Schlagwort: Gesellschaft

  • Die Insel der Ruhe

     

    Während meines Studiums in Freiburg war ich eine Zeit lang für die Bahnhofsmission tätig. Ich wohnte damals in der Kreuzstraße, so dass ich rasch zu Fuß am Bahnhof war.

    Es war ein Zufall. Ich war auf dem Weg vom Psychologischen Institut in der Innenstadt, wo ich mich für Graphologie interessierte, zur Stühlingerbrücke, die damals noch eine Gusseisenbrücke mit einer schmalen Straße war. Dort sah ich am Ende des Bahnhofsgebäudes das beleuchtete Schild „Bahnhofsmission“. Damals war die Bahnhofsmission nicht am nördlichen Ende am Gleis 1 wie heute, sondern am südlichen Ende des Gebäudes lokalisiert. Neugierig ging ich hin und warf ich einen Blick durch die Tür, da ich mich – unbedarft wie ich war – fragte, was dort missioniert wurde.

    Die zwei Frauen lachten auf meine Frage: „Wir missionieren nicht. Wir helfen Behinderten oder Gestrandeten. Manchmal bieten wir Geängstigten Schutz oder bieten Erschöpften eine Tasse Kaffee an.“

    Ich blickte mich um. Der Raum war kaum größer als meine Studentenbude, ausgestattet mit einem Tisch, Stühlen und einer kleinen Küchenecke mit Spülbecken, Kaffeemaschine und zwei Kochplatten. Mit den Spitzenvorhängen am Fenster zum Bahnsteig und Blumen sowie weißer Decke auf dem Tisch wirkte er gemütlich – eine Insel der Ruhe im lärmenden Treiben des Bahnhofs.

    „Wir suchen vor allem für die Abendstunden eine männliche Person als Hilfe. Hätten Sie nicht Lust mitzumachen? Wir können allerdings nicht viel mehr als 10 DM Taschengeld bieten,“ fragte Johanna freundlich. Der Name stand auf einem Schild auf ihrer Brust. Sie trug ein blau-weiß gestreiftes Kleid mit einer weißen Schürze und auf dem Kopf ein Häubchen mit dem Symbol der Bahnhofsmission. Die zweite hieß Erika und war in Zivil.

    „Am Abend kommen manchmal aggressive Betrunkene zu uns. Da wäre ein Mann hilfreich,“ ergänzte Erika und bot mir eine Tasse Kaffee an. Die freundliche Atmosphäre stimmte mich nachgiebig.

    „Jeden Abend ginge natürlich nicht,“ sagte ich mehr zu mir selbst. Sie fassten dies als Zustimmung auf und vereinbarten sofort einige Termine.

    Die Abende in der Bahnhofsmission waren immer spannend. Frauen suchten Schutz bis zur Abfahrt ihres Zuges. Ein Jugendlicher kam in Panik. Er hatte seine Monatskarte verloren. Wir konnten sie schon leicht abgetreten auf dem Bahnsteig wieder finden. Häufig kamen verwahrloste oder angetrunkene Kerle, die sich finanzielle Hilfe erhofften und dann mit Nachdruck wieder hinaus gebeten werden mussten. Bargeld an Personen zu geben, war ein Tabu bei der Bahnhofsmission.

    An einem Sommerabend saß ein Mann, etwa 40 Jahre alt am Tisch und trank eine Tasse Kaffee. Er wirkte erschöpft und war fast ohne Haare, trug eine graue, schlottrige Freizeithose und ein blaues T-Shirt mit dem Aufdruck „Harvard University“. Er roch, wie wenn er eine Dusche nötig hätte und blickte versonnen vor sich hin.

    „Woher kommen Sie?,“ fragte ich ihn, um ein Gespräch zu beginnen.

    „Aus Heppenheim,“ antwortete er und blickte mich mit seinen großen grauen Augen an, „ich war dort in der Psychiatrie. Sie haben mich gegen meinen Willen festgehalten, die Hunde. Mein Ziel das Kreuz des Südens zu finden habe ich aber nicht aufgegeben. Bei der ersten Gelegenheit bin ich abgehauen, denn ich muss es finden. Hinweise, dass ich bis hierher auf dem richtigen Weg war, gab es immer wieder. Sehen sie dort die Kreuze?“ Er grinste triumphierend und zeigte durch das Fenster auf die Kreuze an der Spitze der beiden Türme der Stühlinger Kirche.

    „Haben Sie Familie?“

    „Ja, eine Frau und eine Tochter, die denken ich sei verrückt. Sie haben mich in die Psychiatrie gebracht.“ Er sprang plötzlich auf und hatte ein Flackern in den Augen, das mich davon abhielt, weitere Fragen zu stellen.

