Schlagwort: Familie

  • Es war ein Schüler in Thule

     

    Es war ein Schüler in Thule
    Gar fleißig bis ins Grab
    Dem strebend seine Schule
    Smartphone als Lehrer gab.

    Es lehrte ihn zu wischen
    Zu spielen Starwars, Schach
    Bis an Computertischen
    Er tot zusammen brach.

    Man trägt ihn schwarz zu Grabe
    Schreibt auf Kreuz und Stein.
    Hier ruht die Wundergabe
    Ein Avatar zu sein.

  • Die Fragen des Zorns

     

    Prolog

    All Ihr Allmächtigen
    Schaut in die Zeit
    Sie wird Euch vernichten
    In unsere Ewigkeit.

    Sagt nicht
    Ihr wüsstet davon nichts!
    Sagt nicht
    Ihr hättet nicht die Macht!

    Ihr, die Wissen getauften,
    Reinigt Eure Hände!
    Ihr, vom Schicksal Erhoben
    Schaut nach unten!

    Ihr, die Gott Erhabenen,
    Hört die Elend Schreie!
    All Ihr Allmächtigen
    Erwacht aus dem Schlaf

     

    Und vernehmt jetzt

    Die Fragen des Zorns:

    Warum seht Ihr nicht,
    Ihr Allsehenden
    Das, was Menschen sehen?
    Und verschließt Eure Augen,
    wenn Ihr es seht?

    Warum hört Ihr nicht,
    Ihr Allhörenden
    Das, was Menschen hören?
    Und verstopft Eure Ohren,
    wenn Ihr es hört?

    Warum glaubt Ihr nicht,
    Ihr Allgläubigen,
    das, was Menschen glauben?
    Und leugnet Euren Glauben,
    Wenn Ihr es glaubt?

    Warum wisst Ihr nicht,
    Ihr Allwissenden
    Das, was Menschen wissen?
    Und vergesst Euer Wissen,
    wenn Ihr es wisst?

    Warum erkennt Ihr nicht,
    Ihr Erkennenden,
    das, was Menschen erkennen
    und legt es beiseite,
    wenn Ihr erkennt?

    Warum versteht Ihr nicht,
    Ihr Verstehenden
    Das, was Menschen verstehen
    Und wendet Euch ab
    Wenn Ihr versteht?

    Warum, zum Teufel
    Tut Ihr Gutes den Bösen,
    Die Menschen Böses tun
    Und nennt Böses gut,
    Das gut gelingt?

    Epilog

    So sagt
    Ihr Mitleidgesegneten
    den Zornigen

    Nichts.

    Denn die Antwort des Zorns
    Führt Euch
    Ihr hilflos Mächtigen
    zur Guillotine.

    Ihr verliert Eure Köpfe!
    Und
    Die wutbegeistert
    Demonstrierenden
    Schleudern
    Euch Kopflose
    In den versickernden Schaum
    Der vergeudeten Macht!

     

  • Weihnachten 2019

     

    Als ich ein Kind zu Weihnacht war
    Von sechs bis sieben Jahren
    Wäscht Mutter mir mein schwarzes Haar
    Sagt, du wirst heut erfahren

    Kalt in der Scheune schreit ein Kind
    In Bethlehem geboren
    Dir Menschensorgen in den Wind
    Laut, einsam und verloren.

    Sie legte es zu mir ins Bett
    Es schlief, ich war am träumen
    Wir träumten beide im Duett
    von Weihnachtslichterbäumen.

    Von der Mutter, die so lieb
    Für uns beide sorgte.
    Die auch in Träumen bei uns blieb
    Uns ihre Morgen borgte.

    Heute, jetzt, im Leben spät
    In den Rentnerjahren
    Träume ich, was sie gesät
    Was ihre Träume waren.

    Ich trinke aus dem Lebenswein
    Bin traurig um die Lieben
    Und danke Gott,  sie sind doch mein
    Gedanken mir geblieben.

    So wasche ich mein graues Haar
    Und färbe meine Seele.
    Das Kind singt mir Halleluja
    Wenn ich von ihm erzähle.

  • Das beleidigte Klima

     

    Hey Du, du Halbmenschaktivist
    Du wish-tube Protestionist
    Willst du dir meine Gunst erwerben?
    Soll ich für deine Liebe sterben?

    Soll ich mit dir und deinen Schafen
    Ins Bett gehen und lustvoll schlafen?
    Willst du mit schlaffem Schule-Schwänzen
    Mir imponieren in Freitagstänzen?
    Ich sage glatt dir ins Gesicht
    So funktioniert das nicht!

    Ich bin nicht deine Schulzeitdirne
    Habe keinen Frust in meiner Birne
    Nur weil ich Geschlechtlos bin
    Gebe ich mich keinem Schuling hin.

