenkrankheit handelt, ist mehr als fraglich.   

        Antike Theatermasken bedecken nicht nur das Gesicht, sondern umschließen den Kopf einschließlich Hinterhaupt und Haaren. Eine Schlaufe erleichtert die Handhabung[3] (Abb. 2).

                                 

    Abb. 2: Gefäßfragment Athen, um 470 v. Chr.,  nach Bieber 1961, 23 Abb. 74

         Lebensgroße zum Teil Schrecken erregende Terrakotta-Masken aus dem 7. und frühen 6. Jh. v. Chr. wurden aus dem Heiligtum der Artemis Orthia bei Sparta[4] und aus Opfergruben von Tiryns geborgen. Für den Gebrauch waren sie zu schwer und zu scharfkantig; sie hatten ihre Funktion im Kult der Göttinnen Artemis und Demeter. In den religiösen Festen des Dionysos sollte das Tragen von Masken aus Holz, Leder oder Leinwand die kultische Vereinigung mit dem Gott gewährleisten. Seit dem späteren 6. Jh. v. Chr. wurde der Brauch in die szenischen Aufführungen übernommen[5]

        Dionysos, der Gott des Theaters, gilt als Maskengott schlechthin. Zwar fließen die antiken Schriftquellen zu diesem Thema nur spärlich[6], doch gibt es bildliche Darstellungen von der Verehrung des Gottes in Maskenform[7].

        Das Relief (Abb. 3) zeigt ein Standbild des Dionysos, vor dessen Angesicht die Personifikation der Bühne, Skene, und der Dichter Euripides gemeinsam eine Maske halten[8]. Die drei Namen sind beigeschrieben.         

                  

    Abb. 3: Marmor-Relief Istanbul, ca. 1. Jh. v. Chr.-1. Jh. n. Chr., Aufnahme der Verfasserin.

        Hinter den Protagonisten erkennt man jeweils einen kleinen Altar mit einer weiteren Maske. So ist der Gott dreifach gegenwärtig, im Kultbild und in „Persona“, wie die Maske im Lateinischen heißt. Unser Wort Person beschreibt daher ein Wesen, das sein wahres Gesicht hinter einer Maske verbirgt!

    In Gräbern und Heiligtümern bestehen Masken zumeist aus Ton, Marmor oder – selten – aus Kalkstein. Sie besitzen keine Rückseite, sind ganz auf  ‚Konfrontation‘, auf die Vorderansicht hin, angelegt. Prósopon – das was man ansieht – ist das griechische Wort für Maske. Widersprüchlich kann sie sein, belustigend und furchteinflößend zugleich. Der Spötter Martial hat diese Ambivalenz in ein Epigramm gefasst[9]:  

    Persona Germana

        Sum figuli lusus russi persona Batavi,
        quae tu derides, haec timet ora puer.

    Germanische Maske

        Scherz eines Tonbildners bin ich, Maske des roten Batavers,
        Magst du auch lachen, jedoch ängstigt die Fratze das Kind[10].

             

    Abb. 4: Tonmaske aus Alteburg bei Köln, frühe römische Kaiserzeit, Aufnahme: H. Rose, Köln

        Die Augäpfel (Abb. 4) mögen aus einem anderen Material eingesetzt gewesen sein, was die erschreckende Wirkung sicher noch steigerte.

        Aus den Nordwestprovinzen des römischen Reiches kennen wir weibliche Terrakotta-Masken im Miniatur-Format, die im 3. und 4. Jahrhundert

    n. Chr. entstanden. Im Gegensatz zu den leeren, offenen Augenhöhlen sind die Lippen fest geschlossen (Abb. 5)[11].                                  

                                      

    Abb. 5: Miniaturmaske, Gießen T II-2., Aufnahme N. Eschbach, Gießen

        Dies erinnert an die Pantomime, den stummen rhythmischen Tanz, der sich seit dem Ende der römischen Republik bis zum 6. Jh. n. Chr. großer Beliebtheit erfreute. Tänzerinnen und Tänzer drücken den Inhalt ganzer Dramen allein durch die Bewegungen ihres Körpers und der Hände aus. Nur die Masken werden entsprechend den Rollen gewechselt. Solo-Sänger oder Chöre, unterstützt von Klang-Instrumenten, bringen die Texte zu Gehör[12].

        Bei Terrakotta-Masken aus etruskischen Votivdepots ist die Augenpartie nicht offen, sondern wie bei den Gesichtern von Statuen geschlossen und ausgearbeitet[13] (Abb. 6).  

