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Ich bin die Trauer, fühle mich sehr krank,
denn jede Hoffnung, Lebensmut mir sank.
Der Glaube fror, verlassen hat er mich;
Einst war er stark und reich, ja, königlich.
Ich spür, mein Herz nicht mehr im Rhythmus schlägt,
ob es schon lahm, für sich ein End erwägt?
Die Wolken greifen tief, der Regen fällt;
und mein Gemüt ist grau und ist gequält.
Mein Haus ist leer, die darin warn sind fort,
und Glanz und Gold, die gingen überbord.
Mein Magen, auch, verweigert jede Speis;
verschnürt bin ich, von Freiheit ich nichts weiß.
Ich bin die Trauer, kenne Liebe nicht;
Ich wandere durch Gassen, wo kein Licht.
Ich werd vertreiben oft, werd angezünd´t,
verlacht, mit Tropfen, die da giftig sind.
Ich bin die Trauer, trag ein schwarz Gewand,
werd eingeladen nie, bin ortsbekannt.
Copyright Dr. Renate Myketiuk
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Einsamkeit
Ich sprech zur Wand, doch die bleibt stumm, sie schweigt;
versteht mich nicht, ist mir nicht zugeneigt.
Oh, Graun, die Einsamkeit ein enges Haus,
ob ich jemals aus dir werd kommen raus?
Voll Sonnenschein, da flimmert sie, die Luft;
jedoch, mein Herz lebt tief in eis’ger Gruft.
Wenn einer sagt, so horch, ein Vogel singt,
ach, meiner Seel wie Totensang es klingt.
Warum nur geht vorbei an mir der Tod?
Sieht er und spürt und fühlt nicht meine Not?
Ach, Tod, kannst du denn Freund sein, der auch liebt?
Der aus der Gruft mich holt und Wärme gibt?
Wer hat erschaffen nur die Einsamkeit?
Ist sie geboren denn vor aller Zeit?
Copyright Dr. Renate Mykteniuk
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I
Schaffe
in deinem Innenraum
einen Durchgang
zu der Welt
die dahinter liegtDort ist der Ort
und wo dich niemand findet
und du dich selbst verlierst
wenn du den Rückweg
vergessen hast
und das Knäuel in deiner Hand
nutzlos wird
weil der Faden rissSchaff
einen Durchgang
damit von dort
von der Welt
dahinter
die Taube
zu dir kommen kannWerde vertraut mit ihr
sie wird dich dann
heimgeleiten
von dem Ort
wo dich keiner findet
und du dich selbst verlorst.II
Der Ort
wo dich niemand findet
nicht einmal
du selbst
liegt noch weit
dahinter
wo der Himmel
die Erde
küsstNur im Flug
kannst du dahin gelangen
doch verlass dich
nicht auf Wolken
nicht auf dich selbstVertrau dich
einem Vogel an
Schwan
Gans
oder EnteEin Greif
dagegen
gewöhnt sich nur schwer
an MenschenCopyright Dr. Helga Thomas
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Wer bin ich?
Frage des heutigen Narziss?Wer bin ich?
Aus Angst
eine falsche Antwort
zu hören und es
nicht zu bemerken
nicht zu erkennen
stelle ich mich dar:
so wie ich gern wäre
oder der andere mich gerne hätte
Oder …wie man so ist heute
in der Zeit der Individualität
in der Zeit mit den vielen
gesichtslosen Individuen
wie ich
ein Jemand der Niemand istSo stelle ich mich dar
und der andere in mir
die andere
das geschlechtslose ewige Ich
versteckt sich hinter
meiner Darstellung
von dem
wie ich meine zu sein
versteck ich
tief in mir
Nun finde ich mich
nicht mehr
und frage
traurig
mutlos
verzweifelt?
mein Spiegelbild
wer ich denn seiSehnsucht
zur anderen Welt
zur Tiefe
zum DunkelSehnsucht
die Grenze zu überschreiten
ins Geheimnis einzudringen
im blinden Schmerz
den Keim des Lichtes
zu findenCopyright Dr. Helga Thomas
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Wer gerne auf „Gefällt mir“ klickt,
Vor einem Kunstwerk steht entzückt,
Wer liebt das Klassisch-Ewig-Schöne,
Sei`n es Gedichte oder Töne,
Genießt dies in der Künste Tempel,
Bekommt gleich den Banausen –Stempel.