    „Wohin muss ich fahren, um das Kreuz des Südens zu finden?“ fragte er mit unruhigem Blick.

    „Ich denke, Sie müssen weiter nach Basel.“

    Er verließ grußlos den Raum, ohne seinen Kaffee ausgetrunken zu haben.

    Als etwas später zwei Bahnpolizisten vorbeikamen, um sich eine Tasse Kaffee zu genehmigen, erzählten sie, dass der Mann lange unruhig im Bahnhof  auf- und abgegangen sei. Auf Ansprache habe er nicht geantwortet, sondern nur starr vor sich hingeblickt. Daraufhin hätten sie ihn in die hiesige Psychiatrie gebracht.

    Für mich der Höhepunkt meiner Zeit bei der Bahnhofsmission, war die Begleitung eines fünfjährigen Mädchens zu ihrer Tante im D-Zug nach Mönchengladbach. Ich fuhr damals gerne Eisenbahn. Es bedeutete für mich in die Ferne zu reisen, da ich in die Ferien nach England, Schweden oder auch Fischen im Allgäu immer mit der Eisenbahn gefahren war. Das klopfende Geräusch der Schwellen löste in mir eine Reiseunruhe aus. Als wir in unser Abteil kamen, waren die Fensterplätze schon besetzt. Ein graues, voluminöses Ehepaar saß sich gegenüber und blickte uns grimmig an, als wir das Abteil betraten. Dann ignorierten sie uns mit starrem Blick aus dem Fenster, so dass es kaum möglich war auf den Platzkarten zu bestehen. Das Kind war etwas traurig, dass wir an der Tür sitzen mussten. Ich tröstete: „hier können wir auch spielen oder ich lese dir eine Geschichte vor. Wenn wir aus dem Fenster sehen wollen gehen wir auf den Gang. Das ist noch viel schöner, weil man dort das Fenster aufmachen kann.“

    Kaum war der Zug angefahren, packte die graue Frau knisternd ihr Vesperbrot aus und begann zu essen. Eine Minute später folgte ihr der graue Mann. Ein durchdringender Geruch aus Leberwurst und Handkäse füllte das Abteil, so dass wir froh waren im Gang aus dem Fenster sehen zu können, wie die Mama, der Bahnsteig und dann der Bahnhof mit zunehmender Geschwindigkeit verschwanden. Die Fahrt war mit Spielen und Lesen so kurzweilig, dass die Zeit wie im Flug verging und wir das graue Ehepaar und die Halte bis Mönchengladbach kaum wahrnahmen. Dort wartete schon die Tante auf dem Bahnsteig.

    „Das nächste Mal fährst Du wieder mit mir,“ rief das Mädchen fröhlich winkend und schon waren sie in der Menge verschwunden. Ich genehmigte mir einen Blick auf den Bahnhofplatz Mönchengladbachs und entschied mit dem nächsten Zug zurück zu fahren.

    Da meine Zimmerwirtin sehr neugierig war und manchmal, wenn ich abwesend war, Gäste in meinem Zimmer schlafen ließ, wechselte ich die Bude und zog in die Wiehre. Von dort war es mir nicht mehr möglich, abends mal schnell in die Bahnhofsmission zu gehen, so dass ich dies aufgab.

    Copyright Dr. Walter-Uwe Weitbrech

     

  • Beitrag zum BDSÄ-Jahreskongress in Wismar 2018

     

    Männer sind das Haupt der Schöpfung

     

    Ich war gestrandet und fand mich auf einer einsamen Insel wieder. Als ich genauer hinschaute, stellte ich fest, dass sie gar nicht so einsam war. Ich befand mich unter lauter Männern. Das war sehr interessant, sie zu beobachten und ihnen zuzuhören und über sich selbst nachzudenken. Ich bekam Lust, über diese Erlebnisse Geschichten zu schreiben, aber ich fand nur ein kleines Notizheft und einen Bleistiftstummel. Da habe ich mich beschränkt und jeden Tag einen Aphorismus geschrieben.

    Hier ein paar Auszüge aus meiner Sammlung:

    Männer sind das Haupt der Schöpfung,
    Frauen die Krone.

     

    Was sagt ein Mann, wenn er bis zum Hals im Wasser steht?
    Das geht über meinen Verstand.

    Was ist der Unterschied zwischen Männern und Schweinen?
    Schweine verwandeln sich nicht in Männer, wenn sie betrunken sind.

     

    Männer denken immer nur an Sex?
    Nein. Nur wenn sie denken.