                    

    Abb. 6: Terrakotta-Votiv aus Narce/Latium 3./2. Jh. v. Chr., Nach: Fabbri 2019, 70 Abb. 23 a

        Als Adressaten für Augen- und Masken-Votive gelten die Gottheiten Selvans/Silvanus, Vei/Ceres, Bona Dea, Menerva/Minerva, Apollo, Feronia, Nortia, Fortuna und die Nymphen. Da aber die epigraphischen Belege fehlen,  bleiben Zuordnungen meist spekulativ[14].      

        Wir Heutigen aber werden noch für geraume Zeit „Masken“-Träger sein. Das ist keineswegs beispiellos. Während der Epidemien – im 17. Jahrhundert sorgte die Pest u. a. in Venedig 18 Monate lang für Angst und Schrecken  – trugen die Ärzte Masken mit schnabelartig verlängerten Nasen, die eine Kräuterfüllung zur vermeintlichen Reinigung der Luft enthielten (Abb. 7). 

                                        

    Abb. 7: Ärztin mit Pestmaske, Aufnahme: Petúr L. Krasznai, Budapest

    Also: Pazienza!

    Abgekürzt zitierte Literatur und Abbildungsnachweis:

    Baggieri 1999: G. Baggieri, Archaeology, Religion and Medicine (1999) 80-103, Abb. 1

    Bieber 1961: M. Bieber, The History of Greek and Roman Theater (Princeton 1961)    Abb. 2

    Fabbri 2019: F. Fabbri, Votivi anatomici fittili (Bologna 2019)    Abb. 6

    Frickenhaus 1912: A. Frickenhaus, Lenäenvasen. 72. BWPr 1912

    Froning 2002: H. Froning, Masken und Kostüme, in: S. Moraw – E. Nölle (Hrsg.), Die Geburt des Theaters in der griechischen Antike (Mainz 2002) 70-95

    Grassinger – Scholl 2008: D. Grassinger – A. Scholl, Dionysische Skulptur in der Berliner Antikensammlung, in: R. Schlesier – A. Schwarzmaier (Hrsg.), Dionysos. Verwandlung und Ekstase (Berlin 2008) 107-117

    Lezzi-Hafter – Zindel 1991: A. Lezzi-Hafter – Chr. Zindel (Hrsg.), Dionysos. Mythes et Mystères.Vases de Spina (Kilchberg / Zürich 1991)

    Moraw 2002: Die großen Dramatiker – Aischylos, Sophokles, Euripides, Aristophanes und Menander, in: S. Moraw – E. Nölle (Hrsg.), Die Geburt des Theaters in der griechischen Antike (Mainz 2002) 119-140

    Rose 2000: H. Rose, …sum figuli lusus…Die römischen Terrakottamasken in den Nordwestprovinzen (Köln 2000) 81 f.    Abb. 4

    Rose 2003: H. Rose, Spätrömische Miniaturmasken in Germanien und der Gallia Belgica, Xantener Berichte 3, 2003, 325-351

    Schwarzmaier 2008: A. Schwarzmaier, Dionysos, der Maskengott: Kultszenen und Theaterbilder, in: R. Schlesier – A. Schwarzmaier (Hrsg.), Dionysos. Verwandlung und Ekstase (Berlin 2008) 80-93

    Summerer 1999:  L. Summerer, Masken, in: dies., Hellenistische Terrakotten aus Amisos (Stuttgart 1999) 65-82.

    Wamser-Krasznai 2017: W. Wamser-Krasznai, Masken für Pantomimen und die weiblichen Miniaturmasken in den Nordwestprovinzen des römischen Reiches, in: Streufunde (Filderstadt 2017) 149-171

    Wamser-Krasznai 2018: W. Wamser-Krasznai, Faszination Maske, in: Scholien und Spolien (Filderstadt 2018) 25-30

    Wrede 1926: G. Wrede, Der Maskengott, AM 53, 1926, 66-95


    [1] Summerer 1999, 65-82.

    [2] Baggieri 1999, 92.

    [3] Froning 2002, 72 Abb. 89. 76 Abb. 96. 81 Abb. 105 f.; Wamser-Krasznai 2018, 26 Abb.1.

    [4] Froning 2002, 84 Abb. 83.

    [5] Grassinger – Scholl 2008, 107.

    [6]Lezzi-Hafter – Zindel 1991, 4-3; Schwarzmaier 2008, 90.

    [7]Athenaios, Deipnosophistai 14, 622 b-d;  Schwarzmaier 2008, 88 Abb. 6. 9. 10; Wrede 1926, 81 Abb. 1. 83 Abb. 2. 89 Abb. 4. 

    [8] Bieber 1961, 30 Abb. 109; Moraw 2002, 123 Abb. 157; Wamser-Krasznai 2018, 27 Abb. 3.

    [9] Mart. epigr. XIV. Apophoreta 176.

    [10] Übertragung: W. Wamser-Krasznai.

    [11] Wamser-Krasznai 2017, 166 Abb. 17.

