Kategorie: Prosa

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        The ART of WRITING

    What is the writer’s secret in creating a story?

    The writers possess an irresistible and insatiable aspiration to tear piece by piece the life events and the dreams from the darkness of non-existence. Finally, those pieces, like the “mosaic tiles”, are shaped and embedded in their texts, forever. This tenacity of the writers reminds of the way of the ants and their construction of an anthill in a busy place, where this structure is doomed to be uprooted or run over.

    The profession of a writer as a creator carries torments and irresistible charms. The writers perceive the life events to create in their texts, for the second time, more permanent and significant sense. Their work is a difficult uphill, as a long, winding and broken line, on which lonely buildings rise here and there. However, in this structure there are even more empty spaces and abandoned construction sites.

     At one point, the topic and its handling will look original and perfect to the writer. However, the writer cannot even remotely estimate what that story means to him, whether is successful or not, and does not know what is worth in itself.  It will remain closed to the curious gaze of its creator, and it will show its value only to the reader. There are inspired impulses that are born during the creation of the work.                     

    The writer desires more or less consciously to imagine the theme. However, some secondary topics, that arise during the work which characterize the theme, are sometimes more appropriate than the basic topic.  Those secondary topics have the source in the writer’ memory and in the subconscious mind. The subconscious mind is hidden deep in the being of the writer. The subconscious mind cooperates with the basic ideas of the writer, it modifies and revives them. The power of subconscious shapes the artistic profile and gives the writer creative power and originality.  

    An exceptional skill of an author is to annul the time- frames in the narration, in order to improve and more completely outline the nature of the human being and its destiny. Sometimes, during writing, an idea escapes the writer’s attention, disappears, and it suddenly returns and finds its place in the story that emerges. That is the magic of writing.                                                              
     Dr. med. André Simon © Copyright

    Übersetzung von Dietrich Weller
    Die Kunst des Schreibens

    Worin liegt das Geheimnis eines Schriftstellers, wenn er eine Geschichte erfindet?

    Schriftsteller besitzen eine unwiderstehliche und unersättliche Sehnsucht, Lebensereignisse und die Träume aus der Dunkelheit der Nicht-Existenz Stück für Stück heraus zu reißen. Am Schluss werden diese Stücke jedoch wie Mosaikkacheln geformt und in ihre Texte eingefügt. Diese Hartnäckigkeit der Schriftsteller erinnert an die Methode der Ameisen und ihre Methode, an einem belebten Platz einen Ameisenberg zu errichten, wo die Struktur dazu verdammt ist, entwurzelt oder überrannt zu werden.

    Der Beruf eines Schriftstellers als Schöpfer birgt Qualen und unwiderstehlichen Reiz. Die Schriftsteller nehmen die Lebensereignisse wahr, um in ihren Texten beim zweiten Mal  andauernderen und ausdrucksstärkeren Sinn zu erschaffen. Ihre Arbeit ist ein schwieriger Aufstieg, genauso wie eine lange, verschlungene und unterbrochene Strecke, auf der einsame Gebäude hier und da emporwachsen. Allerdings gibt es in dieser Struktur mehr leere Räume und verlassene Baustellen.

    Einerseits sehen das Thema und der Umgang damit für den Schriftsteller original und vollkommen aus. Andererseits kann der Schriftsteller nicht einmal im Verborgenen einschätzen, was die Geschichte für ihn bedeutet, egal ob sie erfolgreich ist oder nicht, und er weiß nicht, was sie in sich für einen Wert trägt. Es wird dem neugierigen Blick des Schöpfers verborgen bleiben und seinen Wert nur dem Leser offenbaren. Es gibt beflügelte Anstöße, die während des schöpferischen Vorgangs des Werks geboren werden.

    Der Schriftsteller sehnt sich mehr oder weniger bewusst danach, sich das Thema wie ein Bild vorzustellen. Allerdings sind zweitrangige Inhalte, die während der Arbeit auftauchen und das Thema charakterisieren, manchmal besser geeignet als das Grundthema. Diese zweitrangigen Themen haben ihren Ursprung im Gedächtnis des Schriftstellers und in seinem Unterbewusstsein. Das Unterbewusstsein ist  tief im Wesen des Schriftstellers versteckt. Es arbeitet mit den Grundideen des Schriftstellers zusammen, es verändert und belebt sie. Die unterbewusste Macht formt das künstlerische Profil und schenkt dem Schriftsteller schöpferische Kraft und Einzigartigkeit.

    Eine außergewöhnliche Fähigkeit eines Autors besteht darin, die Zeitrahmen in der Erzählung verschwinden zu lassen, um die Natur des menschlichen Wesens und sein Schicksal vollständiger zu beschreiben. Manchmal entwischt dem Schriftsteller während des Schreibens eine Idee, und sie kommt plötzlich zurück und findet ihren Platz in der Geschichte, die sich entwickelnd sichtbar wird.  Das ist der Zauber des Schreibens.

    Bemerkung des Übersetzers
    Dr. Simon bat mich um einen Kommentar zu seinem Text. Ich schrieb die folgenden Zeilen, und er wünschte sich, sie hier an den Text anzuhängen.

    „Ich war sehr beeindruckt, wie Du die Grundlagen des Schreibens  nicht nur sachlich, sondern auch emotional aus der Sicht des Schriftstellers dargestellt hast. Es wird so klar, dass der Schriftsteller im täglichen Leben Spuren, Tatsachen, Bilder, Gefühle und Zusammenhänge aufnimmt, speichert und an der passenden Stelle im nächsten oder übernächsten Text wieder empor holt. Um das Gedächtnis zu sichern, führen ja viele Schriftsteller einen Zettelkasten oder ein Notizbuch.
    Besonders fällt mir das auf, wenn ich Bücher von Hanns-Josef Ortheil lese, der spät sprechen, lesen und schreiben gelernt und von Kindheit an seine Notizbücher aufbewahrt hat und daraus schöpft und ganze Bücher neu schreibt, indem er sein in Stichwörtern und Szenen geschriebenes Notizbuch-Leben  unter neuen Titeln und Gesichtspunkten sortiert, zusammenstellt und vertiefend betrachtet. Seine Biografie Die Erfindung des Lebens über seine Jugend ist meines Erachtens Pflichtlektüre für Menschen, die am Beispiel eines dramatischen Lebensanfangs erkennen möchten, wie existenziell wichtig sprechen, schreiben und lesen sind. Es ist ein erlebtes Zeugnis, wie das Leben durch Sprache entdeckt wird.
    Das Bedürfnis, Eindrücke und daraus sich selbständig machende Gedanken und Handlungen in Schrift festzuhalten, ist der Ausdruck des klassischen menschlichen Bedürfnisses, den Moment, das Leben, das Glück unveränderbar und dauerhaft zu besitzen. Der Literaturklassiker dazu steht in Goethes Faust: „Augenblick, verweile doch, du bist so schön!“
    Aus diesen durch Ersatzmethoden festgehaltenen Momenten wird  je nach Persönlichkeit, Bildung und Veranlagung ein Schriftsteller, ein Fotograf, ein Maler, ein Komponist oder ein Handwerker. Die Fantasie und die geistigen und manuellen Fertigkeiten tragen ihren Teil dazu bei. Wie arm sind da die Menschen, die unreflektiert durchs Leben laufen und einfach kritiklos aufsaugen, was im Flimmerkasten an Müll angeboten wird!
    Faszinierend finde ich, wie beim Schreiben einer Geschichte die Personen ihr Eigenleben entwickeln und der Schriftsteller am Anfang oft nicht weiß, wie der Roman oder die Geschichte enden wird, weil der geistige Vater der Protagonisten noch nicht erkannt hat, welche Wendung oder überraschende Handlungen seinen Personen plötzlich einfällt. Das hast Du sehr gut dargestellt und die leeren Plötze und frustranen Gedanken und Handlungsstränge richtig beschrieben, die dann dem Rotstift geopfert oder von der Löschtaste ins ewige Netzt des PC-Nirwana verscheucht werden müssen!
    Die Gedanken machen sich selbständig und sind doch immer schon im Unterbewusstsein des Schriftstellers angelegt, sonst könnten sie nicht so denken und handeln, wie es dann auf das Papier oder in den PC kommt. Der Schriftsteller kann seine Träume, Sorgen. Ängste in seinen Texten ausleben und verarbeiten. Wir Schriftstellerärzte sind unser eigenes Beispiel, wie ein Berufsstand die Alltagsprobleme durch betrachtende und distanzierende Schilderung zu bewältigen versucht und die Umwelt wenigstens ansatzweise daran teilhaben lässt.
    Der Schauspieler, darf in seinen Rollen alle seine verborgenen Eigenschaften voll ausleben. Dazu gehört viel innere Freiheit, besonders die unangenehmen und sozial nicht akzeptierten Triebe und Gefühle voll aus dem inneren Gefängnis der Erziehung oder repressiven Entwicklung ausbrechen und oft bedrohliche Gestalt annehmen zu lassen. Deshalb kann ein Schriftsteller oder ein Schauspieler nur etwas überzeugend produzieren (wörtlich: nach vorne -auf die Bühne- führen), was er selbst zumindest als Anlage besitzt.
    Wie reich sind diejenigen, die aus dem Erlebten durch bewusste Verarbeitung den eigenen inneren Reichtum steigern, wachsen und gedeihen lassen – und ihre Umwelt an diesen Früchten teilhaben lassen.
    Du hast in unserer BDSÄ-Homepage Deine eigene Form der asiatischen Kurzgeschichten gefunden. Darüber freue ich mich jedes Mal, wenn Du mir einen neuen Text schickst, der mir Freude beim Übersetzen macht, weil ich versuche, ihn in Deinem Stil zu übertragen.“

  • (30.3.2021)

    Antonia Fischer, Viviane Fischer, Reiner Füllmich und Justus Hoffmann gewidmet

    Wenn ich in dem hessischen Städtchen Rotenburg
    morgens voller Lebensfreude aufwache
    bedeckt nicht selten
    ein dichter Nebel
    die Fulda
    Wälder, Felder
    Häuser und Straßen
    Begleitet von einem schöpferischen Lächeln
    das tief in meinem Herzen tanzt
    ehre ich auch an solchen Tagen
    mit jedem meiner Teilchen
    das Leben
    und weiß
    dass die Sonne erscheinen wird

    ֎֎֎

  • Pfingsten 1987: Wir wollen uns ein wenig umsehen in Thüringen und Sachsen. Das Auto ist frisch gewartet, die Route genehmigt, (Inter-) Hotels sind festgelegt, Papiere und Pässe in Ordnung. Los geht’s. An der Grenze bei Herleshausen müssen wir natürlich warten. Aber dann schießen unsere Pässe über das Förderband zu uns zurück. In Gotha setzen wir zum ersten Mal den Fuß auf den Boden des nahen, fremden Landes. Der kleine Opel mit dem Mainzer Kennzeichen ist schnell bekannt und wird überall angestarrt. Keine Hindernisse, nur, dass wir eine Arabeske im Sinn haben: Ekkehard und Uta in Naumburg,  außerhalb unserer sanktionierten Route. Und wie der Teufel sein Spiel macht: Verkehrskontrolle. Herzklopfen. Führerschein und Kraftfahrzeugschein sind zur Stelle. Bremsen, Lichter, alles funktioniert wie am Schnürchen. Dann wird unser Reiseplan visitiert, wir fürchten Schlimmes. Doch wir bekommen unsere Papiere zurück mit den freundlichen Worten: Gute Fahrt, meine Damen!

    Ein anderes Glanzlicht: Die Drei Gleichen. Wir erklimmen alle drei Burgberge, genießen viel Grün und, anders als erwartet. intakte Wälder. Die Sage vom Grafen von Gleichen mit den zwei Ehefrauen geriet in das Goethe-Drama Stella, an das der Dichter, nachdem das Publikum gegen das tragische Finale  protestiert hatte, einen zweiten versöhnlichen Schluss anfügte. Da heißt es dann: Und Gott im Himmel freute sich der Liebe und sein heiliger Statthalter sprach seinen Segen dazu. Und ihr Glück und ihre Liebe fasste selig e i n e Wohnung,   e i n Bett und e i n Grab.

    Von Dresden ist es nicht weit nach Radebeul, wo mir, einer alten Karl-May-Leserin, im gleichnamigen Museum das Herz höher schlägt. Bautzen an der Spree, Görlitz an der Neiße, auch schon vor der grundlegenden Restaurierung eine schöne Stadt. Die Friedensbrücke. Da drüben liegt Polen, für uns Westdeutsche damals noch unsagbar fern.      

