Startseite » Archive für Waltrud Wamser-Krasznai Dr. med. Dr. phil.
Die Überlegungen zu einigen Exemplaren anatomischer Votive aus der Sammlung Stieda sind als Ergänzung zu dem kleinen Band „Kultische Anatomie“, der 2008 die Ausstellung im Medizinhistorischen Museum Ingolstadt begleitete, gedacht. Seit dieser Zeit hatten mich als Medizinerin die in anatomischer Hinsicht spärlichen Deutungsversuche nicht ruhen lassen. Das große Intervall zwischen dem Erscheinungsjahr und dem jetzigen Beitrag ist ohne mein Zutun entstanden. Im Gegensatz zu den leichter interpretierbaren Darstellungen von Extremitäten, Sinnes- und Geschlechtsorganen geben die etruskischen Votive in Form…
Fußspur – Planta pedis[1] 04.05.2022 Die Fußspuren göttlicher Wesen, von denen uns antike Autoren berichten, sind flüchtig und manifestieren sich nur während eines begrenzten Zeitraumes. ἲχνος, ἲχνιον, ἲχνια heißt es griechisch, lateinisch vestigium, vestigia und im Deutschen sind neben „Fußspur“ auch Fußstapfen und Fußabdruck gebräuchlich[2]. Göttliche Fußspuren in antiken schriftlichen Quellen: …da schritt ihm Pallas Athenenun behende voran ; er folgte den Spuren der Göttin – μετ‘ ἲχνια βαῖνε θεοῖο[3]. …schritt sodann, die hehre Göttin Kalypso,ihm [Odysseus] behende voran;…
Wir Ärzt/innen können uns leidtun. Da haben wir geschlagene fünf Jahre studiert, weitere fünf Jahre für eine Spezialisierung daraufgesetzt, und dann kommen die Patienten und wissen alles besser, weil sie längst das Internet, eine Wunderheilerin oder einen Scharlatan befragt haben. Die helfen zwar bisweilen und wer heilt hat Recht, doch hätten die Halb-Informierten gern noch den Segen von uns [Akade]Mikern, unter deren Augen sie dann weiter auf ihren esoterischen Pfaden wandeln. Sei’s drum. Auch in der Antike war dergleichen gang…
15.10.2021 Wer da glaubt, unter diesem Titel verberge sich eine zu Herzen gehende Seifenoper, wird eine herbe Enttäuschung erleben. Es geht nämlich um handfeste Dinge wie antike Nachbildungen menschlicher oder tierischer Herzen, die man den Göttern darbrachte, um für erfahrene Hilfe zu danken oder Beistand in Krankheit und Not zu erbitten. Die Tradition setzt sich in Wallfahrtskirchen fort, wo Bilder und Altäre von Heiligen mit Devotionalien in Form von Herzen und anderen Körperteilen aus Wachs, Holz, Blech oder Kunststoff…
Hilfsmittel zwischen Last und Nutzen – heute und in alter Zeit Kaum etwas anderes ist uns augenblicklich so lästig wie die Maske. Das Wort kommt aus dem Arabischen, Maskharat, und bedeutet Narr, Posse, Scherz. Über das französische Masque und das italienische Maschera gelangte es in die deutsche Sprache, und es überrascht uns kaum, dass der Name für Wimperntusche, Maskara, nichts anderes bedeutet als Possenspiel oder Narrheit. Schauspieler „machen Maske“ wenn sie für den Auftritt hergerichtet werden. Der Schminkraum im…
Böotien und seine Bewohner im Nord-Westen von Attika galten als provinziell, rückständig und bar jeden schöpferischen Impulses[1]. Man sagte ihnen mangelnde Weltoffenheit nach und ließ dabei ganz außer Acht, dass die ersten Kolonisten in West-Griechenland, die Kyme/Cumae in Kampanien, Naxos und Zankle/Messina auf Sizilien gründeten, aus Böotien und von Euböa kamen. Vor allem jedoch ist Böotien die Heimat so bedeutender Schriftsteller- und Dichter-Persönlichkeiten wie Hesiod (vermutlich aus Thespiai), Korinna (Tanagra), Pindar[2] (Kynoskephalai bei Theben) und Plutarch (Cheironeira), sowie großer…
25.08.2021 Belegstellen aus dem Gallischen Krieg (Caes. Gall.) sind im Text durch in Klammern gesetzte römische und arabische Ziffern gekennzeichnet. Auf die einschlägigen Passagen aus der Germania des P. Cornelius Tacitus (Tac. Germ.) wird mit Fußnoten hingewiesen. Wörtliche Zitate aus den Übersetzungen ins Deutsche stehen in Kursivschrift. Die Verfasserin hat versucht, sich möglichst eng an die lateinischen Quellen zu halten. Gallien in seiner Gesamtheit gliedert sich in drei Teile; davon bewohnen einen die Belger, einen anderen die Aquitaner,…
Nicht alles Gold … [1] Hütet euch vor den vergoldeten Kugeln! Alle kennen wir die „vergoldeten Kugeln“, die uns der Teufel auf unseren Weg und mitten zwischen unsere Füße wirft. Davon erzählt uns eine alte Sage aus dem Mutterland des Sports, aus Griechenland: Eine schöne Königstochter ist nur zu gewinnen, wenn sie im Wettlauf besiegt wird. Immer wieder sind trainierte junge Männer mit ihr an den Start getreten. Keiner hat sie besiegt, alle wurden von ihr abgehängt. Wieder…
Eine Erinnerung an Budapest 1988 Die Familie erwartet den älteren Bruder meines Schwiegervaters, Krasznai András, genannt Bandi bácsi, zum Abendessen. Der rüstige 81-Jährige pflegt mit der Straßenbahn via Petöfi-Brücke zu kommen. Die Zeit vergeht, das Essen wird kalt, der sonst immer pünktliche Onkel bleibt aus. Petúr fährt schnell zur Wohnung, er hat ja einen Schlüssel. Alles ist ordentlich abgeschlossen, unauffällig. Petúr sucht die Gegend ab, fragt bei der Polizei. Nichts. Am anderen Tag erneut zur Polizei. Jaaa, da gab es…
Die Inkubation, Heilschlaf, griechisch Enkoimesis, ist eine tragende Säule in der Medizin des antiken Hellas. Der Hilfesuchende hofft auf nächtliche Traumgesichte, in denen ihm die Gottheit erscheint und ihn in den Möglichkeiten zur Linderung der Leibes- und Seelennöte unterweist. Dafür muss sich der Patient gründlich vorbereiten, Enthaltsamkeit üben, kultische Waschungen vornehmen und natürlich Opfer bringen (De Abstinentia II 19, zit. nach Krug 1985, 130). Beim Kommen und Gehen sind Gebühren in einen Tresor, Thesauros, zu entrichten, adressiert z. B. …