    [12] Rose 2003, 341 f. ; Wamser-Krasznai 2017, 151 f.

    [13] s. auch unsere Abb. 1.

    [14] Fabbri 2019, 170.

  • Jürgen Rogge bei unserem letzten Jahreskongress im Juni 2019 in Bad Urach

    Dr. sc. med.  Jürgen Rogge, *10.10.1940   † 02.10.2021

    „Wenn ihr an mich denkt, seid nicht traurig. Erzählt von mir und traut euch zu lachen. Lasst mir einen Platz zwischen euch, wie ich ihn im Leben hatte.“, lautet auf der Traueranzeige der Familie der Ruf unseres Kassenwarts Dr. sc. med. Jürgen Rogge. Seine literarischen Kreationen begeistern uns mit jenem literarischen Kniff, der über Bedenklichkeit zur überraschenden Einsicht führt. Dabei wendet er uns das nordische Gesicht zu, das zu lächeln beginnt, wenn der Funke überspringt.

    Geboren und aufgewachsen in ländlichen Verhältnissen des mecklenburgischen Altkreis Hagenow, legt er das Abitur in Ludwigslust ab. Er studiert Medizin an der Humboldt-Universität zu Berlin, erwirbt die Promotion A (Dr. med.) 1970 und 1988 die Promotion B (Dr. sc. med. bzw. Habilitation). An Berliner Kliniken bildet er sich zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aus, um an Kliniken in Wismar und Leipzig arbeiten zu können. Nach der Vereinigung der westlichen und östlichen Bundesländer wirkt er mit seiner Frau Karin Rogge von 1991 bis 2005 in eigener Praxis in Perleberg, im folgenden Ruhestand als ambulant tätiger Gutachter. Im Januar 2021 gibt seine Frau Karin Rogge die Praxis an eine Nachfolgerin ab.

    Trotz Familie mit drei Kindern und Berufstätigkeit schreibt und publiziert Jürgen Rogge nicht nur in hochdeutscher Sprache, z.B. „Das Narrenflugzeug“, sondern auch in Plattdeutsch, z.B. „Geschichten ut Kauhstörp“ oder „Brägenjogging“. Jürgen Rogge ist neben dem Bundesverband Deutscher Schriftstellerärzte Mitglied der John-Brinckman-Gesellschaft, die das Werk dieses niederdeutschen Dichters pflegt, bewahrt, erforscht und neu entdeckt, der Johannes Gillhoff-Gesellschaft, die dessen literarisches Erbe pflegt und verbreitet, sowie der Fritz-Reuter-Gesellschaft, die Leben und Werke des Klassikers der niederdeutschen Literatur in Erinnerung ruft.

    2012 verzichtet Jürgen Rogge auf den Johannes-Gillhoff-Preis für niederdeutsche Literatur. Denn ein Blogger verbreitet in kaum nachvollziehbarer Schriftflut seine vernichtungswütige Kritik über Jürgen Rogge und gerät infolge der Strafanzeige eines Verlags in Konflikt mit der Justiz. Zugleich melden sich andere, denen Jürgen Rogge helfen konnte. Er steht während der Tätigkeit in der Haftanstalt Leipzig-Meusberg unter der Leitung eines Ärztlichen Direktors. In der Jugend mag Jürgen Rogge ein überzeugter Sozialist gewesen sein. Dennoch erkennt er die andere Seite des sozialistischen Systems. Nachweislich nutzt er Nischen der Systemstruktur, um Inhaftierten zu helfen.

    Die Johannes-Gillhoff-Gesellschaft bittet Jürgen Rogge, die Laudatio für den Preisträger 2013 für dessen Verdienste um die norddeutsche Kultur zu halten. Für den Bundesverband Deutscher Schriftstellerärzte organisiert er den Bundeskongress 2010 in Schwerin und 2018 in Wismar.

    Wir sind ihm dankbar für seine heiteren Lesungen und Moderationen, für die Verwaltung unserer Kasse und dafür, von ihm erzählen zu dürfen.