    Bei der Ausreise falle ich mit meinen beiden Fotoapparaten, einer für Diapositive, der andere für Negative, Papierabzüge, auf. Es sind zwei Praktika, VEB Pentacon, eine vorzügliche Marke, die zu dieser Zeit zwar exportiert, aber im eigenen Land nicht verkauft wurde. Ich rede und rede und kann den Zöllner schließlich daran hindern, meinen belichteten Film herauszureißen. Das Auto wird gründlich untersucht, auch der Benzintank. Sie lassen uns ungeschoren ziehen, wir müssen auch nichts bezahlen, haben nur mehr als eine Stunde verloren.     

    Pfingsten 1989: Diesmal geht es in den Norden der Deutschen Demokratischen Republik. Die erste Station ist Wismar mit der Insel Poel, wo wir Freunde besuchen. Am Pfingstsamstag sind wir nicht die einzigen, die von Schlutup aus nach Osten wollen. Die Grenze hält uns so lange auf, dass wir zu spät zu einem Stapellauf  kommen, schade. Aber Wismar ist schön, auf der Insel blüht der Raps, es duftet. Dicke Kastanienbäume stehen direkt an der Straße. Wir genießen den geräuchertem Aal, von unseren Gastgebern selbst gefangen und zubereitet. Weiter über Rostock und Schwerin, Stralsund und Rügen, Greifswald und Usedom, es klappt alles, wir sind begeistert. Auf der Rückfahrt treffen wir unsere Freunde noch einmal, in Grevesmühlen bei den beeindruckenden  Megalithen. Als wir uns verabschieden, fließen Tränen. Wann werden wir uns wiedersehen? Ein halbes Jahr später ist die Grenze weg. Die Freunde waren inzwischen sicher schon zehnmal bei uns, wir wenigstens fünfmal auf ihrer Insel. Der Raps und die Kastanien blühen immer wieder. Dicke alte Laubbäume begleiten die Straßenränder, so dicht an der Fahrbahn wie sie bei uns schon lange nicht mehr stehen dürfen. Eine kluge Entscheidung hält den Massentourismus fern, Hochhäuser dürfen nicht gebaut werden. Unsere Freundin kann sich nicht vorstellen, an einem anderen Ort dieser Welt zu leben als auf ihrer kleinen Insel.

    Oktober 1989. Familien-Besuch im Erzgebirge, Annaberg-Buchholz. Ich habe eine Tempo-Automatik für meinen Wagen bekommen, um die erlaubte Geschwindigkeit leichter halten zu können. Meine schwerbehinderte Tante muss Geld tauschen; für mich als Begleitperson entfällt der Zwangsumtausch, erstaunlich. Da wir privat wohnen, melden wir uns auf der Polizei an. Wir haben einen Obstkorb mit frischer Ananas, Zitrusfrüchten und Bananen dabei, natürlich auch Kaffee. Aber wir sind es, die verwöhnt werden, mit Köstlichkeiten aus einem privaten Delikatessenladen. Am nächsten Tag kriege ich „frei“, meine Tante gibt mir ihre Mark der DDR, und ich ziehe los, an der Zschopau entlang, vorbei an der Augustus-Burg, weiter nach Freiberg. Von der Stadt weiß ich nicht mehr viel, nur dass es im Ratskeller vorzügliche Rouladen mit Rotkraut gab. Natürlich keinen Wein dazu – Null Promille.      

    Einen Tag später ist schon wieder alles vorbei. Auf der Rückfahrt muss ich nach der richtigen Auffahrt fragen. Der nette ältere Sachse fleht mich förmlich an: „Ach bleiben Sie doch hier, was für eine Praxis könnten Sie haben! Uns laufen ja die Ärzte alle weg!“ Für einen Moment bin ich nachdenklich, aber wenn ich mich jetzt nicht beeile, stehen meine Patienten zu Hause bis auf den Marktplatz. Um 16.00 Uhr beginnt die Sprechstunde, und es ist leider schon 11.00 Uhr. Das wird knapp, aber wir schaffen es[1].

    1996 Klassentreffen in Berlin: Wir laufen immer und immer wieder durch das Brandenburger Tor, hinüber und herüber wie die kleinen Kinder; wohnen im Grunewald im wilden Westen und genießen Kabarett im Osten, die „Stachelschweine“ in der Friedrichstraße. Das literarische Quartett wird gründlich auf die Schippe genommen. Eine Kahnpartie auf der Spree muss natürlich auch sein, mit Gurken versteht sich. Aber was ist das alles gegen die Museumsinsel und den offenen Vorhang!


    [1] W. Wamser-Krasznai, Gehen oder bleiben? in: dies. Scholien und Spolien (2018) 103-105.

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    This is a known story of a young man who visited an experienced elderly person asking for the help. He felt worthless because was mocked and ridiculed as stupid by the neighbors. The old man remarked: „I’m sorry to hear that. I will be happy to help you as soon as you can solve one of my problems.” Then he took one yellowish bowl and handed it to the youngster: “Walk to the city market. There, try to sell this bowl, but don’t accept less than one gold coin.”  

    The young man took the bowl and went to the market. There, he began to offer it to the merchants. When he mentioned the price of one gold coin, one merchant laughed, another one turned his heads, one offered him a silver coin …     The young man followed the instructions and left the market. When he reached the old man, he told him, that he had failed to get the gold coin for the bowl.

    The old man commented, “You are right, young man, how would an ordinary merchant recognize the true value of this bowl?  Go to the goldsmith, and just ask him how much he offers, but don’t sell it to him and then come back. „

    The young man went to the goldsmith. The goldsmith put the eye magnifier and expertly inspected the bowl proofed the authenticity, looked the hallmarks, weighed it, and then offered six gold coins. The young man was surprised, but remembering the instructions, he thanked and excitedly ran back. The old man listened to him and then gave the advice: “You are like this bowl, valuable and unique. But not everyone sees it. Why do you want to be appreciated by someone who is not able to recognize it?”

    Dr. med. André Simon © Copyright

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Sachverstand

    Dies ist eine bekannte Geschichte von einem jungen Mann, der eine ältere Person besuchte, um Rat zu erbitten. Er fühlte sich wertlos, weil er von den Nachbarn verspottet und als dumm verlacht wurde. Der alte Mann meinte: „Es tut mir leid, das zu hören. Ich werde dir glücklicherweise helfen können, sobald du eines meiner Probleme lösen kannst.“ Dann nahm er eine gelbliche Schale und händigte sie dem Jungen aus: „Gehe zum Dorfmarkt. Versuche dort, die Schale zu verkaufen, aber nimm nicht weniger als 1 Goldmünze.“

    Der junge Mann nahm die Schale und ging zum Markt. Dort begann er, sie den Händlern anzubieten. Als er den Preis einer Goldmünze nannte, lachte ein Händler, ein anderer drehte seinen Kopf weg, einer bot ihm eine Silbermünze an. Der junge Mann befolgte die Anordnung und verließ den Markt. Als er den alten Mann traf, berichtete er ihm, dass er es nicht geschafft hatte, die Goldmünze für die Schale zu erhalten.

    Der alte Mann erwiderte: „Du hast Recht, junger Mann, wie kann ein gewöhnlicher Händler den wahren Wert dieser Schale erkennen? Geh zum Goldschmied, und frag ihn, wieviel er bietet, aber verkaufe ihm die Schale nicht, und dann komm zurück.“

    Der Jüngling ging zum Goldschmied. Der Goldschmied nahm das Vergrößerungsglas, betrachtete die Schale sachverständig, bestätigte die Echtheit, schaute sich die Punzen (Prägemarken) an, wog sie, und bot ihm dann sechs Goldmünzen. Der junge Mann war überrascht, aber weil er sich an die Anordnungen erinnerte, bedankte er sich und rannte aufgeregt zurück. Der alte Mann hörte ihm zu und gab dann den Rat: „Du bist wie diese Schale, wertvoll und einmalig. Aber nicht jeder sieht das.  Warum willst du von jemandem geschätzt werden, der nicht in der Lage ist, das zu erkennen?“

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    A psychologist was developing a group session, when he suddenly raised a glass of water. Everyone expected the classic question: „Is it half full or half empty?“ Instead, he asked: – How much does this glass weigh?  The answers varied between 200 and 250 grams. The psychologist replied:

    “Absolute weight is not important. It depends on how long I hold it in my hand. If I hold it for a minute, it won’t be a problem, but if I hold it for an hour, it will start to hurt my arm. If I hold it one day, my arm will numb first and then become paralyzed. The weight of the glass does not change, it is always the same. But the more I hold it, the heavier and harder it gets.

    Moral: this short story reminds us that the worries, negative thoughts, and resentment are like holding that glass of water. If we think about it, nothing happens. If we think about it all day, it starts to make us feel bad. And if we think about it all week, we will end up feeling paralyzed and unable to do anything. Therefore, we must learn to let go of anything that can harm us. Just as Roman philosopher   Mark Aurelius put it „It is my good luck that, although this has happened to me, I can bear it without getting upset, neither crushed by the present nor afraid of the future.“                                                                                                                          P.S.

    The neuroscientists made a trial by measuring of deposits of tau and beta amyloid, two proteins which cause Alzheimer’s disease. They have found, that negative thinking behaviors such as rumination produce more tau and beta amyloid buildup, worse memory and greater cognitive decline over a four-year period, compared to the people who were not worriers.                                                                    

    Dr. med. André Simon © Copyright

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Das Glas Wasser

    Ein Psychologe war dabei, eine Gruppensitzung zu entwickeln, als er plötzlich ein Glas mit Wasser hochhob. Jeder erwartete die klassische Frage: Ist es halb voll oder halb leer? Stattdessen fragte er: „Wieviel wiegt das Glas?“ – Die Antworten schwankten zwischen 200 und 250 g. Der Psychologe antwortete:

    „Das absolute Gewicht ist nicht wichtig! Es kommt darauf, wie lange ich es in der Hand halte. Wenn ich es eine Minute lang halte, ist es kein Problem, aber wenn ich es eine Stunde lang halte, wird mein Arm anfangen wehzutun. Wenn ich es einen Tag lang halte, wird mein Arm gefühllos, und dann wird er gelähmt. Das Gewicht des Glases ändert sich nicht, es ist immer gleich. Aber je länger ich es halte, umso schwerer und schwieriger wird es.

    Die wesentliche Aussage ist: Diese kurze Geschichte erinnert uns, dass all die Sorgen, negative Gedanken und Abneigungen ähnlich sind, wie wenn wir das Glas mit Wasser halten. Wenn wir darüber nachdenken, passiert nichts. Wenn wir aber den ganzen Tag darüber nachdenken, macht es uns schlechte Gefühle. Und wenn wir die ganze Woche lang darüber nachdenken, werden wir am Ende gelähmt sein und unfähig, irgendetwas zu tun. Deshalb müssen wir lernen, alles loszulassen, was uns schaden kann. Wie der römische Philosoph Marc Aurel es sagte: „Ich habe das große Glück, dass obwohl mir das passiert ist, ich es ertragen kann, ohne mich aufzuregen. Ich werde weder zerschlagen von der Gegenwart noch habe ich Angst vor der Zukunft.“

    PS.
    Die Neurowissenschaftler haben einen Versuch gemacht, indem sie die Ablagerungen der Tau- und Beta-Amyloide maßen, zwei Proteine, die die Alzheimer-Krankheit verursachen. Sie haben herausgefunden, dass die Angewohnheit des Negativ-Denkens wie Grübeln über einen Zeitraum von vier Jahren mehr Tau- und Beta-Proteinaufbau, schlechteres Gedächtnis und größeren kognitiven Abbau verursacht als bei Menschen, die keine Sorgenträger waren.

  •   09.02.2021:

            Die Genealogie der Nymphen ist ebenso kompliziert wie verwirrend. Je nach Überlieferung gelten sie als Göttinnen, halbgöttliche Wesen zwischen Olympiern und Menschen[1], ländliche Gottheiten[2] oder weibliche Naturdämonen in Menschengestalt[3]. Auf einer etwas tieferen Stufe in der Hierarchie angesiedelt als die Musen, Horen und Chariten stehen sie den Silenen, Faunen, Satyrn und Panisken nahe, diesen „Proletariern der niederen Götterwelt“[4].   

