Kategorie: Prosa

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    Reading is one of the greatest happiness I have won in my life.  The reading and writing are almost the same creation. The reader builds a kind of a cathedral which the author knocks down in words. With the imagination and knowledge, the reader gives the life to the book. The author wants to take a part of the fame that does belong partially to the reader.

    With the readers experience, intelligence and sensitivity the book lives on again. I praise the reader not for flattering the one who will open my book, but I also praise myself, when I open the books of other writers. Because of this circumstance, my book begins with the words: “Dear Reader”, as an acknowledgment to the readers. I am deeply convinced that there are readers who are in some way in their imagination better than the writers and who can change the insipid books into the lovelier one.

    The Austrian writer Robert Musil (1880-1942) wrote in his essay: “It is not true, that there is a time without masterpieces and no colossal works of art are produced. Nonetheless there is a time, that there are no readers who are able to comprehend those work of arts”.

    Dr. med. André Simon © Copyright

    Übersetzung von Dietrich Weller

    The Reader – Der Leser

    Lesen ist eines der großartigsten Glückserlebnisse, die ich in meinem Leben gewonnen habe. Lesen und Schreiben sind fast der gleiche schöpferische Vorgang. Der Leser erbaut eine Art von Kathedrale, die der Autor mit Worten niederreißt. Mit Vorstellungskraft und Wissen haucht der Leser dem Buch Leben ein. Der Autor will einen Teil des Ruhmes einnehmen, der teilweise dem Leser gehört.

    Mit der Erfahrung, Intelligenz und Einfühlungskraft  des Lesers lebt das Buch weiter. Ich lobe den Leser nicht dafür, dass er dem schmeichelt, der mein Buch aufschlägt, sondern ich lobe auch mich selbst, wenn ich das Buch anderer Autoren aufschlage.

    Aus diesem Grund beginnt mein Buch mit den Worten: „Lieber Leser“ als eine Anerkennung an den Leser. Ich bin fest überzeugt, dass es Leser gibt, die auf eine Art mit ihrer Vorstellungskraft besser sind als die Schriftsteller und fade  Bücher in reizvolle verwandeln können.

    Der österreichische Schriftsteller Robert Musil (1880-1942) schrieb in einem Essay: „Es ist nicht wahr, dass das es eine Zeit gibt ohne Meisterstücke in der keine kolossale Kunstwerke erschaffen werden. Dennoch gibt es eine Zeit, in der es keine Leser gibt, die fähig sind, diese Kunstwerke zu verstehen.“

  • Eine Erinnerung an Budapest 1988

    Die Familie erwartet den älteren Bruder meines Schwiegervaters, Krasznai András, genannt Bandi bácsi, zum Abendessen. Der rüstige 81-Jährige pflegt mit der Straßenbahn via Petöfi-Brücke zu kommen. Die Zeit vergeht, das Essen wird kalt, der sonst immer pünktliche Onkel bleibt aus. Petúr fährt schnell zur Wohnung, er hat ja einen Schlüssel. Alles ist ordentlich abgeschlossen, unauffällig. Petúr sucht die Gegend ab, fragt bei der  Polizei. Nichts. Am anderen Tag erneut zur Polizei. Jaaa, da gab es etwas, aber damit befassen sich die Alliierten. Für Leute, die das nicht gewusst oder vergessen haben: Auch Budapest ist in vier Sektoren geteilt. Also zur Kommandantur. Jaaa, wir haben damit nichts zu tun, das werden die Kollegen erledigt haben. Also dorthin. Jaaa, da gab es einen Unfall. Und wo ist mein Onkel? Leider verstorben. Wo sind dann seine sterblichen Überreste? Davon ist nicht viel geblieben, eine Zeile im Tagesprotokoll. Was wollen Sie denn mit der Leiche?, wird Petúr gefragt. Damit nichts, aber ich bin der Erbe, mein Onkel hat ein Testament zu meinen Gunsten gemacht, hier, bitte schön. Na, das ist kein Problem. Rasch wird die ungarische Justiz angewiesen, einen rechtsgültigen Erbschein auszustellen, Unterschrift, Stempel. Zu Bestattungs-Formalitäten kommt es nicht, ein besonderer Fall. Kosten entstehen der Familie auch nicht, das wird höheren Orts erledigt.

    Jetzt hat Petúr uneingeschränkten Zugang zum Erbe. Sein Vater, Jurist, hatte das Testament seiner Zeit mit unterschrieben. Bandi bácsi setzte offensichtlich großes Vertrauen in seinen Neffen, mit Recht. Nach und nach findet dieser in Büchern, Sport-Trophäen und hinter Bildern versteckt insgesamt 1 Million – na ja, Forint – aber immerhin! Eine wohlhabende Familie war es schon. Zum besseren Verständnis: die Rente eines András Krasznai als altgedientem Gymnasialdirektor betrug damals 1900 Forint im Monat, die Wohnungsmiete belief sich auf 120 Forint, eine Straßenbahn-Monatskarte kostete 20 Forint, ein Liter Benzin 2, 50 Forint.

    Mobiliar und Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind völlig wertlos. In 60 gemeinsamen Jahren haben Bandi bácsi und seine aus begüterter k. und k.- Familie stammende verstorbene Ehefrau alles abgewirtschaftet. Einige Stücke Herend-Porzellan sind ganz geblieben und gelangen zu mir.        

    Was ist nun eigentlich mit dem Onkel passiert? Sickert mit der Zeit etwas durch oder reimen wir es uns zusammen? Ein alliierter Lastwagen hat vermutlich mit überhöhter Geschwindigkeit den Fußgänger so gründlich erfasst, dass nicht einmal ein Beerdigungsinstitut in Hollywood noch etwas hätte ausrichten können. Der Rest ist Schweigen.

  •                                        

    Socrates (469-399 BC) was a Greek philosopher whose way of life, character and  his thoughts exerted a profound influence on ancient and modern philosophy.  One day someone came to see Socrates, and said to him:   „Do you know, what I just heard about your friend?“  

    „One moment,“ Socrates replied, „Before you tell me, I’d like to inquire you with the test of the three sieves. Before telling everything about others, it is good to take the time to filter what you would like to say. The first sieve is the truth. Have you checked if what you tell me is true? “ „No, I’ve just heard of it.“  “So, you don’t know if it’s the truth” said Socrates. “The second sieve is that of goodness. What do you want to tell me about my friend, is it something good?“  „Ah no, in reverse!“

     “So,“ Socrates continued, „You want to tell me bad things about him and you’re not even sure they are true. The third sieve remains, that of utility. Is it helpful for me to know what this friend would have done to me?“ „No, not at all.“

    „So,“ concluded Socrates, „if, what you wanted to tell me is neither true, nor good, nor useful, I prefer not to know; and I advise you to forget it.“                                                                                                                                                                                                             

    Dr. med. André Simon © Copyright

    P.S.

    Never speak negatively of absent colleagues.

    The philosopher Epictetus (c. 50-138 AC) would say humoristically:” So, if anyone should tell you that a particular person has spoken critically of you, just smile and reply: I guess that person doesn’t know all my other faults. Otherwise, he wouldn’t have mentioned only these.”

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Die Lektion des Sokrates

    Sokrates (469-399 vor Chr.) war ein griechischer Philosoph, dessen Lebensweise, Charakter und Gedanken einen tiefgreifenden Einfluss auf die altertümliche und moderne Philosophie ausübte.

    Eines Tages kam jemand zu Sokrates und fragte ihn: „Weißt du, was ich gerade über deinen Freund gehört habe?“

    „Moment mal,“ antwortete Sokrates, bevor du mir das erzählst, möchte ich dich mit den Fragen der drei Siebe prüfen. Bevor du alles über andere erzählst, ist es gut, dir Zeit zu nehmen, um zu filtern, was du erzählen möchtest. Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du geprüft, ob das, was du erzählen willst, wahr ist?“

    „Nein, ich habe davon gehört.“

    „Also weißt du nicht, ob es die Wahrheit ist,“ sagte Sokrates. „Das zweite Sieb heißt Güte. Was du mir über meine Freund erzählen willst, ist das etwas Gutes?“

    „Nein, ganz im Gegenteil!“

    „Also,“ fuhr Sokrates fort, „du willst mir schlechte Dinge über ihn erzählen, und du bist noch nicht einmal sicher, ob sie wahr sind. Das dritte Sieb heißt Nützlichkeit. Ist es hilfreich für mich zu wissen, was dieser Freund mir angetan hätte?“

    „Nein, überhaupt nicht!“

    „Also,“ schloss Sokrates, „wenn das, was du mir erzählen willst, weder wahr noch gut noch nützlich ist, ziehe ich es vor, es nicht zu wissen, und ich rate dir, es zu vergessen.“ 

    PS:

    Sprich nie negativ über abwesende Kollegen und Kolleginnen. Wir sollten mit dem gleichen Ton und mit der gleichen Wortwahl sprechen, die wir in ihrer Anwesenheit benutzen würden.

    Der Philosoph Epiktet (ca. 50-138 nach Chr.) sagt humorvoll: „Wenn jemand dir erzählen sollte, dass eine bestimmte Person kritisch über dich gesprochen hat, lächle einfach und antworte: Ich nehme an, dass diese Person meine anderen Fehler nicht kennt. Sonst hätte sie nur diese erwähnt!“

  • Heute, am 29. Juni 2021 spielt im Achtelfinale Deutschland gegen England im Wembley-Stadion in London.

    Ich bin gespannt, wie das wird: Seit 1966 hat Deutschland gegen England nicht mehr verloren. Deutschland ist allerdings in der aktuellen Europameisterschaft nur mit sehr viel Glück ins Achtelfinale vorgerückt. Die Chancen für England stehen also gut.

    Nach dem verlorenen Spiel von Wembley 1966 habe ich Sabine Nolting, die damals etwa acht Jahre alt war, eine Ohrfeige gegeben. Ich möchte mich heute, 55 Jahre später, dafür entschuldigen.

    Ich hatte nämlich keine Probleme mit Sabine. Noltings wohnten 3 Häuser weiter in unserer Straße. Jochen Nolting war einer meiner Schulkameraden in der Grundschule, wir waren in der dritten Klasse.

    Bis zum Abitur sind wir später zusammen zur Schule gegangen, dann haben wir uns aus den Augen verloren. Jochen kommt auch nicht zu unseren Klassentreffen. Zum Gymnasium bildeten wir zeitweise eine Fahrgemeinschaft, ich durfte in Noltings Mercedes mitfahren – mein Vater fuhr Opel Rekord. Jochens Vater hatte studiert.

    Mein Vater hatte hohen Blutdruck und große Schweißflecken unter den Armen, als Deutschland gegen England spielte. Nach dem Spiel stand es 2 : 2.

    Und dann kam die Nachspielzeit, die Verlängerung, als das sogenannte Wembley-Tor fiel. Wikipedia beschreibt das so:

    Als Wembley-Tor wird im deutschen Fußball ein Lattentreffer bezeichnet, bei dem der Ball von der Unterkante der Torlatte nach unten springt und dabei die Torlinie möglicherweise nicht vollständig überschreitet und anschließend wieder ins Spielfeld springt. Nach derartigen Spielszenen ist es oft umstritten, ob der Ball im Tor war oder nicht. Ist der Ball nachweislich nicht im Tor, handelt es sich dabei um ein Phantomtor.

    Im Speziellen ist damit das derartige Tor der englischen Fußballnationalmannschaft in der Verlängerung des Finales der Fußball-Weltmeisterschaft 1966 gegen Deutschland im Wembley-Stadiongemeint. Das Tor wurde gegeben, obwohl der Ball die Torlinie möglicherweise nicht vollständig überschritten hatte.

