-
Unsere klugen Vorfahren
unterbrachen zu bestimmten Tageszeiten
durch Beten und Andacht
den Strudel des Alltags
Sie befreiten sich von Lasten
durch Fasten in regelmäßigen Abständen
Ähnliche Rituale pflege ich persönlich
um meine Gedanken und Handlungen
selbstbestimmt gestalten zu können -
In meinem Bekanntenkreis
sind zahlreiche Menschen
die sich als besonders belesen erachten
Sie schreiben und reden wortgewandt
über hehre menschliche Werte
Einige weisen hohe akademische Grade auf
andere haben hervorgehobene gesellschaftliche Stellungen
Allerdings zeigen sie beschämend
eine entscheidende Einschränkung
eine bindende Behinderung
Sie fallen buchstäblich zusammen
wie hörige Klappmesser
wenn es drauf ankommt
von ihrem Rückgrat
Gebrauch zu machen. -
Benutze den Verstand
Wenn du die Zukunft dirigierst
Bewahre dir den Glauben
Wenn du am Ende dich verlierst.
Lass dir ein Zeichen setzen
Für Sonne und für Regen
Dafür und dagegen
Für Frieden und Gewalt.
Nicht bleibt so, wie es ist,
Wie es in die Augen scheint
Was heute dir aus Händen frisst
wird morgen schon dein Feind.
Ein schmaler wilder Kuss
Deines Engels wilde Zeit
Wirft dich in den Lebensfluss
trennt dich vom Tisch der Ewigkeit.
Wellen aus deinem Leben
Graben sich in die Natur
Gischt wird zu deiner Spur
Im Nehmen und im Geben.
Der Tisch bleibt ewig nass
Von deinem Tropfen Zeit.
Das Jenseits aber steht bereit
Und leert das volle Fass. -
Du schöner, seltener Gast!
Wie komme ich heute
zu dieser besonderen Ehre?
Deine Anwesenheit voller Anmut
schenkt mir phantastische Flügel
zum beflügelten Bearbeiten
der niederschmetternden Miseren
Und deine rötlich glänzende Brust
erinnert mich an das Würdigen der Glut
die in jedem Teilchen meines Herzens
zum schöpferischen Aufstehen aufruft
-
Nun stehst du anmutig
in unserem winterlichen Garten
und trägst deine schönste Tracht
die trächtige Nacktheit
Ich umarme dich liebevoll
nehme in jedem deiner Äste
mit allen Sinnen wahr
den belebenden Pulsschlag
dieser unaufhaltsamen Umwandlung
und fühle mich zutiefst glücklich
dich als Vorbild erkannt zu haben -
Wenn Tauperlen
Frauenmantel-Blätter bedecken
und die Sonne deines Lächelns
sich auf diesem weichen Samt spiegelt
strahlt das Glück greifbar -
Du lieblicher Stern!
Beleuchte mir augenblicklich
nicht meine dunklen Seiten
und die meiner Artgenossen
Diese kenne ich allzu gut
Nimm mich auf deiner Reise mit
zu den warmen Lichthainen
wo offenherzige Wesen lichterloh
einen andersartigen Morgen vorbereiten
So kann ich dankend Kraft schöpfen
zum das Leben ehrenden Schöpfen
in der mir noch verbleibenden Zeit -
Auf dieses verlogene Paradies
dessen Fundamente vor vielen Jahrhunderten
durch Verelendung vieler Völker errichtet wurden
könnt ihr nicht freiwillig verzichten
Die Mitschuld eurer Fehler und Versäumnisse
am gegenwärtigen Krieg und Weltelend
könnt ihr beileibe nicht verkraften
Deshalb vergewaltigt ihr das Wirkliche gewaltig
zugunsten einer irrigen Beschreibung der Zustände
fühlt euch dabei befriedigt, berechtigt, auserwählt
und schaufelt so täglich tatkräftig
tiefer und tiefer euer verdientes Grab -
Wenn du kläglich jammerst
die Wolke bedecke dicht die Sonne
so sage ich dir gelassen-gütig
Benutze deine Flügel
ändere deinen Standpunkt
und erblicke dann die Sonnenstrahlen -
Manchmal zeigt es sich
an eiskalten Tagen bei klarer Luft
als weiße Kristallblumen mit feinem Saum
Grashalme grazil umschlingend
oder Hagebutten herrlich bekleidend
als belebender Blumenteppich
das Firmament federleicht erreichend
als glänzende, knorrige Finger
einsame Regenrinnen verzierend
Manchmal erscheint es
als bezaubernde Malereien
am hellblauen Himmelszeit
oder als ein zauberhafter Schleier
über an Gewässern gelegenen Ortschaften
Manchmal ist es das Zeichen
meiner tiefen Liebe
für freie Vögel und gehegte Pflanzen
in unserem kleinen Paradies
Manchmal ist es ein Spiegel
den Fluss des Lebens zeigend
ein tosendes, tiefes Meer
den Mut der Suchenden besingend
oder ein prächtiger Paukenschlag
zum Gehen befähigte Gelähmte aufrüttelnd
In welcher Erscheinung auch immer
bleibt es unser Lebenselixier