    Bin ein Neutrum, frei von Gedanken
    Frei von Gier und Wirtschaftsschranken
    Auch wenn ihr lautstark demonstriert.
    Ich bin und bleibe unberührt.

    Ein kleiner Rat sei Euch bereit:
    Ich bin die Zukunft, bin die Zeit
    Die, wenn ihr überleben wollt,
    Das Demokind ins Jenseits rollt.

  • Wurzelwerk

    (2.10.2019)

    Verbindet das Wurzelwerk Bäume
    so kann mancher Stumpf weiterleben
    versorgt in der Gemeinschaft
    Mein Wurzelwerk verbindet mich
    nicht nur mit zeitgenössischen Wesen
    Es ist Jahrtausende alt

    ֎֎֎

  • Bereicherung

    (2.10.2019)

     

    Bei aller entschlossener Zielfixierung
    schaue ich mehr nach links und rechts
    dank deiner Anwesenheit
    So komme ich mit Schätzen in Berührung
    die des Herzens Fenster weit öffnen

    ֎֎֎

  •  

    Auch eine Art von Flüchtling?

    Rausgerissen aus der gewohnten Umgebung
    wird dieser kleine Zweig
    von den einen
    als Abfall betrachtet
    andere
    deren Augen sehen können
    erfreuen sich dankend an ihm
    als Meditationsinhalt
    Lass die Formen  Bewegungen
    Rhythmen und Zwischenräume
    in Dir weiter wachsen!

     

  • Ein Quell entspringt
    ein Brunnen wird gebaut
    Wer war der Brunnenbauer?
    Wie ist der Name des Wesens
    das dort
    im Wasser lebt?

    Tiere kommen und Vögel fliegen herbei
    löschen ihren Durst
    ein müder Wanderer
    schöpft Wasser mit seiner Hand
    und erfrischt geht er weiter
    seinen Weg
    Kinder kommen und spielen
    Frauen füllen Krüge
    und tragen sie heim
    um Nahrung zu bereiten
    Blumen zu gießen
    Tiere zu tränken
    Kleider Räume und Menschen
    zu reinigen
    Wer denkt an den Brunnenbauer
    und dankt ihm?
    Händler kommen
    füllen das Wasser in Flaschen
    und verkaufen sie
    an anderen Orten
    wo Wasser rar ist

    Einer nimmt
    eine Flasche mit Wasser
    träufelt starkes Gift hinein
    und schenkt es
    einem Feind
    aus eigenem Willen
    oder im Auftrag

    Wer den Brunnen
    den Quell nicht kennt
    kann er wirklich meinen
    es sei ein und dasselbe Wasser?

    Welchen Namen
    wird man ihm geben?

     

     

  • Lagebericht

    (28.9.2019)

     

    Betrachte ich bewegt-beunruhigt diesen Haufen
    in goldenen Tretmühlen verloren
    selbstzufrieden, satt, gefräßig
    behäbig beschäftigt mit blendenden Blasen
    in untätiger stumpfsinniger Mitläuferschaft
    an nahen und fernen Verbrechen beteiligt
    blicke ich in diese aufgerissenen dunklen Gründe
    kommt in mir Bitterkeit und Groll gewaltig auf 

    Dann sage ich zu mir wiederholt warnend
    der Hass gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge*
    der Zorn über das Unrecht macht die Stimme heiser* 

    In solchen schmerzenden Phasen
    brauche ich Tränen klärender als der Frühlingsregen
    einen Blickwinkel breiter als die Ozeane
    einen Standpunkt höher und fester als die Berge
    ein Farbbrett bunter als die Herbstpalette
    In solchen Zeiten brauche ich
    die aufrichtende Wärme der Erde
    die gütigen Augen der Liebe

    ֎֎֎

    * In Anlehnung an Bertolt Brecht: An die Nachgeborenen; 1939 veröffentlicht in Svendborger Gedichte

  • Gedeihliches Leben

    (16.9.2019)

     

    für Svea

     

    Auf meinem Unterarm
    schaukle ich ein Wunder
    frohgemut hin und her 

    Dein Blick gewinnt täglich
    an willentlicher Aufmerksamkeit
    Ich merke gerührt-glücklich
    dass du deine Umwelt
    umfassender wahrnimmst
    und besser Botschaften abgibst
    Wenn du auf meinem Arm einschläfst
    durchströmt mich tröstliche Wärme
    begleitet von den schönsten Melodien
    meines tanzenden Herzens 

    Immer und immer wieder
    frage ich mich sehnsüchtig suchend
    mit tiefstem Heimweh nach Frieden
    wie wir uns verhalten sollen
    gerade in diesen turbulenten Tagen
    damit zerbrechliche Wesen wie du
    auf diesem Planeten gedeihlich leben
    und ihre wunderbaren Fähigkeiten
    vollkommen entwickeln können

    ֎֎֎