    In der 101. Minute überwand Hurst den deutschen Torwart Hans Tilkowski mit einem Schuss aus kurzer Distanz. Der Ball prallte von der Unterkante der Latte auf den Boden auf und wurde dann von dem deutschen Verteidiger Wolfgang Weber übers Tor ins Toraus geköpft. Der Schweizer Schiedsrichter Gottfried Dienst entschied zunächst auf Eckball und erst nach Rücksprache mit dem sowjetischen Linienrichter Tofiq Bəhramov auf „Tor“. 

    Deutschland verlor am Ende 2 :4,

    und nach dem Spiel trafen wir Kinder uns draußen auf der Straße. Es war der 30 Juni 1966.

    Es war sonnig und warm.

    Der zweite Weltkrieg war mehr als 20 Jahre vorbei, aber für meinen Vater war die Sache noch nicht erledigt, war Rußland immer noch der bolschewistische Feind im Osten.

    „Der Russe“ hatte in Wembley dafür gesorgt, daß Deutschland gegen England verloren hatte. Als Sabine Nolting in diesem Kontext sagte, das sei Deutschland recht geschehen, habe ich ihr eine geknallt.

    Aus Mitleid – mit meinem Vater.

    Ich möchte mich heute dafür entschuldigen: Sabine kannte meinen Vater gar nicht, sie meinte vielleicht einfach, der Ball sei hinter der Linie gewesen.

    Und vielleicht hatte sie sogar recht.

    Und ich musste damals noch viel lernen.

    Also: Sorry.

    Und: Schön, dass wir heute den Videobeweis haben.

  • Heyne-Verlag, ISBN 978-3-453-20738-7, 18€, 284 Seiten

    Ein Chirurg (altgriech. Handwerk, Handarbeit) schreibt ein sehr gutes populärwissenschaftliches Buch. – Das ist der erste Satz, der mir bei der Charakterisierung dieses Buchs wichtig erscheint. Er ist auffallend und bemerkenswert, weil es wenige Chirurgen gibt, die gut lesbare und sehr informative Bücher für Nichtwissenschaftler schreiben. Da sind Allgemeinärzte, Kinderärzte, Neurologen, Internisten und Psychiater sehr viel literaturaffiner und schreibfreudiger.

    Ein weiterer Gesichtspunkt, der dieses Buch so lesenswert macht, ist Schäffers pragmatischer und im Praxisalltag so wichtiger Ansatz, auf die psychosomatische Sprache unserer Patienten zu achten. Wenn wir Ärzte ihnen regelmäßig in der Sprechstunde aufmerksam zuhören, erhalten wir durch diese umgangssprachlichen Formulierungen wertvolle Hinweise auf die psychosozialen Hintergründe, die unsere Patienten zu ihren Beschwerden und letztlich zu uns führen. Es wird deutlich, wie sehr der Verdauungstrakt symbolisiert, was wir im übertragenen Sinn im Leben alles zu verdauen haben, was uns reizt, bläht und umtreibt, was uns schwer im Magen liegt, wenn es nicht mehr weitergeht oder wenn wir Schiss haben. Wenn uns die Galle überläuft, weil uns eine Laus über die Leber gelaufen ist, werden wir sauer, und es stößt uns sauer auf.

    Der erfahrene Chirurgie-Professor gliedert sein umfangreiches Buch deshalb logischerweise anhand typischer Alltagsfragen aus der Praxis. Ein paar Beispiele: Was treibt den Magen an? Vom Sodbrennen und verrutschten Magen. Kann der Magen ausleiern? Kann der Magen platzen? Geht Liebe durch den Magen? Wenn der Magen das Sagen hat und durch die Galle zu uns spricht. Magengeschwüre, Magenkrebs und Magentherapien. Und die Frage Wie näht man Butter? macht neugierig auf das Kapitel über die Bauchspeicheldrüse! Vom Magenknurren, Schluckauf und saurem Hering. In dem Kapitel Rettung vor Rundungen? Hilft die Magen-OP? bespricht Schäffer die neue chirurgische Disziplin der bariatrischen Chirurgie, die Übergewichtigen Hilfe zur Gewichtsreduktion verschaffen soll.

    Natürlich spielen Essen und Trinken eine große Rolle in diesem Buch. Schäffer erklärt wichtige und oft unbekannte Fakten, räumt mit typischen Irrtümern auf und gibt wertvolle praktische Tipps für genussvolle, gesunde und bewusste Ernährung. Er ist ehrlich dabei, denn er gesteht schmunzelnd seine Schwäche, in der Hektik des Klinikalltags Gummibärchen zu naschen.

    Viele dramatische Geschichten aus der Klinik, die spannend geschildert werden, zeigen den authentischen Praxisbezug des Buchs und das erzählerische Geschick des Autors.

    Schäffer gibt Antworten auf die Fragen und Konflikte in leicht verstehbarer Sprache. So stelle ich mir vor, dass er in der Sprechstunde seinen Patienten antwortet – sachlich korrekt, wissenschaftlich auf neuestem Stand, sehr informativ und abwägend. Er spricht erfahren, lebensklug und humorvoll mit den Menschen. Wir können ihm beim Lesen zuhören. Hier zeigt sich, dass er auf die zwischenmenschlichen Dinge ebenso achtet wie auf sein hoch spezialisiertes operatives Handwerk. Dieses Buch ist nicht nur für flüssig zu lesen; man kann auch als Arzt einiges daraus lernen.

    Was ist der Unterschied zwischen einem Mediziner und einem Arzt? Ein Mediziner behandelt einen Magenkrebs. Ein Arzt behandelt einen Menschen, der an Magenkrebs leidet.

    Prof. Michael Schäffer ist ein Arzt, der sein Handwerk (im wörtlichen und besten wertschätzenden Sinn gemeint) menschenwürdig ausübt – und überzeugend und unterhaltend darüber schreibt.

    Dr. med. Dietrich Weller, Präsident Bundesverband Deutscher Schriftstellerärzte

  •    Die Inkubation, Heilschlaf, griechisch Enkoimesis, ist eine tragende Säule in der Medizin des antiken Hellas. Der Hilfesuchende hofft auf nächtliche Traumgesichte, in denen ihm die Gottheit erscheint und ihn in den  Möglichkeiten zur Linderung der Leibes- und Seelennöte unterweist.

    Dafür muss sich der Patient gründlich vorbereiten, Enthaltsamkeit üben,  kultische Waschungen vornehmen und natürlich Opfer bringen (De Abstinentia II 19, zit. nach Krug 1985, 130). Beim Kommen und Gehen sind Gebühren in einen Tresor, Thesauros, zu entrichten, adressiert z. B.  an Asklepios und Apollon bzw. deren Priester.

        Aufschlussreich für die Gepflogenheiten der Letzteren ist ein Bericht in  Aristophanes‘ Komödie „Plutos“. Nachdem dieser im Meer gebadet hat, begibt er sich mit seinen Begleitern in den heiligen Bezirk des Asklepieions von Athen[1], wo die Opfer, Honigkuchen und anderes Backwerk, am Altar deponiert werden. Dann legt er sich mit seinen Begleitern dort in der Nähe nieder. Sie werden von den Tempelaufsehern, die das Licht löschen, zur Ruhe aufgefordert. Doch statt zu schlafen beobachten sie, wie der Priester alle nahrhaften Gaben einsammelt und in seinen Sack steckt[2]. Diese einträgliche Gewohnheit ging nach der Einführung des Christentums natürlich nicht verloren. Der Bischof Tychon aus Zypern berichtet im 5. Jh. u. Z., dass die Eltern eines taubstummen Knaben Tage und Stunden in der Kirche eines Heiligen verbrachten, „auf dem Boden schliefen, fasteten und Tränen vergossen“ (Chr. Markschies, Heil und Heilung in der Spätantike, in: Wunderheilungen in der Antike. Von Asklepios zu Felix Medicus, Oberhausen 2006, 17-23). Auch die Opferpraxis ist ungebrochen, denken wir nur an Goethes Mephisto im Faust:

    die Kirche hat einen guten Magen, hat ganze Länder aufgefressen
    und doch sich niemals übergessen.
    Die Kirch` allein, ihr guten Fraun,
    kann ungerechtes Gut verdaun.

        Während des rituellen Mahles im Heiligtum werden die geopferten Tiere, oft sind es Widder, verzehrt. Das Fleisch darf den heiligen Bezirk nicht verlassen. Auch Votivgaben wie Statuen, Reliefs und kleine Figuren aus Bronze oder Terrakotta verbleiben als immerwährendes Eigentum der Gottheit im Heiligtum (Strabon 8 6, 15; 14 2, 19; Plin. n. 29, 4).

        Wie aus den antiken Schriften hervorgeht, legten sich die Bittflehenden zum Heilschlaf auf den Boden, der höchstens von einer Strohmatte oder einem Fell bedeckt war. Man glaubte nämlich, dass die Erde während des Schlafs Kräfte freisetze, weshalb man „ipsi terrae incubatum est“, sich auf die Erde selbst niederlegte (L. Deubner, De incubatione, Diss. Giessen 1891. Eur. Hec. 70 ff.). Im Gegensatz dazu stellt die antike Bildkunst die Kranken gewöhnlich auf einem bequemen Bett, einer Kline, dar.

         

     Abb. 1: Weihrelief an Asklepios. Aus dem Piräus, Anf. 4. Jh. v. Chr.  
    Aufnahme der Verfasserin

        In Abb. 1 ist der am Kopfende stehende Gott gerade dabei, ‚Hand an die Patientin zu legen‘.

        Von Weihreliefs und Heilinschriften kennen wir den Gebrauch tragbarer Betten (Abb. 2). Demosthenes von X., gelähmt an den Beinen. Dieser kam in das Heiligtum auf einer Bahre und ging auf Stöcke gestützt herum. Als er sich im Heilraum zum Schlaf gelegt, sah er ein Gesicht: er träumte, der Gott verordne ihm, vier Monate im Heiligtum zu bleiben…Hierauf kam er…, als er an den letzten Tagen mit zwei Stöcken in den Heilraum hineingegangen war, gesund heraus (Iama C 64)[3].

       Oft brachten die Kranken Diener und Lasttiere für den Gepäck-Transport mit. Iama C 45[4]: Melissa kam mit einem Geschwür an der Hand. Als die Diener das Lager für die Frau von dem Saumtier abluden, nistete sich eine Viper…ein und kroch in die Laubfüllung der Matratze; als nun Melissa sich darauf legte, öffnet sie [die Schlange] durch  einen Biss das Geschwür an der Hand und darauf wurde sie gesund.

                      

     Abb. 2: Weihrelief, Chalkidiki, 1. Hälfte 4. Jh. v. Chr.
    Abguss Erlangen. Aufnahme der Verfasserin

       Dem Tempel gegenüber ist der Ort, wo die den Gott um Hilfe Bittenden schlafen (Paus. II 27.2) nämlich die Inkubationsräume, griechisch Enkoimeterien oder Abata (= die Unbetretbaren). In Epidauros fanden sich bei einer lang gestreckten Halle im Nordwesten des inneren Bezirks steinerne Stelen mit Heilinschriften, Iamata. Darauf… sind die Namen von Männern und Frauen verzeichnet, die von Asklepios geheilt wurden, und dazu die Krankheit, an der jeder litt, und wie er geheilt wurde (Paus. II 27, 3). Die Buchstabenform weist in die zweite Hälfte des 4. Jh. v. Chr.[5]

        An die Halle schließt das Bad des Asklepios an (Paus. II 27, 6) das der kultischen Reinigung vor dem Betreten der Heilräume dient.

        Eine außergewöhnliche Terrakottafigur (Abb. 3) aus dem Asklepieion von Nora/Sardinien zeigt einen von der heiligen Schlange umwundenen nackten Jüngling im therapeutischen Schlaf.                          

