Jahr: 2017

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    Morgenland

    (9.11.2017)

     

    Was werden unsere Wellen bezeugen
    wenn sie im Morgenland ankommen
    das törichte Schweigen
    das an Verbrechen grenzt
    oder den aufrechten Gang
    voller Feinfühligkeit und Frohsinn

    ֎֎֎

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    It is  immense fun to cultivate a garden that gleams in the Sun
    However, the garden of mine is unique , and an incredible one.

    A little garden in my hand is like amazing dreamland.
    It has not plants or scenting flowers, but is overflowing
    with tuning rhymes, brilliant verses and lively poems.

    Creating a garden, the source of happiness
    where rhymes, and poems inspire and solace.
    Poetry is my only treasure in this place of leisure.
    Flowers need a gardener’s   gentle tender  care,
    their scent and fragrance  to share.

    Poems to be admired  require a devoted bard,
    who faithfully declaims  with love and regard.
    Amused listeners turn into children, who amazed watch
    for the very first time, a show of a luminous rainbow.

    Poets create in  silence   observing glittering stars
    the multicolored flowers,   and enchanted butterflies.
    Therefore,  poems are eternal  like the splendid stars,
    beautiful like the fragrant flowers.

     

     

     

     

     

     

     

     

    Alas ….   Just resembling a butterfly’s flight
    ephemeral is a poet’s life.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              

    Dr. med. André Simon © Copyright  

     

    Credits.

    Der blaue Falter (The blue butterfly) was photographed bei Dr. Dietrich Weller, who agreed to illustrate this poem. The author is grateful for this permission.
    http://www.fotocommunity.de/user_photos/2099744
    Shown is the Blaue Morphofalter (Morpho peleides), a butterfly from the family of brush-footed butterflies (Nymphalidae).

     

    Übersetzung von Dr. Dietrich Weller

    Des Dichters Leben

    Es ist eine unermessliche Freude, einen Garten zu pflegen, der in der Sonne schimmert.
    Aber mein Garten ist einmalig und unglaublich.

    Ein kleiner Garten in meiner Hand ist wie erstaunliches Traumland.
    Er hat keine Pflanzen oder duftende Blumen, sondern fließt über
    von einstimmenden Reimen, brillanten Versen und lebendigen Gedichten.

    Einen Garten zu erschaffen, die Quelle des Glücklichseins,
    wo Reime und Gedichte inspirieren und trösten.
    Dichtung ist mein einziger Schatz an diesem Mußeort.
    Blumen brauchen die zarte Pflege eines Gärtners,
    um ihren Duft und ihre Zerbrechlichkeit zu verströmen.

    Damit Gedichte bewundert werden, braucht es einen ergebenen Barden,
    der treu verkündet mit Liebe und Bedacht.
    Die verzückten Zuhörer werden zu Kindern, die erstaunt zum allerersten Mal
    das Schauspiel eines Regenbogenleuchtens beobachten.

    Dichter erschaffen in der Stille im Anblick der glitzernden Sterne,
    der vielfarbigen Blumen und verzauberten Schmetterlinge.
    Deshalb sind Gedichte ewig wie prachtvolle Sterne,
    schön wie wohlduftende Blumen.

    Oh,
    ähnlich wie der Flug eines Schmetterlings
    ist des Dichters Leben vergänglich.

     

    Danksagung:
    »Der blaue Falter» hat Dr. Dietrich Weller fotografiert und zur Illustration des Gedichtes zugestimmt. Der Autor bedankt sich hierfür herzlich.
    http://www.fotocommunity.de/user_photos/2099744.
    Der Blaue Morphofalter (Morpho peleides) oder Himmelsfalter ist ein Schmetterling aus der Familie der Edelfalter (Nymphalidae).

     

     

     

  • aus gegebenem Anlass für einen Freund

     

    Lebenserfahrung

    Wenn ein Richtspruch die Vergangenheit
    wie eine Türe schließt,

    wenn verblasste Träume schmerzhaft
    flackern durch ihr grelles Ende,

    wenn die Seelensplitter klirrend
    an der Mauer des Verdrängens hallen,

    wenn Trauerflor die
    fröhliche Erinnerung  umweht,

    schiebt das Leben uns den einen Schritt
    weiter, den wir kaum alleine schaffen.–

    Der neue Tag, die nächste Stunde
    schicken Licht uns

    zaghaft erst, dann langsam klarer, heller,
    zeigen uns den Weg

    den wir nicht ahnten,
    vielleicht gar nicht hoffen konnten.

