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Das geht schon gar nicht (von Klaus Kayser)
Dass der Wähler demonstriert
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Und gewaltig protestiert
Weil der Gewählte ungeniert
Im Nichtstun den Verstand verliert
Und ansonsten nichts passiert. -
„Das Wasser sucht sich seinen Weg“, sagte der Dachdecker, als er die Ursache für die Feuchtigkeit in der Küchenwand herausfinden sollte. Das lag Jahrzehnte zurück. Den Satz allerdings vergaß ich nie.
Es geht um in Kisten verpackte Bücher. Nicht alle Bücher benötigt man ständig. Die man gerade nicht liest, stellt man in Regale, damit sie jederzeit griffbereit sind. So ist es im Allgemeinen und so ist es auch bei mir.
Je mehr Bücher sich bei mir ansammelten, desto voller wurden auch die Regale im Haus. Das führte dazu, dass etliche Bücher, die, von denen ich mich nicht trennen mochte, die aber doch noch weiter für mich und im Allgemeinen von Bedeutung sind, oder sein können, oder vielleicht sein werden, wer trennt sich schon von Büchern, zumal sie so viel beinhalten, einen Verbleib haben mussten.
Für die fortgesetzte Aufbewahrung aller Bücher spricht auch, dass man denen Respekt zollen muss, die sie geschrieben haben, denen, die sie lektoriert haben und Respekt vor dem bedeutenden Inhalt der Werke haben muss, natürlich. Dem Inhalt, einem wesentlichen Bestandteil unseres gemeinsamen kulturellen Erbes, gilt dieser Respekt in erster Linie, das muss betont werden.
Wohin also mit diesen Büchern?
Mit schlechtem Gewissen entfernte ich sie aus meinem akuten Radius und legte sie in Kisten, in sehr gute, in sehr stabile Kisten, in Kisten aus wunderbar fester Pappe. Ich achtete darauf, dass nicht zu viele Bücher in den nicht zu großen Kisten Aufenthalt erhielten, wegen des Gewichtes und wegen der Möglichkeit des fortgesetzt einfachen Zugriffs. Die Kisten lagerte ich in dem gut belüfteten Keller, stapelte sie vorsichtig, so dass ich wusste, welche Inhalte wo waren.
Ich muss gestehen, dass während der Verbringung meiner ausgelagerten Schätze in Kisten mein Herz schwer wurde. Auf keines der Werke mochte ich verzichten. Durfte ich sie so behandeln? Besonders ans Herz waren mir die Enzyklopädien gewachsen. Enzyklopädien, die voluminös und platzgreifend waren und das gesammelte Wissen von Generationen beinhalteten. Da waren Enzyklopädien zum Allgemeinwissen, aber auch vielbändige Werke zu verschiedenen Spezialgebieten wie der Kunst und der Literatur. Ja, die zur Literatur konnte ich nur verkisten, nachdem ich noch einmal mit strengem Blick die Regalsituation in den Arbeitszimmern, in meinem und in dem meines Mannes studiert hatte und wirklich keinen Platz dafür entdeckte. Ich tröstete mich, denn die Auslagerung war ja nicht endgültig. Ich wusste ganz genau, wohin ich die Kisten verbracht hatte und würde einfach Zugriff bekommen, wenn ich das Bedürfnis danach haben würde.
Wir wollen hier keinen Exkurs über die ausufernden Recherchemöglichkeiten im worldwide web unternehmen, da die Kränkung für die wunderbar gedruckten Werke zu groß wäre und auch, weil meine Treulosigkeit zu den Enzyklopädien, indem ich diese elektronische Informationsquelle nutze, mir wirklich unangenehm ist.
Auf diese Weise hatte ich das Bücherproblem gelöst. Kein überwältigend großes Problem, aber immerhin eine Sache, die mich einige Zeit und die passende Aufmerksamkeit gekostet hatte.
Dass es lange regnete, war unübersehbar. Es regnete Tage und Wochen und Monate. So war es. Wir fuhren ein paar Tage fort und kamen erholt zurück, ein wenig durchgeregnet zwar, bis auf die Haut, um genau zu sein, aber daran hatten wir uns gewöhnt. Wir wollten unsere Sachen gerade ausziehen, um sie in die Waschmaschine zu legen, da bemerkten wir den Einbruch.
Es war ein Wassereinbruch. Es waren nicht nur die Flüsse der Stadt randvoll, sondern das Wasser hatte seinen Weg zusätzlich in unseren Keller, in unseren Bücherkeller gefunden.
Es stand da wortlos, klar und kühl und zentimeterhoch herum, still, unbewegt, mit großer Gelassenheit und, so kam es mir vor, sehr selbstbewusst.
Natürlich schöpften wir, bis das Wasser verschwunden war. Es war vom Boden verschwunden, und nun machten wir uns an die Kisten.