        Der alt-ehrwürdige Nymphen-Kult ist über ganz Hellas, später über das Römische Reich, verbreitet. Schwerpunkte liegen in Aitolien und Ionien[5]. Als Odysseus auf seine Insel, das ionische Ithaka, zurückkehrt , wird er unerkannt als vermeintlich Fremder vom Sauhirten Eumaios gastlich aufgenommen und wie alle anderen mit einer schönen Portion gebratenen Fleisches bewirtet. Als erste erhalten aber die Nymphen und Hermes ihren Anteil am Mahle: 

    …da erhob sich der Sauhirt,
    Um die Portionen zu teilen…
    Und er zerlegte das Fleisch in sieben gesonderte Teile;
    Einen stellt er den Nymphen und Hermes, dem Sohne der Maia,
    Betend hin…[6]  

        Meist findet die Verehrung der Nymphen in freier Natur statt, an Quellen, in Höhlen und Grotten, Wäldern und Bergen, später in Brunnenhäusern, bei den Römern auch in Tempeln. Von einem Nymphenaltar auf Ithaka ist schon Ende des 8. Jhs. v. Chr. die Rede:

    Kamen sie nahe der Stadt zum schön hinströmenden Brunnen,…
    und es war ein Altar für die Nymphen
    Drüber erbaut, wo die Wanderer immer ihr Opfer verrichten[7].
    Und weiter:

    Im Gebiete von Ithaka ist ein Hafen des Phorkys,
    Jenes Alten vom Meere;…
    Doch an des Hafens Kopf ist ein blätterbreitender Ölbaum
    Und ganz nahe bei ihm eine dämmrige, liebliche Höhle,
    Heiliger Ort der Nymphen, welche Najaden genannt sind[8].

        Von den Nymphen in der Grotte von Lokroi epizephyroi, die mit untergeschlagenen Beinen dargestellt sind, glaubte man, sie säßen von den Knien an abwärts im Wasser (Abb. 1).                                

                          Abb. 1: Nymphenheiligtum bei Locri, Reggio Calabria.
                           Nach: von Matt – Zanotti-Bianco 1961, 131 Abb. 125

        Abgesehen von einem niederen Polos sind sie nackt. Der Wunsch eines ranghohen Centurio, die Nymphen in ihrer Nacktheit zu sehen, geht in Erfüllung[9], doch sie erscheinen auch vollständig bekleidet oder nur halb entblößt. Ein Mantel, der sich um Gesäß und Beine schlingt, gibt häufig mehr preis als er bedeckt (Abb. 2).

              Abb. 2: Dionysos bei den Nysai, Theater Perge (Anf. 2. Jh. n. Chr.) 
                          Nach: Teatri class. in Asia min. IV (1974) 29 Abb. 28 

        Dichter feiern die Schönheit der Nymphen, preisen ihr herrliches Haar und ihre glänzenden Zöpfe[10]. Ein Marmorrelief in Neapel stellt den Reigen der  Chariten und Nymphen dar. Außer durch die Namensbeischriften, deren Buchstaben-Form in das 3. Jh. v. Chr. weist[11], lassen sie sich in der Kleidung unterscheiden. Die ersten drei, Chariten, tragen Chiton und Schrägmantel, die zweiten, Nymphen, einen Peplos mit langem Überschlag und Scheinärmeln. Im gleichen Gewand folgt ihnen ein kleines Mädchen namens Telonessos, eine  Ortspersonifikation der Insel Telos. Das Relief könnte in der Dodekanes entstanden sein[12].      

        Vielfach sind die Nymphen mit einem Polos als „Zeichen ihrer Göttlichkeit“[13] dargestellt, auch wenn der Körper unbekleidet ist  Das trifft auf sizilische und westgriechische (Abb. 1) Vertreterinnen ebenso zu wie auf attische (Abb. 7) und böotische[14]. In Karien stellte man Polos-Trägerinnen mit unspezifischen Attributen wie Schale, Protome und Fackel oder im Gebetsgestus[15] dar. Besonders beliebt waren Hydrophoren, Statuetten junger Frauen mit Wassergefäßen auf den Köpfen. Ișik setzt sie mit den Nymphen gleich[16].

        Die  meisten antiken Schriftsteller halten die Nymphen für unsterbliche Göttinnen: 

    Ich bin geboren zwischen einem Sterblichen und einer Göttin,
    einer unsterblichen Nymphe…[17]

    Olympische Gottheiten sind sie allerdings nicht; sie wurzeln fest in der Erde, werden jedoch von Themis auf Geheiß des Zeus zur Ratsversammlung in den Olymp berufen[18].   

       Nach anderen literarischen Zeugnissen leben Nymphen besonders lang,  makróbioi[19], sind aber sterblich. Hesiod beziffert ihre Lebenszeit auf 9720 Generationen[20]

    Sie leben sehr lange, essen sie doch ambrosische Speise[21],
    heißt es im Homerischen Hymnos an Aphrodite.

        Als Eltern der melischen Nymphen (μελία/melía=die Esche) nennt der Mythos die großen Gottheiten der ersten Stunde, Gaia/Ge und Uranos, also die Erde und den gestirnten Himmel. Gleichwohl gelten die Kinder. vermutlich  wegen besonderer Umstände ihrer Geburt, nur als halbgöttliche Zwischenwesen. Gehen wir zu den dramatischen Anfängen zurück: Als ersten hatte der geräumige Schoß der Erde den eigenen Gatten hervorgebracht, Uranos, der voller Liebesverlangen Scharen von Kindern mit ihr zeugt, göttliche wie Rheia, Themis und die liebenswürdige Tethys. Auch Okeanos entströmte ihr wirbelnd. Sie gebar den krummgesinnten Kronos und schreckenerregende Riesen, die dem Vater von Anfang an verhasst waren. Immer wenn einer geboren wird, verbirgt er ihn sogleich im Schoß der Erde. Die gequälte Gaia sinnt auf Abhilfe und macht ihren Sohn, den verschlagenen Kronos, zum Komplizen. Mit einer scharfen von ihr selbst erzeugten Sichel

    mähte er, ohne zu zögern, seinem eigenen Vater die Scham ab und warf sie nach hinten durch die Luft[22].

    Aus dem blutüberströmten männlichen Organ entsteht im Schaum der aufbrandenden Meerflut die Göttin der Schönheit, Aphrodite.

    Aber alle Tropfen, die blutig der Scham des Vaters entrannen,
    Gaias Schoß nahm sie auf und gebar im Kreislauf der Jahre
    der Erinyen starkes Geschlecht und die großen Giganten,
    …auch die Nymphen, die weit und breit die melischen heißen[23].

    Alle  Baumnymphen sind eng mit dem Schicksal ihrer ‚Wirts-Bäume‘ verknüpft:

    .. Zugleich mit seinem Tod… verlässt ihre Seele die strahlende Sonne[24].Als der thessalische König Erysichthon[25] eine gewaltige der Ceres heilige Eiche zu fällen wagt, muss auch ihre Nymphe sterben.

    Unter diesem Holz lebe ich, Ceres‘ liebste Nymphe. Sterbend weissage ich dir, dass dir die Strafe für deine Taten bevorsteht – mir ein Trost im Tode. 

    Ihre Schwestern, die Dryaden (δρυς/drys=Eiche) schwören Rache. Ceres  verhängt eine grässliche Strafe über den Frevler: er muss unstillbaren Hunger leiden bis er am Ende gezwungen ist, sich selbst aufzuzehren[26].

        Nach dem Volksglauben sind Quell- und Brunnen-Nymphen (Najaden, ναϊάδης, die Fließenden; Kreniaden,κρένη) ebenfalls vom Fortbestand ihrer Quelle oder ihres Wasserlaufs abhängig [27]. Wenn es an Wasser mangelt, grollen sie. Wer das Wasser trübt, erregt ihren Zorn. Mit Abscheu erfüllt sie die blutbefleckte Hand eines Mörders[28]. Beladen mit vollen Wasserkrügen eilen die Najaden herbei, um den Scheiterhaufen zu löschen, auf dem Herakles, der die vom Nessos-Gewand verursachten Qualen nicht länger erträgt, den Feuertod sucht[29].   

        Vater der Nymphen ist nach Homer der allzeit liebesfähige Zeus:

    und ringsum pflanzten dann Ulmen
    Nymphen der Berge, die Töchter des Zeus, des Halters der Ägis[30].

    Den Namen der Mutter nennt Homer nicht. Später tritt die unnahbare Themis an diese Stelle[31].

        Wohl wegen ihrer innigen Beziehung zu allem Feuchten und Flüssigen werden die Nymphen mit weiteren Elternpaaren in Verbindung gebracht[32], so mit Okeanos, der die bewohnte Welt als gewaltiger Ringstrom umfließt, und mit seiner Schwester-Gattin, der liebenswürdigen Meeresgöttin Tethys[33].

    Sie gebar dem Okeanos wirbelnde Flüsse, wie den Neilos, Alpheios, Peneios oder den Acheloos[34], der seinerseits als Vater der Nymphen genannt wird[35]. Auch  Töchter gebar sie [Tethys], … Peitho, Elektra, Doris, Urania, Europe, Metis, Kalypso, Tyche, Styx, glänzende Kinder von Göttinnen alle, die Okeaninen[36](=Okeaniden). Hesiod gibt ihre Zahl mit dreimaltausend an[37].

    Zeus betraut die Okeaninen mit dem Amt der Kourotrophos und lässt sie für die Ernährung und Erziehung kleiner Kinder sorgen[38]. Aus einer Weihinschrift in der Nymphen-Grotte auf dem Ossa geht hervor[39], dass Kourotrophoi bisweilen auch die Pflichten von Geburtsgöttinnen [Eileithyien] übernehmen.

          Abb. 3: Hermes übergibt der Nymphe Ariagne den mutterlosen Dionysos
                  Pelike in Palermo, ca. 460 v. Chr. Nach Zanker 1965, 78 Taf. 4

        Der Name der sonst kaum bekannten Nymphe Ariagne ist auf der Pelike (Abb. 3) epigraphisch belegt[40]. Die kleinasiatischen Nysai, eine Najadengruppe[41], betreuen den kleinen Dionysos (Abb. 2).  

        Vier Nymphen, Najaden und Dryaden, dienen im Haus der Kirke:   

    Dienerinnen waren derweil in den Hallen beschäftigt,
    Vier, die in ihrem Haus die Hausarbeiten verrichten.
    Diese sind alle zumal aus Quellen und Hainen entsprossen
    Und aus heiligen Strömen, die sich zum Meere ergießen[42].

        Dass die Hesperiden zu den Nymphen zählen, wird manchmal bezweifelt. Hesiod äußert sich nicht dazu, doch der spätantike Nonnos betrachtet sie als Nymphai d‘ Hesperides[43].

    Aber die Nacht (Νὺξ) gebar …die Hesperiden, die jenseits des ruhmvollen Ringstroms – Okeanos – goldene Äpfel und Bäume, von Früchten prangend, bewachen[44]. Andere antike Autoren nennen sie Töchter des Atlas, des Okeanos oder des Zeus und der Themis[45].

        Heilnymphen heben sich bisweilen durch sprechende Beinamen von den anderen ab: medicae, salutiferae, salutares[46].

    Gegen fünfzig Stadien von Olympia entfernt liegt das elische Dorf Herakleia und dabei der Fluss Kytheros; eine Quelle ist da, die in den Fluss mündet, und ein Nymphenheiligtum an der Quelle. Jede der Nymphen hat ihren besonderen Namen“. Eine von ihnen heißt Iasis,die Heilerin.

    Wenn man in der Quelle badet, erlangt man Heilung von Erschöpfung und verschiedenen Schmerzen[47].

        In Samikon[48] ist eine Höhle nicht weit vom Fluss, die Höhle deranigridischen Nymphen genannt. Und wer mit der Weißfleckenkrankheit hineingeht, muss zuerst zu den Nymphen beten und ihnen irgend ein Opfer geloben, und dann lösen sich die kranken Stellen des Körpers ab. Wenn er den Fluss durchschwimmt, lässt er jenen Schaden in seinem Wasser zurück und steigt gesund und mit gleichmäßiger Hautfarbe heraus[49].                              

        An der Nordküste Siziliens, zwischen Palermo und Messina, besitzt die Nymphe Himera ein Heil-Heiligtum, dessen Quellen sie für Herakles und Athena sprudeln lässt[50]. Einige Münzen sind mit „Himeraion“, auf dem Gelände des heutigen Termini Imerese, beschriftet. Die Rückseite eines silbernen Tetradrachmon zeigt die Ortsnymphe bei der Trankspende/Libatio (Abb. 4).

    Inzwischen hält ein Silen seine Schulter in den heilsamen Strahl, der aus dem Löwenkopf-Wasserspeier hervorschießt[51].

                         

       Abb. 4: Silbernes Tetradrachmon, 430/420 v. Chr.
                                         Nach Franke 1964, 44 f. Taf. 22 a

        Etwa 15 Stadien unterhalb des Kithairon- Gipfelsbefindet sich eine Höhle der kithaironischen Nymphen, Sphragidion genannt, und die Nymphen sollen hier einst auch Orakel gegeben haben[52]. Seit sie in der Schlacht von Platää den Griechen gegen die Perser 479 v. Chr. beigestanden haben, erhalten sie staatliche Opfer[53].

    Ge verleiht für ihre älteste Orakelstätte in Delphi der Oreade Daphnis[54] prophetische Gaben.

