Autor: Wilfried Dinter

  • Mondaufgang Nachtbeginn Nachtwirklichkeit
    Erlebniserwachen
    Traumrealität, die einzige Wirklichkeit, ungestört durch Tagesbanalität
    Erkenntnisse im Dunkeln,
    unverfremdet durch Licht-Täuschungen
    Ahnungen gegen Vernunft
    Dämmerung des Fassbaren
    Schöpferische Ruhelosigkeit
    Morgendämmerung, Tagesanbruch, Lichtgleißen
    Erkenntnisende
    Tiefschlaf
    Tagträume

  • Der Tag verglüht im Abendrot;
    Die Sonne sinkt in`s Meer der Nacht
    Mit ihrem eig`nen Leben:
    Wilde Alpträume,

    Sterben und Tod des vergangenen Tages,
    Zeugung und Geburt des neuen Morgens.
    Und wieder Erwachen
     In der dies- oder jenseitigen Welt.

    Kein ewiger Schlaf, kein Schlaf des Vergessens.
    Doch jeder Gedanke, jede Tat bleibt.
    Die Nacht verbleicht in der Morgenröte.
    Ein Kreislauf
    Von Dämmerung zu  Dämmerung, von Sonnenwende zu Sonnenwende.
    Kein Anfang, kein Ende – keine Erlösung?
    Oder schwindet die Bürde im steten Tun?
    Auch im Nichts läuft die Zeit –
    Schwindet die Zeit.
    Wie Spiegelscherben des Daseins leuchten die Sterne.

  • Ich möcht` so gerne einen Schlager schreiben –
    Von Herz und Schmerz und Lust und Leid und so.
    Und anderen und mir die Zeit vertreiben,
    Den Augenblick genießen, unbeschwert und froh.

    Wie oft hat man es schon versucht, dem Ernste zu entfleuchen,
    Emporzusteigen aus dem engen Tal,
    Die Grübeleien wegzuscheuchen,
    Doch stand im Weg der intellektuelle Sündenfall.

    Dort auf dem Berge wohnt das Licht –
    Hinaus aus tiefer, düstrer Enge
    Der Aufstieg nimmt die letzten Kräfte nicht,
    Dort oben tönen and`re Klänge.

    Und neue Kräfte werden frei,
    Sie schaffen uns das Einfach – Wahre.
    Die Grübeleien sind vorbei.
    Es gilt nur noch das Helle, Klare.

    Und also weitet sich der Sinn
    Und heiter kann ich wieder abwärts steigen
    Mit der Erkenntnis: Nicht der Welt entflieh`n –
    Ihr ist nicht nur der Ernst zu eigen!

    Denn ernst ist jede Heiterkeit.
    Ohn` tief`re philosophische Gedanken,
    Nur soviel: Alles kommt zu zweit –
    Die Rose mit der Dornen Ranken.

    Drum möcht` so gern ich einen Schlager schreiben,
    Von Herz und Schmerz und Lust und Leid und so.
    Das eine wie das andere nicht übertreiben –
    So zwischen zappenduster – lichterloh.

  • Wenn der Spiegel der Selbsterkenntnis zerbricht
    Steh`n auf jedem Splitter die Gedanken
    Barfuß auf dem Reif im Eiswald.

    Entgrenzte Freiheit mündet
    In das Meer des freiwilligen Denkverzichtes
    Auf der Woge medialer Datenflut.
    Und der Damm
    Ist die Schere im eigenen Kopf.

    Wenn das Schiff des Geistes am Felsen zerschellt –
    Wer kennt noch die rettende Planke?
    Das ist die Stunde der Wahrheit
    In tausend Netzwerken verstrickt,
    Glückverheißende Community als Fake.

    Suche deine Planke!
    Finde das rettende Ufer!

  • Der kleine Laden war immer freundlich und zuvorkommend.
    Wie die Hefte, Zeitschriften und Tabakwaren.
    Das Besitzerehepaar wohlgeordnet und aufgeräumt.
    Alles an seinem Platz.
    Fachliche Beratung und Dienst am Kunden
    Mehr als geschäftsüblich.
    Von morgens 8 Uhr bis abends 18.30.
     Dazwischen Mittagspause von 12.30 bis 15 Uhr.
    Nach Ladenschluss Verkehrsstau, Mikrowelle, Tagesschau.
    Und Schweigen.
    Zeit für schwarze Reptilien, die an der Seele nagen.
    Nicht eingeplant, steht nicht auf der Agenda.
    Auf der steht:
    Heute ist Fastnacht.
    Geschäft ab 12 Uhr schließen.
    Und dann:
    Juxen und feixen bis 24 Uhr.
    Ach ja:
    Und tanzen.