Sie waren zentnerschwer geworden und daher absolut unbeweglich, die Kisten. So hatte ich sie nicht hinterlassen. Auch mit ganzer Kraft waren sie nicht zu verrücken. Sie waren in ihrer unteren Hälfte dunkelbraun-schwarz verfärbt, mit Wasser vollgesogen. Bei näherer Betrachtung waren etliche an den Nähten zusätzlich geplatzt, diese ursprünglich so zuverlässigen Kisten.
Beim Öffnen der gerade noch beweglichen, weil einigermaßen trocken gebliebenen Deckel stieß ich auf meine Enzyklopädien. Etwas hatte sich in den Kisten zugetragen. Etwas war geschehen. Dieses Etwas hatte die Veränderung zu verantworten.
Die Bücher waren eine Beziehung mit dem neu erschienenen Wasser eingegangen. Sie hatten sich auf das besonnen, was sie ihrer Natur nach waren. Sie hatten unter Missachtung aller Autoren und Verleger und mit Gleichgültigkeit für die Arbeit der Buchdrucker und Buchbinder im Kontakt mit dem Wasser zu dem zurückgefunden, was sie ihrer Natur nach waren. Sie waren nämlich Zellstoff, sie waren Holz. In der Verbindung mit dem überraschend anrollenden Wasser hatten sie sich auf das glücklichste damit vermischt, eine Hochzeit gefeiert und das neu Hinzugekommene eingesogen, die Druckerschwärze missachtet und ihr Volumen auf das vorteilhafteste vermehrt, sich in eine schwere, ausufernde Papiermasse verwandelt. Mit solcher Begeisterung hatten die Bücher das Wasser aufgesogen, dass sie dabei ihr Volumen vermehrt, stark vermehrt, sehr stark vermehrt hatten, so dass die nun weich gewordenen Kisten dieser enormen Kraft der Masse nichts mehr entgegenzusetzen hatten. Sie waren geborsten. Die Enzyklopädien, deren ehemaliger Inhalt noch auf den gewölbten Buchrücken zu lesen war, konnten von mir höchstens als in sich fest verbackene, blattlose Einzelstücke, als Einzelpakete, als Einzelmassen mit einiger Kraftanstrengung entnommen werden. Nicht weiter verwertbares Wasser entließen sie beim Anheben, damit es andere Bücher beglücken konnte.
Mit den Büchern war es vorbei. Alle Forschungsergebnisse waren unlesbar geworden, das Lektorat war obsolet und auch vom Druck oder gar der Buchbinderei war nichts, aber auch gar nichts übriggeblieben.
Das Wasser hatte die Regie übernommen. Sie war irreversibel. -
(24.12.2023)
Das Krippenspiel der Kinder
endet mit dem beherzten Beifall der Anwesenden
Beim Verlassen der Kirche
stecke ich einen Geldschein in das Körbchen
Brot für die Welt soll es geben
Meine alljährliche Pflicht betrachte ich
als sachgerecht und entlastend erledigt
In Windeseile ist die Tatsache verdrängt
dass die gewählte Regierung
fortlaufend Hunger und Not
nah und fern hervorruft
Zuhause wartet das Weihnachtsmahl -
(25.12.2023)
In die Enge getrieben
verzweifelt
vereinsamt
begrüßen die Entrechteten
ihre Überlebensinstinkte
In goldenen Käfigen gefangen
schwafeln scheinheilig Täter und Mitläufer
von Moral und hehren Werten
und übersehen geflissentlich
ihre gravierende Verantwortung
für die grenzenlose Misere -
(24.12.2023)
Fein fühle ich
meine Augen sich sanft schließend
mein Herz unbeschwert kindlich tanzend
meine Seele federleicht schwebend
Du liegst neben mir -
(26.12.2023)
Der Sumpf stinkt nach Verwesung
verschlingt gierig jeden Lichtstrahl
Und in demselben Moment
bringt er den besten Schlamm
zum Gedeihen neuen Lebens hervor -
Ich demonstriere für dich
Du mein Geliebter
Der du das Wischen
Deines Smart Phone
Der Vernunft geopfert
Dem Glauben überlassen
Mit wirbelnden Wünschen
Im unendlichen Leben
Mich Tanzen lässt.
Lass mich mit dir
Du mein Geliebter
Noch einmal träumen
Die Sternennacht.
Mit dir lass mich schweben
Die Engelzeichen setzen
Die Welten ergründen
In denen meine Liebe
Über dich wacht.
Meide das Nichts, das uns umgibt
Das Chaos, das die Wolken schiebt.
Stehst du am Rande deiner Zeit
Befreie mich und sei bereit
Meine Fesseln, unser Leben
Zu zerbrechen, aufzugeben.
Vergiss Verstand und Freude, Leid
Auf dem Weg zur Ewigkeit.
Umarme mich mit Hoffnung, Glauben
Lass dir vom Nichts nicht alles rauben.
So können wir in jenen Stunden
Selbst Chaos und das Nichts erkunden. -
Ja, es ist mein Leichnam
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Aber nicht meine Leiche.