     Abb. 3:  Schlafender Jüngling, 2. Jh. v. Chr. 
    Nach Bernardini – Santoni – Tronchetti 2016, 109 Abb. 166

        Manche Patienten sind den euphemistischen Heilinschriften gegenüber skeptisch und müssen sich zunächst eines Besseren belehren lassen, wie wir z. B. aus Iama A 3[6] erfahren: Ein Mann, der die Finger der Hand nicht rühren konnte bis auf einen, kam zu dem Gott als Bittfleher. Als er die Weihetafeln in dem Heiligtum sah, war er ungläubig gegen die Heilungen und machte sich über die Aufschriften lustig. Als er im Heilraum schlief,  träumte ihm…es sei…der Gott erschienen und ihm auf die Finger gesprungen und habe ihm die Finger ausgestreckt…als es Tag geworden, kam er gesund heraus.

        Die Inkubation fand im Tempelbezirk statt[7], doch in der übrigen Zeit hielten die Heilung-Suchenden sich außerhalb des Temenos auf, etwa an Orten der Zerstreuung wie in den Theatern (Epidauros, Pergamon u. a.) bzw. in Herbergen mit fest installierten Klinen. Arzthäuser verfügten über Ordinationsräume, Iatreia, in denen möglicherweise kurzfristig auch „stationär“ behandelt wurde[8]. Jedenfalls – so berichtet Plinius – soll die Heilkunde getreu nach der von Hippokrates eingeführten Weise, die wir „die klinische nennen“ ausgeübt worden sein [9].

    Zusätzliche Literatur und Bildnachweis:

    P. Bernardini – V. Santoni – C. Tronchetti, Il Museo Archeologico Nazionale di Cagliari (Sassari 2016)    Abb. 3

    A. Burford, The Greek Temple Builders at Epidauros (Liverpool 1969)

    E. J. und L. Edelstein, Asclepius. A Collection and Interpretation of the Testimonies (Baltimore 1945)

    K.-V. von Eickstedt, Das Asklepieion im Piräus (Athen 2001)

    G. Harig, Zum Problem „Krankenhaus“ in der Antike, Klio 53, 1971, 179-195.

    R. Herzog, Die Wunderheilungen von Epidauros. Ein Beitrag zur Geschichte der Medizin und Religion (Leipzig 1931) 

    E. Holländer, Plastik und Medizin (Stuttgart 1912)

    A. Krug, Heilkunst und Heilkult (München 1985)

    Th. Schnalke, Asklepios. Heilgott und Heilkult. Ausstellungskatalog Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg 12. Juli- 30. September 1990  (Nürnberg 1990)

    W. Wamser-Krasznai, Wie man sich bettet…Lager und Lagern in antiken Heil-Heiligtümern, in: Les Études classiques 80 (Namur 2012) 55-72

    G. Welter, Troizen und  Kalaureia (Berlin 1941)


    [1] Außer dem Stadtheiligtum in Athen gibt es „das andere im Piräus“ (Scholia in Aristophanum, Ad Plutum, 621, T. 722), E. J. und L. Edelstein, Asclepius (ND 1975) Band I, 212-218, 375-377.

    [2] Aristoph. Plut. 655-683.

    [3] Herzog 1931, 33.

    [4] Herzog 1931, 27.

    [5] Herzog 1931, 2 und 6.

    [6] Herzog 1931, 9-10.

    [7] s. dazu Harig 1971, 182.

    [8] Galen, De antidotis I. 2. XIV,7, s. Harig 1971, 185 f. Anm. 41.

    [9] Nach dem Brand des Asklepiostempels auf Kos: „instituisse medicinam hanc, quae clinice vocatur“, Plin. nat. 29, 1 (2), 4, E. J. und L. Edelstein 1945, 401-402, Nr. 795. Hygin, Fabulae 274,9, E. J. und L. Edelstein 1945, 186, Nr. 360. Habig 1971, 180 und 182.

  • Vorbemerkung
    Durch einen Anruf von Helga Thomas erfuhr ich von dem Tod unserer Kollegin Pauline Abt am 01. Mai 2021. Helga hatte einen intensiven schriftlichen Nachruf von Frau Abts Tochter, Frau Dr. Dorothea Zitzmann, erhalten. Da ich Pauline Abt nur ganz am Anfang meiner BDSÄ-Mitgliedschaft (also Ende des vergangenen Jahrhunderts!) einmal persönlich getroffen und später nur vereinzelt telefonisch gesprochen hatte, und Helga einen dauerhafte und freundschaftliche Beziehung zu Frau Abt gepflegt hatte, schlug ich vor, dass Helga einen Nachruf für unsere Homepage schreibt. Sie war damit gern einverstanden, schrieb sofort einen liebevollen und freundschaftlichen Brief und schlug ihrerseits vor, dass wir Frau Zitzmanns Nachruf ebenfalls veröffentlichen. Da Frau Zitzmann freundlicherweise diesen Nachruf mit den Bildern jetzt zur Verfügung gestellt hat, will ich gern die Wünsche erfüllen und hoffe, dass wir hiermit Pauline Abt einen letzten respektvollen und freundlichen Dienst erweisen und uns angemessen für ihre Jahrzehnte lange Mitgliedschaft und ihre Beiträge zu unserem Verband bedanken.

    Dietrich Weller

     

     

    Dr. med. Pauline Theresia Abt, geb. Rauch

    Geboren am 13. November 1922 in Göppingen
    gestorben am 1. Mai 2021 in Burgheim

    Meine Mutter, Frau Dr. Pauline Theresia Abt, geborene Rauch, kam am 13. November 1922 in Göppingen zur Welt. Sie war die Tochter von Franz–Josef Rauch und seiner Ehefrau Dorothea. Er war Bahninspektor in Göppingen, zog aber 1924 zurück in seinen Heimatort Berg bei Friedrichshafen, wo noch mehrere Geschwister lebten. Johann, der älteste Bruder führte ein Café in Berg. Er konnte besonders gut malen und hat die Brandmalereien auf der Vertäfelung im Berger Häuschen angefertigt. Sohn Hermann bekam die Mühle, Sohn Wilhelm das Sägewerk.

    Die Mutter, Dorothea, war das 17. und letzte Kind ihrer Eltern, sie hatte eine Hauswirtschaftsschule besucht.
    Die Kindheit meiner Mutter muss sehr glücklich gewesen sein, wie sie auch in ihrem Buch „Der Fritzle, der Hermann und ich“ beschreibt. Sie war ein umhegtes und geliebtes Einzelkind, durfte ihren Vater auf der Jagd begleiten und mit ihrer Mutter Kastanienbier brauen.
    Alles änderte sich, als ihr Vater an einem Nasenkarzinom erkrankte. Im Frühjahr 1933 verstarb er schließlich, tief betrauert von seiner Frau, die zeitlebens nur noch schwarze Kleidung trug, und seiner Tochter.
    Pauline machte 1942 ihr Abitur in Friedrichshafen. Sie wollte Medizin studieren, musste aber zuvor den Reichsarbeitsdienst absolvieren. Danach hoffte sie nach Hause zu kommen, wurde aber noch zum Kriegshilfsdienst eingezogen. Sie arbeitete als Straßenbahnschaffnerin in Heilbronn. In ihrem Heimaturlaub zu Weihnachten wurde sie von einem Hund gebissen und musste nicht wieder zu ihrem Dienst erscheinen, was sie später als ihr großes Glück bezeichnete, da viele Mädchen zum Funkdienst abkommandiert wurden und aus dem Krieg nicht wiederkamen.
    1943 bekam sie einen Studienplatz in München und bezog ein kleines Zimmer in der Heßstraße. Im Sommer 1944 wurde sie bei einem Bombenangriff verschüttet, ihr Zimmer bestand nur noch aus rauchenden Trümmern. Aber sie konnte bei einem Bekannten und seiner Schwester unterkommen und ihr Studium beenden. Während des Studiums lernte sie auch ihren zukünftigen Mann Rudolf Abt aus Burgheim kennen.
    Nach dem Krieg aber musste sie zunächst ihre Assistenzarztzeit absolvieren. Sie tat dies in Markdorf bei Friedrichshafen. Dort lernte sie zwei tüchtige Frauen kennen, „Prezele“, zeitlebens ihre Freundin, und „Käthchen“, die mit ihr nach Burgheim zog und als Haushälterin die Familie versorgte.   1954 schließlich heiratete sie Dr. Rudolf Abt und zog zu ihm

    nach Burgheim.
    Pauline und Rudolf bekamen zwei Kinder, meinen Bruder Andreas und mich, die  nach ihrer Großmutter benannt wurde. 1960 bekam meine Mutter die Kassenzulassung und baute ihre eigene Praxis auf. Sie war mit Leib und Seele Ärztin, liebte es, ihre Patienten nicht nur in medizinischen, sondern  in allen Lebensfragen zu beraten. Ihre Patienten dankten es ihr mit großer Treue, Anhänglichkeit und Respekt. Ich glaube, dass meine Eltern ein sehr erfülltes, glückliches Leben führten. Oft waren Freunde bei uns zu Besuch, meine Eltern bereisten zusammen viele Länder der Welt und konnten, trotz starker beruflicher Anspannung, auch ihren Alltag genießen.
    In den siebziger Jahren begann sich meine Mutter für den Umweltschutz zu interessieren und leitete einige Zeit den Bund Naturschutz in Neuburg. Sie interessierte sich zeitlebens für Flora und Fauna, liebte Tiere und hatte großes Wissen über die heimische Pflanzen-und Tierwelt. Schützenswerte Gebiete versuchte sie durch Anpachtung vor der Zerstörung zu bewahren. Für ihre Verdienste erhielt sie noch im Herbst 2020 in München den Bayerischen Umweltpreis verliehen. Sie hat diesen  Tag sehr genossen,.

    1989 übergab sie ihre Praxis an mich und meinen Ehemann Sebastian. Noch in den Folgejahren unterstützte sie uns bei Erkrankungen der Kinder oder sonstigen Notfällen immer gerne und mit großem Engagement in der Praxis. Auch für unsere Kinder war sie stets eine liebevolle und fantasievolle Großmutter, die sich viel Zeit für sie nahm.
    Einen tiefen Einschnitt in ihrem Leben bedeutet der Tod meines Vaters im Jahre 1997. Lange Zeit zog sie sich völlig zurück. Sie beendete ihre Tätigkeit im Pfarrgemeinderat, und ihre schriftlichen Beiträge für das Pfarrblatt wurden eingestellt. Nur ihre Kurzbeiträge für den „Burgheimer Zwoaring“ schrieb sie weiter.

    Allmählich begann sie, sich ein neues Leben ohne ihren Ehemann aufzubauen. Sie trat dem Kreis der Neuburger Lyrikerinnen bei und schloss dort intensive neue Freundschaften, sie schrieb etliche Bücher, Gedichte, Kindheitserinnerungen und Märchen.
    Bis ins hohe Alter war sie stets an anderen Menschen interessiert und nahmen regen Anteil an ihren Sorgen und Nöten. Ihre Ratschläge waren stets gefragt und jeden Abend telefonierte sie ausgiebig mit der einen oder anderen Freundin. Auch schrieb sie sehr gerne liebevolle Briefe.
    Sie konnte bis vier Wochen vor ihrem Tod alleine in ihrer Wohnung leben, unterstützt von ihren Kindern und Freundinnen.
    Am Karfreitag März 2021 erlitt sie einen Sturz, infolge dessen sie ins Krankenhaus  eingeliefert werden musste. Dort erlitt sie am Ostersonntag einen Schlaganfall mit linksseitiger Lähmung. Sie erholte sich zunächst wieder etwas und wurde im Pflegeheim Straß liebevoll versorgt. Am 1. Mai 2021 verstarb sie am frühen Morgen, nachdem sich ihr Zustand deutlich verschlechtert hatte. „Ich nehme alles an, was auch kommt“, sagte sie noch im Krankenhaus zu mir. Ihr offenes, liebevolles Wesen und ihr kluger Rat werden uns fehlen!