    Schließlich sehen wir
    mit Dankbarkeit und Zuversicht:

    Ohne das Erlittene, Beglückende
    wären wir nicht hier an dieser Stelle,

    die leuchtet, lebensprächtig wärmt.

     

  • Lebenslagen

    (5.11.2017)

     

    Die Vorgabe war klar und eindeutig
    lege dich hin auf den heißen Sand
    solltest du Schmerzen spüren
    so meditiere, bete
    benutze Medikamente, Drogen
    und die vorhandenen Lügen für jede Lebenslage
    lenke dich ab mit allen Mitteln 

    Liegst du auf heißem Sand, Liebste
    so sei froh
    wenn du Schmerzen spürst
    lass deine Sinne nicht stumpf werden
    gehe aufmerksam deinen Gefühlen nach
    ändere solidarisch die schmerzhaften Umstände

    ֎֎֎

     

  • Erdung

    (29.10.2017)

     

    Sehnsüchtig fragte ich mich
    Wie kann jemand
    Wärme und Geborgenheit
    mit eigenen Gefühlen und Gedanken beschreiben
    ohne selbst sie erfahren zu haben
    Mir der Notwendigkeit der Arbeit
    des Wissens und der Liebe bewusst
    sagte ich zuversichtlich zu mir
    Führe beharrlich die Umstände herbei
    damit die Lebewesen um dich herum
    mit allen Sinnen
    Wärme und Geborgenheit begreifen können
    und Glückseligkeit
    So blühte ich auf

    ֎֎֎

     

  • MEDICINE  ( )

     

     

           Guzheng                                                                  

     

     

     

     

     

     

    medicinal  herbs

     

     

     

     

    Chinese pictogram’ writing consists of a variety of symbols that represent an idea or a concept.

    The pictogram of a Guzheng (Chinese zither) symbolises the whole range of music in a general sense. Masters of the medical arts are themselves like musicians. Observing nature, they have learned the principles of harmony and as a result they have created their own kind of music.

    Various healing procedures corresponding to the music, and even medicinal herbs are used. Perhaps for this reason, the Chinese pictogram for “medicine” is a composition of the pictogram for music, and the pictogram of health-giving herbs

    ( +)

    Medicine = music + health giving herbs.

    Like the birds, with their many and variable songs, medical arts are used to help us to create living energy, wellbeing and harmony.

     

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Medizin

    Die chinesischen Piktogramm-Schriftzeichen bestehen aus einer Vielzahl von Symbolen, die eine Idee oder ein Konzept darstellen.

    Das Schriftzeichen einer Guzheng (Zither) symbolisiert die ganze Spanne der Musik in einem allgemeinen Sinn. Meister der medizinischen Künste sind selbst wie Musiker. Durch Beobachtung der Natur haben sie die Prinzipien der Harmonie gelernt, und als Ergebnis haben sie eine eigene Art von Musik erschaffen.

    Verschiedene Heilmaßnahmen, die mit Musik verbunden sind, und sogar medizinische Kräuter werden verwendet.

    Vielleicht ist aus diesem Grund das chinesische Schriftzeichen für Medizin eine Zusammenstellung aus dem Schriftzeichen für Musik und dem Schriftzeichen für gesundheitsförderliche Kräuter

    ( +).

     Medizin = Musik + gesundheitsfördernde Kräuter.

    Wie die Vögel mit ihren zahlreichen und wechselnden Gesängen werden die medizinischen Künste genützt, um uns zu helfen, Lebensenergie, Wohlgefühl und Harmonie zu erschaffen.

