Schlagwort: Lebenskonflikt

  •  

    Auch unser tägliches Befinden ist gespalten. Einmal in unser eigenes Hoch und Leiden. Zum anderen werden wir stark beeinflusst vom Befinden anderer, die uns unmittelbar begegnen. Manchmal ist dann deren Befinden schon unser eigenes. Nicht, weil wir keinen Charakter hätten, sondern weil andere ihren nicht immer ausgeglichenen Charakter wie einen schweren Schmiedehammer auf unseren sensiblen Amboss der Empfindsamkeiten schlagen.

    Umgekehrt geschehen, würden diese seelischen Schlägertypen schon nach kurzer Zeit zusammenbrechen.

    Dann sähe wohl die kleine Welt um uns herum noch zerstörter und unharmonischer aus. Und dementsprechend auch unser tägliches Befinden.

    Aus Kardach, Medizin tropfenweise

    Copyright Dr. Siegbert Kardach

     

  •  

    Ich habe etwas ausgepackt
    (ich bin gerade am Umziehen)
    ich nahm es in die Hand
    eine erdbraune Muschel
    eine von denen
    aus unserer Kinderzeit
    wenn du sie ans Ohr hältst
    (auch fern von jeglicher Küste)
    kannst du das Rauschen des Meeres hören …
    Später erklärten mir kluge Menschen:
    du hörst das Rauschen
    deines eigenen Blutes
    sein Echo
    noch später dachte ich
    (inzwischen selber klug geworden):
    Ist das nicht dasselbe?
    zwei Bilder
    eines einzigen Geschehens

    Ich hielt die Muschel
    wie als Kind
    an mein Ohr
    ich hörte kein Rauschen
    aber da …
    ein Tropfen
    und wieder
    und wieder
    stetig fiel er nieder

    In welchen Brunnen
    oder See
    oder …
    fiel er?

    Da begriff ich:
    ich hörte mein Herz
    das Echo des eigenen Herzschlags

    Aber ist das nicht dasselbe:
    das Tropfen des Lebenswassers
    und der Schlag deines Herzens?

    Nun sah ich
    auf der glatten braunen Steinfläche
    eine Ritzzeichnung
    Tiere der Wüste
    der Savanne
    unter einem Baum
    (an einem Wasserloch?)
    sicher kannte keines ein Meer
    eine Muschel
    doch auch ihr Herz
    schlägt wie das Tropfen
    des Lebenswassers

    Die Sehnsucht des Künstlers
    vereinte
    die Tiere
    aus der Weite der Wüste
    und die Muschel
    aus der Tiefe des Meeres

    Nun spürte ich:
    der Schmerz des Umzugs
    (körperlich)
    war vergangen
    wenigstens für kurze Zeit

    Wer hat mir
    die Erkenntnis geschenkt:
    lausch auf das Lied deiner Sehnsucht
    hörbar werdend
    im tropfenden Wasser des Lebens
    im schlagenden Herzen

    Vertrau
    dem Strom des Lebens
    er trägt dich zum Ziel

    Copyright Dr. Helga Thomas

  •  

    Keltenschlange –
    Aus kalter Erde keimt dein Leben,
    Erst Drache,
    Dann himmelwärts, beflügelt.
    Zu nah der Sonne,
    Tödlich verbrannt,
    Kehrst du zur Erde zurück
    Und wirst auf`s Neue –
    Wiedergeboren.

    Aus: „Hell und Dunkel“, Privatdruck, Bremen 2012

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  • Ein Blick von dir, oh, meine Mutter, sagt,
    dass du erwünscht mich hast, du bist voll Glück.
    Ob  mein Gesicht gefällt – hab´s nicht erfragt,
    genieß ich doch Vertrauen durch den Blick.
    Wenn du mich anblickst, weiß ich deine Libe´;
    und ich gedeih und wachse mit Vertrau´n.
    Bis ich gereift, sag ich stets gibt, ach gib!
    Wenn du mich anblickst, mag ich dich nur schau´n.

    Wo wär ich nur, wenn töten könnt´ dein Blick?
    Was habe ich getan, dass du voll Zorn;
    hab ich dich krank gemacht, weil ich zurück?
    Weil ich von hinten schöner bin als vorn?
    Dein hasserfüllter Blick, ach, bleib mir fern!
    Verachtest stets ein Du. Hast du dich gern?

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

  • Ach, Augenblick, wie nah bist du,
    schaffst Glück und Unglück ganz geschwind.
    Verschwindest heimlich dann im Nu
    und wehst umher, wie sonst der Wind.
    im Augenblick schürst du die Glut,
    voll Freude schneller schlägt das Herz,
    ein Augenblick bringt Sturmesflut,
    die Seel´erstarrt im Eisesschmerz.

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

     

  •  

    Ich bin die schöne Frau Gelassenheit,
    bin fröhlich, schätze stets die Heiterkeit.

    Wenn eine Last dich quält, und du wirst krank,
    feg nicht umher, sie holt dich wieder ein;
    setz dich ganz still auf eine kleine Bank,
    leg ab die Packen, leer ein Gläschen Wein.

    Denk nach, ob sie für dich bestimmt nur sind,
    ob nicht ein andrer Arbeit sucht geschwind?