        Nymphen  übergeben Perseus die notwendigen Gegenstände zur Tötung der Medusa: Kibisis (die Tragetasche für das abgeschlagene, versteinernde, Gorgonenhaupt), Tarnkappe und Sichel[55].

        Ganze Nymphen-Scharen stehen der Göttin Artemis zur Verfügung. Sie hatte sich von ihrem Vater Zeus sechzig neunjährige Okeanostöchter als Tanz-Gefährtinnen erbeten, dazu zwanzig amnisische Nymphen als Helferinnen bei der Jagd, auf dass sie

     mir die Jagdstiefel und… die schnellen  Hunde gut versorgen[56]…     

        Auch Apollon, Dionysos und Hera erfreuen sich der Gesellschaft von Nymphen[57]. Für den Hauptort der Herainsel Samos überliefert Anakreonden Namen Nymphenstadt. Das Heraion soll von den autochthonen Lelegern zusammen mit den Nymphen erbaut worden sein[58]. Juno rühmt sich ihres Gefolges von vierzehn besonders schönen Nymphen[59].

        Nach Apollonios von Rhodos werden die chthonischen Nymphen von den Leuten aus Kyrene als Garantinnen der Fruchtbarkeit verehrt. Auf einem der libyschen Grottenheiligtümer ist eine entsprechende Inschrift eingraviert[60].

                                Abb. 5: Chthonische Nymphen, Kyrene/Libyen
                           Umzeichnung nach A. Pagnini, Luni 2002, 356 Abb. 5

        In den Nischen eines Felsplateaus am Abhang der Akropolis von Kyrene wurden zahlreiche Terrakotta-Statuetten gefunden (Abb. 5)[61], Nymphen in stoffreichen gegürteten Chitonen und Capes aus Ziegenfell[62]. Alle tragen den Polos und geschlossene Schuhe; sie sind meist von kleinen Vierfüßern begleitet und halten Silphion-Büschel in den Händen[63].  

        Aus dem verwirrend vielfältigen Kreis der Nymphen treten Einzelgestalten mit individuellen Schicksalen und eigenen Mythen hervor.

         Amalthea: Die Titanin Rhea bringt ihren Neugeborenen, den kleinen Zeus, zu den kretischen Nymphen. Eine von ihnen, Amaltheia, ernährt das Kind mit der Milch einer Ziege, die später ebenfalls Amaltheia genannt wird. Als der Ziege ein Horn abbricht, umwickelt es die Nymphe mit Gräsern, füllt es mit Früchten und bringt es dem Zeuskind[64]. Den griechischen Namen für das  Füllhorn, Keras Amaltheias, überliefern schon die Linear-B-Tafeln[65].

        Arethusa, eine Quellnymphe aus Elis[66], flieht mit Hilfe der Göttin Diana vor dem Flussgott Alpheus auf die kleine Insel Ortygia vor Syrakus[67]. Sie lebt in Sizilien als Zugewanderte, doch ist ihr dieser Boden nun lieber als jeder andere. Auf Grund ihrer Fähigkeit durch die Erdentiefe zu dringen, kennt sie den Aufenthaltsort der Proserpina. Sie nennt ihn der Mutter Ceres/Demeter und tröstet diese ein wenig damit, dass die von Hades/Pluto wider Willen entführte Tochter nun die Mächtigste [ist] im Reich der Finsternis, die gewaltige Gemahlin des Königs der Unterwelt[68].

        Daphne, eine Tochter der Ge und einem Flussgott, wird von Apollon geliebt. Seine Verfolgung der Nymphe bleibt jedoch wie wir wissen vergeblich. Sie verwandelt sich in einen Lorbeerbaum, mit dessen heiligen Blättern und Früchten der Gott sich fortan schmückt und dadurch für immer mit der Geliebten verbunden bleibt[69]

       Die Oreade Echo ist berüchtigt wegen ihres unaufhörlichen Schwätzens. Mit  seichten Reden hält sie die eifersüchtige Juno so lange hin, bis Jupiter seine Liebeshändel mit anderen Nymphen zu Ende gebracht hat. Zur Strafe nimmt Juno der Echo die Fähigkeit, selbständig zu sprechen. Sie kann nur noch den Schluss einer fremden Rede nachplappern. Pan liebt sie und stellt ihr nach, wird jedoch abgewiesen, denn Echo liebt ihrerseits den schönen Narkissos. Doch der in sich selbst verliebte Jüngling zeigt ihr die kalte Schulter. Sie verzehrt sich in unglücklicher Liebe bis sie nur noch aus Knochen und Stimme –  dem Echo – besteht. Am Ende wird sie zu Stein[70].  

       Egeria,eineitalische Nymphe, zeichnet sich durch große Klugheit aus. Infolge ihrer umsichtigen Beratung herrscht Numa Pompilius, ihr Gemahl und  zweiter legendärer König von Rom, weise und friedvoll im Einklang mit den Göttern und er lehrt auch sein Volk, die Künste den Kriegen vorzuziehen. Als Numa stirbt, verfällt Egeria in lautstarkes Jammern und Klagen, bis die Göttin Diana von Aricia sie in eine Quelle verwandelt[71].

        Herkyna: Der gleichnamige Fluss…trennt den Hain des Trophonios von der Stadt Lebadeia in Böotien. Man erzählt, Herkyna habe hier einst mit Kore, der Tochter der Demeter gespielt, eine Gans gehabt … die in eine Höhle hineinflog. Unter dem Stein, wo die Gans sich versteckte, soll kaltes Quellwasser hervorgesprudelt und der Fluss deswegen Herkyna genannt worden sein. Am Flussufer steht ein Tempel derHerkyna und darin ein Mädchen mit einer Gans in den Händen. In der Höhle befinden sich die Quellen des Flusses… 

    Wer das Orakel des Trophonios einholen will, muss sich vorher kalten Waschungen mit dem Wasser der Herkyna unterziehen und von der heiligen Quelle trinken[72].  

        Herophile, die Tochter eines Sterblichen und einer Oreade vom Ida, trägt den Beinamen Sibylla und besitzt die Gabe der Weissagung. Ihr Leben ist endlich. In der Troas steht ihr Grabmal, auf dem ihr Schicksal in Form einer Elegie eingraviert ist: … den Nymphen und Hermes bin ich hier nahe… [73]

        Kallisto, die schöne Nymphe und Jagdgefährtin der Artemis/Diana hatte ebenso wie ihre Göttin Keuschheit gelobt. Eines Tages erliegt sie dem gewaltsamen Werben des Zeus und wird schwanger. Als dies Hera entdeckte, verwandelte sie Kallisto in einen Bären, und Artemis erschoss diesen Hera zuliebe. Zeus aber schickte Hermes, um das Kind zu retten, das Kallisto im Leibe trug. Kallisto selbst aber verwandelte er in ein Gestirn, den sogenannten Großen Bären…[74]

    In Parallelmythen wird Kallisto von der enttäuschten und gekränkten Artemis getötet, oder von ihrem Sohn Arkas, dem späteren Lokal-Heros von Arkadien, der sie in ihrer Bärengestalt nicht erkennt[75]. …jedenfalls zeigen die Arkader ihr Grab[76].

        Die Nymphe Kalypso ist als Tochter des Atlas eine der  Hesperiden[77].

    Fernab liegt im Meer eine Insel, Ogygia heißt sie;
    Dort wohnt Atlas‘ Tochter, die listenreiche Kalypso,
    Die mit den schönen Flechten, die mächtige Göttin…[78]
    Doch der [Odysseus] sitzt nun fest auf der Insel
    In den Räumen der Nymphe Kalypso, welche mit Zwang
    Ihn hält[79]

    Nach sieben Jahren intervenieren die Götter und Kalypso muss Odysseus ziehen lassen, mit einem tüchtigen Floß, göttlichen Kleidern und reichlich Wegzehrung[80].

        Kirke, dieMagierin, kann Menschen in Tiere verwandeln. Den Gefährten des Odysseus gibt sie bekanntlich die Gestalt von Schweinen. Als Tochter des Helios und einer Okeanide[81] ist sie zugleich Göttin und Nymphe. Sie empfängt kultische Ehren und wird als unsterblich gepriesen[82], doch man zeigt auch ihr Grab[83]. Von Anfang ist sie heimisch in Italien, wo zwei ihrer Söhne über die Tyrsener herrschen[84]. Nach Strabon und Cicero[85] besitzt sie eine „Ara sanctissima“ am Cap Circeo.  

        Kyane/Cyane: Nachdem Pluto/Hades mit seinem Gespann und der geraubten Proserpina durch den heiligen See gestürmt ist, den Teich der Palicen, der nach Schwefel riecht und in einem Erdspalt brodelt[86], gelangt er zu einer Bucht nahe bei Syrakus, die von schmalen Landzungen umschlossen ist.

    Dort wohnte  Cyane, nach der auch ihr Teich benannt ist – die berühmteste unter den sizilischen Nymphen[87]. Sie erhob sich inmitten des Gewässers bis über die Hüften aus den Wellen und erkannte die Göttin [Proserpina/Persephone]. ‚Keinen Schritt weiter!‘ sprach sie. ‚Du kannst nicht gegen Ceres‘ Willen ihr Schwiegersohn werden, du hättest um Proserpina werben, nicht sie rauben sollen’…Als es Cyane nicht gelingt, den Herrn der Unterwelt aufzuhalten, zerfließt sie in Tränen und verflüchtigt sich in ihrem eigenen Quellwasser. Sogar ihre Stimme verliert sie. Als Ceres zu ihr kommt, irrend nach des Kindes Spur[88], gibt sie ihr ein untrügliches Zeichen, den auf ihren Wassern treibenden Gürtel der Jungfrau. Herzzerreißend ist die Trauer der Ceres und grenzenlos ihr Zorn auf die beiden Brüder, Hades und Zeus, der die Entführung angezettelt und sanktioniert hat. Sie gebraucht ihre Macht und lässt alle Vegetation absterben. Das Gras wird gelb, die Milch versiegt in den Eutern  und das Korn verdorrt auf dem Halm. Nun lenken die Brüder ein und handeln einen Kompromiss aus: in Zukunft wird Proserpina Frühling und Sommer bei ihrer Mutter verbringen und nur in der dunklen Jahreszeit zu ihrem Gatten zurückkehren. Jetzt sprießt wieder das Korn, die Kühe kalben und das Land entfaltet seine Blütenpracht.       

        Kyrene stammt vom Fluss Peneios in Thessalien. Ihr Liebhaber Apollon bringt sie nach Libyen zu den chthonischen Nymphen und macht sie „zu einer langlebigen Nymphe „[89]. Der gemeinsame Sohn Aristaios, ein weithin berühmter Agronom, lehrt die Menschen den Gebrauch der kostbaren Silphionpflanze[90] (Abb. 5).

        Maia, Nymphe und Göttin, wird meist mit ihrem berühmten Sohn Hermes zusammen genannt: Hermes preise, o Muse, den Sohn des Zeus und der Maia,…

    Ihn, den hurtigen Boten der Götter, den Maia, die liebend
    Zeus sich vermählte, gebar die Nymphe mit prächtigen Zöpfen[91].

    Und:
    Maia, die Tochter des Atlas, gebar den ruhmvollen Hermes,
    der Unsterblichen Herold, von Zeus in Liebe umfangen[92].

    Ihre Mutter ist die Okeanide Pleione. Dadurch gehört auch sie zu den Pleiaden, dem Siebengestirn[93]. Bei Arkas, dem Sohn der Kallisto[94], vertritt Maia Mutterstelle als Kourotrophos. In Italien und den Provinzen besitzt sie ihren eigenen Kult als Erdgöttin. Bisweilen identifiziert man sie mit der Bona Dea.

    Schon auf dem Klitias-Krater[95] ist sie inschriftlich als Teilnehmerin am Festzug der Götter zur Hochzeit des Peleus mit der Meergöttin Thetis gekennzeichnet.

        Thetis‘ Ehe mit dem sterblichen Peleus, von Zeus erwünscht und betrieben, ist „stumm“ und verläuft nicht glücklich[96]. Nach der Geburt ihres Sohnes Achilleus kehrt die Tochter des Alten vom Meer „in ihr Element zurück“[97]Aber sie kommt mit allen Töchtern des Nereus und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn…[98].

        Tyche, eine PersonifikationdesSchicksals, ist nach Hesiod eine der Töchter des Okeanos und der Tethys. Als Stattgöttin trägt sie die Mauerkrone. Zu ihren Attributen gehören auch Steuerruder und Füllhorn[99].

        Die Heiligtümer der Nymphen bestehen in griechischer Zeit aus natürlichen oder künstlich angelegten Quellgrotten[100]. Seit dem 1. Jh. v. Chr. entwickeln sich monumentale Brunnenfassaden mit vorgelagertem Becken. Öffentliche Nymphäen (Abb. 6) dienen der Hygiene und dem Wohlbefinden, sind aber zugleich Orte der Nymphen-Verehrung und Weihestätten für deren Geschenk, das lebensspendende Wasser[101].