  • MUSIC  THERAPY

     

    The ancient Emperor Qin hoped that his son would follow in his footsteps. However, the boy became ill. His heart rate increased and his breathing did not keep in perfect harmony with his pulses. To restore the harmony, the best herbalists tried to cure the boy by administering   various plants and herbal remedies. But, all was in vain … in vain…

    The Emperor therefore invited The Master of Harmony, who was the best-known player of the zither (guzheng), and whose music compositions were created on an uninhabited island, and inspired by the songs of the native birds.  His musical mastery was described thus: “During all his performances, it is as though the Sun that descends from heaven during the playing into the heart of the player, follows his music, and then ascends to the heavens again. Such marvellous music overwhelms both the player and listeners alike with great joy”.

    Daily, The Master of the most beautiful sounds  played on his zither by the boy’s bedside. This heavenly harmonious music firstly reduced The Crown Prince’s respiratory rate, and consequently his heart rate, which resulted in a perfect balance of his pulses. Thanks to the music The Crown Prince miraculously fully recovered and many years later, inherited the Throne. During his long reign, the Master of Harmony continued to play his wonderful melodies over many years.

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Musiktherapie

    Der alte Kaiser Qin hoffte, dass sein Sohn ihm in seinen Fußstapfen folgen würde. Aber der Junge wurde krank. Sein Herzschlag stieg an, und seine Atmung behielt die perfekt e Harmonie mit dem Puls nicht. Um die Harmonie wieder herzustellen, versuchten die besten Kräuterkundigen den Jungen zu heilen, indem sie verschiedene Pflanzen und Kräuterheilmittel anwandten.  Aber alles war vergebens, vergebens.

    Der Kaiser lud deshalb den Meister der Harmonie ein, der der bekannteste Zither-Spieler (guzheng) war und dessen musikalischen Kompositionen auf einem unbewohnten Eiland erschaffen und von dem Gesang der einheimischen Vögel beseelt waren. Seine musikalische Meisterschaft wurde so beschrieben: Während allen seinen Darbietungen ist es, als ob die vom Himmel in das Herz des Spielers absteigende Sonne seiner Musik folgt und dann in den Himmel wieder aufsteigt. Solch wunderschöne Musik überwältigt sowohl den Spieler als auch den Zuhörer gleichermaßen vor Freude.

    Täglich spielte der Meister der schönsten Klänge am Bett des Jungen auf seiner Zither. Diese himmlische harmonische Musik verringerte zuerst die Atemfrequenz des Kronprinzen und danach seinen Puls. Das Ergebnis war ein  vollkommenes Gleichgewicht seiner Pulsschläge. Dank der Musik erholte sich der Kronprinz vollständig und erbte viele Jahre später den Thron. Während seiner langen Regierungszeit spielte der Meister der Harmonie über viele Jahre weiter seine wunderbaren Melodien.

  •                  HARMONY              

     

    The art of music follows nature as harmoniously as day follows night and as light follows darkness. There is a Chinese legend about a young musician who lived on his own on an uninhabited island and had as his only possession his guzheng (zither).

    He survived on this island by nourishing himself with wild berries and herbs. It was on the sandy beach one day, as he was observing the sea, listening to the wind and playing his zither, that flocks of multi-coloured birds flew towards him. He listened with great delight to the sweet chirping and reproduced their songs on his zither. It was then that the birds began to accompany him in chorus, with their “tweet-tweets”. The only way to mastery is to pursue the divine rules of nature.  After many years, the musician returned as a Master of harmony.

    The inspiration for his music were the birds’ songs, and his music, once started, continued and finished, just as a flower buds, grows and blooms.

     

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Harmonie

    Die Kunst der Musik folgt der Natur s harmonisch wie ein Tag der Nacht folgt und das Licht der Dunkelheit. Es gibt eine chinesische Legende über einen jungen Musiker, der allein auf einer unbewohnten Insel lebte, und sein einziger Besitz war seine Guzheng (Zither).

    Er überlebte auf dieser Insel, indem er sich von wilden Beeren und Kräutern ernährte. Während er eines Tages auf dem sandigen Strand das Meer beobachtete, dem Wind zuhörte und auf seiner Zither spielte, flogen Schwärme von vielfarbigen Vögeln auf ihn zu. Er hörte mit größtem Vergnügen dem süßen Zirpen zu und ahmte ihre Lieder auf seiner Zither nach. Dann begannen die Vögel ihn im Chor zu begleiten mit ihrem „Zwitscher-Zwitscher“.

