Category: Gedichte

  • Beiträge zur Lesung 1 von Klaus Kayser (Fulda 2024)

    Ach, es sind viel zu viele

    Ich traf die Natur

    Im kahlen, trockenen Wald

    Sie weint

    ‘Sieh, meine Bäume sterben!’

    ‘Verdurstet durch Mangel

    An Wasser und Regen?’

    ‘Nein, durch viel zu viele Menschen.’

    Ich traf eine Frau

    Sie kämpft gegen Gott.

    Verliert ihr Kopftuch

    ‘Hör den Wind des Teufels!’

    ‘Ein Teufelswind

    Verweht das Kopftuch des Engels?’

    Nein, es toben zu viele Gottes Wächter.

    Ich traf ein Kind

    Es bettelt um Essen.

    Kann nicht aufrecht gehen.

    ‘Gefallen im Wüstensand!’

    Der Sand der Wüste

    Verschluckt Milch und Brei?’

    Nein, zu viele werden geboren.

    Ich traf eine Mutter

    Sie kniet am Grab.

    Trauert um ihren Sohn.

    ‘Erschossen im teuflischen Krieg’

    ‘Ihr Sohn musste kämpfen

    Gegen die Wut eines Dämons?’

    Nein, gegen zu viele Teufel im Land.

    Ich traf mich selbst

    Denke an Trauer und Leid.

    Suche was wo gewesen.

    ‘Die Zukunft verloren’

    So fragt mein Geist

    ‘Gibt es nichts mehr zu tun?’

    Ich weiß es nicht.

    Viel zu viele färben Wolken blau.

    Englisches Küchenlied

    Mama ist so fleißig

    Ist ein scharfes Weib.

    So sorglos froh!

    Mama ist so schön

    Brüht ihren Kaffee gut.

    So sorglos froh!

    Mama sucht den Mann

    Der rot zur Hölle floh.

    So sorglos froh!

    Mama küsst den Freund

    Erregt mit gleichem Ziel.

    So sorglos froh!

    Mama ist so glücklich

    Herzen schwellen heiß.

    So sorglos froh!

    English kitchen song

    Mama is so busy

    Is a spicy girl.

    Oh happy oh!

    Mama is so pretty

    Brews her coffee well.

    Oh happy oh!

    Mama miss her husband

    He escaped to hell.

    Oh happy oh!

    Mama kiss her lover

    Senses connatural.

    Oh happy oh!

    Mamma is so happy

    All hearts run hot and swell.

    Oh happy oh!

    Der Wandertraum

    Ein kleiner, süßer Wandertraum

    Mit zottigem, gelb roten Haar

    Durchsichtig, ja, ich sah ihn kaum

    Wie er gestaltet war

    Besuchte mich fast jede Nacht.

    Wir sprachen, lachten leise.

    Er sagte mir noch zärtlich sacht

    Heut gehe ich auf meine Reise,

    Auf meine Reise zu den andern

    Die ich noch kennen lernen muss.

    Nach all dem Tanzen, Krabbeln, Wandern

    Komm ich zu dir zurück zum Schluss

    Und werde dir die Traumgeschichten

    Genau und wahrheitstreu berichten.

    Ich verlasse dich jetzt mäuschenschnell.

    Du wachst jetzt auf, es wird schon hell.

    Ich war noch müde, war kaum wach

    War er schon wieder da:

    Oh weh, oh weh, oh plumps, oh ach

    Höre nur, was mir geschah:

    Ich erreichte nicht den Wanderzug.

    Am Bahnhof wurde demonstriert.

    Ein Engel fing mich ein im Flug

    Hat mir die Haare abrasiert

    Und brachte mich zum großen Herrn.

    Der schnarchte heilig weich

    Und träume mich als Friedensstern

    In seinem Himmelreich.

    Herr rief mir zu: Zurück zur Erde

    Du kahl geschorener Wandertraum

    Auf das dort Frieden, Freiheit werde

    Allein, ich weiß, ich glaub es kaum

    Ich sehe doch, was wirklich ist!

    Meine Engel helfen nicht!

    Du Wandertraum, du bleibst, du bist

    Mein gesalbtes Friedenslicht.

    Lass wenigstens die Menschen träumen

    Von dem was unerreichbar weit.

    Lass Träume ihren Hass umsäumen

    Bevor zum Töten sie bereit

    Sich selbst und auch dich Traum vernichten. –

    So bin ich wieder hier bei dir.

    Ich bitte dich, du sollst berichten

    Von deinem Wandertraum, von mir.

    Wenn Teufel träumen

    Wenn Teufel träumen, wird es dunkel,

    Das Licht vergilbt im Morgengrau.

    Es gibt ein Raunen, ein Gemunkel,

    Niemand weiß es so genau,

    Dass in der Hölle tiefsten Schlot

    Sich Träume dort zusammen finden,

    Die Engeln gleich, in höchster Not

    Ein grausam Traumgewand sich binden

    Den Teufeln in die Augen tropfen

    Damit diese, dem Brauen gleich

    Den bitteren Geschmack des Hopfen

    Einträumen in ihr Teufelsreich.

    Sie winden sich dann Angst umwoben

    Das Gewebe schnürt den Atem zu

    Die Gedärme fangen an zu toben

    Aus ist es mit der Teufelsruh.

    Unausgeschlafen, froh noch am Leben

    Das alles war doch nur ein Traum

    Ein Teufelstraum, doch deshalb, eben

    Ja man denkt, versteht es kaum

    Wird gleich das Böse neu geboren

    Gemeinheit in die Welt gesetzt

    Ein neues Opfer auserkoren,

    Um die weite Welt gehetzt.

    Gemartert mit Elektroschock

    Dass Angst in Herz und Seele wächst.