    Der Mann überlegt:
    Wenn ich sie umbringe, bin ich in 15 Jahren frei.
    Wenn nicht, habe ich lebenslänglich.

    Allein im Paradies, dachte Adam, bleibt auf die Dauer unbefriedigend.

     

    Am Abend vor der Hochzeit feiert der Mann den Folterabend, ohne es zu merken.

     

    Erst, als er zu ihr zog, fand sie die Kraft zur Trennung.

     

    Angesichts der hohen Scheidungsraten sollten wir uns an Thailand erinnern.
    Dort gelten Männer erst als heiratstauglich, wenn sie 1 1/2 Jahre als Mönch gelebt haben.

     

    Alle Männer sind gleich, zumindest unter Alkohol.

     

    Er hat schon wieder eine neue Frau.
    Kein Wunder. Das sind die Wechseljahre.

    Erst zählte er die Zähne, die ihm ausfielen,
    dann die, die er noch hatte.

     

    Er arbeitete als Vertreter und wusste:
    Staubsaugervertreter verkaufen Staubsauger.
    Versicherungsvertreter verkaufen Versicherungen.
    Es gibt auch Volksvertreter.

    Frauen können fast alles.
    Männer machen fast alles.

    Freiheit:
    Im Drang nach einem Stück persönlicher Freiheit schloss sich Herr. W., verheiratet, ab und zu in sein Badezimmer ein. Einmal brach er sogar den Schlüssel ab.

    Einmal wurde er gefragt:
    Haben Sie ein Zertifikat oder beherrschen Sie Ihr Metier?

    Er dachte, er würde auf schöne Menschen treffen.
    Aber alle sahen so aus wie er.

    Im Alter, stellte er fest, wird nicht alles langsamer.

    Man wird schneller müde, das Vergessen geht auch rascher.

    Meine erste Ehe, dachte er, dauerte vier Jahre, die zweite vierzig. Die war schlimmer.

    Manchmal streiten sich zwei Frauen um einen Mann wie zwei Löwinnen um einen Esel.

    Er trug viel mit sich herum, besonders Geheimnisse.

    Mein erster Mann war gehörlos. Mit ihm konnte ich mich besser unterhalten als mit meinem jetzigen.

    Magnetismus: Wer sich liebt, zieht sich an.
    Und ich dachte immer: aus.

    Sie sagte: Trink, damit du die Vergangenheit vergisst.
    Er antwortete: Ich trinke, um nicht an die Zukunft zu denken.

    Seine Frau lag im Sterben und gab ihm letzte Anweisungen:
    „Bleib nicht allein. In einem Jahr nimmst du Stine.“
    „Nein. Das tue ich dir nicht an. Ich habe schon mit Ida gesprochen.“

    Er aß keine Zunge, weil sie schon in einem Maul war.
    Aber warum aß er Eier?

     

    Trennkost:
    Meine Frau isst in der Küche, ich im Wohnzimmer.

    Was war der erste Mann auf dem Mond?
    Ein guter Anfang.

    Zunehmenden Egoismus erkennt man auch daran,
    dass die Menschen einander weniger häufig einen „Guten Tag“ wünschen,
    allenfalls „Hallo“ sagen oder gar nichts.

    Neulich kam ein dicker Mercedes in unser Dorf und hielt an meinem Gartentor an. Der Fahrer fragte: „Wie heißt das hier?“
    Ich sagte: „Guten Tag.“

    Ein Mann stellte fest:
    Das Leben fährt man im Zickzack.
    Doch am schönsten sind die Kurven.

    Das ist mein Ehering, sagte er. Mit Schmuck hat das nichts zu tun.

     

    Ein Mann gewöhnt sich an alles, sogar an sich selbst.

     

    Es gibt schöne Frauen und gute Weine.
    Auch umgekehrt, aber selten.

    Der Weingeist verwandelt den Mann in Tiere:
    Nach einer Flasche ist er fromm und zahm wie ein Lamm.
    Nach zwei Flaschen ist er lustig wie ein Affe.
    Nach drei Flaschen streitet und brüllt er wie ein Löwe.
    Nach vier Flaschen wälzt er sich und grunzt wie ein Schwein.

    Der Müllersbursche saugte das Blut von Mäusen auf.
    So lernte er das Mausen.

    Sie sagte zu ihm:
    Die Liebe endete, als du mir nicht mehr zuhörtest, wenn ich schwieg.

    Die Strafe für Bigamie: Drei Frauen.

    Frauen können alles ertragen, selbst Männer.

    EHE:  Errare humanum est.

    Er stellte fest, dass es verschiedene Versprechen gibt, zum Beispiel Wahlversprechen, Eheversprechen und richtige.

