Kategorie: Gedichte

  • Einsamkeit

     

    Ich sprech zur Wand, doch die bleibt stumm, sie schweigt;
    versteht mich nicht, ist mir nicht zugeneigt.
    Oh, Graun, die Einsamkeit ein enges Haus,
    ob ich jemals aus dir werd kommen raus?
    Voll Sonnenschein, da flimmert sie, die Luft;
    jedoch, mein Herz lebt tief in eis’ger Gruft.
    Wenn einer sagt, so horch, ein Vogel singt,
    ach, meiner Seel wie Totensang es klingt.
    Warum nur geht vorbei an mir der Tod?
    Sieht er und spürt und fühlt nicht meine Not?
    Ach, Tod, kannst du denn Freund sein, der auch liebt?
    Der aus der Gruft mich holt und Wärme gibt?
    Wer hat erschaffen nur die Einsamkeit?
    Ist sie geboren denn vor aller Zeit?
     

     

    Copyright Dr. Renate Mykteniuk

  •  I

    Schaffe
    in deinem Innenraum
    einen Durchgang
    zu der Welt
    die dahinter liegt

    Dort ist der Ort
    und wo dich niemand findet
    und du dich selbst verlierst
    wenn du den Rückweg
    vergessen hast
    und das Knäuel in deiner Hand
    nutzlos wird
    weil der Faden riss

    Schaff
    einen Durchgang
    damit von dort
    von der Welt
    dahinter
    die Taube
    zu dir kommen kann

    Werde vertraut mit ihr
    sie wird dich dann
    heimgeleiten
    von dem Ort
    wo dich keiner findet
    und du dich selbst verlorst.

     

    II

    Der Ort
    wo dich niemand findet
    nicht einmal
    du selbst
    liegt noch weit
    dahinter
    wo der Himmel
    die Erde
    küsst

    Nur im Flug
    kannst du dahin gelangen
    doch verlass dich
    nicht auf Wolken
    nicht auf dich selbst

    Vertrau dich
    einem Vogel an
    Schwan
    Gans
    oder Ente

    Ein Greif
    dagegen
    gewöhnt sich nur schwer
    an Menschen

     

    Copyright Dr. Helga Thomas

  •  

    Wer bin ich?
    Frage des heutigen Narziss?

    Wer bin ich?
    Aus Angst
    eine falsche Antwort
    zu hören und es
    nicht zu bemerken
    nicht zu erkennen
    stelle ich mich dar:
    so wie ich gern wäre
    oder der andere mich gerne hätte
    Oder …

    wie man so ist heute
    in der Zeit der Individualität
    in der Zeit mit den vielen
    gesichtslosen Individuen
    wie ich
    ein Jemand der Niemand ist

    So stelle ich mich dar
    und der andere in mir
    die andere
    das geschlechtslose ewige Ich
    versteckt sich hinter
    meiner Darstellung
    von dem
    wie ich meine zu sein
    versteck ich
    tief in mir
     

    Nun finde ich mich
    nicht mehr
    und frage
    traurig
    mutlos
    verzweifelt?
    mein Spiegelbild
    wer ich denn sei

    Sehnsucht
    zur anderen Welt
    zur Tiefe
    zum Dunkel

    Sehnsucht
    die Grenze zu überschreiten
    ins Geheimnis einzudringen
    im blinden Schmerz
    den Keim des Lichtes
    zu finden

     

    Copyright  Dr. Helga Thomas

  •  

    Wer gerne auf „Gefällt mir“ klickt,
    Vor einem Kunstwerk steht entzückt,
    Wer liebt das Klassisch-Ewig-Schöne,
    Sei`n es Gedichte oder Töne,
    Genießt dies in der Künste Tempel,
    Bekommt gleich den Banausen –Stempel.
    Doch wer ein Kritikus sich nennt –
    Der gilt sogleich als kompetent.
    Schreibt meist in den Gazetten für viel Zaster –
    Als Kritikaster.