    Wenn jemand widerspricht, wird’s dir zur Last;
    bist tief verletzt, weinst still in dich hinein?
    Halt ein, jag nicht umher, mach eine Rast.
    Vielleicht ist jener andere grad klein.

    Machs möglich, dass auch er ein wenig wächst;
    du wirst bestimmt für ihn sein dann der Nächst.

    Und dein Gesicht wird froh, du kannst verstehn;
    du weinst nicht mehr, denn Friede kehrte ein.
    Du wirst die Bitterkeit nun nicht mehr sehn;
    du ließest los und kannst jetzt glücklich sein.

    Bin Frau Gelassenheit, bin stets bereit,
    zu lehren die mit Dank verschlungne Heiterkeit.

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk)

     

     

  •  

    Ich bin die Trauer, fühle mich sehr krank,
    denn jede Hoffnung, Lebensmut mir sank.
    Der Glaube fror, verlassen hat er mich;
    Einst war er stark und reich, ja, königlich.
    Ich spür, mein Herz nicht mehr im Rhythmus schlägt,
    ob es schon lahm, für sich ein End erwägt?
    Die Wolken greifen tief, der Regen fällt;
    und mein Gemüt ist grau und ist gequält.
    Mein Haus ist leer, die darin warn sind fort,
    und Glanz und Gold, die gingen überbord.
    Mein Magen, auch, verweigert jede Speis;
    verschnürt bin ich, von Freiheit ich nichts weiß.
    Ich bin die Trauer, kenne Liebe nicht;
    Ich wandere durch Gassen, wo kein Licht.
    Ich werd vertreiben oft, werd angezünd´t,
    verlacht, mit Tropfen, die da giftig sind.
    Ich bin die Trauer, trag ein schwarz Gewand,
    werd eingeladen nie, bin ortsbekannt.
     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

  • Einsamkeit

     

    Ich sprech zur Wand, doch die bleibt stumm, sie schweigt;
    versteht mich nicht, ist mir nicht zugeneigt.
    Oh, Graun, die Einsamkeit ein enges Haus,
    ob ich jemals aus dir werd kommen raus?
    Voll Sonnenschein, da flimmert sie, die Luft;
    jedoch, mein Herz lebt tief in eis’ger Gruft.
    Wenn einer sagt, so horch, ein Vogel singt,
    ach, meiner Seel wie Totensang es klingt.
    Warum nur geht vorbei an mir der Tod?
    Sieht er und spürt und fühlt nicht meine Not?
    Ach, Tod, kannst du denn Freund sein, der auch liebt?
    Der aus der Gruft mich holt und Wärme gibt?
    Wer hat erschaffen nur die Einsamkeit?
    Ist sie geboren denn vor aller Zeit?
     

     

    Copyright Dr. Renate Mykteniuk

  •  I

    Schaffe
    in deinem Innenraum
    einen Durchgang
    zu der Welt
    die dahinter liegt

    Dort ist der Ort
    und wo dich niemand findet
    und du dich selbst verlierst
    wenn du den Rückweg
    vergessen hast
    und das Knäuel in deiner Hand
    nutzlos wird
    weil der Faden riss

    Schaff
    einen Durchgang
    damit von dort
    von der Welt
    dahinter
    die Taube
    zu dir kommen kann

    Werde vertraut mit ihr
    sie wird dich dann
    heimgeleiten
    von dem Ort
    wo dich keiner findet
    und du dich selbst verlorst.

     

    II

    Der Ort
    wo dich niemand findet
    nicht einmal
    du selbst
    liegt noch weit
    dahinter
    wo der Himmel
    die Erde
    küsst

    Nur im Flug
    kannst du dahin gelangen
    doch verlass dich
    nicht auf Wolken
    nicht auf dich selbst

    Vertrau dich
    einem Vogel an
    Schwan
    Gans
    oder Ente

    Ein Greif
    dagegen
    gewöhnt sich nur schwer
    an Menschen

     

    Copyright Dr. Helga Thomas

  •  

    Wer bin ich?
    Frage des heutigen Narziss?

    Wer bin ich?
    Aus Angst
    eine falsche Antwort
    zu hören und es
    nicht zu bemerken
    nicht zu erkennen
    stelle ich mich dar:
    so wie ich gern wäre
    oder der andere mich gerne hätte
    Oder …

    wie man so ist heute
    in der Zeit der Individualität
    in der Zeit mit den vielen
    gesichtslosen Individuen
    wie ich
    ein Jemand der Niemand ist

    So stelle ich mich dar
    und der andere in mir
    die andere
    das geschlechtslose ewige Ich
    versteckt sich hinter
    meiner Darstellung
    von dem
    wie ich meine zu sein
    versteck ich
    tief in mir
     

    Nun finde ich mich
    nicht mehr
    und frage
    traurig
    mutlos
    verzweifelt?
    mein Spiegelbild
    wer ich denn sei

    Sehnsucht
    zur anderen Welt
    zur Tiefe
    zum Dunkel

    Sehnsucht
    die Grenze zu überschreiten
    ins Geheimnis einzudringen
    im blinden Schmerz
    den Keim des Lichtes
    zu finden

     

    Copyright  Dr. Helga Thomas