    Traum treibt den bösen Teufelsbock:

    Mein Gott, die Welt, ist sie verhext?

    Gleicht sie einem Teufelstraum?

    Wer träumt uns unsere Teufel aus?

    Sind wir nur ein Sahneschaum

    In einem irren Teufelsschmaus?

    Ich kann dir auf diese Fragen

    Keine gute Antwort sagen.

    Vielleicht ruft man in tiefster Nacht:

    Aufwachen! Du, hei, aufgewacht!

    Auf der Straße fordern sie
    Die totale Demokratie!
    Setzt ein Zeichen
    Hass und Hetze müssen weichen
    Dem Gedenken, jetzt oder nie!
    So senkt das Haupt, fallt auf die Knie!

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  • Die totale Demokratie (von Klaus Kayser)

    Auf der Straße fordern sie
    Die totale Demokratie!
    Setzt ein Zeichen
    Hass und Hetze müssen weichen
    Dem Gedenken, jetzt oder nie!
    So senkt das Haupt, fallt auf die Knie!

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  • (21.01.2024)
    Der Redliche ist dem Schurken ein Gräuel,
    der Demokrat dem Tyrannen ein Ärgernis,
    der Kluge wird vom Dummen gehasst,
    die Hässliche will die Schöne verderben,
    der Unreine die Reine besudeln,
    das Niedere zieht das Höhere hinab,
    die Entropie zeigt immer nach unten –
    wer dort nicht enden will,
    muss lebenslang dagegenhalten.

    All jene Schurken sammeln Mittäter
    und schmieden Allianzen, um wenig später
    gegeneinander in neuer Konstellation
    zu kämpfen voll Hass und voll Hohn –
    die Flurschäden sind exorbitant,
    die Welt vergiftet, verbrannt.

  • Die Zeit, das meinte schon Einstein,
    soll Eigenschaft des Raumes sein.
    Ich habe das erst jetzt verstanden,
    als ich auf Wegen, altbekannten,
    die wir einst zu zweit passiert,
    erneut allein entlang spaziert.
    Unverändert schien der Raum,
    allein, er war derselbe kaum,
    nein anders wirkt er jetzt, und trist,
    seitdem du nicht mehr bei mir bist.
    Gleicherweise ich, der Wanderer,
    bin nach alledem ein anderer.


  • (17.01.2024) .
    Mit vielerlei Mass
    kann man ein Leben messen,
    mit der Zahl
    der Kinder, Häuser, Ehen,
    Karriere, Gewinn und Verlust,
    aber auch – ich muss darauf pochen –
    mit der Anzahl von Mittwochen.

    Verachtet mir den Mittwoch nicht!
    So lange man lebt,
    ist immer wieder Mittwoch.
    Am Mittwoch
    hat man schon einiges geschafft
    und vor sich
    noch einige Gelegenheit.
    Am Mittwoch ist
    das Wochenende nicht mehr weit.
    Es gibt Mittwoche
    prall und gefüllt
    und Mittwoche vergeudet,
    was nicht bedeutet,
    dass nicht jene in allen Jahren
    die schönsten und wichtigsten waren.

  • (14.01.2024) 

    Unzählige Male
    kehrten wir heim
    miteinander
    in unser Haus
    kehrten wir heim
    zueinander
    waren uns Heimat
    und wussten doch
    es ist Zwischenhalt
    auf weiter Reise
    und Weiterreise
    jetzt bist du
    weitergereist
    zum letzten Ziel
    wo das Herz Ruhe findet
    wie Augustinus verspricht.

    Augustinus (Conf. 1.1):
    Ruhelos ist unser Herz, bis es ruht in dir.
    Inquietum est cor nostrum donec requiescat in te.

  • (08.01.2024) 
    Alles, was besteht,
    ist im Wandel und vergeht,
    mal langsam, mal geschwind,
    und weil wir selbst betroffen sind,
    entstehen sozusagen
    ganz verschiedene Lagen.

    Falle eins: du warst schon lange fort
    und kommst jetzt an den alten Ort,
    doch du erkennst nichts wieder:
    Häuser sanken nieder,
    Neues wurde hingebaut,
    nichts ist dir vertraut.

    Im zweiten Fall dagegen
    gehst du auf alten Wegen
    den bekannten Berg empor,
    der so blieb wie je zuvor,
    doch du hast dich verändert
    und wo früher du geschlendert,
    musst du auf halber Höhe rasten,
    dich nach der alten Bank hin tasten,
    auf der ihr einst zu zweit gesessen –
    die Bank hat es vergessen.

  • (07.01.2024) ,
     Es muss in unsrem Leben
    auch böse Menschen geben –
    wir hätten denn sonst keinen,
    den ohne zu beweinen
    wir herzlich gern verbläuen
    und ohne uns zu scheuen
    genüsslich niederstrecken,
    was uns zu wahren Recken
    und zu den Guten macht –  
    wer hätte das gedacht?

  • (01.01.2024) .
     Das neue Jahr ist jung,
    du aber, du wirst älter
    und du verlierst an Schwung.
    Des Schicksals grosse Kelter
    dreht eine Drehung enger
    und presst mit aller Kraft
    je länger um so strenger
    den nächsten Tropfen Saft.

  • (31.12.2023)  
    Das alte Jahr ist alt geworden,
    gefüllt mit Trivia und Rekorden
    kann es älter nicht mehr werden,
    denn angespannt mit frischen Pferden
    drängt ein neues auf den Plan
    und setzt sie fort, die alte Bahn.
    Des ungeachtet hoffen heute
    auf Besserung die meisten Leute
    wie alle Jahre vorher auch
    nach dem guten alten Brauch.
    Drum wäre es der Räte bester,
    an jedem Tage sei Silvester.