Von mir weiß ich nicht
Ihr wisst vielleicht von mir
Von meiner Welt in euch
Von meinem Grab. -
Anfang 2010 gab ich der Zeitschrift medintern eine gedrängte Zusammenfassung dessen was man damals über das Syndrom dachte. Sie stand unter dem Titel “Aus der Taufe gehoben: Das Fibromyalgiesyndrom – jetzt eine richtige Krankheit?” (1/2010, 21 f.). Schlaglichtartig referierte ich den Konsens der Fachgesellschaften sowie der S3-Leitlinie, die bis 3/2011 gelten und dann vollständig revidiert werden sollte. Das Krankheitsbild wurde zum Weichteilrheumatismus gezählt. Namhafte Rheumatologen, V. R. Ott und Klaus L. Schmidt, an der Klinik und dem Institut für Physikalische Medizin, Balneologie und Rheumatologie der Universität Gießen in Bad Nauheim[1] hatten mir die notwendige rheumatologische Basis vermittelt. Darauf konnte ich bei den Erfahrungen mit Fibromyalgie-Patientinnen aufbauen. Das Syndrom ging mit großflächigen Schmerzen, die sich über mehrere Körperregionen und einen Zeitraum von über drei Monaten erstreckten, einher. Dazu kamen vegetative Symptome und verschiedene psychische Störungen. Im Gegensatz zu den oft als unerträglich empfundenen Schmerzen waren die Labor- und Röntgenbefunde völlig unauffällig. Medikamentöse Therapieversuche endeten oft enttäuschend. “Polymodale” Konzepte und “multidisziplinäre” Behandlung wurden empfohlen, nicht ohne vor den Gefahren der Polypragmasie zu warnen. Die Patientinnen waren darüber zu informieren, dass ihnen zwar im Rahmen der Fibromyalgie keine Organschäden drohten, ihre Beschwerden aber real und sehr langwierig seien[2]. Eine Patientin wurde geradezu abhängig von meinen lokalanästhetischen Infiltrationen und war nur mit großer Mühe von ihrem beständigen Drängen abzubringen.
Nun berichtet – den Göttern sei Dank! – das Hessische Ärzteblatt 6/2023, 351 vom Paradigmenwechsel bei chronischen Schmerzzuständen…
Die Rede ist von chronischen Schmerzen in mindestens drei oder mehr Körperquadranten (obere/untere/linke/rechte Seite des Körpers; im Achsenskelett Nacken, Rücken, Brust, Bauch) unter Betonung psychischer und sozialer Faktoren. Das Fibromyalgie-Syndrom sei nicht nur aus der Gruppe der rheumatologischen Erkrankungen verschwunden sondern als Begriff im ICD-11 nicht mehr zu finden. Künftig befindet sich das chronische ausgedehnte Schmerzsyndrom bei den primären Schmerzzuständen (MG30.01). Damit werden wir vorläufig leben können, auch mit dem Begriff Körperquadranten. Die Beschreibung dieser Regionen ist jedoch in einer so heillos infantilen Diktion abgefasst (obere/untere/linke/rechte Seite des Körpers) dass ich mich gezwungen sehe, eine Revision des ‘medizinischen’ Sprachgebrauchs zu empfehlen.
[1] Später Kerckhoff-Klinik, Abteilung Rheumatologie.
[2] Da schaute dem erfahrenen Diagnostiker der eigene Zweifel am real existierenden Krankheitsbild aus allen Knopflöchern, Klaus L. Schmidt (Checkliste Rheumatologie, Stuttgart – New York 2000) 368-373 .
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Du Stern Jerusalem
Warum kämpfst du
Gegen das Böse?
Warum folgst du nicht
Deiner Würde?
Es ist doch das Morgen
Aber nicht das Heute
Oder gar das Gestern
Die über Gut und Böse
Entscheiden?
Liegt nicht
Deine Zukunft im Herrn
Und mit ihm
Das Gute und das Böse?
Dir wurde Böses getan
Unmenschlich Böses.
Ja ich weiß.
Aber bedenke
Die Zukunft liegt beim Herrn
Uns ist es nicht erlaubt
Das Böse zu vernichten.
Dann hätten auch wir
Keine Zukunft.
Denn sterben wird stets
Was existiert.
Und schlimmer noch:
Geboren wird wieder
Auf seinen Wurzeln
Was vernichtet wurde.
Dein treuer Knecht Abraham
Wusste um diese, deine Wahrheit
Folgte dem fürchterlichsten Befehl
Deines Gottes
War bereit
Das Leben seines Sohnes
Dir, seinem Herrn zu opfern.
Und dein herrlicher Gott
Sah den Schmerz seines Dieners
Befahl ihm
Die Kehle seines Sohnes
Der Gnade des Herrn
Zu überlassen
Um seiner Würde Willen.
Du Stern Jerusalem
Folge deinem Herrn
Übergib deinen Feinden
Den Bösesten der Bösen
Die Würde deines Herrn.
Und der Herr wird dir zeigen
Wie fruchtbar das Feld
Der bestellten Gnade
Deiner neuen Zukunft ist.
Bild: Frans Beer; Klavier: Julia Berghoff