    Reich mir die knöcherne Hand, mein treuer Gevatter…
    Im schäbigen Hotelzimmer die letzte Flasche billigen Sekt.
    Morgendämmerung auf der Granitmauer.
    Sonnenaufgang.
    Flug in die Freiheit
    In eine neue, ewige Welt
    Nach kosmischer Ordnung.
    Die Menschen legten im Vorübergehen Blumen nieder und sagten:
    „Die waren immer so freundlich und zuvorkommend…“

  • Wenn plötzlich alles anders ist,
    Was ist besonderes daran?
    Wir wissen doch, dass alles fließt,
    Der Zeiten Lauf hält niemals an.

    Aus Sternenstaub zur Erde schwebend
    Erblicken wir das Licht der Welt.
    Behaucht von Odem, sind wir lebend
    Aus den Atomen auf die Erd` gestellt.

    Und plötzlich stehst im Leben drin
    Du armer Tor.
    Wer gibt dir Ziel und Sinn,
    Und wer die Richtung vor?

    Der Weg, den du beschreitest –
    Ist`s Geschick?
    Der Kampf, den du bestreitest –
    Fallen oder Glück?

    Die Zeit verrinnt. Nun ist`s an dir
    Das nächste Glied der Kette neu zu schmieden.
    Was jetzt beginnt, das wissen wir:
    Das ew`ge Räderwerk kennt keinen Frieden.

    Versuch du nur,
    Die Kette zu durchbrechen.
    Es wird verwehen deine Spur,
    Das Fehlen wird sich einstmals rächen.

    Und weiter, weiter, Wand`rer durch die Zeit.
    Was dir begegnet, hat bestimmt dein Los.
    Glück, Unglück, Krankheit, Tod hält es bereit;
    Wer steuert auf dem Strome unser Floß?

    Der Strom wird breiter,
    mündet in das Meer der Ferne.
    Und silbrig-glänzend steigen immer weiter
    Tautropfen auf und werden Staub der Sterne.

  • Keltenschlange –

    Aus kalter Erde keimt dein Leben,

    Erst Drache,

    Dann himmelwärts, beflügelt.

    Zu nah der Sonne,

    Tödlich verbrannt,

    Kehrst du zur Erde zurück

    Und wirst auf`s Neue –

    Wiedergeboren.

  • Sinnsuchend Getrieben,

    Hastiger Stillstand.

    Sonntagsnachmittagstote Straßen,

    lastende Sommereinsamkeit.

    Geraubte Stunde, geschenkte Zeit :

    Fließendes Leben,

    Einssein mit den Naturwesen

    Im Kreis des Ewigen.

  • Frohe Feste

    Geburt – wieviele Fragen über dem neuem Erdenleben?

    Heranreifen – leichter Sinn im Widerstreit mit festen Bahnen.

    Bund fürs Leben – welches Urteil sprechen die Nachgeborenen?

    Das Ende – neues Leben nach den Gesetzen des Ewigen.

  •  

     In meiner Dichterstube sitz` ich hier

    Vor mir ein weißes Blatt Papier.

    Es ruft von innen : „Du sollst schreiben!“

    Doch könnt´ ich dies und jenes treiben,

     Zum Beispiel davon zu berichten,

    Was ich sonst täte – ohne dichten:

    Wie in den nahen Park zu geh`n

    Um Bäum` und Pflanzen zu bestimmen,

     Vor alten Eiben sinnend steh`n,

     Nur weg vom horror vacui, dem schlimmen.

     Und die Gedanken fliegen hin zum Gingko –Baum

    Zur Chamaezyparis, Lawson – Zypresse.

    Der Bärlauch sprießt, man riecht ihn kaum,

    Der Weißdorn hier weckt mein Interesse.

    Als Heilmittel einst hochgeschätzt,

    Wird er nun durch Chemie ersetzt.

    Zurück nun die Gedanken fliegen

    Und sehen das Papier dort liegen.

    Nur ein paar Worte stehen drauf. Zu träge der Gedanken Lauf.

    Gibt es denn wirklich kein Entweichen ?

     Ach ja: Die Gartenbank ist noch zu streichen