    Dr. Dorothea Zitzmann

    Jetzt folgt der Brief von Helga Thomas an Pauline Abt.

    Liebe Pauline

    Das ist der erste Brief von mir an Dich, den Du nicht in Händen halten wirst. Aber ich bin davon überzeugt, Du kannst ihn trotzdem lesen. Das war eines unserer Themen; der Kontakt mit Verstorbenen, durch unsere Erinnerung, in uns, in unserem Unbewussten; sind sie dort oder ist das der Zugang zur realen Welt der Toten? Wir haben die Antworten offen gelassen und meinten, wir müssten da sehr wachsam sein und genau beobachten.
    Sicherlich ist jetzt der Brief, wenn ich mit Dir rede, mehr mit Deinem Bild, was ich von Dir in mir trage, aber es ist vielleicht die Brücke für die Zukunft. Gestern kam mir die Idee, dass ich Dir den Brief schreiben muss. Gestern, 8. Mai, Kriegsende, Kapitulation, in der SBZ nannten sie es den Tag der Befreiung. Ich glaubte beides nicht als Kind, ich war davon überzeugt, der Krieg geht immer noch weiter.
    Das ist eines der Themen, über die wir fast kaum geredet haben, Du hast nur meine Erzählungen, die Erinnerungen aus der Zeit sehr einfühlsam und sehr schön gefunden und meintest, das sei gut für meine Enkelkinder. Damals hatte ich noch keine, da waren sie noch in weiter Ferne.
    Wie fing unsere Beziehung an? Du, ich weiß es nicht. Das ist etwas, was ich Dich auch immer noch fragen wollte. Ich weiß, von Anfang an, als ich in den BDSÄ eintrat, warst Du und Deine Freundin da, die so schöne Skulpturen machte. Ich mochte euch beide, aber ich wollte euch in eurem Beisammensein nicht stören. Wahrscheinlich habt ihr´s gemerkt, denn immer dann, wenn wir eh zu mehreren waren, hattet ihr unauffällig mir einen Platz freigehalten. Das war Deine empathische, feinfühlende, im Hintergrund wirkende Art; die war so wohltuend in unserer lauten Zeit, in der oft Effekthascherei wichtiger ist als echtes Gefühl. Du hast mir unauffällig den Rücken gestärkt. Wie das so ist bei Lesungen, gibt es immer Leute, die begeistert von einem sind, ob die Sachen nun gut sind oder nicht; andere, die neutral bleiben, oft noch das beste Publikum; und wieder andere, die zeigen wollen, dass sie gute Lehrer sind, die einen belehrten oder Ja-aber sagten und Warum-nicht usw. usf. Mich störte das, mich verunsicherte das, aber andererseits war ich über jede Kritik froh, und wer sagte mir, dass der andere recht hat?
    Da kamst Du und meintest, warum ich mich denn so verunsichern lasse, wir hätten doch oft genug über schöpferische Prozesse geredet, und so wie ich schreibe, sei das doch sehr mütterlich. Heute denke ich, ja, Du hast von Dir gesprochen. Bevor ich ein Gedicht niederschreibe, ist es lange in mir gewachsen, manchmal parallel zu anderen. Und irgendwann einmal kann ich sie aufschreiben, und dann kann ich auch geringfügige Verbesserungen vornehmen, aber eigentlich ist es fertig. Und Du meintest, das ist eben das Zeichen, dass das Gedicht mein Kind ist; ich gehe mit ihm schwanger, und dann lasse ich es in die Welt, aber ich muss es weiter beschützen. Und als mal jemand kam von unseren Teilnehmern, der inzwischen auch nicht mehr unter den Lebenden ist, und einige Kritik äußerte und warum fragte, meinte Pauline, ganz schnell sich dazwischen schaltend: weil sie es so mag! Außerdem mag ich das Gedicht auch so, und das weiß die Helga. Und damit war das Thema erledigt.
    Ich versuch mich zu erinnern, welche von Deinen Sachen mir besonders gefallen haben, es war doch sehr vieles. Und das Viele hat jetzt etwas wie einen tragfähigen Teppich geschaffen; einen Teppich, der nicht nur von unten her wärmt und den Boden bedeckt, sondern der einen auch durch die Lüfte tragen kann. Irgendwann war ich so eingespannt, dass es nicht viel Zeit neben den Treffen für private Kontakte gab, auch weil die Arbeit in Bulgarien mich forderte, aber dann änderte es sich wieder. Und irgendwann kamst Du nicht. Und dann kam Deine E-mail, dass Du eigentlich austreten wolltest, worauf ich ganz bestürzt war und Schuldgefühle hatte, weil ich dachte, ich hätte doch längst Dir mal schreiben müssen und fragen, wie es Dir geht. (Damals waren wir noch per Sie, ich weiß auch das nicht mehr, wann wir zum Du übergegangen sind, ich glaube das war irgendwann mal ganz automatisch, ohne Feier, ohne Brüderschaft, einfach so: Pauline und Helga.) Und dann hattest Du aber überlegt, dass unser Verband das Geld vielleicht brauchen könnte, und Du bleibst drin. Und das fand ich so toll, dass ich Dir gleich ganz spontan schreiben musste. Und dann entwickelten sich diverse Gespräche, per Telefon, per Brief. Und ich hatte die Idee, beim nächsten Treffen solltest Du unbedingt Texte von Dir auswählen und einreichen – ich würde sie dann für Dich vorlesen. Ich weiß nicht mehr, warum es nicht dazu kam. Kam dann Deine Krankheit dazwischen? Oder war da schon der Lockdown? Ich weiß es nicht mehr.
    Deine Krankheit war erschreckend, aber es war bewundernswert, wie Du damit umgingst. Du teiltest mir mit, dass man ein kleines Mamakarzinom entdeckt hat, dass Du aber jetzt in dem Alter bist, dass Du denkst, es ist besser, nichts mehr zu machen; ich soll das nur zur Kenntnis nehmen und mich nicht wundern, wenn ich vielleicht mal keine Post mehr bekomme. Das hat mich natürlich sehr erschreckt, aber ich konnte ja schreiben.
    Aber wie gesagt, irgendwann kam der Lockdown, und da ging es mir sehr schlecht. Und das war ein Grund, warum ich Dir zwar noch schrieb, aber Dich nicht anrief. Wenn Du mich dann liebevoll fragst, wie es mir geht und ich auch ohne technische Hilfsmittel Deinen liebevollen Blick aus Deinen warmen Augen auf mir ruhen fühle, dann wusste ich, dann kann ich mich nicht mehr beherrschen, da muss ich weinen und muss dir klagen, was mir nicht gut geht; und dir gings doch schlechter! ich musste doch schließlich Rücksicht auf Dich nehmen.
    Und irgendwann wuchs ein neuer Gedanke in mir, was unsere Beziehung betraf. Es betraf nicht nur Dich, es betraf auch eine befreundete Kollegin in Bayern und eine junge Kollegin in Österreich, die sehr tapfer kämpft gegen die Vorurteile mancher Analytiker. Ich entschloss mich, irgendwann muss der Lockdown zu Ende sein, und dann reise ich! Ich mache eine Rundreise: zu Dir, nach München, bzw. an den Starnberger See und nach Wien. Ich wusste nur noch nicht welche Reihenfolge und in welcher Zeit. Ich teilte Dir das nie mit, weil ich Dir keinen Zeitpunkt sagen konnte und weil ich ja auch noch nicht so sicher war, ob Dich das wirklich freuen würde, ob Du nicht erschrecken wirst und Dich vielleicht als Gastgeber verpflichtet fühlst, obwohl ich dann sicher war, dass das dann doch nicht der Fall ist.
    Ja, das ist etwas, was ich Dir sehr gerne hatte sagen wollen, und dazu ist es nun nicht gekommen. Es ist aber nicht nur Dein Weggang, dass es jetzt nicht dazu kam, sondern immer noch dieser verdammte Lockdown.
    Du hast auch mit Deiner ruhigen, mütterlich-freundlichen und doch sehr klugen Art manchmal Streithähne auseinander gebracht, ohne dass Du billige Kompromisse vorgeschlagen hast. Du hast die Meinung eines anderen respektiert, aber hast ihm trotzdem die eigenen Grenzen aufgezeigt, auch das war immer sehr wohltuend.
    Ja, und jetzt weiß ich nicht mehr, was ich alles sagen wollte. Über Dich, über unsere Beziehung. Ich weiß auch gar nicht, ob ich für meine lieben Freunde im Verband Dich richtig habe in Erinnerung rufen können.
    Ein weiteres Thema, was uns sehr beschäftigte, neben den künstlerischen Prozessen, war überhaupt das Wachsen, das Sich-Entwickeln, von Tieren und von Pflanzen, ein unerschöpfliches Thema. Und drum hat es mich doppelt gefreut, als ich jetzt las, dass Du noch letztes Jahr den Preis für Umweltschutz von Bayern bekommen hast.
    Am 1. Mai ging es mir nicht gut, ich war furchtbar müde. Und ich verstand es nicht, aber ich bin in letzter Zeit öfter müde. Es hat sicherlich verschiedene Ursachen, die hier keine Rolle spielen. Jedenfalls wartete ich darauf, ob sich Kopfschmerzen einstellen, denn dann hätte ich gewusst, dass ein mir nahestehender Menschen stirbt, das ist bei mir manchmal so. Aber die Kopfschmerzen waren nur ganz schwach, so dass alles sehr unsicher war. Und eine Woche später, bzw. nicht ganz eine Woche später, es war schon der Freitag, wollt ich nicht nach Hause. Es fiel mir immer was ein, warum ich das Nachhausegehen hinauszögere, obwohl da Arbeiten auf mich warteten, angenehme Arbeiten. Ich hatte ja inzwischen Dir meine letzten Gedichte geschickt. Und dann kam ich nach Hause, und der sehr schöne Nachruf Deiner Tochter erwartete mich. Ich dachte, dass ich jetzt daraus einiges zitiere, aber ich weiß nicht; der ist so schön, dass ich ihn eigentlich nicht auseinander reißen möchte, und vielleicht wäre es gut, wenn man ihn an meine persönlichen Erinnerungen anfügt. Ich werde Deine Tochter fragen, ob sie damit einverstanden ist.

    In Gedanken umarme ich Dich so, wie wir uns immer zum Abschied umarmt haben.

    Deine Helga

  • One ancient fantasy describes an encounter between Fire, Water and Trust.                 As they walked through the woods The Fire said:

     “If I get lost, see if there is any smoke. Because where there is smoke, there is fire. „

    The Water replied, „If I get lost, look where there’s moisture, because where there’s moisture, there’s water.“

    The saddened Trust said: “If I get lost, don’t look for me. Once lost it is impossible to find me. „

    To consider:

    How often in life do we ignore smoke or moisture? Are we deluding ourselves that something is missing, in spite of realizing the signs?

    And how often we forget how hard it is to earn someone’s trust, and how easy it is to lose it irretrievably.

    Dr. med. André Simon © Copyright

    Credits: The sword lily was photographed by Dr. Dietrich Weller, who has agreed to illustrate this story. The author is grateful for this permission.

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Fantasie

    Eine alte Fantasiegeschichte beschreibt eine Begegnung zwischen Feuer, Wasser und Vertrauen. Auf ihrem Weg durch die Wälder sagte das Feuer:

    „Wenn ich verloren gehe, schau nach,  ob es irgendwo Rauch gibt. Denn wo es Feuer gibt, weht auch Rauch.“

    Das Wasser erwiderte: „Wenn ich verloren gehe, schau nach, wo es Feuchtigkeit gibt, denn wo Feuchtigkeit ist, gibt es auch Wasser.“

    Das betrübte Vertrauen sagte: „Wenn ich verloren gehe, sucht mich nicht. Wenn ich einmal verloren bin, ist es unmöglich, mich zu finden.“

    Zu bedenken:

    Wie oft im Leben beachten wir Rauch oder Feuchtigkeit nicht? Machen  wir uns selbst vor, dass etwas fehlt, statt die Zeichen zu erkennen?