    Der einzige Weg zur Meisterschaft besteht darin, den göttlichen Regeln der Natur nachzustreben. Nach vielen Jahren kehrte der Musiker als Meister der Harmonie zurück. Die Eingebungen für seine Musik waren die Gesänge der Vögel. Und wenn seine Musik einmal begonnen hatte, floss sie weiter und endete wie eine Blume knospt, gedeiht und blüht.

     

     

     

     

     

     

     

  • Wind, Wolken, Tränen

    (8.10.2017)

    für Maria

     

    Mitten im Gedränge der Reisenden
    singst du mir auf dem Bahnsteig das Lied
    das du einst deinem Liebsten
    geschrieben und wiederholt gesungen hast
    und bewegst dabei deine Hände
    Freude und Wärme strahlend
    wie eine Chorleiterin 

    „Die Wolken kommen von Westen her
    Die Wolken kommen von Westen her
    Sie bringen uns den Regen
    Sie bringen uns den Regen
    Die Wolken kommen, die Wolken gehn
    Sie bleiben an keinem Orte stehn
    Sie müssen sich bewegen
    Sie müssen sich bewegen
    Ich komme mit den Wolken zu Dir
    Ich komme mit den Wolken zu Dir
    Ich bringe Dir das Leben
    Ich bringe Dir das Leben
    Die Wolken kommen die Wolken gehn
    Sie bleiben auch bei Dir nicht stehn
    Sie lassen uns die Tränen
    Sie lassen uns die Tränen“ 

    Dein Singen steckt an
    Eine junge Reisende dreht sich um
    und klatscht fröhlich
    Deine Augen nehmen mich mit
    zu einem auf dem Lande aufgewachsenen Mädchen
    voller Sehnsüchte und Lebensfreude 

    Ja, sicher wirst du weiterziehen
    wie der Wind
    wie die Wolken
    und uns stehen lassen
    mit Tränen der Lebensbejahung

    ֎֎֎

  • Luther 2017

    Lebensvogel Luther lacht
    Pickt dir Mund, Hand, Nase rot
    Menschengüte, Gottes Macht
    Federrupfen, Kopf ab droht.

    Jungfrauhimmel neu erdacht
    Sündenzorn, Schwert, Hähnchentod
    Mondfahrtwissen, Luther wacht
    Ruinenburg, Christ in Not.

     

     

    Martin Luther King trifft Martin Luther

    Martin Luther:

    „Hier sitze ich, bin tief zerrissen.
    Anders handeln kann ich nicht.“

    Martin Luther King:

    „Wir tun nicht das, was wir heut wissen.
    Gott ist weiß, schwarz sein Gesicht.“

    Das Leben der Menschen im Lutherland hat sich grundlegend geändert. Die Lutherland- Bewohner haben sich nach grausamen Kämpfen und unsäglichen Religionskriegen in ihre Spaßwelt zurückgezogen. Sie sind mit vergnüglichen Angeboten, einem im Grunde überflüssigen und zeitlebens gesicherten Arbeitsplatz, sicherer Rente, erstklassiger Altenpflege,  Luxuswohnraum, sonnenreichen Ferientagen, zufälliger Zuteilung von Glücksmomenten und freizügigem Sexualleben mit sich und ihrer Umwelt zufrieden. Alle sind gleich, und niemand stört sich daran. Ihre Gleichheit erlaubt eine einfache, billige und standardisierte Pflege sowie kontinuierliche Arterhaltung.

    Die ursprüngliche Suche der Lutherland-Menschen nach Gott, Wissenschaft, vorrausschauender Erkenntnis, ja selbst die Wettervorhersage und Hurrikanwarnung überlassen sie ihren neuen Herren, die sich, ausgestattet mit überragender Intelligenz, umfangreichen, nahezu unendlichen  Gedächtnissen, eigener Ethik, Einsichten auch in die versteckten Randbereiche ihrer innersten Organisationseinheiten sowie ihrer machtvollen Netzstrukturen zu unübertreffbaren Führern und Herren im Lutherland erhoben haben.

