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Ein Lied des zeitgenössischen iranischen Dichters und Liedermachers Yaghma Golrouee
Übersetzung aus dem Persischen von Afsane Bahar (Juni 2015)۞۞۞
allen Frauen meines Landes gewidmet
Lustig, fröhlich und lachend sind wir
obwohl wir im Kerker sind
unser Weg versperrt
unsere Beine erschöpft
und doch sind wir voller Tatendrang und frohen MutesWir sind die Generation mit geballtem Aufschrei
haben uns die Hände gereicht
sind vom Blut umgeben
aber wir wissen
am Ende der Geschichte werden wir frei sein …Hundert Jahre sind wir eingesperrt gewesen
wir bleiben nicht mehr hier
werden zu Fenstern
werden zu Kehlen
singen das Gedicht der Erlösung.Wir sind die Generation mit geballtem Aufschrei
haben uns die Hände gereicht
sind vom Blut umgeben
aber wir wissen
am Ende der Geschichte werden wir frei sein …Wir teilen die gemeinsame Geschichte
und das gemeinsame Leid
sind einig in unserem Zorn
Schulter an Schulter
von Haus zu Haus
folgen wir dem TraumWir sind die Generation mit geballtem Aufschrei
haben uns die Hände gereicht
sind vom Blut umgeben
aber wir wissen
am Ende der Geschichte werden wir frei sein …۞۞۞
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Inspiriert durch ein Gedicht des iranischen Poeten Siavash Kasraii (1927-1996) entstand der folgende Text.
۞۞۞
Verlockend fordert die erwachte Blumenlandschaft
zum Spaziergang durch die hellgrüne Zärtlichkeit auf.
Die verliebten Nachtigallen umgarnen mein Herz,
der belebende Wind zieht sanft an meiner Hand.
Und ich, in meinem notgedrungenen Exil
atme die wohlriechende Brise ein,
mich zur Rückreise einladend,
liebevoll und geduldig۞۞۞
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I once had a dream, and in my dream I went begging door to door in a village, but then along a village path appeared in the distance a golden chariot. I began to wonder who the chariot owner was and why he had appeared!
My hopes grew as I thought that the bad old days had passed and I would now receive unsolicited gifts and riches lavished from everywhere.
The chariot stopped next to me, and the gentleman dressed in gold- embroidered silk stepped down and looked at me and smiled. I felt at last luck had come into my life, but the man suddenly stretched out his hand to me and asked: „What have you got for me?“ Was this his royal gesture! Stretching his hands to a beggar to beg from him!
I was somewhat undecided and confused. Then I pulled out from my bag a pouch containing grains of wheat and offered this to him.
To my surprise, at days’ end, when I emptied my bag a single grain of pure gold fell out onto the floor alongside my poor pile of odd things! I wept bitterly for not having had the courage to give everything that I possessed.
Dr. med. André Simon © Copyright
Übersetzung von Dr. Dietrich Weller
Schenken
Ich hatte einmal einen Traum, und in meinem Traum ging ich in einem Dorf bettelnd von Tür zu Tür. Aber dann erschien in der Verlängerung eines Dorfweges noch weit entfernt eine goldene Kutsche. Ich begann mir Gedanken zu machen, wer der Besitzer der Kutsche war und warum er erschienen war.
Meine Hoffnungen wuchsen, als ich dachte, dass die schlechten alten Tage vorbei waren und ich jetzt nicht erbetenen Geschenke und Reichtümer erhalten würde, die von überall her großzügig gespendet waren.
Die Kutsche hielt neben mir an, und der mit Gold bestickter Seide bekleidete Herr stieg aus, schaute mich an und lächelte: Ich hatte das Gefühl, jetzt endlich sei das Glück in mein Leben getreten, aber der Mann streckte mir plötzlich seine Hand entgegen und fragte: „Was hast du für mich?“
War das seine königliche Geste? Seine Hand einem Bettler entgegenzustrecken, um zu betteln?
Ich war irgendwie unentschieden und verwirrt. Dann zog ich aus meiner Tasche ein Säckchen mit Weizenkörnern und bot es ihm an.
Zu meiner Überraschung fiel am Ende des Tages, als ich meine Tasche leerte, ein einzelnes Körnchen reines Gold heraus auf den Boden neben meinem ärmlichen Haufen von sonderbaren Sachen. Da weinte ich bitterlich, weil ich nicht den Mut gehabt hatte, nicht alles zu verschenken, was ich hatte.
