Tag: Familie

  • (21.01.2024)
    Der Redliche ist dem Schurken ein Gräuel,
    der Demokrat dem Tyrannen ein Ärgernis,
    der Kluge wird vom Dummen gehasst,
    die Hässliche will die Schöne verderben,
    der Unreine die Reine besudeln,
    das Niedere zieht das Höhere hinab,
    die Entropie zeigt immer nach unten –
    wer dort nicht enden will,
    muss lebenslang dagegenhalten.

    All jene Schurken sammeln Mittäter
    und schmieden Allianzen, um wenig später
    gegeneinander in neuer Konstellation
    zu kämpfen voll Hass und voll Hohn –
    die Flurschäden sind exorbitant,
    die Welt vergiftet, verbrannt.

  • (17.01.2024) .
    Mit vielerlei Mass
    kann man ein Leben messen,
    mit der Zahl
    der Kinder, Häuser, Ehen,
    Karriere, Gewinn und Verlust,
    aber auch – ich muss darauf pochen –
    mit der Anzahl von Mittwochen.

    Verachtet mir den Mittwoch nicht!
    So lange man lebt,
    ist immer wieder Mittwoch.
    Am Mittwoch
    hat man schon einiges geschafft
    und vor sich
    noch einige Gelegenheit.
    Am Mittwoch ist
    das Wochenende nicht mehr weit.
    Es gibt Mittwoche
    prall und gefüllt
    und Mittwoche vergeudet,
    was nicht bedeutet,
    dass nicht jene in allen Jahren
    die schönsten und wichtigsten waren.

  • (14.01.2024) 

    Unzählige Male
    kehrten wir heim
    miteinander
    in unser Haus
    kehrten wir heim
    zueinander
    waren uns Heimat
    und wussten doch
    es ist Zwischenhalt
    auf weiter Reise
    und Weiterreise
    jetzt bist du
    weitergereist
    zum letzten Ziel
    wo das Herz Ruhe findet
    wie Augustinus verspricht.

    Augustinus (Conf. 1.1):
    Ruhelos ist unser Herz, bis es ruht in dir.
    Inquietum est cor nostrum donec requiescat in te.

  • (01.01.2024) .
     Das neue Jahr ist jung,
    du aber, du wirst älter
    und du verlierst an Schwung.
    Des Schicksals grosse Kelter
    dreht eine Drehung enger
    und presst mit aller Kraft
    je länger um so strenger
    den nächsten Tropfen Saft.