Doch wer ein Kritikus sich nennt –
Der gilt sogleich als kompetent.
Schreibt meist in den Gazetten für viel Zaster –
Als Kritikaster.Wer schreibt, wer malt, wer musiziert,
Weil einfach er es muss und Lust verspürt
Und ringt um jede Note, jedes Wort,
Wer Form und Farbe setzt am rechten Ort
Und gibt nicht eher Ruh`, bis alles hat Bestand,
Wird noch beschimpft als Dilettant
Und fällt sogleich durch`s Raster
Beim Kritikaster.
Statt sich an schönen Formen zu erfreuen,
Den Kunstgenuss nicht zu bereuen,
Was ihn erbauen könnte, das verpasst er –
Der Kritikaster.Eins sei ihm auf den Weg gegeben:
Er kann nur von den Künstlern leben!
Selbst etwas zu gestalten, ja, das hasst er –
Der Kritikaster …Copyright Dr. Wilfried Dinter
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Meine bess’re Hälfte spricht:
„Schreib doch mal ‘n lustiges Gedicht!
Das Lachen ist doch nicht verboten,
Ich mein‘ nicht irgendwelche Zoten.
Es straften Lügen zyn’sche Spötter
Im Griechenhimmel alle Götter,
Beschallten den Humor-Verächter
Mit laut-homerischem Gelächter!“
Nun wohl – es bleiben letzte Zweifel,
Reit doch den Pegasus der Teifel!
So’n bisschen fehlt mir die Courage,
Kratzt doch ein wenig am Image
– Wenn sonst der ernste Dichter spricht –
Ein kurioses Lach – Gedicht.
In der deutschen Literatür
Gab’s nur der Komödien vür.
Denn hier scheiden sich die Geister,
Dachte mancher große Meister.
Und so waren seine Zeulen
Nicht zum Lachen, mehr zum Heulen.
Wenn’s aber gar zu komisch wird
Und der Geist sich bös verirrt
Entsteht manch Dada – Missgeburt
Bei Jandl und bei Schwitters – Kurt.
Jetzt reicht’s nicht mehr für viele Zeilen,
Ich muss mich nun ein wenig eilen,
Der Uhrenzeiger geht auf acht –
Gleich kommt „Mainz, wie es singt und lacht“.
Doch: Aschermittwoch net vergesse –
Dann heißt’s wieder „Bonjour tristesse“.Copyright Dr. Wilfried Dinter
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Mein Leben hängt
an einem Faden,
sagte die Spinne
zu ihrer Nachbarin.
Jene erwiderte:
du spinnst.Copyright Dr. Eberhard Grundmann
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Vormals Felis domestica,
so ganz domestiziert
bist du nicht.
Du kannst huldvoll sein,
aber nicht gehorsam.
In dir pulsen
Anmut und Stolz
alten Adels und
großer Verwandtschaft –
vormals Felis panthera,
Felis leo, Felis tigris.Gehorchen magst du nicht,
Felis catus,
aber man kann um
deine Freundschaft werben.Copyright Dr. Eberhard Grundmann
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Selbstsicher und elegant,
gemessen,
ohne Eile,
jeder Schritt
ein Kunstwerk,
schreitet sie
entlang vor meinem Fenster:
Nachbars Katze.Copyright Dr. Eberhard Grundmann
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Ein Wolf schlich durch den Wald und sprach:
Wenn jetzt nicht bald etwas zum Fressen kommt,
verhungre ich hier prompt.
Seither zwischen der Bäume Säulen
hört man nächtens die Wölfe heulen.