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Ich spreche vom Licht
Fereydoun Moshiri (1926-2000)
Übersetzung aus dem Persischen von Afsane Bahar
***
Jeden Morgen,
sobald das Sonnenlicht über den fernen Bergen emporsteigt,
breite ich die Flügel aus,
flinker als die Brise;
lasse die Botschaft der Morgendämmerung fliegen
mit hellen, klaren Gedichten.
Die Menge der Schlafenden
rufe ich
mit süßen, lieblichen Liedern.Ich erzähle vom Licht, vom Licht,
von lebendigem Leben,
von frischem Atem, von neuem Dasein,
vom Stolz.Aber im Gedränge der Straße
verlieren sich meine Stimme und meine Lieder.Dieser und jener sagt:
„Befreie dich von diesem sinnlosen Bemühen!
All dieses Schreien ist fruchtlos
in den tauben Ohren!
Der Verrückte spricht übers Licht
mit den Maulwürfen!“Fremd mit diesem ganzen kalten Gerede
rufe ich weiterhin geduldig
die Menge der Schlafenden
mit Liebe, Freude, Leidenschaft.
Die Botschaft der Morgendämmerung
lasse ich fliegen.
Wohin ich auch gehe,
spreche ich diesem und jenem ins Ohr,
sogar im Gedränge der Straße,
vom Licht,
vom Licht …۞۞۞
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Eine Brise aus dem Land der Versöhnung
Fereydoun Moshiri (1926-2000)
Übersetzung aus dem Persischen von Afsane Bahar
۞۞۞
Also, sollte mir eines Tages jemand die Frage stellen:
„Was hast du in deiner Zeit auf der Erde gemacht?“,
schlage ich ihm meine Akte auf,
weinend und lachend, erhebe ich mein Haupt,
dann sage ich: „Er hat neues Samenkorn ausgesät,
bis es erblüht, bis es Früchte trägt, wird noch viel Zeit vergehen.“Unter diesem unendlichen blauen Himmel,
soweit ich die Kraft hatte, in jedem Gesang,
wiederholte ich den erhabenen Namen der Liebe.
Mit dieser müden Stimme habe ich, vielleicht, einen Schlafenden
in den vier Himmelsrichtungen dieser Welt aufgeweckt.Ich verehrte die Liebe,
bekämpfte die Bosheit.Ich litt beim „Verwelken eines Blumenzweiges“ 1,
trauerte den „Tod des Kanarienvogels im Käfig“ 1,
starb jede Nacht hundert Mal wegen des Leides der Menschen.Ich schäme mich nicht, wenn ich wie Messias,
wenn man aus dem Herzen schreien muss,
mit Geduld den Kummer ertrug.Aber im Gefecht mit den Törichten,
wenn ich das Schwert ergreifen musste,
– nimm es mir nicht übel –
ging ich den Weg der Liebe.
In meinen Augen bedeutet das Schwert in der Hand,
dass man jemanden umbringen kann.Auf dem schmalen Pfad, den ich beschritt,
wütete die Finsternis des Unwissens.
Der Glaube an den Menschen war meine Leuchte,
das Schwert war in Ahrimans2 Hand.
Meine einzige Waffe auf diesem Schlachtfeld war das Wort.Wenn mein Gedicht bei keinem das Feuer entfachte,
so verbrannte mein Herz von beiden Seiten, wie das nasse Holz.
Lies eine Seite aus dieser Akte, vielleicht wirst du dann sagen:
„Kann man noch mehr als das verglühen?“Endlose Nächte schlief ich nicht,
die Botschaft des Menschen teilte ich dem Menschen mit.
Mein Gesagtes enthielt eine Brise aus dem Land der Versöhnung,
im Dornengestrüpp der Feindseligkeiten.
Vielleicht müsste ein starker Taifun auftreten,
um diese Bosheiten zu entwurzeln.Unsere Weisen vor unserer Zeit sagten ermahnend:
„Es ist zu spät… es ist zu spät…,
der Finsternis der Erdenseele gegenüber
ist die Kraft Hunderter wie wir nur ein Schrei in der Wüste.