  • „Das Wasser sucht sich seinen Weg“, sagte der Dachdecker, als er die Ursache für die Feuchtigkeit in der Küchenwand herausfinden sollte. Das lag Jahrzehnte zurück. Den Satz allerdings vergaß ich nie.
    Es geht um in Kisten verpackte Bücher. Nicht alle Bücher benötigt man ständig. Die man gerade nicht liest, stellt man in Regale, damit sie jederzeit griffbereit sind. So ist es im Allgemeinen und so ist es auch bei mir.
    Je mehr Bücher sich bei mir ansammelten, desto voller wurden auch die Regale im Haus. Das führte dazu, dass etliche Bücher, die, von denen ich mich nicht trennen mochte, die aber doch noch weiter für mich und im Allgemeinen von Bedeutung sind, oder sein können, oder vielleicht sein werden, wer trennt sich schon von Büchern, zumal sie so viel beinhalten, einen Verbleib haben mussten.
    Für die fortgesetzte Aufbewahrung aller Bücher spricht auch, dass man denen Respekt zollen muss, die sie geschrieben haben, denen, die sie lektoriert haben und Respekt vor dem bedeutenden Inhalt der Werke haben muss, natürlich. Dem Inhalt, einem wesentlichen Bestandteil unseres gemeinsamen kulturellen Erbes, gilt dieser Respekt in erster Linie, das muss betont werden.
    Wohin also mit diesen Büchern?
    Mit schlechtem Gewissen entfernte ich sie aus meinem akuten Radius und legte sie in Kisten, in sehr gute, in sehr stabile Kisten, in Kisten aus wunderbar fester Pappe. Ich achtete darauf, dass nicht zu viele Bücher in den nicht zu großen Kisten Aufenthalt erhielten, wegen des Gewichtes und wegen der Möglichkeit des fortgesetzt einfachen Zugriffs. Die Kisten lagerte ich in dem gut belüfteten Keller, stapelte sie vorsichtig, so dass ich wusste, welche Inhalte wo waren.
    Ich muss gestehen, dass während der Verbringung meiner ausgelagerten Schätze in Kisten mein Herz schwer wurde. Auf keines der Werke mochte ich verzichten. Durfte ich sie so behandeln? Besonders ans Herz waren mir die Enzyklopädien gewachsen. Enzyklopädien, die voluminös und platzgreifend waren und das gesammelte Wissen von Generationen beinhalteten. Da waren Enzyklopädien zum Allgemeinwissen, aber auch vielbändige Werke zu verschiedenen Spezialgebieten wie der Kunst und der Literatur. Ja, die zur Literatur konnte ich nur verkisten, nachdem ich noch einmal mit strengem Blick die Regalsituation in den Arbeitszimmern, in meinem und in dem meines Mannes studiert hatte und wirklich keinen Platz dafür entdeckte. Ich tröstete mich, denn die Auslagerung war ja nicht endgültig. Ich wusste ganz genau, wohin ich die Kisten verbracht hatte und würde einfach Zugriff bekommen, wenn ich das Bedürfnis danach haben würde.
    Wir wollen hier keinen Exkurs über die ausufernden Recherchemöglichkeiten im worldwide web unternehmen, da die Kränkung für die wunderbar gedruckten Werke zu groß wäre und auch, weil meine Treulosigkeit zu den Enzyklopädien, indem ich diese elektronische Informationsquelle nutze, mir wirklich unangenehm ist.
    Auf diese Weise hatte ich das Bücherproblem gelöst. Kein überwältigend großes Problem, aber immerhin eine Sache, die mich einige Zeit und die passende Aufmerksamkeit gekostet hatte.
    Dass es lange regnete, war unübersehbar. Es regnete Tage und Wochen und Monate. So war es. Wir fuhren ein paar Tage fort und kamen erholt zurück, ein wenig durchgeregnet zwar, bis auf die Haut, um genau zu sein, aber daran hatten wir uns gewöhnt. Wir wollten unsere Sachen gerade ausziehen, um sie in die Waschmaschine zu legen, da bemerkten wir den Einbruch.
    Es war ein Wassereinbruch. Es waren nicht nur die Flüsse der Stadt randvoll, sondern das Wasser hatte seinen Weg zusätzlich in unseren Keller, in unseren Bücherkeller gefunden.
    Es stand da wortlos, klar und kühl und zentimeterhoch herum, still, unbewegt, mit großer Gelassenheit und, so kam es mir vor, sehr selbstbewusst.
    Natürlich schöpften wir, bis das Wasser verschwunden war. Es war vom Boden verschwunden, und nun machten wir uns an die Kisten.
    Sie waren zentnerschwer geworden und daher absolut unbeweglich, die Kisten. So hatte ich sie nicht hinterlassen. Auch mit ganzer Kraft waren sie nicht zu verrücken. Sie waren in ihrer unteren Hälfte dunkelbraun-schwarz verfärbt, mit Wasser vollgesogen. Bei näherer Betrachtung waren etliche an den Nähten zusätzlich geplatzt, diese ursprünglich so zuverlässigen Kisten.
    Beim Öffnen der gerade noch beweglichen, weil einigermaßen trocken gebliebenen Deckel stieß ich auf meine Enzyklopädien. Etwas hatte sich in den Kisten zugetragen. Etwas war geschehen. Dieses Etwas hatte die Veränderung zu verantworten.
    Die Bücher waren eine Beziehung mit dem neu erschienenen Wasser eingegangen. Sie hatten sich auf das besonnen, was sie ihrer Natur nach waren. Sie hatten unter Missachtung aller Autoren und Verleger und mit Gleichgültigkeit für die Arbeit der Buchdrucker und Buchbinder im Kontakt mit dem  Wasser zu dem zurückgefunden, was sie ihrer Natur nach waren. Sie waren nämlich Zellstoff, sie waren Holz. In der Verbindung mit dem überraschend anrollenden Wasser hatten sie sich auf das glücklichste damit vermischt, eine Hochzeit gefeiert und das neu Hinzugekommene eingesogen, die Druckerschwärze missachtet und ihr Volumen auf das vorteilhafteste vermehrt, sich in eine schwere, ausufernde Papiermasse verwandelt. Mit solcher Begeisterung hatten die Bücher das Wasser aufgesogen, dass sie dabei ihr Volumen vermehrt, stark vermehrt, sehr stark vermehrt hatten, so dass die nun weich gewordenen Kisten dieser enormen Kraft der Masse nichts mehr entgegenzusetzen hatten. Sie waren geborsten. Die Enzyklopädien, deren ehemaliger Inhalt noch auf den gewölbten Buchrücken zu lesen war, konnten von mir höchstens als in sich fest verbackene, blattlose Einzelstücke, als Einzelpakete, als Einzelmassen mit einiger Kraftanstrengung entnommen werden. Nicht weiter verwertbares Wasser entließen sie beim Anheben, damit es andere Bücher beglücken konnte.
    Mit den Büchern war es vorbei. Alle Forschungsergebnisse waren unlesbar geworden, das Lektorat war obsolet und auch vom Druck oder gar der Buchbinderei war nichts, aber auch gar nichts übriggeblieben.
    Das Wasser hatte die Regie übernommen. Sie war irreversibel.