    Und wie oft vergessen wir, wie schwierig es ist, das Vertrauen einer Person zu verdienen, und wie leicht es ist, es unwiederbringlich zu verlieren?

    Dank: Die Schwertlilie wurde von Dr. Dietrich Weller fotografiert. Der Autor dankt für die Genehmigung, diesen Text damit zu bebildern.

  •     Groß ist die Zahl der mythischen Verwandlungen. Besonders im Umfeld der göttlichen Geschwister Artemis und Apollon finden eindrucksvolle  Metamorphosen statt. Beide Gottheiten richten und strafen beim Verstoß gegen Sitte und Recht. Ihre Gründe für die Verwandlung der Wesen mit denen sie jeweils in nähere Beziehung treten, sind aber durchaus unterschiedlich.

    Artemis rächt Verletzungen ihrer jungfräulichen Integrität.

        Als Kallisto, die Schönste, sich dem Gefolge der Göttin anschließt, gelobt sie ebenso wie Artemis stetige Keuschheit. Als diese eines Tages die von Zeus verursachte Schwangerschaft der Gefährtin entdecken muss, lässt sie ihr im Zorn ein zottiges Bärenfell und Krallen wachsen.

                          

    Abb. 1: Verwandlung der Kallisto, 390-380 v. Chr. 
                                       Nach Schefold 1981, 231 Abb. 322

        Was Kallisto dann zustößt, wird in verschiedenen Parallelmythen berichtet. Ob sie von den Pfeilen ihrer Herrin getötet wird, oder von Hera, der eifersüchtigen Gemahlin des Zeus – jedenfalls kreist sie seither als Große Bärin um den Polarstern.

        Den Jäger Aktaion, der Artemis unbekleidet beim Baden beobachtet hat, verwandelt sie in einen Hirsch. Seine eigenen Hunde erkennen ihn nicht mehr und stürzen sich auf ihn, um ihn zu zerreißen. Mit ihren „sanften Geschossen“[1] beendet die Göttin seine Qualen.

        

    Abb. 2: Aktaion, während der Verwandlung von seinen Hunden angefallen.
                                        Nach Schefold 1981, 138 Abb. 180

        Mit Apollon ist es anders. Zwar wird er überall wegen seiner Schönheit gerühmt, aber in der Liebe hat er fortwährend Pech.

        Daphne, die anmutige Nymphe, flieht „schneller als der leichte Lufthauch“[2]  vor dem liebeskranken Gott und entzieht sich ihm endlich ganz durch die Verwandlung in einen Lorbeerbaum. Zu seinem Trost und um etwas von der Geliebten bei sich zu tragen, bekränzt Apollon seine Stirn mit dem heiligen Lorbeer. Musentöchter und- söhne, die es zu wissenschaftlichem oder künstlerischem Erfolg gebracht haben, tun es ihm nach.

                     

      Abb. 3: Daphne wird zum Lorbeer, augusteische Kopie
                  eines hellenistischen Originals (?) Nach Schefold, 208, Abb. 283.

        Die schöne Koronis, bereits von Apollon schwanger, gibt sich auch noch einem Sterblichen hin. Flugs überbringt eine weiße Krähe dem Gott die kränkende Nachricht. Wie so oft trifft die Strafe zunächst den Überbringer der fatalen Botschaft. Das weiße Gefieder färbt sich rabenschwarz. Dabei ist es bekanntlich seither geblieben.                     

    Abb. 4 und 5: Apollon mit weißer und schwarzer Krähe
                                     Nach Schefold 1981, 209  Abb. 284. 285

        Heilkundige, die gern ein wenig über den Tellerrand spähen, kennen den halbwegs versöhnlichen Schluss der Geschichte: Apollon tötet die treulose Koronis, wird aber von Reue gepackt und rettet das ungeborene Kind aus dem Leib der sterbenden Geliebten. Es ist der kleine Asklepios, der anschließend vom weisen Kentauren Chiron erzogen und höchst erfolgreich in den medizinischen Wissenschaften unterrichtet wird.

        Eine seiner Aufsehen erregenden Heilungen gelingt Asklepios beim Sohn des Theseus, Hippolytos[3]. Dieser, zur Keuschheit entschlossen, dient der jungfräulichen Artemis/Diana. Unschuldig-schuldig löst er eine Liebes- und Eifersuchtstragödie aus. Seine scheuenden Rosse schleifen ihn fast zu Tode,

    Und allein die starke Arznei des apollinischen Sohnes  
    gab mir das Leben zurück…
    dann warf Cynthia [ein Beiname der Diana]
    um mich ein dichtes Gewölk…gab mir ein höheres Alter und ließ
    unkenntlich mein Antlitz werden…wies mich hierher [nach Aricia]
    befahl mir zugleich den Namen niederzulegen,
    warst du Hippolytus einst, sollst du nun Virbius sein.
    Seither lebe ich hier im Hain als einer der minderen Götter,
    und die Herrin gewährt mir als dem Ihrigen Schutz[4].

        Unter unseligen Vorzeichen stand die Ehe des barbarischen Thraker-Königs Tereus mit der athenischen Königstochter Prokne von Anfang an. Als er auf Bitten seiner Gattin aufbricht, um ihre Schwester Philomele zu einem Besuch abzuholen, entledigt er sich seiner Verantwortung auf die schändlichste Weise. Er hält Philomele gefangen, tut ihr Gewalt an und schneidet ihr, um sie am Verkünden der Untat zu hindern, die Zunge heraus. Doch Philomele versinkt nicht in Lethargie. Einfallsreich ist der Schmerz und Not macht erfinderisch[5]. Sie setzt sich an den Webstuhl und fügt zwischen das weiße Garn purpurne Schriftzeichen ein, die den Frevel anzeigen. Das fertige Werk lässt sie zu Prokne bringen. Diese versteht sogleich und gerät außer sich vor Wut und Schmerz. Sie mischt sich unter die Bachantinnen, befreit ihre Schwester und tötet ihren kleinen Sohn Itys, um den verbrecherischen Vater an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen[6]. Bevor sich der König rasend vor Zorn auf die Frauen stürzen kann, verwandelt ihn Zeus in einen Wiedehopf, die Schwestern aber in Singvögel[7]

    Literatur und Bildnachweis:

    M. Bieber, Tereus, AM 50, 1925, 11-18  

    A. Klöckner, Mordende Mütter. Medea, Prokne und das Motiv der furchtbaren Rache im klassischen Athen, in: G. Fischer – S. Moraw (Hrsg.), Die andere Seite der Klassik (Stuttgart 2005) 247-263

    Ovid, Metamorphosen. Lateinisch/Deutsch (Reclam Stuttgart 22003)

    Pausanias, Reisen in Griechenland I (Zürich – München 31986)

    W. Schadewaldt, Die Sternsagen der Griechen (Frankfurt am Main – Hamburg 1956)

    K. Schefold, Die Göttersage in der klassischen und hellenistischen Kunst (München 1981)    Abb. 1-5

    E. Simon, Tereus. Zur Deutung der Würzburger Schauspieler-Scherbe.  Festschrift des Kronberg-Gymnasiums (Aschaffenburg 1968) 155-165

    Th. v. Scheffer, Die Legenden der Sterne 

    W. Wamser-Krasznai, Metamorphosen der Haut im antiken Mythos,

    Aktuelle Dermatologie 33/2007, 92-95

    Für Reproduktionen und Bildbearbeitung danke ich H. Zühlsdorf, Gießen.


    [1] Hom. Od. 11, 172 f. 199.

    [2] Ov. Met. 1, 502 f.

    [3] Genannt nach seiner Mutter, der Amazonenkönigin Hippolyte.

    [4] Ov. Met. 15, 533-547.

    [5] Ov. Met. 6, 575.

    [6] Klöckner 2005, 240 f. Anm. 12 Abb. 1. 2; Paus. I  5, 4. 24, 3.

    [7] Ov. Met. 6, 423-674; Bieber 1925, 15 Anm. 4.

  •  

                  Abb. 1:
    Doppelidol Rhodos, 7. Jh. v. Chr.,
    Nach Hadzisteliou Price 1971, 61 Taf. VII, 17

        Während eine Reihe weiblicher Gottheiten und halbgöttlicher Wesen multipel auftritt, wie Eileithyien, Horen, Chariten, Musen[1] u. a., geben Doppelidole die Einheit zweier Göttinnen bzw. die  Doppelnatur der Einen wieder[2] (Abb. 1). Die von E. Simon vorgeschlagene Bezeichnung „Dualprotome“[3] bezieht sich auf eine verlorene indogermanische Sprachform, den Dual, der sich noch in  Weihinschriften nachweisen lässt: τὼ θεώ, im Dativ „toin theoín“= den beiden Göttinnen (Demeter und Kore/Persephone[4]). Der andere Wort-Teil, „Protome“, ist für Halbfiguren und Statuetten, denen zur Vollständigkeit nur die Beine fehlen, keine sehr glückliche Bezeichnung, sodass wir lieber bei „Doppelidol“ bleiben.       

        Zwei identische weibliche Sitzfiguren[5] (Abb. 2)werdenmeistals Demeter und Kore gedeutet; doch es gibt auch andere Stimmen: „Die Annahme, es seien Demeter und Persephone dargestellt, kann ausgeschlossen werden; der korinthische Künstler hätte sicher den Altersunterschied zwischen Mutter und Tochter sinnfällig zum Ausdruck gebracht“[6]. Dieser Meinung können wir uns für das 7. Jh. v. Chr., den Entstehungszeitraum der Statuetten, nicht anschließen[7]. Aus Mangel an kennzeichnenden Attributen wären die beiden wohl namenlos geblieben, säßen sie nicht auf dem Fragment eines Karrens, den  Simon als „Bauernwagen“ beschrieb und daher nicht an der engen Beziehung zu den „Saatgöttinnen“ zweifelte[8].

                           

       Abb. 2:
    Sitzende Göttinnen, Brit. Mus. London
                  Nach: Hadzisteliou Price 1971, 62 Taf. 8, 20

        Demeter und Kore: Der Beiname „BifurcationderGe“[9] verbindet Demeter etymologisch mit den Silben und „Lallnamen“[10] für Erde, Γη oder Γα bzw. Δη oder Δα[11]. Als Tochter der Titanen Kronos und Rhea ist sie eine Schwester der großen Gottheiten Zeus, Hera und Hades[12]. Zahlreiche Inschriften fassen Mutter und Tochter als „die beiden Göttinnen“, τὼ θεώ, „Δημήτερες“ oder Δαμήτερες[13] zusammen, lateinisch Cereres. Sie sehen einander ähnlich, behalten aber stets ihre Individualnamen. Als Einheit gelangen sie um 396 v. Chr. z. B. von Syrakus nach Karthago[14]. Zwei gleichartige weibliche Statuen-Fragmente aus Kalkstein, die im Heiligtum der Demeter und Kore/Persephone in der Kyrenaika gefunden wurden, zeigen, dass sich die gemeinsame Verehrung der Göttinnen im 2. Jh. v. Chr. fortsetzte[15]. Fehlen jedoch die Informationen zum Fundort und sind keine charakteristischen Attribute vorhanden, so ist eine Benennung identischer Göttinnen z. B. als Leto und Artemis[16] nicht gerechtfertigt.      