    Eigentlich komisch: Mir fällt nicht ein einziger Mann ein, der für die Gleichberechtigung der Frau kämpfte.

    Was geschieht, wenn ein Mann sich scheiden lässt?
    Er verliert 90 % seiner Intelligenz.

    Was soll eine Frau tun, wenn ein Mann in ihrem Garten herumhüpft?
    Weiterschießen.

     

    Es gibt zwei Situationen, in denen ein Mann seine Frau nicht versteht: Vor der Ehe und während der Ehe.

    Wir versuchen, ihn von der Küche fernzuhalten.
    Das letzte Mal hat er den Salat anbrennen lassen.

    Disziplin ist die schwierige Fähigkeit,
    dümmer zu erscheinen als der eigene Mann.

    Eine Frau heiratet mangels Erfahrung,
    lässt sich scheiden mangels Geduld,
    heiratet erneut mangels Gedächtnis.

    Für eine Frau ist Schönheit wichtiger als Intelligenz.
    Denn für Männer ist Sehen leichter als Denken.

    Der Nikolaus,
    der Osterhase,
    ein schöner, junger, intelligenter Mann
    und eine Putzfrau steigen gemeinsam in einen Aufzug.
    Wer drückt auf den Knopf?
    Die Putzfrau. Denn die anderen existieren ja gar nicht.

     

    Männer sind wie Heftpflaster.
    Es gibt zwei Sorten: Die eine Sorte hält nicht,
    die andere geht nicht ab.

    Warum haben Männer ein reines Gewissen?
    Weil sie es noch nie benutzt haben.

    Was hat ein Mann, der einen Strohballen hinter sich her zieht?
    Einen externen Speicher.

    Es würden viel mehr Männer weg ziehen,
    wenn sie wüssten, wie man Koffer packt.

    Was ist der Unterschied zwischen Männern und Batterien?
    Batterien haben auch einen positiven Pol.

    Was ist der Unterschied zwischen Männern und Käse?
    Käse reift.

    Was dauert länger, das Bauen eines Schneemannes oder einer Schneefrau?
    Das Bauen eines Schneemannes natürlich. Das Aushöhlen des Kopfes braucht einfach seine Zeit.

    Der Unterschied zwischen Männern und Kindern liegt nur im Preis für ihre Spielsachen.

    Kolumbus war das unvergessliche Beispiel für einen Mann:
    Er wusste nicht, wohin er fuhr.
    Er wusste nicht, wo er war.
    Und er tat es mit dem Geld einer Frau.

    Warum herrscht solch ein Durcheinander?
    Weil Männer die Welt beherrschen.

    Warum lassen Männer, die betrunken nach Hause kommen, ihre Sachen auf dem Boden liegen?
    Weil sie noch drin sind.

    Wie viele Männer braucht man, um ein Zimmer zu tapezieren?
    Kommt darauf an, wie dick man sie in Scheiben schneidet.

    Das Seniorenalter ist der Lebensabschnitt, in dem es einen Mann nicht mehr sonderlich interessiert, wohin seine Frau geht,
    es sei denn, sie will, dass er mitkommt.

    Was sollte man einem Mann schenken, der alles hat?
    Eine Frau, die ihm zeigt, wie es funktioniert.

     

    Das Schlimmste an den meisten Männern ist nicht ihre Unwissenheit,
    sondern dass sie so vieles wissen, was gar nicht stimmt.

    Bildung:
    Ich kann mir nie merken, wann Goethe den Faust gemalt hat.

    Das männliche Gehirn ist wie das Gefängniswesen.
    Es sind immer zu wenige Zellen da.

    Sobald sich ein Mann Ohropax in die Ohren steckt,
    ist an Hohlraumversiegelung zu denken.

    Warum freuen sich Männer, wenn sie ein Puzzle in einem halben Jahr fertig bekommen?
    Weil auf der Packung steht: Zwei bis vier Jahre.

    Sobald ein Mann verkalkt ist, hält er sich für ein Denkmal.

    Es ist bestimmt kein Zufall, dass man als Vogelscheuchen meistens Männer aufstellt.

    Es stimmt nicht, dass verheiratete Frauen länger leben als ledige. Es kommt ihnen nur länger vor.

    Die Frau ist die einzige Beute, die ihrem Jäger auflauert.

    Was haben Wolken und Männer gemeinsam? Wenn sie sich verziehen, kann es noch ein schöner Tag werden.

    Welches ist der schnellste Weg zum Herzen eines Mannes? Durch die Brust mit einem spitzen Messer.