          Abb. 6: Kleines Nymphäum im Apollonheiligtum von Kyrene/Libyen
                                       Aufnahme der Verfasserin, 2009

        In der NympholepsieerfahrenErgriffene“ die ambivalente Macht der Nymphen in ihrer positiven Ausprägung. Verzücktes Staunen, Erweiterung des Bewusstseins, geschärfte Wahrnehmungsfähigkeit und besondere Redegabe und Ausdruckskraft sind die Folge. „Von Plato wussten die Spätgeborenen, dass die Göttinnen ihm schon als Kind das Geschenk der honigsüßen Rede in den Mund gelegt hatten“[102]. Phaidros bemerkt, dass seinen Freund Sokrates ein ganz ungewöhnlicher Fluss der Rede ergriffen hat und spricht ihn darauf an. Dieser erwidert:

    In Wahrheit göttlich scheint dieser Ort zu sein, so dass wenn ich im Lauf der Rede von den Nymphen ergriffen werde, du dich nicht wundern mögest. Denn schon jetzt bin ich nicht mehr gar fern von Dithyramben [103].  

        Auf einem attischen Weihrelief (Abb. 7) führt Hermes einen Reigen von drei mit dem Polos- geschmückten jungen Frauen an. Der dritten folgt ein nackter Knabe, dessen Handgelenk sie fest umschlossen hält, ein von den Nymphen Ergriffener, νυμφόληπτος, den sie mit sich zieht in ihren Bereich[104].  

                        Abb. 7: Athen, Akropolis- Mus. 702, um 510 v. Chr.
                                       Nach: Hausmann 1960, 11 f. Abb. 1

        Mitunter ist Nympholepsie ein gefährliches Laborieren am Abgrund. Der  junge Hylas, ein Geliebter des Herakles auf der Argonauten-Fahrt, gefällt auch den mysischen Quellnymphen so sehr, dass sie ihn überwältigen und zu sich ins Wasser ziehen[105]. Ein römisches Wandgemälde aus der Mitte des 2. Jhs n. Chr. zeigt den Jüngling gelassen sitzend im Kreis der Nymphen, ein Schilfbündel in der Hand. Oder wird Hylas in ein Echo verwandelt? Gründet er die Stadt Kios? Ist er dem Tod durch Ertrinken verfallen?[106] Wer denkt da nicht an Goethes Ballade vom Fischer, den eine Nixe mit sich in das feuchte Element herab schmeichelt?

     Das Wasser rauscht‘, das Wasser schwoll
    Ein Fischer saß daran…
    Aus dem bewegten Wasser rauscht
    Ein feuchtes Weib hervor….
    Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm,
    Da war’s um ihn geschehn.
    Halb zog sie ihn, halb sank er hin
    Und ward nicht mehr gesehn.

        Das Wort Nymphe interessiert jedoch noch in anderer Bedeutung, nämlich als Synonym für  Kore/Mädchen, als Braut, jung verheiratete Frau[107] und Puppe.

        Sogenannte Torsopuppen, „truncated figures“ oder „Rumpfpuppen“, wurden meist ebenso wie Gliederpuppen als Spielsachen verstanden[108]. Man konnte die  unbekleideten  ‚Anzieh-Puppen ‚ mit festlichen, hochzeitlichen Gewändern schmücken[109]. Die gestreckten Hüftgelenke und vertikal ansetzenden Oberschenkel machten sie ungeeignet zum Sitzen; es sind ‚Stehfiguren‘. 

        Die irreführende Bezeichnung Torso- oder Rumpfpuppe schränkt auf Exemplare ohne Kopf und Gliedmaßen ein, während es sich bei den „Puppen“ um Nachahmungen menschlicher Figuren handelt, die abgesehen vom Rumpf auch aus einem Kopf und den Ansätzen von Extremitäten bestehen (Abb. 8)[110]. Ebenso unzutreffend ist der Ausdruck  „limbless“[111], da die Gliedmaßen ja projektiert, aber bewusst unvollständig belassen sind.

                         Abb. 8: „Puppe“, Frankfurt/Main, 2. Hälfte 5. Jh. v. Chr.
                                            Nach Andres 2000,  31 Abb. 3[112]

        Aus den entwickelten weiblichen Formen geht hervor, dass nicht unserem heutigen Puppen-Verständnis entsprechend Kleinkinder gemeint sind, sondern  junge Mädchen und Frauen.

        Von derselben Matrize wie das Beispiel in Frankfurt (Abb. 8) leiten sich weitere Statuetten ab, in Amsterdam[113] oder im Kerameikos von Athen[114]. Sie alle tragen einen Sakkos[115]. Weitere „Torsopuppen“ befinden sich in Berlin[116], München[117], New York[118]. Das Museum in Leiden besitzt einen weiblichen Unterkörper mit den Oberschenkeln[119]. Kataloge aus  London[120], Kopenhagen (mit Sakkos) [121], Königsberg[122], Würzburg (mit Sakkos)[123], Paris (mit sehr kurzen Oberschenkel-Ansätzen)[124], Corinth[125] zeigen Parallelen attischen Ursprungs[126]. Ebenfalls auf eine attische Werkstatt lässt sich ein weiblicher Schoß mit den Ansätzen von Oberschenkeln zurückführen; er stammt aus der  Umgebung des Mausoleums von Halikarnassos[127]. Nackte Frauen-Figuren mit Arm- und kurzen Bein-Stümpfen aus der Kyrenaika sind durch einen besonders breiten Stand ausgezeichnet. Eine von ihnen trägt Polos und Halskette. Die verkürzten Beine stehen auf einer rechteckigen Plinthe[128]. Eine weitere Statuette aus Kyrene folgt dem attischen Typus[129].

        Frauenkörper mit dem Ansatz von Extremitäten aus Theangela/Karien bezeichnet Ișik als Sitzfiguren, doch reicht anscheinend die geringe Beugung in den Hüftgelenken zu einer Sitzhaltung nicht aus[130]. „Torsopuppen“ aus Priene sind nach Rumscheid bisher nur im Grabungsinventar verzeichnet[131].

    In Tarent treten an die Stelle von Statuetten mit Extremitäten-Ansätzen eher nackte weibliche Halbfiguren ohne Unterkörper und Beine[132].

        Die Grabstelen jung verstorbener Mädchen mit „Torsopuppen“ in den  Händen sind ebenfalls attischen Ursprungs: Getty-Museum Malibu[133], Harvard University Art Museum Cambridge[134] (Abb. 9), Glyptothek München[135], Nationalmuseum Athen[136].

                               Abb. 9: Grabstele der Melisto, ca. 340 v. Chr.
                                           Nach Rühfel 1984, 175 Abb. 73 

        Gegen die Deutung der „truncated figures“ als Puppen spricht J. Reilly sich aus. Sie hält die entwickelten weiblichen Körper, „limbless“ figures, für anatomische Votive[137]. Weihgeschenke dieser Art seien an Göttinnen adressiert, denen das Übergangsstadium junger Mädchen zwischen Kore, Ehefrau und Mutter besonders am Herzen liege, also Artemis, Nymphen, Demeter, Kore/Persephone und Hera. Ob in den Händen vorzeitig verstorbener Mädchen wie auf attischen Grabstelen (Abb. 9) oder als Beigaben in Kinder-Gräbern seien sie geeignet, Bitten um Geschlechtsreife und fruchtbare Ehe posthum zu unterstützen in der Hoffnung, den jungfräulich Verschiedenen eine Art Ersatz für Hochzeit und Mutterschaft als dem wichtigsten Ziel im weiblichen Leben[138] zuteil werden zu lassen.                                                             

        Reilly ’s Interpretation als „anatomical votives“ ruft die große Zahl von Körperteil-Votiven in Erinnerung, die vor allem in etruskisch-italische Heiligtümer geweiht wurden. Dazu gehören weibliche und männliche Körper mit oder ohne Kopf, mit und ohne Kleidung und mit oder ohne Fensteröffnung zum Leibesinneren[139]. Sie alle muten als Weihgaben und Grabbeigaben heranwachsender Mädchen einigermaßen befremdlich an.

        Nach Neils und Oakley bestehe kein Grund, warum die „Torsopuppe“ nicht zwei Funktionen erfüllen sollte, nämlich als Weihgeschenk an eine Heilgottheit und als Spielpuppe – letzteres vor allem dann, wenn die Verstorbene noch so kindlich in ihre Beschäftigung mit Puppe und Spieltieren versunken sei wie Melisto[140] (Abb. 9). Eignen sich nicht ohnehin Puppen mit unvollständigen Gliedmaßen besonders gut als Spielzeug, weil sie von den kleinen Händen viel besser unterhalb der verkürzten Arme um die Mitte gefasst und aufgestellt werden könnten?[141] Auch Dörig befand das Weglassen der leicht abbrechenden Glieder bei den tönernen Spielpuppen für „äußerst zweckmäßig“[142].  

        Betrachten wir noch einen Typus nackter Gliederpuppen, auf deren Abdomen sich anatomische Details wie Nabel, Rippenbogen und Kompartimente des geraden Bauchmuskels abzeichnen. Dass es sich nicht um eine auf die Bauchdecke projizierte Gebärmutter handelt[143], sondern um subcutane Strukturen und um Einzelheiten innerhalb der Haut des Abdomens, zeigt ein Vergleich mit archaischen Kouroi und mit den Terrakotta-Statuetten Tarentiner Symposiasten aus derselben Zeit[144]

        Interessant ist die von Mollard-Besques favorisierte Deutung einer „Torso-Puppe“ als Göttin, speziell als „Coré“/Persephone [145]..Könnte  der Koroplast die Absicht gehabt haben, den Augenblick darzustellen, da die Göttin gerade aus dem Hades emportaucht und heraufsteigt (Anodos)?

         Abb. 10:  Hermes führt Persephone herauf, Glockenkrater, um 440 v. Chr.
                                           Nach Simon 21985, 101 Abb. 94

    Noch haften die Beine halb im Boden, doch die Gestalt ist schon dem Leben und der geliebten Mutter zugewandt[146] (Abb. 10).

    Abgekürzt zitierte Literatur und Abbildungsnachweis:

    Andres 2000: M. Andres, Die Antikensammlung. Hessisches Puppenmuseum Hanau-Wilhelmsbad (Hanau 2000)      Abb. 8

    Bacchielli 1994: L. Bacchielli, Un Santuario di Frontera, fra Polis e Chora, Libyan Studies 25, 1994, 45-59

    Becatti 1970/71: G. Becatti, Ninfe e divinità marine. Ricerche mitilogiche iconografiche e stlistiche, Stud.Misc. 17, 1970-1971

    Bell 1981: M. Bell, Morgantina Studies I The Terracottas (Princeton 1981)

    Bérard – Vernant 1985: C. Bérard – J.-P. Vernant, Die Bilderwelt der Griechen (Mainz 1985)

    Bol 1986: P. C. Bol, Liebieghaus – Museum alter Plastik III Bildwerke aus Terrakotta (Melsungen1986)

    Diez 1980: E. Diez, Quellnymphen, in: Forschungen und Funde, Festschrift Bernhard Neutsch (Innsbruck 1980) 103-108 Taf. 18-19

    Dörig 1958: J. Dörig, Von griechischen Puppen, AntK 1, 1958, 41-52 Taf. 22-26

    Feubel 1935: R. Feubel,  Die attischen Nymphenreliefs und ihre Vorbilder (Diss HD 1935)

    Franke 1964: P. Franke – M. Hirmer, Die griechische Münze (München 1964) Abb. 4 

    Fuchs 1962: W. Fuchs, Attische Nymphenreliefs, AM 77, 1962, 242-249, Beilage 64-69

    Geschenke der Musen 2003: Musik und Tanz im antiken Griechenland. Ausstellung Berlin 10.06.-31.08.2003 (Athen 2003) 208-210, Nr. 94-96

    Graepler 1994: D. Graepler, Kunstgenuss im Jenseits, in: Bürgerwelten (Mainz 1994) 43-58

    Graepler 1997: D. Graepler, Tonfiguren im Grab. Fundkontexte hellenistischer Terrakotten aus der Nekropole von Tarent (München 1997)    

    Güntner 1994: G. Güntner, Göttervereine und Götterversammlungen auf attischen Weihreliefs (Würzburg 1994)

    Hadzisteliou Price 1978: Th. Hadzisteliou Price, Kourotrophos (Leiden 1978)

    Hamdorf 2014: F. W. Hamdorf, Die figürlichen Terrakotten der Staatlichen Antikensammlungen München (Lindenberg im Allgäu 2014)

