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Tore der Torheit*
(25.5.2018)
Tragisch trugen sie tief
den Tod in ihren Adern
Mancher träumte von gesicherter Zukunft
mancher ersehnte Macht und Gewalt
mancher pochte auf persönliche Entwicklung
mancher dachte einfach nichts dabei
Ihre Eltern schauten begeistert zu
verhängnisvoll vielfältig vergessend
was Krieg und Elend bedeutet
Die Rüstungsindustrie brummte besessen
die Denker waren käuflich֎֎֎
*Anlässlich der Ankündigung der Bundeswehr, ihre Werbung an deutschen Schulen auszubauen
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Tagesschau
(25.5.2018)
Einmal täglich
höre ich mir ungern
zur allgemeinen Orientierung
die offiziellen Nachrichten an
Die Burschen behaupten beharrlich
die Sonne sei nicht sichtbarDie Sonnenstrahlen geben mir Kraft
mich auch morgen
mit den Gegebenheiten
langmütig auseinanderzusetzen֎֎֎
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Mariechens Beichte
Mariechen kniete an der Kirchenbank nieder. Es bereitete ihr erhebliche Beschwerden, da sie eine zarte 16 Jahre alte Pflanze von 1,65 m Größe und 90 kg Gewicht war. Ihr frecher Bruder Steffen sagte immer, sie sehe aus wie das Kugelmännchen Flitzi. Er nannte sie deshalb immer Flitzi. Ihr war das peinlich, aber was sie auch tat, sie wurde nicht so schlank wie ihre Freundin Katrin.
Keuchend faltete sie die Hände und blickte treuherzig hoch zum Herrn am Kreuz.
„Ich habe mich bemüht,“ brabbelte sie und wandte den Blick wieder ab, „ ich habe auf die Cola verzichtet, zwei Kilo abgenommen und mich dabei ziemlich mit dem Hunger gequält.“
„Fett hat immer großen Hunger,“ brummelte der Herr am Kreuz und schien zu lächeln.
Mariechen sah ihn wieder an: „was hast Du gesagt? Ich konnte nichts verstehen.“
Der Herr am Kreuz zeigte wieder seine Leidensmiene und schien völlig unbeteiligt.
„Ja, dann habe ich wieder gesündigt,“ fuhr Mariechen fort, „bei Katrins Geburtstag mit den tollen Kuchen. Daraufhin war wieder alles beim Alten und ich fange wieder von vorne an. Was sagst du dazu?“
„Es ist Dein Problem aber keine Sünde,“ hörte sie jetzt deutlich die Stimme des Herrn.
„Aber alle sagen doch, man hätte wieder gesündigt, wenn man einen Kuchen zu viel oder oder beim Grillen eine Portion mehr gegessen hat.“
„Du hattest Dir vorgenommen, mir von deinen Sünden zu erzählen.“
„Aber das habe ich doch,“ rief Mariechen und blickte den Herrn am Kreuz mit großen Augen an, der durch das Sonnenlicht über die bunten Fenster von der Seite beleuchtet wurde und ganz in rot-grüne Farbenspiele getaucht wurde, so dass sie seinen Gesichtsausdruck nicht mehr erkennen konnte. Sie hörte ein leises Lachen.
„Das was du mir berichtest sind keine Sünden. Du hast das Leben, um Freude und Leiden mit anderen Menschen zu teilen. Davon sprichst du. Denk an die zehn Gebote, Mariechen, vor allem an das siebte. Gehe nach Hause und denke nach.“
Mariechen schüttelte den Kopf und zog sich an der Banklehne wieder hoch und trottete aus der Kirche. Was der Herr nur von ihr wollte. Sie hatte nicht gegen die zehn Gebote verstoßen, da war sie sich sicher.
Nachdem Steffen sie geärgert hatte, hatte sie vor einigen Tagen sein Handy stibitzt und versteckt. Er war richtig wütend geworden. Worauf sie ihn lachend mit heiß und kalt zum Versteck gelenkt hatte. Das konnte es nicht gewesen sein, denn er hatte das Telefon ja wieder.
Da fiel ihr siedend heiß ein, dass sie vor zwei Wochen mit ihrem Freund Karlchen geknutscht hatte. Das hatte sie ganz vergessen, obwohl es aufregend gewesen war. Ob der Herr das meinte? Karlchen war übergriffig geworden und in der Hitze des Gefechts hatten sie sich die Kleider ausgezogen und waren schließlich nackt auf dem Bett gelegen. Auf ihr war der dünne Karlchen in den Wellen von Brust und Bauch verschwunden. Es hatte Spaß gemacht, aber sie hatte dennoch ein schlechtes Gewissen, weil es so unmoralisch war. Sie dachte nach. Irgendwie passte das auch nicht, da in diesem Fall ja Karlchen ihr die Unschuld gestohlen hatte und sie nicht ihm. Sie nahm sich vor, das morgen mit dem Herr am Kreuz zu besprechen. Da ihr weiter nichts einfiel, begann sie eine Melodie zu summen, ihre gehäkelte Tasche zu schwingen und wackelte nach Hause.
Als sie am nächsten Tag dem Herrn die Geschichte mit Karlchen vortrug, lachte dieser.
