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From my experience as a physician, after half a century of practicing, I could confirm that the whole world is one big workplace. Everyone suffers from something, and few of them visit the doctor, and if they already do, they don’t like it.
As a doctor, I have treated the patients not only with pills, but with beautiful words, sweet healing fairy tales, nice stories or poems. I wanted to be a doctor -poet. I don’t have a degree in poetry, and I gathered the patients who don’t need only the pills. They need to listen interesting stories, poems or sweet blessed fairy tales. During many years of medical work, I had the opportunity to see, hear and treat many interesting cases. We doctors have a special position among the people. In my practice, the patients often opened their souls and the confessions came out from the sick body. I could see the people not only physically, but also mentally naked. In this way, I could observe their kindness, torment, helplessness, insignificance and greatness, but sadly also their malevolence and rancor. By taking off the mask in front of me (not in the pandemic time), I get special and more correct notions about life’ marvels. Many things can only be understood by us, the doctors, and therefore forgiven. Our position is similar to those of the priests, to whom people confess.
However, the confessions are not always sincere. Patients lie a lot, someone often, someone always. However, even their lies are of interest. From those lies I could also study a patient. Every lie has its cause, conscious or subconscious. To look for these causes and connect them with the consequences is a fascinating job. There is an opportunity for that, and I can notice that some patients move “blind” through their lives. Those patients don’t hear, don’t see, don’t understand. But it’s a pity, because many miracles happen around us during our life’ journey. My goal was always to observe, be discreet and comprehend a person. However, it is better not to treat only the diseases but the patient as a whole. We need the scientific knowledge brought from the university, and our drugs are good against the disease. A real remedy for the illness, for each patient should be found carefully in the heart and the mind of the doctor.
The doctor and writer Carl Nothnagel (1841 – 1905) wrote appropriate: “Only a good man can be a good doctor.” Being good is not possible without selflessness, sacrifice, suffering and courage.
Dr. med. André Simon © Copyright
Übersetzung von Dietrich Weller
Der Schriftstellerarzt
Aus meiner Erfahrung nach einem halben Jahrhundert als praktizierender Arzt kann ich bestätigen, dass die ganze Welt ein großer Arbeitsplatz ist. Jeder leidet an irgendetwas und wenige konsultieren einen Arzt, und wenn sie es schon machen, tun sie es nicht gern.
Als Arzt habe ich die Patienten nicht nur mit Pillen behandelt, sondern mit schönen Worten, süßen heilenden Märchen, netten Geschichten oder Gedichten. Ich wollte Dichterarzt sein. Ich habe keinen Abschluss in Dichtkunst, und ich habe Patienten gesammelt, die nicht nur Pillen brauchen. Sie brauchen es, interessanten Geschichten zuzuhören, Gedichten oder süßen gesegneten Märchen. Während vieler Jahre mit medizinischer Arbeit hatte ich die Gelegenheit, viele interessante Fälle zu sehen, zu hören und zu behandeln. Wir Ärzte haben eine besondere Stellung unter den Menschen. In meiner Praxis haben die Patienten oft ihre Seelen geöffnet, und die Bekenntnisse kamen aus dem kranken Körper heraus. Ich konnte die Menschen nicht nur körperlich, sondern auch geistig nackt sehen. Dadurch konnte ich ihre Freundlichkeit, Qualen, Hilflosigkeit, Bedeutungslosigkeit und Größe beobachten, aber trauriger Weise auch ihren Unwillen und Hass. Indem sie ihre Maske vor mir abnehmen (nicht während der Pandemie), erhalte ich besondere und genauere Merkmale über die Wunder des Lebens. Viele Dinge können von uns, den Ärzten, nur verstanden und deshalb verziehen werden. Unsere Lage ist ähnlich wie die der Priester, denen sich die Leute anvertrauen.
Aber die Bekenntnisse sind nicht immer ernsthaft. Patienten lügen viel, manche oft, manche immer. Aber ihre Lügen sind aufschlussreich. Durch diese Lügen konnte ich die Patienten auch besser kennen lernen. Jede Lüge hat ihren Grund, bewusst oder unbewusst. Diese Gründe zu suchen und sie mit den Folgen zu verbinden, ist eine faszinierende Aufgabe. Es gibt dafür Gelegenheiten, und ich kann wahrnehmen, dass einige Patienten „blind“ durch ihre Leben laufen. Diese Patienten hören nicht, sehen nicht, verstehen nicht. Aber es ist ein Jammer, weil während unserer Lebensreise um uns herum viele Wunder passieren. Mein Ziel bestand immer darin zu beobachten, verschwiegen zu sein und eine Person zu verstehen. Aber es ist besser, nicht nur eine Krankheit zu behandeln, sondern den Patienten als Ganzes. Wir brauchen die wissenschaftliche Erkenntnis, die von der Universität stammt, und unsere Medikamente sind gut gegen die Krankheit.
Ein wirkliches Heilmittel für die Krankheit für jeden Patienten sollte sorgfältig im Herzen und im Verstand des Arztes gefunden werden.
Der Arzt und Schriftsteller Carl Nothnagel (1841 – 1905) schrieb treffend: „Nur ein guter Mensch kann ein guter Arzt sein. Gut zu sein, ist nicht möglich ohne Selbstlosigkeit, Opfer, Leiden und Mut.“