    Hampe – Simon 21985: R. Hampe – E. Simon, Griechisches Leben im Spiegel der Kunst (Mainz 21985)

    Hausmann 1960: U. Hausmann, Griechische Weihreliefs (Berlin 1960)     Abb. 7   

    Hdt.: Herodot, Historien. Griechisch-deutsch (München 1977)

    Hes. Theog.: Hesiod, Theogonie. Griechisch und deutsch. Hrsg. A. von Schirnding (Darmstadt 1991)

    Hesiod, Sämtliche Gedichte: Theogonie. Erga. Frauenkataloge. Übers. u. erläutert von W. Marg (Zürich und München 1984)

    Higgins 1967: R. A. Higgins, Greek Terracottas (London 1967)

    Hom. h.: Homerische Hymnen. Griechisch und deutsch, Hrsg. A. Walter (München 31970)

    Himmelmann-Wildschütz 1957: N. Himmelmann-Wildschütz, Theoleptos (Marburg 1957)

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    Iṣik 1980: F. Iṣik, Die Koroplastik von Theangela in Karien und ihre Beziehungen zu Ostionien (Tübingen 1980)

    Kallimachos 2004: Kallimachos Werke, Griechisch und deutsch (Darmstadt 2004)

    Kenner 1978: H. Kenner, Nymphenverehrung der Austria Romana, in: G. Schwarz – E. Pochmarski (Hrsg.), Classica et Provincialia. Festschrift Erna Diez (Graz 1978)

    Kerényi 71984: K. Kerényi, Die Mythologie der Griechen I (dtv München

    Klöckner 2001: A. Klöckner, Menschlicher Gott und göttlicher Mensch? Zu einigen Weihreliefs für Asklepios und die Nymphen, in: R. von den Hoff (Hrsg.) Konstruktionen von Wirklichkeit (Stuttgart 2001) 123 -130   

    Knauß 2012: F. S. Knauß (Hrsg.), Die unsterblichen Götter Griechenlands (Lindenberg im Allgäu 2012)

    Krause 1871: J. H. Krause, Musen, Grazien, Horen und Nymphen mit Betrachtung der Flussgötter (Halle 1871)

    Kultische Anatomie 2008: M. Recke – W. Wamser-Krasznai mit einem Beitrag von F. P. Moog, Kultische Anatomie. Etruskische Körperteilvotive aus der Antikensammlung der Justus-Liebig-Universität Giessen (Stiftung Ludwig Stieda (Ingolstadt 2008)

    Larson 2001: J. Larson, Greek Nymphs. Myth, Cult, Lore (Oxford New York 2001)

    Levi 1926: A. Levi, Le Terrecotte figurate del Museo Nazionale di Napoli (Firenze 1926)

    Luni 2002: M. Luni. Iconografia del Silfio e realtà botanica, QuadALibya 16, 2002, 351-362       Abb. 5

    Lunsingh Scheurleer 1986: R. A. Lunsingh Scheurleer,, Gireken in het klein. 100 antieke terracotta’s (Amsterdam 1986)

    Von Matt – Zanotti Bianco 1961: L. von Matt – U. Zanotti-Bianco, Großgriechenland (Würzburg 1961)      Abb. 1

    Merker 2000: G. S. Merker, Corinth XVIII, 4 (Princeton 2000)

    Micheli 2000: M. E. Micheli – A. Santucci, Il Santuario delle Nymphe chthoniai a Cirene (Rom 2000)

    Mollard-Besques 1954: S. Mollard-Besques, Cat. raisonné des figures et reliefs en terre cuite grec, étrusques et romains (Paris1954)

    Neils – Oakley 2003: J. Neils – J. H. Oakley, Coming of Age in Ancient Greece. Images of Childhood from the Classical Past (Hanover/New Hampshire 2003)

    Neutsch 1961: B. Neutsch, Der Heros auf der Kline, RM 68, 1961, 150-163 Taf. 62-72

    Ovid 2003: Ovid, Metamorphosen. Lateinisch/Deutsch. Übers. und Hrsg. M. von Albrecht (Reclam Stuttgart 2003)  

    Paus.: Pausanias, Reisen in Griechenland (Zürich – München 1986)

    RE XVII, 2: Pauly’s Realencyklopädie der Classischen Altertumswissenschaft XVII, 2, 1527-1599, Nymphai (F. Heichelheim)

    Reilly 22000: J. Reilly, Naked and Limbless: Learning about the feminine Body in Ancient Athens, in: A. O. Koloski-Ostrow – C. L. Lyons (Hrsg.), Naked Truths. Women, sexuality, and gender in classical art and archaeology (London – New York 22000) 154-173

    Rühfel 1984: H. Rühfel, Das Kind in der griechischen Kunst (1984)       Abb. 9

    Rumscheid 2006: F. Rumscheid, Die figürlichen Terrakotten von Priene (Wiesbaden 2006)

    Schauenburg 2007: K. Schauenburg, Zu einigen apulischen Vasen in Privatbesitz, in: NumAntCl  36, 2007, 113-135      

    Schwarzmaier 2015: A. Schwarzmaier, Gaben für eine nicht erlebte Hochzeit. Zu Funktion und Bedeutung einiger Terrakottatypen in klassischen Mädchengräbern in Athen, in: A. Muller – E. Laflι – St. Huysecom-Haxhi (Hrsg.), Figurines de terre cuite en Méditerranée grecque et romaine (Villeneuve d’Ascq 2015) 305-315

    Simon 1972: E. Simon, Hera und die Nymphen. Ein böotischer Polos in  Stockholm, RA 1972, 2, 205-220

             Simon 21981: E. Simon, Die griechischen Vasen ((München 21981)         

             Simon 31985: E. Simon, Die Götter der Griechen (München 31985)     Abb. 10

             Simon 2002: E. Simon, Embryo im Schoß der Aphrodite, Anodos 2/2002, 295-

             300

     Simon 2006: E. Simon, Anthropos. Der Mensch in der griechischen Bildkunst,  

     in: H.-R. Duncker (Hrsg.), Beiträge zu einer aktuellen Anthropologie (Stuttgart 2006) 353-368 

    Stillwell 1952: A. N. Stillwell, Corinth XV, II The Potter’s Quarter. The Terracottas (Princeton 1952)

    Strocka 2007: V. M. Strocka, Hermes und die Nymphen für Boioter, in: ΜΟΥΣΕΙΟΝ. Beiträge zur antiken Plastik. Festschrift zu Ehren von Peter Cornelis Bol (Möhnesee 2007) 131-139 

    Teatri 1974: Teatri class. in Asia min. IV (1974)      Abb. 3

    Van Straten 1981: F. T. van Straten, Gifts for the Gods, in: H. S. Versnel (Hrsg.), Faith Hope and Worship (Leiden 1981) 65-151

    Verg. Aen.: Vergil, Aenaeis (Stuttgart 32005)

    Vierneisel-Schlörb 1988: B. Vierneisel-Schlörb, Klassische Grabdenkmäler und Votivreliefs (München 1988)

    Wamser-Krasznai 2007: W. Wamser-Krasznai, Metamorphosen der Haut im antiken Mythos, in: Aktuelle Dermatologie 33/2007, 92-95

    Wamser-Krasznai 2012: Wie man sich bettet….Lager und Lagern in antiken Heil-Heiligtümern, Études classiques 80 (Namur 2012) 55-72

    Wamser-Krasznai 2013: W. Wamser-Krasznai, Für Götter gelagert. Studien zu Typen und Deutung Tarentiner Symposiasten (Budapest 2013)

    Wamser-Krasznai 2015: W. Wamser-Krasznai, Silphion – eine verschollene antike Wunderdroge? in: Fließende Grenzen (Budapest 2015) 50-53

    Wamser-Krasznai 2016: W. Wamser-Krasznai, Bene lava. Wasser und Baden in der Antike, in: Beschwingte Füße (Budapest 2016) 64-78

    Wamser-Krasznai, Artemis – eine Bärengöttin? in: dies. „Alpha-Götter“ (Filderstadt 2019) 109-121

    Winter I, 1903: F. Winter, Die Typen der figürlichen Terrakotten III, 1 (Stuttgart 1903)

    Zanker 1965: P. Zanker, Wandel der Hermesgestalt in der attischen

    Vasenmalerei (Bonn 1965)      Abb. 3


    [1] Simon 2006, 363.

    [2] Semideae, rusticae numinae, Ov. Met. I  192; RE XVII, 2, 1530.

    [3] DNP 8 (2000) 1071.

    [4] Krause 1871, 122. 178.

    [5] Plut. b. Stob. IV 16, 18; RE XVII, 2, 1530.

    [6] Hom. Od. 14, 432-436.

    [7] Hom. Od. 17, 205-210.

    [8] Hom. Od. 13, 96-112.

    [9] Kenner 1978, 98 Anm. 13 Taf. 37, 2; badend: Chalkidische Schale in Würzburg, LIMC VIII, 896 Nr. 71 Taf. 596. ferner Nr. 30 a Taf. 588. Nr. 40 a Taf. 592. Manchmal ist es lediglich eine Muschel, die den Schoß kaschiert, Diez 1980, 103 f. Taf. 18 f.  Kenner 1978, 98 Taf. 36. 37, 3.

    [10] Hom. h. An Hermes 4, 7.

    [11] LIMC III (1986) 199 Nr. 41 Taf. 156; Hes. Theog. 907 f.

    [12] Inselgruppe um Rhodos. LIMC III (1986) 199 Nr. 41 Taf. 156 (E. Harrison).

    [13] Bell 1981, 162-164, Nr. 253-264 Taf. 62.

    [14] Simon 1972, 209 Abb. 6.

    [15] Ișik 1980, 236 f. Taf. 24 f.

    [16] Anscheinend deutet sich neben einer von ihnen eine Quellgrotte an,  Ișik 1980, 181 f. 184 f. Taf. 9-16.

    [17] Paus. X, 12, 3; Orph. Arg. 648; RE 34, 1937, 1539..

    [18] Ov. met. I  192-195. Hom. Il. 20, 4-9.

    [19] RE XVII, 2, 1530

    [20] Hes. frg. 304 MW  (frg. 171, 5 Rz.); Simon 2006, 363.. .

    [21] Hom. h. 5 An Aphrodite  260; nach  Aristoteles (?) frg. 679 soll ihre Lebenszeit 1000 Jahre betragen,  Paus. X 10; RE XVII, 2, 1530. .

    [22] Hes. Theog. 180 f.

    [23] Hes. Theog. 126-195.

    [24] Hom. h. 5 An Aphrodite, 269-272; .

    [25] Ov. Met. VIII, 741-782.

    [26] Ov. Met. VIII, 815-880..

    [27] Krause 1871, 138. 161.

    [28] RE XVII, 2, 1536 mit Angabe verschiedener antiker Quellen.

    [29] Knauß 2012, 319-321 Abb. 21.26 – 21.29; ferner Kenner 1978, 103 Abb. 6 Taf. 39.

    [30] Hom. Il. VI, 419 f.; Hom. Od. VI, 102-105; IX, 154 f.; XIII, 355 f.;  XVII, 239; Hes. frg. 171, 5 Rz; Alk. frg. 11 D; RE XVII, 2, 1528. 1530.

    [31] Hes. Theog. 16; Themis ist eine Tochter des Uranos und der Gä; RE XVII, 2, 1527.

    [32] Orph. hym.51, 1; RE XVII; 2, 1528.

    [33] Hes. Theog. 136.

    [34] Hes. Theog. 337-345.

    [35] Plat. Phaidr.263 d.

    [36] Hes. Theog. 366.

    [37] Hes. Theog. 337-367.

    [38] Hes. Theog. 346-348; lat. „Nutrices“, Kenner 1974, 108 f.

    [39] Kenner 1978, 107 f. 

    [40] Zanker 1965, 78; „Ariadne: Sometimes confused with the nymph Ariagne“, Hadzisteliou Price 1978,  189.

    [41] Kenner 1978, 97.

    [42] Hom. Od. X 348-351.

    [43] Nonn.Dionys. XIII, 351 ff. Krause 1871, 145 f.

    [44] Hes. Theog. 211-216.

    [45] LIMC V (1990) 394.

    [46] Kenner 1978, 101.

    [47] Paus. VI  22, 7.

    [48] In der Landschaft Elis, im Nord-Westen der Peloponnes.

    [49] Paus. V, 5, 11; Wamser-Krasznai 2016, 70 f.

    [50] Pind. Ol XII 18; Diod. IV 23, 1 und V  3, 4; Strab. VI 275; RE VIII, 2, 1615 (Ziegler).

    [51] Wamser-Krasznai 2016, 71 Bild 5.

    [52] Paus. IX 4, 9.

    [53] Plut. Aristeid. 11, 3. 19, 6; Simon 1972, 2, 216.