    Wer schreibt, wer malt, wer musiziert,
    Weil einfach er es muss und Lust verspürt
    Und ringt um jede Note, jedes Wort,
    Wer Form und Farbe setzt am rechten Ort
    Und gibt nicht eher Ruh`, bis alles hat Bestand,
    Wird noch beschimpft als Dilettant
    Und fällt sogleich durch`s Raster
    Beim Kritikaster.

    Statt sich an schönen Formen zu erfreuen,
    Den Kunstgenuss nicht zu bereuen,
    Was ihn erbauen könnte, das verpasst er –
    Der Kritikaster.

    Eins sei ihm auf den Weg gegeben:
    Er kann nur von den Künstlern leben!
    Selbst etwas zu gestalten, ja, das hasst er –
    Der Kritikaster …

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  •  

    Meine bess’re Hälfte spricht:
    „Schreib doch mal ’n lustiges Gedicht!
    Das Lachen ist doch nicht verboten,
    Ich mein‘ nicht irgendwelche Zoten.
    Es straften Lügen zyn’sche Spötter
    Im Griechenhimmel alle Götter,
    Beschallten den Humor-Verächter
    Mit laut-homerischem Gelächter!“
    Nun wohl – es bleiben letzte Zweifel,
    Reit doch den Pegasus der Teifel!
    So’n bisschen fehlt mir die Courage,
    Kratzt doch ein wenig am Image
    – Wenn sonst der ernste Dichter spricht –
    Ein kurioses Lach – Gedicht.
    In der deutschen Literatür
    Gab’s nur der Komödien vür.
    Denn hier scheiden sich die Geister,
    Dachte mancher große Meister.
    Und so waren seine Zeulen
    Nicht zum Lachen, mehr zum Heulen.
    Wenn’s aber gar zu komisch wird
    Und der Geist sich bös verirrt
    Entsteht manch Dada – Missgeburt
    Bei Jandl und bei Schwitters – Kurt.
    Jetzt reicht’s nicht mehr für viele Zeilen,
    Ich muss mich nun ein wenig eilen,
    Der Uhrenzeiger geht auf acht –
    Gleich kommt „Mainz, wie es singt und lacht“.
    Doch: Aschermittwoch net vergesse –
    Dann heißt’s wieder „Bonjour tristesse“.

     

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  •  

    Mein Leben hängt
    an einem Faden,
    sagte die Spinne
    zu ihrer Nachbarin.
    Jene erwiderte:
    du spinnst.

    Copyright Dr. Eberhard Grundmann

  •  

    Vormals Felis domestica,
    so ganz domestiziert
    bist du nicht.
    Du kannst huldvoll sein,
    aber nicht gehorsam.
    In dir pulsen
    Anmut und Stolz
    alten Adels und
    großer Verwandtschaft –
    vormals Felis panthera,
    Felis leo, Felis tigris.

    Gehorchen magst du nicht,
    Felis catus,
    aber man kann um
    deine Freundschaft werben.

     

    Copyright Dr. Eberhard Grundmann

     

     

     

  •  

    Selbstsicher und elegant,
    gemessen,
    ohne Eile,
    jeder Schritt
    ein Kunstwerk,
    schreitet sie
    entlang vor meinem Fenster:
    Nachbars Katze.

     

    Copyright Dr. Eberhard Grundmann

  •  

    Ein Wolf schlich durch den Wald und sprach:
    Wenn jetzt nicht bald etwas zum Fressen kommt,
    verhungre ich hier prompt.
    Seither zwischen der Bäume Säulen
    hört man nächtens die Wölfe heulen.

  •  

    Eigentlich bin ich gegen Rechts.
    Erst recht aber gegen Links.
    Ich bin auch gegen
    Vorn und Hinten.
    Ich bin mehr
    für Mitte.
    Aber lieber
    Oben als Unten.

     

    Copyright Dr. Eberhard Grundmann