        Doppel-Kybele:

    Die ikonographisch gleichen Frauengestalten (Abb. 3) halten jeweils in der rechten Hand eine Schale. Während an der Seite der Thronenden links ein Tympanon sichtbar wird, sitzt neben der Figur rechts ein kleiner Löwe. Sowohl das Attribut als auch der tierische Begleiter sind Kybele-spezifisch genug um einer Differenzierung der beiden Göttinnen in die „anatolische Kybele“ und ihr kretisches „Pendant Rhea“ zu widersprechen[17]. Eher könnte sich „in der Verdoppelung der zweifache Machtbereich der prähistorischen Muttergöttin ausdrücken…der sich über Himmel und Erde…auch über Leben und Tod“ erstreckt[18].     

            

    Abb. 3:
    Doppelrelief der Kybele. Bonn, Akademisches Kunstmuseum
    Aufnahme der Verfasserin

        Stilistisch weist der Doppel-Naiskos in die Zeit des frühen Hellenismus[19].     Vergleichbare Reliefs mit einer zweifach thronenden Kybele stammen überwiegend aus Attika, wurden aber auch auf Delos, in Delphi, Korinth und Troizen gefunden[20].

        Doppelte Athena:

              

         Abb. 4:
    Zwei identische Athenen, 1. Hälfte des 5. Jhs. v. Chr.
    Nach: LIMC II (1984) 972 Nr. 148 Taf. 721

        Das in der Umgebung von Athen aufgefundene attische Relief mit zwei identischen Athena-Figuren nebeneinander (Abb. 4) ist bisher nicht befriedigend gedeutet[21]. Beide tragen den gleichen Helm, einen dünnen Chiton und archaistische Schrägmäntel[22]. Der rechte Arm reicht zu einem langen Speer hinauf; den linken und den oberen Körper-Abschnitt verdeckt ein großer Schild mit dem Gorgoneion als Schildzeichen.                         

        Wie erklärt sich diese Doppelung? Ein Mutter-Tochter-Verhältnis wie bei den eleusinischen Gottheiten scheidet für Athena aus. Es bleiben die verschiedenen Aspekte unter denen man sie verehrt. Hadzisteliou Price weist auf Doppelkulte in zwei nahe bei einander gelegenen Tempeln hin, Athena Polias und Athena Parthenos auf der Akropolis von Athen, Athena Polias und Athena Sthenias (die Starke) in Troizen, oder Athena Alea und Athena Ippia [=hippia] in Tegea[23]. Ferner nennt sie zwei (gleichartige?) Athena-Statuen in Aegion. Sogar die mit der Göttin eng verbundene Eule trete gelegentlich im Doppel oder zweiköpfig auf[24]. All dies hat jedoch dem Verständnis des attischen Reliefs noch nicht näher gebracht[25].           

        Hygieia und Athena Hygieia:

    Nach den meisten literarischen Quellen steht Hygieia im Zusammenhang mit dem Asklepioskult und ist mit einer Zeit nicht vor dem 4. Jahrhundert v. Chr. verbunden. Ursprünge und Verehrung lassen sich jedoch im Kontext der Göttin Athena schon früher nachweisen. So bezeugen Weihinschriften des Töpfers Euphronios auf einer Basis aus pentelischem Marmor in Athen und auf einem rotfigurigen Gefäßfragment bereits einen Kult für Athena Hygieia im späten 6. und frühen 5. Jh. v. Chr. Nach Plutarch gehöre er zu den ältesten Kulten Athens[26] . Auch die Bronze-Statue, die Perikles der Göttin auf der Akropolis von Athen habe errichten lassen, stammte aus dem 5. Jh. v. Chr. Anlass für diese Weihung sei ein Unfall gewesen, der sich bei den Bauarbeiten an den Propyläen (oder am Parthenon?) ereignete. Das Kultbild erhielt seinen Platz bei einem alt-ehrwürdigen Altar der Athena Hygieia[27].

        Gegen 430 v. Chr. genießt Hygieia unter dem Aspekt der Stadtgöttin Athena noch kultische Ehren[28]. Wenig später tritt ihre Verbindung mit Athena  zugunsten derjenigen mit Asklepios zurück[29]. Zur Zeit des Pausanias befinden sich in der Nähe der Propyläen von Götterbildern ein solches der Hygieia, die eine Tochter des Asklepios sein soll, und der Athena, auch diese mit dem Beinamen Hygieia[30].Die Verbindung des Asklepios mit den beiden Göttinnen notiert Pausanias auch in Tegea/Arkadien: Neben der Statue der Athena steht auf der einen Seite Asklepios, auf der anderen Hygieia aus pentelischem Marmor, Werke des Pariers Skopas[31].

        Selbständige Kult-Empfängerin ist Hygieia selten, etwa im Asklepieion von Titane, wo ihre Statue dicht mit dem Haar ihrer Verehrerinnen bedeckt gewesen sei[32]. Im Heiligtum der Athena Pronoia in Delphi ist ihr ein Altar geweiht[33]. Auch der Hygieia-Hymnos des Likymnos von Chios verkündet ihren Ruhm[34].

        Fast als Gleiche unter Gleichen tritt Hygieia auf den Vasenbildern des Meidias-Malers im Umkreis der Aphrodite auf; doch sie setzt sich von den anderen Frauengestalten ab, indem sie Paidia, die personifizierte Bildung, wie eine Kourotrophos auf dem Schoß hält, oder wenn sie als einzige unter den Hesperiden als Thronende mit einem langen Zepter wiedergegeben ist[35].

        Eine faszinierende Lösung für das Dilemma mit den beiden Hygieien ergibt sich aus unterschiedlichen Wirkungsbereichen. Dann könnte sich die alt-ehrwürdige Athena-Hygieia um die Prophylaxe kümmern, während der mit Asklepios verbundenen Hygieia die therapeutische Medizin obliegt![36]

        Fortuna-Fortunae

                  

    Abb. 5:
    Fortuna mit Steuerruder und Füllhorn, röm. Kaiserzeit. 
    Nach: Simon 1990, 59 Abb. 74

        Der Fortuna-Kult ist besonders in Latium und Campanien weit verbreitet. Von den vielen Aspekten der Göttin nennen wir nur die wichtigsten: Fruchtbarkeit und Mütterlichkeit, Gesundheit, politische und militärische Macht, Schutz der Städte und des Herrscherhauses sowie die Gabe der Weissagung[37]. Plinius erwähnt ein sehr „gewissenhaft“ vergoldetes Bild der Orakelgöttin, das im Rundtempel des Terrassenheiligtums von Praeneste gestanden habe[38]. Nach der Legende war der städtische Bürger Numerius Suffustius durch Traumgesichte aufgefordert worden, einen Felsen zu spalten, aus dem hölzerne mit altertümlichen Buchstaben beschriebene Los-Stäbe herausfielen. Ein Ölbaum an der Stelle des späteren Fortuna-Tempels lieferte das Material für die Arca, ein Kästchen zur Aufbewahrung der Lose. Auf Anweisung der Fortuna sollte ein Knabe die Stäbchen mischen und das Los  ziehen[39].

        Lange bevor die Orakelgöttin zur Erforschung des Schicksals angerufen  wurde[40], besaß Fortuna schon einen bis ins 6. Jh. v. Chr. zurückgehenden latinischen Kult. Älteste Zeugnisse finden sich in Rom bei Sant‘ Omobono auf dem Forum Boarium, einem vom legendären König Servius Tullius gegründeten Heiligtum[41], in dem Fortuna und Mater Matuta gemeinsam verehrt wurden. 

        Auch in Praeneste, dem heutigen Palestrina, übte die Göttin ihre mantische Funktion erst später aus[42]. Nach den Inschriften, von denen eine aus dem 8. Jh. v. Chr. stammt, war sie Fortuna primigenia, „Jupiters erstgeborene Tochter“[43]. Auch als „Uranfängliche“, Alt-Ehrwürdige wird der Beiname verstanden[44]. Weitere bedeutende Fortuna-Heiligtümer sind außer in Antium u. a. in Ostia, Teanum. Benevent und Capua lokalisiert.

     Fortunae

    Statuetten mit zwei gleichartigen Frauengestalten, oft mit einem kleinen Kind, belegen in Praeneste, Rom und Antium die Verehrung der Fortuna als Doppelgöttin[45]. Die Terrakotta-Gruppen aus mittelitalischen und etruskischen Stätten wie Praeneste, Rom, Caere/Cerveteri und Veji gelten als Kourotrophoi/Deae nutrices[46]. Publius Papinus Statius bezeichnet sie als Praenestinae sorores[47].   

        Aus augusteischer Zeit stammt die Prägung eines Denars mit den Fortunae von Antium (Abb. 6). Für Prozessionen sind die Büsten auf ein Tragegestell/Ferculum montiert. Während die vordere einen Helm trägt und im „habitus amazonicus“ mit entblößter Schulter und Brust als wehrhaft Schützende dargestellt ist, wirkt die hinter ihr hervorschauende mit einem Diadem geschmückte Göttin matronal[48].

                                        

    Abb. 6:
    Fortunae. Denar 19 v. Chr.
    Aus Antium. Nach Simon 1990, 63 Abb. 81

         Zwei Kultbilder gab es auch im Tempel der Fortuna muliebris, vier Meilen außerhalb von Rom an der Via Latina[49].

        Nicht zuletzt fungieren die Fortunae als Schutzgottheiten von Badeanlagen. In Rom, Antium und Praeneste ist ihre Zweiheit in Schriften und Inschriften belegt:  Fortunae balnearum, Fortunae balnei[50]. Bereits um 190 n. Chr. nutzte man die Heilquellen von Bonn- Bad Godesberg. Der Kommandeur der Bonner Legion, Venidius Rufus, stiftete einen Altar, der außer dem Aesculapius und der „Hygia“ auch den Fortunae salutares geweiht war[51].

        Nemesis

    Zum Vater,lässt Pausanias wissen[52], habe die Nemesis den Okeanos...also das äußerste Meer, an dem die Iberer und Kelten wohnen, und dort ist auch die Insel der Bretannoi. Als Mutter nennt Hesiod[53] die unheilschwangere Nyx, die sie  gebar zum Leid der sterblichen Menschen…

        Nemesis, die von allen Göttern am unerbittlichsten gegen Frevler ist[54], wird von einigen antiken Schriftstellern recht negativ geschildert. Sie ist die Vergeltung in Person, wacht über das rechte Maß und teilt jedem das Gebührende zu (νέμειν). Ungerechtigkeit, Hartherzigkeit, sogar verschmähte Liebe[55] sind ihr ein Gräuel ebenso wie Respektlosigkeit gegenüber Göttern, Menschen und sogar Verstorbenen; daher ahndet sie auch die Schändung von Grabstätten. Nichts aber ist ihr so sehr verhasst wie die Hybris, der Hochmut (lat. Superbia). Herodot berichtet von einem berühmten Beispiel bestrafter Hybris:

        Nach der Abreise des Solon traf den Kroisos furchtbare Vergeltung der  Nemesis, vermutlich weil er geglaubt hatte er sei der glücklichste aller Menschen. Vergeblich hatte Solon ihn zu überzeugen versucht, dass niemand vor seinem Ende glücklich zu preisen sei[56]. Kroisos verlor seinen Sohn, fiel in die Gefangenschaft des persischen Großkönigs Kyros und sollte auf dem Scheiterhaufen sterben. Aus heiterem Himmel ließ Apollon einensintflutartigen Regen hernieder prasseln und das Feuer löschen[57]. Der Vasenmaler Myson hat die Szene auf einer rotfigurigen Amphora eindrucksvoll dargestellt[58].     

        Auch gegen die bei Marathon gelandeten Barbaren scheint sich der Zorn dieser Göttin gerichtet zu haben; sie wähnten nämlich, es sei eine Kleinigkeit für sie, Athen zu erobern, und brachten daher bereits parischen Marmor mit zur Herstellung des Siegesmals, als ob der Sieg bereits errungen sei. Diesen Block verarbeitete Pheidias zu der Statue der Nemesis…[59].