    [54] Nicht zu verwechseln mit dem sizilischen Hirten gleichen Namens, Paus. X 5, 5.

    [55] Von Apollod. II, 4, 2.3. Namen und Zugehörigkeit erfahren wir nicht, Krause 1871, 147 Anm. 2 hält unter Berufung auf Ovid, Metamorphosen V, 540, die Avernalischen Nymphen für die Verantwortlichen bei der Abgabe und Rücknahme der Utensilien.

    [56] Amnisos: Kretischer Fluss, an dem ein Artemis-Heiligtum lag,  Kallimachos 2004,  Auf Artemis 403 und Anm. 1..

    [57] s. Nymphe beim Waschen des Kultbildes, Dionysos „Die Locken lang, ein halbes Weib?…(München 1987) 49 Abb. a.

    [58] Simon 1972, 216 f.

    [59] Verg. Aen. 1, 71-75.

    [60] Apoll. Rhod. II, 504 f. Bacchielli 1994, 54.

    [61] Bacchielli 1994, 45.

    [62] Hdt. IV 189, 2.

    [63] Micheli 2000, 43-60; Wamser-Krasznai 2015, 50-53.

    [64] Bemman 1994, 17; Hyg. astr. 2,3; Hyg. fab. 182; Eratosth. 13; Ov. fast. 5, 115-128; Pind. in Schol. Il. 21, 194. Münze aus Aigai, Zeit des Antoninus Pius: Amaltheia mit Zeuskind, Füllhorn und Ziegenkopf, LIMC I 1981, 583  Nr. 3 Taf. 437.

    [65] Bemmann 1994, 14 Anm. 12.

    [66] Im Westen der Peloponnes.

    [67] Paus. V 7, 2.

    [68] Ov. Met. V, 487-513. 572-642.

    [69] LIMC III (1986) 344 f.;  Ov. Met. I, 452-567; Wamser-Krasznai 2007, 92-95.

    [70] Ov. Met. III, 356-400.

    [71] Ov. Met. XV 482-599. 547-551; Plut. Leben des Numa 4.

    [72] Paus. IX  39, 2-5. 7. 8;  Hampe – Simon 21985) 5; Wamser-Krasznai 2012/13, 56. 65 f.

    [73] Paus. X  12, 1-7.

    [74] Paus. VIII 3, 6 f.

    [75] Wamser-Krasznai 2019, 113; dies. 2007, 96.

    [76] Paus. VIII 3, 7.

    [77] LIMC VIII, 891

    [78] Hom. Od. 7, 244-246. Ogygia ist fiktiv. Das maltesische Gozo und ein Inselchen südlich von Kreta streiten sich um die Ehre der Identifikation mit Ogygia.

    [79] Hom. Od. 5, 13-15.

    [80] Hom. Od. 7, 261-266.

    [81] Perse, Hom. Od. X  135-139; Hes. Theog. 956.

    [82] Hom. Od. XII 302.

    [83] Zwischen Eleusis und Salamis, Strab. IX 395, 13.

    [84] Hes. frg. 1011.

    [85] Am tyrrhenischen Meer, Latium, Strab. V 232, 6; Cic. nat. deor. III 48.

    [86] Verg. Aen. V, 732; VI, 126 f.

    [87] Inter Sicelidas Cyana celeberrima nymphas, Ov. met. V, 412. V 413 -440. 469-475; Bell 1981, 92 f..

    [88] Friedrich Schiller, Das eleusische Fest, 1798. Das Gedicht beginnt mit den Zeilen:

     „Windet zum Kranze die goldenen Ähren,

    Flechtet auch blaue Zyanen hinein…“ Der hiervon abgeleitete Name unserer Kornblume ist heute beinahe unbekannt.

    [89] Marg 526.

    [90] Pind. Pyth. IX v. 17 f.; Wamser-Krasznai 2015, 50 f.

    [91] Hom. h. An Hermes 4, 1-4.

    [92] Hes. Theog. 938 f. 

    [93] Hes. frg. 169 Merkelbach/West..

    [94] Apollod. 3, 8, 2.

    [95] Florenz, 570/565 v. Chr., LIMC  VI, 335 f. Nr. 14 Taf. 172; Simon 21981, 77 Taf. 52.

    [96] Soph. Troilos frg. 618.

    [97] Marg 324; Hom. Il. XVIII 35-85.

    [98] FriedrichSchiller, Nänie (1800).

    [99] Hes. Theog. 349-364; Wamser-Krasznai, Horn und Füllhorn, Abb. 1.

    [100] Verg. Aen. I 166-168.

    [101] Diez 1980, 107.

    [102] Himmelmann-Wildschütz 1957, 7 f.

    [103] Platon, Phaidros 238 c. d; Larson 2001, 13 f.

    [104] Klöckner 2001, 128. 

    [105] Himmelmann-Wildschütz 1957,  8; Apoll. Rhod. 1, 1207 ff. LIMC V, 577 Nr. 31 (J. H. Oakley). 

    [106] Nikandros frg. 48 Schneider; Schol. Aristoph. Plutus 1127; LIMC V, 374.

    [107] „Die reizvollste Entwicklungsstufe im weiblichen Leben“, Kenner 1978, 97.

    [108] Schauenburg 2007, 116 mit den Anm. 12-15.

    [109] Dörig  1958, 43 f.; Simon 2006, 361 f. In einem wohlbekannten Epigramm weiht Timarete-der Göttin Artemis „den kekryphalos …und die kórai (Puppen)…mitsamt den Puppengewändern“, Andres 2000, 9; Graepler 1997, 216-219 Anm. 137;  Rumscheid 1986, 225 Anm. 1386.

    [110] Andres 2000, 11 Abb. 3; ebenso Bol 1986, 82-85 Abb. 44; Simon 2006, 358 f. Abb. 6

    [111] Reilly, „Naked and Limbless“, 22000, 154. 

    [112] Kotera in: Bol 1986, 82-85 Abb. 44.  .   

    [113] Allard Pierson Museum, Lunsingh Scheurleer 1986, 29 Abb. 10.

    [114] Inv. 8698, Schwarzmaier 2015, 309 und Anm. 25 Abb. 6; Vierneisel-Schlörb Kerameikos XV (München 1997) 53 Nr. 146. 147 Taf. 30.

    [115] = Haube, die hinten in einer Spitze ausläuft.

    [116] Rohde 1968, 17 f. Abb. 19 a.

    [117] Hamdorf 2014, 163 D 35.

    [118] Reilly 22000, 161 Abb. 37.

    [119] Leyenaar-Plaisier 1979, 18 f. Taf. 4, 22.

    [120] Higgins 1967, 75 Taf. 30 B; ders. 1954, 182 Nr. 683 Taf. 89 (Kopf verloren).

    [121] Breitenstein 1941, 28 Nr. 266 Taf. 29.

    [122] Dörig 1958, 46 Taf. 25, 4; ferner ebenda 41-52 Taf. 22, 3. 24-26.

    [123] Schmidt 1994, 55 f. Nr. 58 Taf. 14 g.

    [124] Mollard-Besques 1954, 84 C 12 Taf. 56.

    [125] Merker 2000, 52 Anm. 205  MF-71-45 Taf. 75.

    [126] Hamdorf 2014, 163 äußert beim Exemplar D 35 Zweifel an der attischen Provenienz wegen der Tonqualität mit starkem Glimmergehalt.

    [127] Higgins 1954, 115 Nr. 373 Taf. 56.

    [128] Mollard-Besques 1954, 117 Nr. C 208. C 210 Taf. 83.

    [129] Winter 1903, 170, 3.

    [130] Iṣik 1980, 174 f. 186 f. Nr. 204. 205 Taf. 28.

    [131] Rumscheid 2006, 225 Anm. 1382.

    [132] Graepler 1997, 218 f.

    [133] Neils – Oakley 2003, 169 Nr. 68.

    [134] Neils – Oakley 2003, 307 Nr. 124 (unsere Abb. 9).

    [135] Vierneisel-Schlörb 1988, 65-71 Taf. 25 f.

    [136] Schwarzmaier 2015, 309 Abb. 8; Dörig 1958, 45 Taf. 23.

    [137] Reilly 22000, 162 f.  Abb 38; van Straten 1981, 106 Abb. 50. Ferner  Merker 2000, 49 f. C 106-C 109 Taf. 12.

    [138] Graepler 1994, 50; Schwarzmaier 2015, 310 f.. 315 Abb. 6; anders Simon 2006, 361 f. 

    [139] Recke – Wamser-Krasznai 2008, 49. 51. 119. 136 Abb. 46. 47; den Hinweis auf einen großformatigen männlichen Terrakotta-Körper mit Ansätzen von Extremitäten und intakter Vorderseite ohne Fensteröffnung, London, BM, Cat. Walters 1903, 371 Nr. D 439 Abb. 73, verdanke ich M. Recke, Frankfurt am Main; ferner Thorax und rechter Arm eines Mannes, Korinth, .Hygieia 2014, 226 Abb.96.   

    [140] Neils – Oakley 2003, 265. 307 Abb. 68. 124; Dörig 1958, 41. .

    [141] Unkonventioneller Vorschlag von Dipl. Ing. P. L. Krasznai, Budapest. 

    [142] Dörig 1958, 46.

    [143] Anders Schwarzmaier 2015, 310 Anm. 31 (mit Hinweis auf Exemplare der myrinäischen Aphrodite orientale, hinter deren  abnehmbarer Nabelpartie sich ein „Embryo“ befindet, dazu V. Dasen, Femmes à tiroir (Fribourg – Göttingen 2004) 141; ‚Initiation‘ aufwachsender Mädchen, Simon 2002, 297; Winter 1903, 169, 2; Stillwell 1952, 149 Nr. XX, 8. 9 Taf. 31.

    [144] Kouroi: E. Buschor, Frühgriechische Jünglinge (München 1950) 40 Abb. 44. S.86 f. Abb. 97; Martini 1990, 182 Abb. 58. S. 184 Abb. 60; Symposiasten: Levi 1926, 26 f. Abb. 28;  Wamser-Krasznai 2013, 182 Nr. 437 Abb. 83; dies., Fehldiagnose! In: Fließende Grenzen (Budapest 2015) 17 f. Bild 7. 8;  Winter 1903, 198, 7.

    [145] Mollard-Besques 1954, 83 f. C 10-C 12 Taf. 56.

    [146] Neils – Oakley 2003, 125 Abb. 13; Bérard – Vernant 1985, 165 f. Abb. 159.

  • The father and his son were walking up the mountain. Suddenly, the boy stumbled over a rock and howled: „AAAHH!“ From the mountain echoed: “AAAHH «. Curious, the boy shouted: „WHO ARE YOU?“ It echoed from the mountain: „WHO ARE YOU? ». Astonished, the boy looked at his father and asked: „Dad, what´s going on here?“
    His father explained:  „People call this an echo, but in the fact, it is „The LIFE».  
    The life always gives you back what you give.  
    If you want to receive kindness, give more kindness.   
    If you want to receive goodness, give goodness.                                                             
    If you want to be understood, try to understand others.                                                                
    If you want people to be patient with you and respect you, then you have to be patient with people and respect them, too.                                                            
    If you want to be happy, make someone else happy, consequently you will be happy, too.  
    This rule applies to every area of ​​life, Life gives you back what you give! The course of your life is not a pile of coincidences. 
    The life is the mirror of your deeds.  The life‘ journey is like the mirror that reflects our deeds.

    Dr. med. André Simon © Copyright                                                                                  

    Author’ s note:                                                                                     
    Second Indian Philosophy is our future fate set by our present deeds. It’s called karma – the law of action and reaction. The law of karma dictates that people create their own destinies according to their own activities, or, like it says in the Bible – as you sow you shall reap.                           

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Der Spiegel

    Der Vater und sein Sohn wanderten auf einen Berg. Plötzlich stolperte der Sohn über einen Fels und heulte: „Aaah!“ Vom Berg herunter kam das Echo: „Aaah!“
    Neugierig rief der Sohn: Wer bist du?“. Vom Berg kam das Echo. „Wer bist du?“
    Erstaunt schaute der Sohn den Vater an und fragte: “ Papa, was passiert da?“

    Sein Vater erklärte: „ Die Menschen nennen das Echo, aber tatsächlich ist es das Leben. Das Leben gibt dir immer zurück, was du gibst.
    Wenn du Freundlichkeit erhalten willst, gibt mehr Freundlichkeit.
    Wenn du Güte erhalten möchtest. gib mehr Güte.
    Wenn du verstanden werden möchtest, versuche andere zu verstehen.
    Wenn du willst, dass die Leute mit dir geduldig sind und dich respektieren, dann musst du geduldig sein und sie auch respektieren.
    Wenn du glücklich sein willst, mache jemand anderen glücklich, also wirst du auch glücklich.
    Diese Regel passt zu jedem Lebensgebiet. Das Leben gibt dir zurück, was du gibst.
    Der Lauf deines Lebens ist nicht eine Anhäufung von Zufällen.
    Das Leben ist der Spiegel deiner Taten.
    Die Lebensreise ist wie ein Spiegel, der deine Taten widerspiegelt.