  • (24.12.2023)
    Das Krippenspiel der Kinder
    endet mit dem beherzten Beifall der Anwesenden
    Beim Verlassen der Kirche
    stecke ich einen Geldschein in das Körbchen
    Brot für die Welt soll es geben
    Meine alljährliche Pflicht betrachte ich
    als sachgerecht und entlastend erledigt
    In Windeseile ist die Tatsache verdrängt
    dass die gewählte Regierung
    fortlaufend Hunger und Not
    nah und fern hervorruft
    Zuhause wartet das Weihnachtsmahl

  • Ja, es ist mein Leichnam
    Aber nicht meine Leiche.
    Von mir weiß ich nicht
    Ihr wisst vielleicht von mir
    Von meiner Welt in euch
    Von meinem Grab.

    Ich bin euch entrückt
    Versteht ihr mein Gestern
    In eurem heutigen Tun?

    Ist nicht euer Verstand
    Das Werkzeug unseres Schöpfers,
    Die Fehler des Allmächtigen
    Auf Erden zu korrigieren?

    Seid ihr nicht seine Kinder
    Ich seine erlöste Geburt?

    Warum zwingt ihr seine Kinder
    Eure Geburten, zappelnde Frösche
    Zu kühlenden Bädern
    In überfüllten Sardinenbüchsen?

    Ist nicht zu viel
    Der Leichnam des zu gut?
    Der Frosch die Freiheit
    in der Sardinenbüchse?

    Höre, Herr, du Allmächtiger
    Sage mir vom Heute,
    der ich nicht einmal mich weiß
    Warum züchtest du
    Hirnlose Hammel
    Die im Gedenken
    An das Böse von Gestern
    Den Sinn ihres Lebens
    Im Chaos des Morgen
    Verschlafen?

    Warum lässt du
    Das Werkzeug deiner Fehler
    In dümmlich geifernden
    Mächtigen deiner Kinder
    Sinnlos verrosten?

    Sind Angst quakende Frösche
    Nicht auch deine Leichen
    Im Sardinenteich?

  • für meine Enkelkinder
    (23.10.2023)

    Seid im Herbst heiter-hellhörig
    wenn die Brise sich sachte
    die bunten Blätter streichelnd
    durch die Bäume tanzend bewegt
    Sie erzählt den Bäumen genüsslich
    geheimnisvolle Geschichten
    gehört oder selbst erlebt
    auf ihrer langen Reise
    durch Berge, Wälder, Wüsten
    und manches wunderbare Land

    Hört euch diese schönen Geschichten
    gut mit euren Herzensohren an
    Dann habt ihr einen riesigen Schatz
    für eure eigenen Erzählungen
    auch in den langen Winternächten

  • Die Pläne, Ziele und Fantasien
    der mächtigen Großverbrecher
    unserer turbulenten Zeit
    sind in ihren entscheidenden Punkten
    nicht schwer erkennbar

    Diese Banditen fühlen sich vielleicht
    kräftemäßig so im Vorteil
    dass sie ihre Pläne offenlegen
    und dabei dreist
    eine bedrückende Allmacht vortäuschen

    Dieser durchdachte psychologische Schachzug
    dient der gnadenlosen Bekämpfung
    täglich möglicher Widerstände
    und soll bei den Gegnern
    ein lähmendes Gefühl auslösen
    eine Mischung aus Hoffnungs- und Machtlosigkeit
    folgerichtig verbunden mit Depression und Angst

    Allerdings gibt es weltweit
    menschliche Faktoren und andere Gegebenheiten
    die weder von diesen Großverbrechern
    noch von ihren Gegnern
    vollständig berücksichtigt werden können
    Deshalb denke und handle ich
    mit Zuversicht und Lebensfreude
    und betone immer und immer wieder
    dass der Ausgang der gegenwärtigen Misere
    von jedem einzelnen Menschen
    beeinflusst werden kann
    Es kommt auf dich an


  • Für Heidi
    Die Hortensie Annabelle
    braucht deine Unterstützung
    wenn sie die Schönheit trägt

    Die anmutige Kletterrose
    braucht deine Unterstützung
    wenn sie die Wand verziert

    Die Lampionblume
    braucht deine Unterstützung
    wenn sie das Beet beleuchtet

    Und auch ich
    brauche deine Unterstützung
    wenn ich dem Leben huldige