        Vor dem Groll einer so machtvollen Göttin versuchen die Menschen sich durch Übel abwehrende Gebärden zu schützen. Sie erfassen den oberen Saum des Gewandes und heben ihn an, um „sich in den Busen zu spucken“, ein apotropäischer Gestus, den man auf die Ikonographie der Nemesis übertragen hat[60] (Abb. 7). Nach der Haartracht der Gemahlin des Kaisers Antoninus Pius (138-161 n. Chr.) Faustina maior, lässt sich die Statue in die 2. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. datieren[61]. Weniger überzeugend ist ihre Zuordnung zum „Victoria- oder Niketypus“[62]. Um den Nemesis-Gestus zu vollführen, krümmt  sie ein wenig den Rücken und wirkt dadurch nicht eben sieghaft. Aber mit ihrem rechten Fuß ‚betritt‘ sie eine anthropomorphe Gestalt, in der man die personifizierte Hybris, Ύβριστής, zu erkennen meint [63] oder ein Zeichen für die Überwindung der Feinde Roms[64].  

    In der Aenaeis heißt es:

    Tu regere imperio populos, Romane, memento –
    hae tibi erunt artes – pacisque imponere morem,
    parcere subiectis et debellare superbos[65].   

               Abb. 7:
    Marmor-Statuette der Nemesis aus Ägypten, ca. 150 n. Chr.,
    Malibu, Getty Museum. Aufnahme der Verfasserin

           Ebenso vielfältig wie ihre Attribute sind die Beziehungen der Göttin zu anderen Gottheiten und Personifikationen. Tracht und Gestik, Begleitung und Ambiente wechseln. Nach dem Vorbild der Diana/Artemis trägt Nemesis halbhohe Stiefel (Abb. 7) und eine kurze Tunica[66]. Elle und Zaum/Zügel sind Attribute des rechten Maßes. Wie Tyche/Fortuna (Abb. 5) handhabt auch Nemesis das Steuerruder. Wohlfahrt und Glück[67] verheißt das Füllhorn.

        In ihrer Eigenschaft als Personifikation des rechten Maßes[68] entscheidet sie  im Agon, wacht über Soldaten und Schauspieler, Athleten und Gladiatoren, sowie über das Einhalten der Spielregeln. Nemesis tritt in Waffen auf[69] und schwingt die Peitsche, die man während der Eröffnungsspiele in der Arena oder im Tierkampf einsetzt[70]. Vor dem Eingang des Amphitheaters der Zivilstadt von Aquincum liegt ein Nemeseum, und in vielen Theaterbauten befinden sich Kultnischen/Sacella mit Votivaltären[71].

                  

      Abb. 8:
    Nemesis-Fortuna. Kalkstein. Aquincum. 3. Jh. n. Chr.
    Aufnahme der Verfasserin

        Aus heimischem Kalkstein besteht die Nemesis-Statuette im Statthalterpalast von Aquincum[72]. Die Göttin trägt ein langes Ärmelgewand mit Überschlag. Ein Mantel fällt symmetrisch über die Vorderseite und endet oberhalb der Knie in einem Zipfel. Auf ihrem bewegten Lockenhaar sitzt eine zierliche konische Kappe. In der linken Hand hält sie einen Globus, in der Rechten eine lange Fackel. Links neben ihr sitzt ein Greif, der die Tatze auf ein Rad legt. Das in Ägypten seit vordynastischer Zeit dargestellte Fabeltier wurde im 2. Jh. v. Chr. in Alexandria zum Trabanten der Nemesis, den diese zuweilen stellvertretend mit der Aufgabe der Vergeltung betraut[73]. Himmelskugel und Rad, ein Zeichen des wandelbaren Geschicks, übernimmt die Göttin unter dem Aspekt der Fortuna (Abb. 8).

        Dagegen ist die Fackel anders als bei Demeter, Hekate oder Eros bei Nemesis selten. Eine späthellenistische Terrakotta-Statuette zeigt sie, den linken Fuß auf ein Rad setzend. Hinter ihr liegt eine Frauengestalt bäuchlings auf dem Boden. Im linken Arm hält sie einen länglichen Gegenstand, der als Fackel beschrieben worden ist[74]. Geradlinig, ohne die geringste Schwingung, verjüngt er sich nach unten. Trotzdem lässt der vielgestaltige, überbordende Inhalt an ein Füllhorn denken. Die Fackel im Kontext der Nemesis bezieht sich anscheinend vor allem auf das Arsenal der Arena:

    flammis stimulatus …taurus… heißt es in einem Epigramm des Martial, als man einen Stier im Amphitheater mittels Feuer in Raserei versetzt[75].

        Ihr ältestes Heiligtum hat Nemesis in Rhamnous, wo man sie schon seit dem 6./5. Jh. v. Chr. gemeinsam mit Themis, der Göttin des Rechts und der Ordnung, verehrt. Als deren Kultgenossin kommt auch ihr das Attribut der Waage zu. Nemesis erlässt Gesetze und verhilft der gerechten Sache zum Sieg[76].

        Bei Rhamnousetwas vom Meer entfernt oberhalb liegt das Heiligtum der Nemesis, die von allen Göttern am unerbittlichsten gegen Frevler ist…Ihre Statue trägt eine Krone mit Hirschen und kleinen Nikefiguren; in der linken Hand hält sie einen Apfelbaumzweig, in der rechten… eine Schale..[77].

        Nach einer Anekdote des Plinius hat Agorakritos von Paros die Statue geschaffen (ca. 430 v. Chr.). Er war ein Schüler des Phidias, ebenso wie Alkamenes, und wetteiferte mit diesem in der Verfertigung einer Aphrodite-Figur. Agorakritos verlor, nannte sein Exemplar Nemesisund verkaufte es nachRhamnous[78]. Fragmente der Statue, die man im Heiligtum fand, führten  zusammen mit der Beschreibung des Pausanias zu einer Rekonstruktion des weit überlebensgroßen Kultbildes[79].

    …Mit Flügeln ist aber weder dieses Bild der Nemesis noch sonst eines von den alten dargestellt, da auch in Smyrna die heiligsten Holzbilder keine Flügel haben; erst die späteren geben der Nemesis Flügel…[80]

        In Rhamnous spielt der in den Kyprien erwähnte Mythos von der Ei-Geburt der Helena durch die Nemesis. Zeus, der routinierte Liebhaber, überwindet den Widerstand der Göttin, die sich ihm durch Verwandlung in allerlei Meeres- und Landtiere zu entziehen sucht. Erst in den Gestalten von Gans und Schwan vereinigen sie sich und produzieren das Ei, aus dem dann Helena schlüpft[81].

    Nemesis soll die Mutter der Helena sein, und Leda habe sie gesäugt und aufgezogen; für ihren Vater halten…alle Griechen …Zeus[82].

        Die teilweise erhaltene Mittelgruppe an der Statuen-Basis des Agorakritos zeigt Helena, die [ihrer Mutter] Nemesis von Leda zugeführt wird[83]. Nach  späteren literarischen Quellen ist Leda selbst die Mutter der Helena. Die künstlerische Gestaltung der Szene setzt in der Zeit des Reichen Stils ein[84]

        Doppelgöttin: Neméseis

    Der Kult von Smyrna ist durch die Verehrung einer Doppelgottheit, Neméseis, kennzeichnet. So bewahre sich die Göttin ihre alte Vervielfältigungsfähigkeit [in allerlei Tiergestalten], doch erscheint sie auch wieder nur als e i n e Gottheit wie auf vielen Münzen augusteischer Zeit[85]

        In Smyrna liegt das Heiligtum auf dem Berg Pagos. Die Gründung der neuen Stadt geht auf einen Traum Alexanders des Großen zurück:

    Alexandros, der Sohn Philippos‘ (…) sei, wie er von der Jagd zurückkam, zum Heiligtum der Nemesis-Göttinnen gekommen(…) und wie er unter der Platane schlief, seien ihm die Nemesis-Göttinnen erschienen und hätten ihm befohlen, hier eine Stadt zu gründen und die Smyrnaier dorthin zu führen aus ihrer früheren Stadt fort.

            

    Abb. 9:
    Die Neméseis und der schlafende Alexander (139-161 n. Chr.)
    Nach: LIMC VI, 1992, 739 f.  Nr. 15 Taf. 433

          Zuerst befragen die Einwohner lieber noch das Orakel und erhalten im Apollon-Heiligtum von Klaros die Zusicherung, dass sie auf dem Pagos glücklich leben werden.

    So siedelten sie freiwillig um; und sie  glauben an zwei Nemesis-Göttinnen statt einer und sagen, ihre Mutter sei die [νυξ] Nacht, wie die Athener behaupten, die Göttin in Rhamnous [aber] habe Okeanos zum Vater[86].

       Es …sind bei den Smyrnaiern im Heiligtum der Nemeseis über deren goldenen Statuen Chariten aufgestellt, Kunstwerke des Boupalos[87]

        Die Neméseis tragenkeine individuellen Namen noch sind sie unterschiedlich gekleidet; nur die Attribute variieren[88]. Besonders nah steht der Nemesis die Personifikation Aidós (= Scheu, Sittsamkeit). Hesiod schreibt beiden weiße Gewänder zu:

        Da zum Olympos hinweg von den breiten Straßen der Erde
    beide in weiße Gewänder die Schönheit des Leibes verhüllend,
    gehen sie fort zur Schar der Unsterblichen, fliehen die Menschen:
    Aidos kai Nemesis…heilige Ehrfurcht und heilige Rache,
    nur trauriges Elend bleibt den sterblichen Menschen,
    und nirgends ist Abwehr des Unheils[89].

    Wieder eine solch negative Konnotation durch Hesiod! Doch es ist es nicht  Sache der Göttin, nur zu strafen. Sie hat zwar die Macht, den Nacken des Hochmütigen zu beugen[90], aber die „Guten“ hebt sie aus der Tiefe herauf zum glücklichen Leben[91].

        Von Smyrna gelangt der Kult der Doppelgöttinnen nach Alexandria, wo er die schon früher vorhandene Nemesis-Verehrung maßgeblich beeinflusst[92].

       Viele kleinasiatische Städte zeigen auf Münzen und Reliefs die Bildnisse der Neméseis. In Tomisan der westlichen Schwarzmeerküste und im spanischen Astorga wird die Göttin ebenfalls in ihrer Pluralität verehrt[93]

     …obgleich sie keinen lateinischen Namen aufweist hat Nemesis auf dem Kapitol zu Rom ein Standbild, und ihr Kult erlebt, wie auch ihre Bedeutung in Kampf und Wettbewerb zeigt, seine größte Ausbreitung in der römischen Kaiserzeit[94].Jetzt kommt es sogar zu Wechselwirkungen mit Eros und Psyche, deren Schmetterlingsflügel die Göttin, die unmissverständlich durch den Nemesis-Gestus gekennzeichnet ist, bisweilen übernimmt[95].

    erst die späteren [Bilder] geben der Nemesis Flügel wie dem Eros, um damit auszudrücken, dass die Göttin besonders im Gefolge der Liebe erscheine[96]

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    [1] Petersmann 1987, 172.

    [2] Hadzisteliou Price 1971, 52.

    [3] Auf das männliche Doppelwesen der Molione-Aktorione, die in Hom.  Il. 11, 750-752 erwähnt und auf einer Plattenfibel aus der Zeusgrotte am Ida im Kampf mit Herakles dargestellt sind, Schefold 1993,  97 macht Simon aufmerksam, dies. 1995, 71-75 Abb. 1.2.5.  

    [4] Simon 31985, 91; Nilsson 21955, 463.

    [5] London BM, aus Theben, korinthische Werkstatt, Higgins 1954, Nr. 897 Taf. 130.

    [6] RM 94, 1988, 43.