    Notiz des Autors:

    Der indischen Philosophie entsprechend wird unser zukünftiges Schicksal durch unsere gegenwärtigen Taten festgelegt. Das wird Karma genannt – das Gesetz von Handlung und Reaktion. Das Gesetz de Karmas schreibt vor, dass die Menschen ihr eigenes Schicksal entsprechend ihren eigenen Aktivitäten erschaffen, oder wie es die Bibel ausdrückt:  Wie du säst, wirst du ernten.

  • Tote Tante oder Lumumba ist heißer Kakao mit Rum. Der Name Tote Tante geht auf eine Legende der Insel Föhr zurück, nach der die Urne mit der Asche einer in Amerika verstorbenen Föhrerin in einer Kakaokiste auf die Insel zurückkehrte.

    Patrice Lumumba war ein Politiker des Kongo. Lumumba war Gegenstand der Diskussion über die Umbenennung rassistischer Bezeichnungen, wie auch Negerkuß und Zigeunerschnitzel, nachzulesen bei Wikipedia.

    Helida heißt das Hoch, das uns aus Skandinavien Sonne und Kälte bringt.

    Identisches Wetter hatten wir, als wir vor genau drei Jahren hierher gezogen sind, aufs Dorf. Am Umzugstag waren es minus 15 Grad. Heute Nacht waren es minus 16, und Bruder Torsten hatte in Braunschweig sogar minus 20. Höher, schneller, weiter, kälter.

    Der Mühlenteich ist vom Schnee geräumt und bereit zum Schlittschuhlaufen.

    Gestern habe ich uns die Liegestühle auf die Terrasse gestellt, und dann konnten wir in der Mittagssonne ein Sonnenbad nehmen.

    Die Luft roch nach Skiurlaub, die Liegestühle im Sonnenschein erinnern an den Zauberberg, nur ohne Berge.

    Im Urlaub würden wir jetzt auf der Hütte eine „Tote Tante“ bestellen, die im Süden Lumumba genannt wird: Heißer Kakao mit Rum.

    Tote Tante macht auch bei tagelangem Regenwetter im August auf der bekannten Nordseeinsel südlich von Dänemark gute Laune.

    Kakao haben wir noch. Aber Rum ist alle.

    Im Spirituosenschrank findet sich allerdings noch eine angebrochene Flasche Cognac. Den haben unsere Mütter immer gerne getrunken, wenn sie vor 30 Jahren auf unsere Kinder aufgepaßt und eingehütet haben. Immer die Diskussionen, ob Martell oder Hennessy der bessere sei.

    Offensichtlich war Martell besser, denn Hennessy hat überdauert. Niemand trinkt heute mehr Cognac. So hat die Cocnacflasche den Umzug von Lübeck nach Bremen genauso überlebt wie den Umzug von Bremen nach Meyenburg.

    Nachdem wir die „Tote Tante“ gegoogelt haben und wissen, dass das erlaubt ist, soll der Hennessy in die Tote Tante.

    Der Kakao ist gekocht.

    Der Hennessy wird entkorkt. Allerdings: Der Korken, in 30 Jahren total vertrocknet, zerbröselt in tausend Stückchen. Ein Teil fällt in die Flasche. So wird der Kakao mit gesiebtem Hennessy zur Toten Tante veredelt.

    Schmeckt.

    Umgehend durchflutet eine wohltuende Wärme den Körper.

    Und die Stimmung steigt noch weiter, wobei sie wegen des Sonnenscheins im Schnee bereits auf hohem Niveau stabil war.

    Was für ein schöner Tag. Die Erinnerung an die Omas und unsere Kinder – jetzt sind wir die Großeltern, und wir werden die Tradition aufrechterhalten.

    Die Tote Tante lebt, und Oma auch.

    Der gesiebte Hennessy wird aufgehoben.

  • Bee on Cranesbill / Biene auf Storchschnabel

    Patience is a trait possessed by one who calmly, without upset and anger, endures difficult life circumstances. A patient individual is a person who can accept a difficulty and has enough courage and strength to face it. One of the many sayings about patience is:  „Of all the warriors, two are the strongest: time and patience.“

    The world philosophies consider patience to be a sublime and ennobling human trait. In the Indian religious scriptures, it is written „There is no evil worse than anger, nor virtue greater than patience.“  As well as „In patience there is no anger, in anger there is no patience.“

     Mahatma Gandhi told us, how to gain and develop patience: „Patience we only learn by patience! “

    Anger is at the root of hurt, aggression and cruelty, towards oneself and towards the others. It destroys inner peace, relationships and is the cause of unfortunate circumstances in the society. We extinguish anger by making ourselves aware of it, accepting and expressing it constructively.

    In today’s fast-paced world, it is easy to get addicted to quick solutions and meet needs without respecting the natural course of things, which means delaying satisfaction, perseverance and patience. Our expectations of quick solutions have quietly crept from the business world into the private spheres.                                    The value of time is measured in money, in the achievements that are „on the price“ today.

    We are increasingly prone getting nervous, if things don’t go the desired course or speed. Then we show typical signs of impatience: „we lose our temper“, we get angry and become intolerant.

    Instead of allowing us to do more work in less time, and get more time for vacation, family, hobbies, etc. The modern technology has imposed new patterns on us and erased the boundaries of professional and private time. Additionally, burdened, we fail to reconcile the irreconcilable, and thus undermine our health, relationships, life satisfaction.

    A patient man enjoys the journey to the goal. Without patience there is no progress, no real progress in the life.

    Dr. med. André Simon © Copyright

    Credits: The flower and bee were photographed by Dr. Dietrich Weller, who has agreed to illustrate this story. The author is grateful for this permission.

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Die Tugend der Geduld

    Geduld ist ein Wesenszug von jemandem, der ruhig, ohne Aufregung und Ärger schwierige Lebensumstände erträgt. Eine geduldige Person nimmt eine Schwierigkeit an und hat genug Mut und Stärke, um sich mit ihr zu konfrontieren. Eines der vielen Sprichwörter über Geduld lautet: „Von allen Kämpfern sind zwei die stärksten, Zeit und Geduld.“

    Die Philosophien der Welt betrachten Geduld als erhabene und veredelnde menschliche Eigenschaft. In den indischen Religionsschriften steht: „Es ist kein Übel schlimmer als Wut, keine Tugend größer als Geduld.“ Ebenso steht da: „In der Geduld gibt es keine Wut, in der Wut keine Geduld.“

    Und Mahatma Gandhi lehrte uns, wie wir Geduld gewinnen und entwickeln können: „Geduld lernen wir nur durch Geduld.“

    Wut hängt an der Wurzel von Schmerz, Aggression und Grausamkeit gegen sich selbst und gegenüber anderen. Sie zerstört inneren Frieden und Beziehungen und ist die Ursache von unseligen Umständen in der Gesellschaft. Wut löschen wir aus, indem wir sie uns bewusst machen, annehmen und konstruktiv ausdrücken. We extinguish anger by making ourselves aware of it, accepting and expressing it constructively.)

    In der heutigen schnelllebigen Welt ist es leicht, süchtig zu werden für schnelle Lösungen und Befriedigung von Bedürfnissen, ohne den natürlichen Verlauf von Angelegenheiten zu respektieren, was bedeutet, dass wir die Genugtuung, das Weiterbestehen und die Geduld verschieben. Unsere Erwartungen von schnellen Ergebnissen sind still von der Geschäftswelt in die privaten Bereiche gekrochen. Der Wert von Zeit wird in Geld gemessen, an Erfolgen, die heutzutage „ihr Geld wert“ sind.

    Wir neigen zunehmend dazu, nervös zu werden, wenn die Dinge nicht den gewünschten Weg oder uns nicht schnell genug gehen. Dann zeigen wir typische Zeichen der Ungeduld: Wir verlieren unsere gute Laune, wir werden ärgerlich und intolerant. Bezeichnend ist Michelangelos Behauptung: „Das Genie verkörpert ewige Geduld.“

    Die moderne Technologie hat uns neue Muster auferlegt und Grenzen zwischen geschäftlicher und privater Zeit weggewischt. Zusätzlich schaffen wir es durch die Belastung nicht, das Unvereinbare miteinander in Einklang zu bringen, und dadurch unterhöhlen wir unsere Gesundheit, unsere Beziehungen und die Lebensbefriedigung.

    Wenn wir die Tugend der Geduld besitzen, genießen wir die Reise zum Ziel. Ohne Geduld gibt es keinen Fortschritt, keinen wirklichen Fortschritt im Leben.

    Dank: Die Blume mit der Biene wurde von Dr. Dietrich Weller fotografiert,. der zugestimmt hat, diesen Text mit dem Bild zu illustrieren. Der Autor dankt für diese Genehmigung.

  • Prolog 1: Die „Fritz“ ist ein Renndoppelzweier unseres Ruderclubs RV OSCH (Osterholz-Scharmbeck), ein in die Jahre gekommenes Boot des Herstellers Filippi, einer Ruderwerkstatt aus Wetzlar. Zugelassen bis 90 kg. Es fährt nicht mehr so richtig geradeaus, es ist ein bisschen „weich“, aber ich liebe es.

    Prolog 2: Alexander von Humboldt reiste im Jahr 1800 ins Orinoco-Tal. Zusammen mit seinem Begleiter, dem französischen Botaniker Aimé Bonpland sammelte er wichtige geographische, zoologische und botanische Daten, die viele Mythen um die unerforschte Region entkräften konnten. Humboldt faszinierten vor allem die für den gewaltigen Strom so charakteristischen „zerstreuten Landschaftszüge, dieses Gepräge von Einsamkeit und Großartigkeit.“ (Wikipedia)

    Sonntagmorgen im Januar 2021, Temperatur knapp unter Null, Windstille, die Sonne möchte rauskommen, traut sich aber nicht richtig.

    Zu zweit gehen wir aufs Wasser, und wir müssen aufpassen: Es sind noch zwei Rennzweier unterwegs.

    Richtung Ritterhude passieren wir die bewaldete Mündung des Scharmbecker Bachs.

    Solange wir hier rudern, fällt mir an dieser Stelle der Orinoco ein.

    Witzig, der Scharmbecker Bach ist vergleichsweise klein, und der Orinoco ist der viertgrößte Strom der Welt.

    Aber: Diese Gegenden haben etwas gemeinsam: So, wie der Orinoco und der Amazonas über den Rio Negro miteinander in Verbindung stehen, und vom Rio Negro haben die Entdecker mal behauptet, es sei der einzige Fluß, in dem das Wasser bergauf fließen kann, so ist es auch in diesem Wassernetzwerk von Hamme und Wümme.

    Auch die fließen (wegen der Tide) mal bergauf, mal bergab, stehen miteinander in Verbindung, beispielsweise durch die Semkenfahrt bei Waakhausen.

    Durch diese Amphibienlandschaft kurven wir, unter der Hammebrücke hindurch, wo man sehr aufpassen muß, der Durchlaß ist für das Ruderboot gerade ausreichend. Dann passieren wir den ersten Zweier, ohne Berührung, mit Begrüßung.

    An der Ritterhuder Schleuse treffen wir den zweiten Zweier ohne Berührung.

    Der Rückweg ist dann frei, hinter der Brücke.

    Heute fließt das Wasser weder bergauf noch bergab. Dafür ist es windstill.

    Warum das Wasser beim Orinoco bergauf fließen kann?

    „Der Orinoco führt nach der Einmündung sedimentreicher Nebenflüsse aus dem höheren Bergland trübes Wasser und bildet hier bei seinen Verzweigungen nicht nur Inseln, sondern auch eine – in Oberläufen von Flüssen sehr seltene – Flussbifurkation; sie gilt als die bedeutendste Flussverzweigung weltweit. Der Brazo Casiquiare zieht vom Wasser des Orinoco (1.400 m³/s[4]) zwischen 12 % bei Niedrigwasser und mehr als 25 % bei Hochwasser ab und wächst im weiteren Verlauf zum linken Quellfluss des Rio Negro heran, der wiederum in den Amazonas mündet.“

    Der Hamme fehlt einfach so eine Flußbifurkation.

    Aber das ist auch gut so.

    Sonst würden wir uns ständig verfahren oder nicht entscheiden können, in welche der Bifurkation wir hineinrudern sollen.

    Wir haben auch keinen Fitzcarraldo.

    Wir haben dafür „Fritz“.

    Die „alte Fritz“.