  • Es war einmal ein nasser, kalter Abend in einer grauen Großtadt im Norden.
    Und wieder war es die Weihnachtszeit mit  dem typischen windigen Schneeregen.
    Die Schaufenster der Kaufhäuser waren grell erleuchtet und üppig dekoriert.
    In diesen Fensterauslagen gab es viele verlockende Geschenke dargeboten zum Kauf.
    Dort saß  auch ein kleiner hellblauer Plüschbär verloren zwischen den “richtigen“  Bären.
    Diese Teddies aus flauschigem Fell waren so hübsch braun, weiß, schwarz und wie echt.
    Nur das hellblaue Bärchen mit roten Stofffüßen wollte nicht so recht dort hinein passen.
    Dann kam der Tag, an dem alle Geschenke  und  Weihnachtseinkäufe erledigt  waren.
    Die Dekorationen waren nun sinnlos und wurden abgeräumt, die Plüschbären  waren
    verkauft.
    Aber dort in der Mitte der riesigen Fensterauslage blieb der kleine Blaubär lange alleine
    sitzen.
    Keiner wollte ein hellblaues Bärchen mit roten Füßen,  und er musste nun fortgeräumt
    werden.
    Der Winterregen behinderte zwar die Sicht durch die Scheiben, aber  der Blaubär war
    verschwunden.
    Jetzt  war es kurz nach Weihnachten, das Spielzeug war  überflüssig, der Bär war jetzt Ausschuss.
    Die Angestellten warfen die  unverkäufliche  zur  Rückgabe bereite Ware in die Container.
    Eine junge Frau hatte das Bärchen jeden Tag betrachtet und verstand das Zeichen.
    Die Zeit. Freude zu bereiten. war nicht vorbei, denn die Moral von der Geschicht‘:
    Auch etwas Fremdes zaubert oft ein Lächeln ins Gesicht.
    Denn wer einsam ist und allein, nimmt Jene auf  –  wie einen Sonnenschein.

  •   

    Wie ein leiser Schleier lag die Abenddämmerung über dem Land ….
    Schon früh dunkelt es jetzt ein , denn es war die längste Nacht im Jahr
    Der Weg nach Hause war noch weit- viel weiter in der Dunkelheit als am Tag!
    Die Schatten der beginnenden Nacht greifen nach dem einsamen Wanderer
    Und die Kälte war ohne Licht noch viel kälter ….
    noch über diesen Hügel und über den nächsten Hang ….
    noch durch den dunkelsten Pfad im Wald
    Dann-dann-ist der Wanderer daheim:
    Daheim in der Wärme, daheim im Licht!
    Es wird Freunde geben, die mit dem Heimkehrer feiern ….
    Und die Vorfreude treibt seine Schritte an.
    Doch dann merkte er, dass die Hügelkette unendlich fern wurde
    Und sein Blick umsonst nach dem Lichtschein des Hauses sucht ….
    Und je mehr er suchte , desto mehr blinken plötzlich viele Lichter auf ….
    überall ….und nur ganz kurz!
    Der Wanderer war sehr irritiert, er konnte sich nicht mehr orientieren
    Und die Nacht legte sich schwer über das Land.
    Und dann hörte er Geräusche aus allen Richtungen
     wie ein geheimnisvolles Flüstern … auf das er hören musste!
    Er wurde nun sehr müde und setzte sich unter eine hohe Tanne.
    Es war ihm auf einmal so wohl …
    So wohl gelehnt an den Stamm des mächtigen Baumes unter seinen hängenden Zweigen ,
    ie schwer waren vom Tragen des Schnees
    So wohl mit den blinkenden Strahlen aus Eiskristallen
    So wohl mit den Melodien aus unbekannten Klängen, die sich die Tiere singen
    Er saß
             In der Kälte            –  die warm wurde
             In der Dunkelheit  – die voller Licht war
             In der Stille           – ohne Einsamkeit     :
    Die Spitze der Tanne wurde nun von einem starken Stern erhellt
    Und jetzt wusste der Wanderer
    Das ist die heilige Nacht
    Wesen der Welt und Wesen des Himmels
    Wer sie spürt, der ist angekommen

    Harriet Keller-Wossidlo für die Weihnachtsfeier Klinik Barmelweid 2003

  • (10.11.2021)

    Lasse dich nicht entmutigen
    durch vielschichtige Verwirrung
    stets in wechselnder Gestalt dargeboten
    Lasse dich nicht lähmen
    durch Überschüttung mit Halbwahrheiten und Lügen
    Du musst nicht jede Einzelheit kennen
    um das Wesentliche zu erkennen
    Zur besseren Orientierung
    lerne aus der Geschichte
    und frage folgerichtig ernüchternd
    wieso altgediente Brandstifter
    heutzutage öffentlichkeitswirksam
    lobpreisend eine Feuerwehr finanzieren

    ֎֎֎

  • (5.11.2021)

    Gehe ein paar Schritte zurück
    Schaue dir die Menschen
    in dieser verbogenen Gesellschaft genauer an
    Sie hatten stets eine notorische Neigung
    zu lähmender Leugnung der Selbstverantwortung
    verhängnisvoller Missachtung der Selbstfürsorge
    und törichter Selbstentmachtung

    Die gegenwärtige Misere
    hat diese Neigung
    gewaltig verstärkt
    und greifbar entlarvt

    Gehe ein paar Schritte zurück
    Schaue dir das Elend genauer an
    und würdige die schöpferischen Potenziale
    die die Krise in sich trägt

    ֎֎֎