    [7] Die von Hadzisteliou Price genannte Terrakotta-Gruppe in London a. O. 56 Nr. 5 a Taf. 2, 3, sowie Higgins 1954, 165 f. Nr. 610 Taf. 79, datiert erst in die Mitte des 5. Jhs. v. Chr. Sie zeigt einen deutlichen Größenunterschied und die Lyra spielende kleinere Figur ist mit kindlich-rundem Gesicht als die Jüngere dargestellt. Ein Hinweis auf die eleusinischen Gottheiten Demeter und Kore ist die Truhe auf der sie sitzen.

    [8] Simon 31985, 110 Abb. 103.

    [9]  = Gabelung, Hadzisteliou Price 1971, 52 mit Anm. 48.

    [10] Petersmann 1987, 175-178.

    [11] Nilsson 21955, 456. 461 f.

    [12] Hes. Theog. 454 – 457.

    [13] Nilsson 21955, 463 und Anm. 6; Hadzisteliou Price 1971, 61 Taf. 8, 17-19.

    [14] Bauchhenß 2013, 133 f.

    [15] Kane 1998, 145-153 Abb. 16.1-16.10.

    [16] Anders Hadzisteliou Price1971, 52 Anm. 39. 58 f. Taf. I, 2. V, 11-13. VI, 14. Literarischen Quellen zufolge assistiert Artemis ihrer Mutter Leto zwar schon bei der Geburt ihres Zwillingsbruders Apollon, Kall. h. in Dianam 20-25, doch wird sie gewöhnlich nicht mit dieser allein, sondern als Mitglied der apollinischen Trias dargestellt, LIMC II 1984, 618   (L. Kahil).

    [17] Naumann 1983, 189; anders Simon 1995, 74.

    [18] LIMC VIII, 1997, 749 (E. Simon).

    [19]Imperium der Götter 2013, 90 Abb.; LIMC VIII, 1997, 753 Nr. 42 Taf. 510 (E. Simon).; Naumann 1983,  334 Nr. 337 Taf. 30, 1.

    [20] Naumann 1983, 188. 334-336 Kat. 336-354 Taf. 30, 1.

    [21] LIMC II, 1984, 972 Nr. 148 Taf. 721 (P. Demargne); Hadzisteliou Price 1971, 55 Taf. I 1..

    [22] LIMC II,  1984,  972 Nr. 148 Taf. 721 (P. Demargne).

    [23] Hadzisteliou Price 1971, 53. 55.

    [24] Hadzisteliou Price 1971, 53 Anm. 58 f.

    [25]„Le redoublement n’est guère encore expliqué“, LIMC II, 1984,  972 Nr. 148 (P. Demargne).

    [26] Kranz 2010, 13; Shapiro 1993, 125 mit Anm. 259-261.

    [27] Plut.Perikl.13; ein Weihrelief vom Ende des 5. Jhs. v. Chr. an  vier Heilgottheiten einschließlich Athena Hygieia fand sich in Thrakien bei Komotini, Hygieia 2014, 175 Abb. 58. 

    [28] Shapiro 1993, 126.

    [29] Burn 1987, 32 f. 36 f. 40 f.; Shapiro 1993, 128.

    [30] Paus. I 23, 4.

    [31] Paus. VIII 47, 1.

    [32] Paus. II  11, 6.

    [33] Hamdorf 1964, 47. 105 Nr. 374.

    [34] LIMC V (1990) 554 (F. Croissant).

    [35] um 420 v. Chr., Burn 1987, 7 f.; Kranz 2010, 16-22; Shapiro 1995, 127-129 Abb. 79. 81; Hamdorf 1964, 47 f.

    [36] Kranz 2010, 25-28 mit Anm.

    [37] LIMC VIII, 1997, 125 (F. Rausa).

    [38] Plin. n. 33, 19, 61 f. ; Riemann 1988, 53. 65.

    [39] Cic.de divin. II 85 f. RE 13, 1910, 25 f. (Otto).

    [40] Riemann 1988, 63.

    [41] Coarelli 2019, 302; Simon 1990, 60-62.

    [42] Riemann 1988, 63.

    [43] CIL XIV 2863, RE 13, 1910, 24 f. (Otto).

    [44] Simon 1990, 62 f. Anm. 30.

    [45] Simon 1990, 62 f. Abb. 80-82.

    [46] Riemann 1988, 44 f. Taf. 26-29. Simon 1995, 78 Abb. 7. Schmidt 1994, Nr. 322 Taf. 59. Das von Buchholz  abgebildete Objekt, angeblich London BM D 244, ders. 1987, 1-55 Nr. 26 Abb. 17, ist u. a. durch Hadzisteliou Price 1971, 63 Taf. 8, 24, Riemann 1988, Taf. 26, 3 und Rausa LIMC VIII, 1997, 127 Nr. 9 c Taf. 91  in Berlin bestätigt. Die sehr ähnliche Londoner Gruppe trägt die alte Inv. Nr. des Britischen Museums. Buchholz‘ Überlegung, es könne sich trotz der erkennbaren weiblichen Brüste um eine Gruppe von Mann und Frau handeln, ist nicht plausibel; Simon 1995, 78.

    [47] Stat. silv. 1, 3, 79 f.  ca 40-96 n. Chr. Bauchhenß 2013, 133 Anm. 26; Riemann 1987, 131; ders. 1988, 71.

    [48] Bauchhenß 2013, 132 Abb. 12; Riemann 1988, 47. 

    [49] Bauchhenß 2013, 133; ders. 2011, 35..

    [50] Fronto p. 157 N; CIL VI 30708 (=182) RE 84 f. (Otto)

    [51] Bauchhenß 2013, 137. 141 f. Kat.-Nr. 16 Ab. 15.

    [52] Paus. I  33, 4. Wittenberg 2014, 12.

    [53] Hes. Theog. 223 f.

    [54] Paus. I  33, 2.

    [55] Perdrizet 1912, 251-274 Taf. 1 f.; Schweitzer 1932, 177; Hornum 1998, 131-138; RE XVI, 2 [1935] 2371. 2373 (H. Herter). 

    [56] Hdt. 32, 1-34, 1.

    [57] Hdt. 1, 86-89.

    [58] Simon 21981, 107 f. Abb. 133. 

    [59] Paus. I 33, 2. 3.

    [60] Karanastassi 1992, 735;.Schweitzer 1931, 186; Wittenberg 2014, 13.

    [61] LIMC VI, 1992, 748 Nr.158 (P.Karanastassi)

    [62] Weber 2007, 305 Abb. 3 A. B; Wittenberg 2014, 15 Abb. 7.

    [63] LIMC VI [1992] 758 (P. Karanastassi).

    [64] Hornum 1998, 136 f.; „und ich werde deine Feinde zum Schemel deiner Füße machen“, Psalm 110, Schweitzer 1931, 215 f. Abb. 11.  

    [65] Verg. Aen. VI 851-853:
    Denk daran Römer die Völker Kraft deines Amts zu regieren,  Übe die Kunst, im Frieden die Sitten zu ordnen,  Unterlegene  schone, den Hochmut aber bezwinge!    

    [66] Wittenberg 2014, 99-102 Abb. 6. 11-13.

    [67] Bei einigen Statuetten häufen sich die Attribute, die sich jedoch  nicht auf allen Abbildungen verifizieren lassen, wie LIMC VI, 750 Nr. 181 Taf. 442; schönes Reliefbild der Nemesis in periferia orientali, mit Elle, Waage, Rad und Greif, LIMC VI, Nr. 8a Taf. 449.

    [68] LIMC VI, 733 (P. Karanastassi); Attribut der Waage, z. B. Schweitzer 1931, 196 f. Abb. 4;

    [69] Schild: Wittenberg 2014, 105 Abb. 20; Köcher mit Pfeilen: ders. a. O. 102 Abb. 13.

    [70] Wittenberg 2014, 18 f. Abb. 13. 19. 20; s. hierzu das Gladiatoren-Mosaik von Nennig/Saarland, Hönle – Henze 1984, 71 Abb. 40 c. d.

    [71] = Nemesis-Heiligtum. Out of Rome 1997, 135 Abb. 92; Schweitzer 1931, 177; Wittenberg 2014, 26-31. 115 Abb. 41. S. 121 Abb. 52; 23. 47. 49.

    [72] Das Römische Budapest (Münster / Lengerich 1986) 107-109 Abb. 43; Kaiserzeitliche Porträts in Aquincum. Kat. 6. Internationales Kolloquium 11.-15. Mai 1999 (Budapest 1999) 8. 38 f. Abb. 19              

    [73] Nonnos, Dion. 48, 382-384; Flagge 1975, 106-121;  RE XVI, 2 [1935] 2376 (H. Herter); LIMC  1992, 734  (Karanastassi); Schweitzer 1931,  181 Anm. 5; Wittenberg 2014, 17. Rad und Greif motivisch ähnlich bei der Kasseler Nemesis, die sich in den Busen speit (gr. ptyein eis ton kolpon), P. Gehrke 2007, 183-186.

    [74] Hornum 1998, 133 Abb. 14.6; Kayser 1973, 121 Nr. 434 (V. 2) „Nemesis mit Fackel und Rad, eine Frau (Hybris) zermalmend“;  Maderna 2005, 261 f. 582 f. Nr. 155 Abb. 26, „Fackel“; Schweitzer 1931, 215 Abb. 11; Wittenberg 2014, 100 Abb. 8. Die letzteren gehen auf den Gegenstand zur Linken der Göttin nicht ein.

    [75]Chr. Gugl, Nemesis in Virunum, Forum Archaeologiae 18/III/2001, Anm. 4-6  Abb. 3; Wittenberg 2014, 105 Abb. 20.

    [76] Wittenberg 2014, 12 Anm. 112-114; LIMC VI, 735 (P. Karanastassi).

    [77] Paus. I 33, 2. 3.

    [78] Plin. nat. 36, 17; RE XVI, 2 [1935] 2349 (H. Herter).

    [79] LIMC VI (P. Karanastassi) 1992, 735 Nr. 1 Taf. 431; Shapiro 1993, 174 f. 256 Nr. 113-115 Abb. 133.

    [80] Paus. I 33, 7.

    [81] Kypr. frg. 7 f.; Athen. frg. 7; Apollod. bibl. 3 [127] 10, 7; in späteren Versionen des Mythos gehen auch die Dioskuren aus diesem Ei hervor, LIMC VI, 1992 (P. Karanastassi) , 733-762; Schefold 1981, 242-248. 

    [82] Paus. I 33, 7.

    [83] RE XVI, 2 [1935] 2351 (H. Herter).

    [84] Timotheos, Anf. 4. Jh. v. Chr.; Eur. hel.16-22; Apollod. bibl. 3 [126-127] 10, 7; LIMC IV, 1988, 498. 503 f. Nr. 6. 8. Taf. 292  (L. Kahil); Schefold 1981, 242-244 Abb. 340 f . 

    [85] RE XVI, 2 [1935] 2352 f. (H. Herter); pax Augustae, mit Nemesis-Gestus, Flügeln, Caduceus und Schlange, Wittenberg 2014, 99 Abb. 5.

    [86] Paus. VII, 5, 1-3 und  Paus. I 33, 4.

    [87] Paus. IX 35, 6.

    [88] Bauchhenß 2013, 135 (Abb. 14)

    [89] Hes. erg. 197-200;  Shapiro 1993, 173.

    [90] Mesomedes  h. Nem. 15. 22, LIMC VI, 1992, 735 (P. Karanastassi).

    [91] Amm. Marcellinus XIV 2, 25, Schweitzer 1931, 181 Anm. 1.

    [92] RE XVI, 2 [1935] 2354 (H. Herter)

    [93] Bauchhenß 2013, 135.

    [94] Plin. n. 28, 22; Schweizer 1931, 175; LIMC VI, 734.

    [95] LIMC VI, 1992,  756 f. Nr. 190 (P. Karanastassi).

    [96] Paus. I 33, 7.