Schlagwort: Verwandtschaft

  • zum vierhundertsten Todestag

    Hochgestimmt und offenherzig
    so traten wir nun an
    Empfinden und Folgern
    zu meistern
    der Altvorderen
    unsere Herkunft,
    wie es denn wurde,
    dass wir anders meinten
    dann
    erwachsen nach Hunderten von Jahren
    aus dem gewohnten Schoß
    der allerersten Märchen
    und aus Resten
    eines beschlagenen Gedenkens

    Galt es
    einsame Brüche zu erkennen
    im Lauf der gequälten Geschlechter 
    zu finden vielleicht nur
    die schleichende, kleinlaute Abkehr
    vom bisherigen Sinnen?

    Mein einstiges Stürmen
    wirkt mir
    zu mancher Stunde fremd
    so unerwartet toll
    will´s mir erscheinen
    Kaum mehr kann ich kennen
    erkennen, etwas Sicheres in mir
    nicht lässt sie sich wissen
    erwischen die großartige Welt

    Im Schleier der Zeiten
    verpuppt sich die unstete See
    zum haltlosen Strom
    meiden die längst gesättigten Blicke
    den Grund
    im trüb gewordenen Wasser,
    können nicht sagen
    warum es wurde was da ist
    und wie das wurde was es ist

    Zum ersten Aufbegehren gewandt
    vermag ich betagteres Empfinden
    nicht zu entwirren
    nicht in mir
    auch nicht im Kosmos,
    nicht die erwartete tiefe Zäsur
    in einem übermächtigen
    unwiderstehlich waltenden Gedanken,
    dass so entschieden, so vollkommen
    in der Abfolge unserer Epochen
    sein Gegenteil durchaus
    den weiteren Weg benennen konnte

    Parabelähnliches Verhalten fast,
    erst den einen
    dann den zweiten Schenkel hochziehen
    hoch hinauf, fast zu den Sternen
    und stetig, stetig muss sie                                                
    muss die Bewegung sein
    -so tippte es mir der Lehrer auf den Graphen-
    ohne ein Stocken in der Führung
    soll es geschehen

    Leichtherzig haben wir
    bescheidene Einschnitte nicht gespürt
    sie nicht gesucht
    nicht der stillen Kehrtwende
    unterschwelligen Moment
    Was unmöglich in Gänze erschien
    ist in Summe wahrhaftig geworden,
    wurden sie
    die zahllosen Grenzwerte, mein Freund
    unerklärbar überschritten

    nicht säßen wir sonst hier
    wohl gezeugt, so sagen es die Schriften
    als bittersten Todesernst
    der Zweifel besiegte,
    grausame Überzeugung
    aus der Mühle unzähliger Jahre gespeist
    unserem Denken
    nur noch als bester Unfug galt
    überwunden zwar
    doch ohne die eine Erkenntnis
    wie dies geschah
    im eigensten Innern

    endgültig gekappt
    ist sie auch hier
    die heilende Nabelschnur
    zu den Dingen
    aus Bruchstücken der Überlieferung
    fügten wir es uns zurecht
    wie wir es zu verstehen meinten
    jenes Gesamtbildnis
    Doch passt es nicht,
    immer ein Steinchen noch so klein
    passt so richtig nicht
    ins ehrgeizige Mosaik
    Trotzdem erleichtert
    und so stolz
    deuten wir immer wieder gern
    aufs geltende Zeitalter
    und die verwandelten Gesichter