Schlagwort: Natur

  • Ach, Augenblick, wie nah bist du,
    schaffst Glück und Unglück ganz geschwind.
    Verschwindest heimlich dann im Nu
    und wehst umher, wie sonst der Wind.
    im Augenblick schürst du die Glut,
    voll Freude schneller schlägt das Herz,
    ein Augenblick bringt Sturmesflut,
    die Seel´erstarrt im Eisesschmerz.

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

     

  • Finsternis schwelte über der schlammigen, sumpfigen Tiefe;
    Blasen voll Gase erhoben sich langsam aus kochenden Quellen;
    Welches geheime Geschehen passierte im Innern der Welt?
    Brodelnd und hitzig wurden in Freiheit gesetzt Elemente.

    Doch, unserm Schöpfer der Welt gefiel diese Düsternis nicht mehr;
    Und er besetzte den Himmel mit Mond und der Sonne und Sternen.
    Welch eine Tat, ein besonderer Tag, am Anfang der Schöpfung!
    Helligkeit wogte über dem ruhelosen, urhaften Lande.

    Dann aber dachte der Schöpfer, das Licht nun verlange nach Augen;
    und er beschaute ein Hirn, dann stülpte heraus er zwei Teilchen.
    So wurden Augen, ein Wunder der Schöpfungempfindsam für Licht. 
    Beide, das Licht und das Auge, sind für einander geschaffen.

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

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    Hier hinter dem großen Häuserblock auf einem Ödland blüht Jahr um Jahr ein Apfelbaum mittleren Alters.

    Zur gleichen Zeit, da er über und über mit rosa Knospen und feierlich weißen großen Blüten wohl zu Tausenden übersät ist, faulen unter seinen Ästen seine Früchte des Vorjahres, die nicht aufgehoben worden sind. Keiner sieht es ihm an, ob er etwa krank ist? Seine Blüten duften zurückhaltend, sehr süß und wirken in der Vielzahl ganz wunderbar auf mich, vergleichbar mit der ganz stillen, ganz innigen Hochzeit eines Paares ganz allein für sich, ohne Gäste. Die Äste hängen tief herab bis ins Gras und die Brennnesseln sind beinahe schwarz und von messingfarbenen Flechten überwachsen. Selbstverständlich summen ein paar rundliche Hummeln ihre Harmonie in Moll in der großen Baumkrone.

    Warum eigentlich ruft es in mir Parallelen zum Menschen ins Denken, warum „Gleichnis“? Es ist ganz einfach:

    Der Baum kann gar nicht anders als zu blühen und Früchte zu spenden, einfach so. Da gibt es Menschen, die ähnlich sind: Immer aufs Neue müssen sie blühen, auch wenn es nutzlos scheint, sie sind die „Blütenmenschen“ oder „Menschenblüher“. Sie blühen um der Schönheit willen, nur deshalb. Wenn genug Hummeln da sind, ja, dann kann man sich einbilden, der blühende Baum hätte seine Sprache gefunden, natürlich als ein Lied, ein ganz leises, süßes, voll Hoffnung und Zukunft, sicherlich erklingt sein Lied in den Sprachen jener Länder, in denen Apfelbäume vorkommen, ja sicherlich.

    Unsere Familie besteht aus jenen bezeichneten Blütenmenschen und Menschen-blühern, jeder für sich schafft in seinem Blühen Schönheit und Poesie, Lieder und Harmoniesymbole. Wie auch genau so bei jedem Apfelbaum geht das nur in Frieden und in einem gewissen geschützten Rahmen. Die Schönheit des Blühens und das Hervorbringen von Schönem jeglicher Gestalt braucht Beschützende. Das Blühen fragt auch gar nicht nach Krankheiten seines Wirtes, nach all seinen Sorgen oder so. Sagt mir doch, warum blühen immer wieder und wieder die gleichen Bäume und die gleiche Art von Menschen und wann wird es sein, dass Schönes sich selbst schützen können wird und von allen geschätzt und gesehen werden wird, einfach um der Schönheit selbst willen?

    Habe ich allein die Angst, dass Schönheit nicht so zählt?

     

    Copyright by Dr. Ruth Berles-Riedel