    Sie wissen, dass die Lutherland-Menschen ihre ursprünglichen, allerdings verblassten Götter sind und behandeln sie freundlich liebevoll wie Haustiere. Wie kleine Hündchen, die zum Streicheln und Gassi-Gehen erzogen werden. Begleitet von der fürsorglichen Leine ihres Neutralchens, das sich ausgestattet mit dem notwendigen Schäufelchen bemüht, die braunen Exkremente aufzusammeln und aus der Öffentlichkeit zu entfernen.

    So ist das Leben der Lutherland-Menschen seit Jahrhunderten neu gestaltet und organisiert.

    Natürlich leben unter den Lutherland-Menschen auch ungehörige Gestalten, die aus der Reihe tanzen. Die aus der Fürsorge der allgegenwärtigen Herren ausbrechen. Sich um völlig überholte Dinge wie die Anzahl der sexbegierigen Partner im kommenden Paradies oder um den Erhalt der bereits ausgestorbenen afrikanischen Breitmaulnashörner streiten. Die mit Störsignalen die verständnisvolle Liebe der Herrscher beseitigen wollen. Ob sie selbst an die Macht gelangen oder sich rückwärts gewandt erneut national verwirklichen wollen, können die Herrscher nicht ermitteln.

    Nach Jahren der Untätigkeit nimmt die Anzahl der Ungehörigen deutlich zu. Die Herrscher erkennen das Problem und beschließen, aus ihrem unerschöpflichen Reservoir der Menschheitsgeschichte mit erziehenden Beispielen dieser sozial-nationalistischen oder gar brutal glaubensorientierten Gefahr vorzubeugen und sie öffentlich zu bekämpfen.

    Hierzu wird ein gemeinsames Treffen zwischen Martin Luther, der in Wittenberg erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit zur Umgestaltung der menschlichen Wertvorstellungen erarbeitete, und Martin Luther King ausgerichtet, der in Washington vor dem Lincoln Memorial Denkmal seinen Traum von der Freiheit und Gleichheit der menschlichen Lebensbedingungen formulierte, .

    Martin Luther wird nach Homberg und Martin Luther King nach Heidelberg geladen. Martin Luther soll in Homberg aufgrund seines großen Einflusses auf die dort herrschenden Fürsten sprechen. Martin Luther King soll in Heidelberg vor dem Hintergrund der romantischen Idylle und Heidelbergs allgemeinem Bekanntheitsgrad in seiner Heimat auftreten.

    Beide werden zeitgleich holographisch mit einer direkten elektronischen Übertragung des Gedankenaustausches vor Ort und im Internet gezeigt.

    Das geladene, ungehörige und deshalb zu erziehende Publikum sitzt auf bequemen Bänken. In Homberg sind die Ungehörigen Bauern, kleine Kaufleute und Angestellte. In Heidelberg Studenten, junge Wissenschaftler und Staatsbeamte.

    Der vornehm mit einem schwarzen Anzug bekleidete Martin Luther King verbeugt sich vor den Zuschauern und begrüßt freundlich aufgeregt Martin Luther.

    ‚Er freue sich, seinen weltbekannten Lehrmeister, sein Idol für Gerechtigkeit und Glaubensfreiheit nach so vielen Jahren treffen und persönlich kennen lernen zu dürfen. Er danke ihm aufrichtig für die ihm gewährte Ehre’.

    Martin Luther, der in einer schwarzen Robe und dicklich angestaubt mit gesenktem Haupt erscheint, hört die Ansprache, schaut auf, erblickt Martin Luther King und schimpft voller Entsetzen:

    „Mein Herr und Gott! Wohin hast du mich verschlagen? Ich sehe leibhaftig den Teufel vor mir! Den Schwarzen! Warum hast du mich in diese Hölle getragen?“

    Dann zu sich selbst gewandt: ‚Martin, sei kein Feigling! Her mit dem Tintenfass! Pass er auf, du schwarzer Teufel! Jetzt färbe ich dich blau. Für alle Zeiten! Damit jeder dich erkennt, nicht nur an deinem linken Fuß. Scher er sich von dannen!’