    Was ist ein Mann zwischen zwei Frauen? Eine Bildungslücke.

    Er ruft zur Küche: Bring mal das Bier!
    Sie: Wie heißt das Wort mit den zwei „T“?
    Er: Aber flott.

    Warum kommen nur 10 % aller Männer in den Himmel?
    Wenn alle hinein kommen würden, wäre es ja die Hölle.

     

    Wie nennt man eine Frau, die weiß, wo ihr Mann jeden Abend ist? Eine Witwe.

    Bei Männern ist ein Gehirnschlag ein Schlag ins Leere.

    Der Singular von Lebensgefährte heißt Lebensgefahr.

    Der Reiche: Was denken Sie, wie viele Freunde ich habe? Bei meinem vielen Geld.

    Die Frauen, die den Besseren suchen, finden den Anderen.

    Wenn Männer nur Wasser trinken würden, müssten sie ja verrosten.

    Warum in die Ferne schweifen, sagte er sich. Sieh! Die Gute liegt so nah.

    Eines Nachts sah ich in der Ferne Lichter. Oh, dachte ich, ein Schiff, das mir vielleicht Rettung bringt. Ich ging an den Strand, wo gerade ein Bott mit mehreren Frauen an Bord einlief. Die waren bereit, mich zum Festland mitzunehmen. Nach kurzen Gedankenaustausch wurde mir klar, dass es auch bei den Frauen, genau wie bei den Männern, drei Gruppen gibt:  Die Schönen, die Intelligenten und die Mehrheit.

    Copyright Dr. Jürgen Rogge

  • Eine deutsche Entwicklung

    (19.5.2018)

     

    Als die Beamten
    sich auf Gesetze berufend
    mich ordnungsgemäß abholten
    sagten sie selbstsicher
    Unsere Erkundungen haben ergeben
    dass Sie in der nahen Zukunft
    höchstwahrscheinlich
    eine Straftat begehen werden
    Deshalb werden wir Sie vorbeugend
     in Gewahrsam nehmen
    bis Sie lückenlos
    unsere Vermutungen widerlegen

    ֎֎֎

  • Trichterwinde

    (19.5.2018)

     

    Letztes Jahr liebevoll
    deine Samen gesammelt
    schenkst du mir heute
    Freude und Flügel 

    Werde ich noch
    das Glück haben
    dich im nächsten Jahr
    wieder zu erleben

  • Ärzteschaft

    (6.5.2018)

     

    Den Ärzten in kapitalistischen Gesellschaften
    wird immer wieder vorgeworfen
    den Profit im Sinn zu haben
    Menschen und ihre Nöte
    als Waren zu betrachten
    und zu Handlangern großer Konzerne
    verkommen zu sein 

    Die Frage wird dabei selten gestellt
    wieso gerade diese Berufsgruppe
    gegen die Grundzüge des Systems
    vorgehen soll

    ֎֎֎

  • Rio Marina

    (6.5.2018)

     

    Das Wirkungsfeld der großen Lebenslügen
    und der gefräßigen Gleichgültigkeiten
    verlasse ich für eine Weile
    wandere auf dieser heilsamen Insel
    nehme die Vielfalt der Vergänglichkeit
    die Schönheit der Unvollkommenheit
    und den Reichtum der Einfachheit wahr 

    Gestärkt, gelassen
    bekämpfe ich wieder
    Lebenslügen und Gleichgültigkeiten

  •  

    Untertanen

    (6.5.2018)

     

    Wie der Kuchen entsteht
    was alles dabei auf der Strecke bleibt
    ist nicht bedeutsam
    solange unser Anteil
    erhalten bleibt

    ֎֎֎

  • Das Mittelmeer

    (4.5.2018)

     

    Im malerischen Horizont
    küssen sich Himmel und Meer
    Am Strand
    liegt ein einsamer Schuh
    Der Eintritt ins europäische Paradies
    auf Jahrhunderte langem Elend
    anderer Erdteile gebaut
    ist nicht jedem gestattet

    ֎֎֎

  • Mehrgenerationenhaus

    (3.5.2018)

     

    Vom betörenden Duft angezogen
    entdecke ich Blüten und Früchte
    dicht nebeneinander
    an einem Zitronenbaum
    Fröhlich fange ich an
    mögliche Wohnformen auszumalen

    ֎֎֎

  • Hebamme

    (2.5.2018)

     

    Ihnen vermittelte ich etwas
    wie ein leuchtendes Lavendelfeld:
    Ihr braucht keinen Anführer
    keinen Leiter
    höchstens eine Hebamme
    denn ein Stück Sonne
    trägt jeder von euch
    im Herzen

    ֎֎֎