Ein neuer Noah ist von Nöten und eine neue Sintflut.“ 3
„Eine neue Welt muss erschaffen werden
und eine neue Menschheit auf jener Welt“ 3Aber dieser einsame, geduldige Mann schreitet immer noch voran
mit seinem Rucksack voller Leidenschaft den Weg.
Um aus der Tiefe dieser Finsternis ein Licht hervorzuheben,
setzt in jede Ecke eine Kerze seines Gedichtes,
hofft immer noch auf das Wunder des Menschen.۞۞۞
Anmerkungen:
1 Hier bezieht sich Fereydoun Moschiri auf seine Gedichte aus dem Band „Glaube dem Frühling“.
2 „Ahura Masdah“ und „Ahriman“ sind zwei Gestalten in der alten iranischen Religion stellvertretend für das Gute und das Böse.
3 Hier bezieht sich Fereydoun Moschiri auf Gedichte der iranischen Poeten Nimtaj Salmasi und Hafis.
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In dieser Sackgasse
Ein Gedicht von Ahmad Shamloo (1925-2000) aus dem Jahr 1979
Freie Übersetzung aus dem Persischen von Afsane Bahar۞۞۞
Sie riechen an deinem Mund,
nicht dass du gesagt hättest, „ich liebe dich“,
sie riechen an deinem Herzen,
es ist eine seltsame Zeit, Liebling.Und die Liebe
peitschen sie aus
an dem Balken der Straßensperre.
Die Liebe sollte im Hinterzimmer des Hauses versteckt werden.In dieser krummen Sackgasse,
in diesen Windungen der Kälte
entfachen sie das Feuer
mit Gedichten und Liedern als Brennmaterial.
Riskiere nicht das Nachdenken,
es ist eine seltsame Zeit, Liebling.Derjenige, der nachts an die Tür klopft,
ist zum Auslöschen des Lichtes gekommen.
Das Licht sollte im Hinterzimmer des Hauses versteckt werden.Dort sind Schlächter
am Straßenübergang platziert
mit Blut beschmierten Schlagstöcken und Hackmessern.
Es ist eine seltsame Zeit, Liebling.Den Lippen schneiden sie das Lachen aus
und dem Mund den Gesang.
Die Freude sollte im Hinterzimmer des Hauses versteckt werden.Kanarienvögel werden gebraten
auf einem Feuer von Jasmin und Lilien.
Es ist eine seltsame Zeit, Liebling.Der Satan, des Sieges betrunken,
feiert unser Begräbnis am Festtisch.
Der Gott sollte im Hinterzimmer des Hauses versteckt werden.۞۞۞
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Systemerhaltung
(8.2.2017)
für Bernd Duschner
Begrenzte Betrachtung
oberflächliche Orientierung
benebelte Besinnung
eingeschränktes Einfühlen
gelenkte Gedanken
umfangreiche Unehrlichkeit
haarsträubende Heuchelei
ergeben erwartungsgemäß
genehmigte Gesinnung
erlaubte Empörung
erhaltene Entfremdung
verfehlte Verantwortung
֎֎֎
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Wahrnehmung*
(26.12.2016)
Du fragst mich
wie Menschen
Versklavung und Verwüstung
im weitesten Sinne
hinnehmenFrage sie selbst
welche kurz- und langfristigen
Vor- und Nachteile
sie wahrnehmen֎֎֎
* Dieser Text entstand nach der Lektüre der Schrift „Terror. Wo er herrührt. Wozu er missbraucht wird. Wie er zu überwinden ist“ von Rolf Gössner und Conrad Schuhler. Die Broschüre ist beim Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. (isw) Anfang Dezember 2016 erschienen und kann dort bestellt werden: Johann-von-Werth-Str. 3; 80639 München.
isw_muenchen@t-online.de
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Geflüster
(22.12.2016)
Sei besonders achtsam
bei jeder Begegnung
denn wir sind alle endlich
wie unsere Mutter, die Erde֎֎֎
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Yalda
(22.12.2016)
Nach der längsten Nacht des Jahres
kamen meine Geschwister geflogen
in bunten Scharen
Mich beschämte zutiefst
unser gemeinsames HeimBarmherzig sangen sie mit Zuversicht
Streu die Samen aus
auch wenn du die Früchte
nicht selbst erleben wirst֎֎֎