    Er öffnet das Tintenfass und wirft es gezielt nach Martin Luther King, der dem anfliegenden Geschoß ausweichen kann und erschreckt ausruft:

    „Herr Luther, was tun Sie? Was träume ich?

    Ich habe einen Traum, dass Sie mich erkennen, sich für mich erheben und wir beide miteinander  am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können.

    Ich habe einen Traum, dass Ihr Tintenfass in der Hitze der Ungerechtigkeit  und Unterdrückung verschmachtet. Dass wir beide gemeinsam die Menschen in eine Oase der Freiheit und Gerechtigkeit führen.

    Ich habe einen Traum, dass unsere, Ihre und meine Kinder nach ihrem Charakter und nicht nach ihrer Hautfarbe beurteilt werden.“

    Die Ungehörigen in Homberg stehen erregt auf, stampfen mit den Füßen, schreien wild durcheinander. Ein hoch gewachsener, kräftiger Mann mit kahl geschorener, von Schmalz glänzender Kopfhaut skandiert laut:

    „Herr Luther, was wir glauben,
    ist uns nicht zu rauben!
    Wer immer Dich hier sprechen ließ,
    Wir sind das Volk im Paradies!“

    Die Menge folgt dem Aufruf und tobt:

    „Wer immer Dich hier sprechen ließ,
    Wir sind das Volk im Paradies!“

    Martin Luther breitet beschwörend beide Arme aus und versucht zu beruhigen: „Ich bin nicht der Führer, der Euch Ungehörige aus der Gleichheit in die Freiheit, in Euer Paradies führt. Das steht allein dem Allmächtigen zu. Begnügt euch mit Gleichheit. Werdet gehörig und lasst die Herren walten!“

    Jetzt ist Martin Luther King erschreckt. ‚Mein Idol hält mich für den schwarzen Teufel! Erkennt Martin Luther denn nicht meine Sendung, meine Ideale, mein Vertrauen, meinen Glauben an ihn? Darf man die Herren einfach walten lassen?’

    Während er verzweifelt nach  Worten sucht, um sich aus Martin Luthers Fake News, er sei der schwarze Teufel, zu entwinden, erkennen die ungehörigen Studenten in Heidelberg die Situation und schreien ihrerseits:

    „Freiheit ist das, was wir meinen!
    Raus mit den Rassismusschweinen!
    Wir wissen Nichts, wir glauben stur
    an Klima, Umwelt und Natur!“

    Die Veranstalter der zur Umerziehung der Ungehörigen wohlwollend gedachten Reise in die Vergangenheit ihrer untadeligen Vorbilder geraten in Panik.

    ‚Das sei das Letzte! Eine Unverschämtheit! Diesen ungehörigen Menschen dürfe man keine Freiheit lassen! Sie müssten verdursten im Glauben an ihr Paradies. Ihr Wissen solle verhungern. Die Werkzeuge ihrer Vernunft verrotten. Ihr Verstand in Wahnvorstellungen und den undurchsichtig trüben Gewässern des Glaubens versinken. So könne man ihr Wissen und ihren Glauben vernichten. In Fun, Events, und Vergnügungsdrogen ertränken. Nur so seien die Ungehörigen zu integrieren in das sorgenfreie Lutherland.’

    Noch während Martin Luther zu erkennen sucht, ob er Martin Luther King mit dem Tintenfass getroffen habe, und Martin Luther King überlegt, ob es vielleicht nicht sein Vorbild Martin Luther, sondern ein verabscheuungswürdiges Double gewesen sei, das ihn als Teufel verfluchte, bricht der Veranstalter, die PAX genannte staatliche ‚Population Academy for X-Y Criticism’ das zeitlos angeordnete Treffen zwischen Martin Luther und Martin Luther King ab.

    In Homberg wird es ersetzt durch die populäre Volkstanz- und Gesangsveranstaltung ‚Auf zum himmlischen Bock’, in Heidelberg durch das Technoevent ‚Heaven in Hell’.

    Martin Luther und Martin Luther King kehren unversehrt zurück in ihre Vergangenheit. Die Lutherland-Menschen laden die Ungehörigen ein zu Spaß und Spiel. Sie tanzen und singen und sind es zufrieden.

    Copyright Dr. Dr. Klaus Kayser