„Gegen die zehn Gebote habt ihr nicht verstoßen, auch wenn dies nicht den moralischen Vorstellungen deiner Eltern und der Kirchenvertreter entspricht. Wenn Du weiter nachdenken willst, so erinnere dich an deine Großmutter.“
Mariechen grübelte. Die Großmutter war sehr vergesslich, so dass immer einer der Familie nach dem Rechten sehen musste. Sie war in den letzten Wochen fast täglich bei ihr gewesen, hatte Essen gebracht, aufgeräumt und geputzt. An manchen Tagen hatte Großmutter gedacht, sie sei eine fremde Frau. Erst nach längerem Zureden ließ sie Mariechen in der Wohnung aufräumen. Großmutter neigte dazu in der Wohnung ein Chaos zu veranstalten. Sie verräumte Zahnbürste, Seife und andere Dinge an unmögliche Orte. Gestern hatte Mariechen Unterwäsche aus der verstopften Toilette gefischt. Wenn Großmutter etwas nicht mehr benötigte, ließ sie es irgendwo auf den Boden fallen. Ihr zu helfen, war sicher ein positiver Einsatz.
Da fiel ihr ein, dass Großmutter sie kürzlich in einem wachen Moment von oben bis unten gemustert hatte und bemerkte: „Es ist eine Sünde, wie du dich anziehst.“
„Aber Großmutter, die kurzen Röcke sind jetzt Mode.“
Großmutter schüttelte den Kopf: „Man sieht ja alles. Zudem steht es Dir nicht.“
Mariechen blickte zum Kreuz und sah wie der Herr ganz leicht den Kopf schüttelte. Das war es also nicht. Plötzlich wurde Mariechen knallrot und senkte den Kopf.
„Ich sehe, es ist dir eingefallen. Wann gibst du es ihr zurück?“ Der Herr am Kreuz nuschelte ein wenig, aber es klang gutmütig.
Vor etwa zwei Wochen wolle sie sich ein T-Shirt kaufen, hatte aber kein Geld. Da hatte sie Großmutters Geldbörse genommen und einen 20 Euro Schein entwendet. Als Großmutter zeterte, hatte sie gesagt: „Ich leihe mir das nur und gebe es Dir wieder zurück.“
Als sie dann wieder zu Hause war, dachte sie, dass Großmutter es vergessen werde. So bräuchte sie das Geld nicht zurückgeben. Das war es, was der Herr ihr übel nahm. Sie hatte gestohlen.
„Gleich morgen,“ stammelte Mariechen und verließ so schnell sie konnte die Kirche.
Copyright Dr. Walter-Uwe Weitbrecht
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Eine deutsche Entwicklung
(19.5.2018)
Als die Beamten
sich auf Gesetze berufend
mich ordnungsgemäß abholten
sagten sie selbstsicher
Unsere Erkundungen haben ergeben
dass Sie in der nahen Zukunft
höchstwahrscheinlich
eine Straftat begehen werden
Deshalb werden wir Sie vorbeugend
in Gewahrsam nehmen
bis Sie lückenlos
unsere Vermutungen widerlegen֎֎֎
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Trichterwinde
(19.5.2018)
Letztes Jahr liebevoll
deine Samen gesammelt
schenkst du mir heute
Freude und FlügelWerde ich noch
das Glück haben
dich im nächsten Jahr
wieder zu erleben -
Ärzteschaft
(6.5.2018)
Den Ärzten in kapitalistischen Gesellschaften
wird immer wieder vorgeworfen
den Profit im Sinn zu haben
Menschen und ihre Nöte
als Waren zu betrachten
und zu Handlangern großer Konzerne
verkommen zu seinDie Frage wird dabei selten gestellt
wieso gerade diese Berufsgruppe
gegen die Grundzüge des Systems
vorgehen soll֎֎֎
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Rio Marina
(6.5.2018)
Das Wirkungsfeld der großen Lebenslügen
und der gefräßigen Gleichgültigkeiten
verlasse ich für eine Weile
wandere auf dieser heilsamen Insel
nehme die Vielfalt der Vergänglichkeit
die Schönheit der Unvollkommenheit
und den Reichtum der Einfachheit wahrGestärkt, gelassen
bekämpfe ich wieder
Lebenslügen und Gleichgültigkeiten -
Untertanen
(6.5.2018)
Wie der Kuchen entsteht
was alles dabei auf der Strecke bleibt
ist nicht bedeutsam
solange unser Anteil
erhalten bleibt֎֎֎
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Monte Grosso
(4.5.2018)
Gerührt vom Mai-Regen
beschenkten mich Bäume und Blumen
am Rande des Pfades
mit ihrem Erfahrungsschatz:
Menschenscharen zogen hier vorbei
mächtige, gierige, erbarmungslose
behutsame, fürsorgliche, weitsichtige
Am Ende verkörperte der höchste Berg
die schöpferische Liebe֎֎֎
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Das Mittelmeer
(4.5.2018)
Im malerischen Horizont
küssen sich Himmel und Meer
Am Strand
liegt ein einsamer Schuh
Der Eintritt ins europäische Paradies
auf Jahrhunderte langem Elend
anderer Erdteile gebaut
ist nicht jedem gestattet֎֎֎
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