Kategorie: Gedichte

  • Reinhart-Kemm-Bild zu Choral Bild von Ute Reinhart-Kemm

    Choral

    Heil’ge Sonne, unser Leben,
     Ursprung – Ende allen Seins.
     Tag und Nacht, die du gegeben,
     Unser Dasein – mit dir eins.


    Licht verglüht zu Finsternis,
    Das die Dunkelheit zerriss.
    Schreiten mit dir durch´s Tor der Zeiten,
    Teil von dir in Ewigkeiten.

    Aus: „Hell und Dunkel“, Privatdruck, Bremen 2012

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  • Frühe Flucht blüht und erstarrt – Terra incognita, Albwinter.
    Sehnsucht nach Eisgang – Weite Küste, Traumwirklichkeit.
    Lähmendes Daseinsjoch, erstickende Erdgebundenheit –
    Und dennoch:
    Stunde des Pan, Felsenwasser, Stauwehr und:
    Sieg der Natur!
    Lebensmittag in südlicher Sonne, Meeresweite und neue Fluchten.
    Reptilien durchbrechen den Panzer.
    Wiedergeborene Insekten in Steinen ohne Zeit,
    Ammoniten, glühende Katzenaugen, Höhlenbär.
    Herbstliches Ahnen und Hoffen.
    Reife und Ernte.
    Nordmeersturm ruft.
    Lohendes Herbstfeuer befreit.
    Winterabend im Hafen.
    Heimkehr ins Ungewisse.

    Aus: „Hell und Dunkel“, Privatdruck, Bremen 2012

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  •  

    Keltenschlange –
    Aus kalter Erde keimt dein Leben,
    Erst Drache,
    Dann himmelwärts, beflügelt.
    Zu nah der Sonne,
    Tödlich verbrannt,
    Kehrst du zur Erde zurück
    Und wirst auf`s Neue –
    Wiedergeboren.

    Aus: „Hell und Dunkel“, Privatdruck, Bremen 2012

    Copyright Dr. Wilfried Dinter

  • Somatische Mutation = Veränderung der Erbsubstanz von Körperzellen,
    die z. B. Sommersprossen zugrunde liegt)

    Frau Dr. R. hat einen Mann,
    sie hat zwei kleine Kinder,
    die liebt sie sehr, so oft sie kann,
    und ihren Mann nicht minder.

    Letzterer kommt heut spät nach Haus,
    viel später als gewöhnlich,
    denn eine kleine weiße Maus
    hatte er höchstpersönlich

    Im Zoogeschäft der Stadt gekauft,
    statt Blumen – es ist Winter –
    und auf den Namen Max getauft,
    zur Freude für die Kinder.

    Die Freude ist auch riesengroß
    über das Tier im Kasten,
    doch plötzlich geht der Teufel los,
    beginnt ein wildes Hasten.

    Die Maus ist aus dem Bau gehupft,
    trotz Mohrrübe und Rettich,
    und der Papa, darob verschnupft,
    begibt sich auf den Teppich.

    Und als er sie hervorgelockt
    unter der Fernsehtruhe,
    und sie nun zitternd vor ihm hockt,
    wird endlich wieder Ruhe.

    Nur die Mama, die Frau Doktor,
    scheint noch wie aus dem Häuschen,
    weil just das Tier, das kurz zuvor
    weiß war, ein graues Mäuschen

    Geworden ist. Welch Sensation!
    Sie jubelt: „Das ist sicher
    eine plötzliche Mutation!“
    Der Mann macht: „Kicher, kicher“.

    „Ja eine Publikation
    für die ‚Versuchstierkunde’
    schreib ich!“ Sie sucht die Worte schon
    und blickt froh in die Runde.

    Der Mann, der nicht so sehr gelehrt,
    ihr jeden Gegenblick verwehrt
    und murrt: „Das kommt, wenn alle Ecken
    bei uns so fürchterlich verdrecken.“

    Frau Doktor hat wohl nichts entdeckt.
    Das Ganze war ein Dreckeffekt.

     

    Copyright Prof. Dr. Paul Rother

  • Ein Blick von dir, oh, meine Mutter, sagt,
    dass du erwünscht mich hast, du bist voll Glück.
    Ob  mein Gesicht gefällt – hab´s nicht erfragt,
    genieß ich doch Vertrauen durch den Blick.
    Wenn du mich anblickst, weiß ich deine Libe´;
    und ich gedeih und wachse mit Vertrau´n.
    Bis ich gereift, sag ich stets gibt, ach gib!
    Wenn du mich anblickst, mag ich dich nur schau´n.

    Wo wär ich nur, wenn töten könnt´ dein Blick?
    Was habe ich getan, dass du voll Zorn;
    hab ich dich krank gemacht, weil ich zurück?
    Weil ich von hinten schöner bin als vorn?
    Dein hasserfüllter Blick, ach, bleib mir fern!
    Verachtest stets ein Du. Hast du dich gern?

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

  • Ach, Augenblick, wie nah bist du,
    schaffst Glück und Unglück ganz geschwind.
    Verschwindest heimlich dann im Nu
    und wehst umher, wie sonst der Wind.
    im Augenblick schürst du die Glut,
    voll Freude schneller schlägt das Herz,
    ein Augenblick bringt Sturmesflut,
    die Seel´erstarrt im Eisesschmerz.

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

     

  • Finsternis schwelte über der schlammigen, sumpfigen Tiefe;
    Blasen voll Gase erhoben sich langsam aus kochenden Quellen;
    Welches geheime Geschehen passierte im Innern der Welt?
    Brodelnd und hitzig wurden in Freiheit gesetzt Elemente.

    Doch, unserm Schöpfer der Welt gefiel diese Düsternis nicht mehr;
    Und er besetzte den Himmel mit Mond und der Sonne und Sternen.
    Welch eine Tat, ein besonderer Tag, am Anfang der Schöpfung!
    Helligkeit wogte über dem ruhelosen, urhaften Lande.

    Dann aber dachte der Schöpfer, das Licht nun verlange nach Augen;
    und er beschaute ein Hirn, dann stülpte heraus er zwei Teilchen.
    So wurden Augen, ein Wunder der Schöpfungempfindsam für Licht. 
    Beide, das Licht und das Auge, sind für einander geschaffen.

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

  •  

    Ich bin die schöne Frau Gelassenheit,
    bin fröhlich, schätze stets die Heiterkeit.

    Wenn eine Last dich quält, und du wirst krank,
    feg nicht umher, sie holt dich wieder ein;
    setz dich ganz still auf eine kleine Bank,
    leg ab die Packen, leer ein Gläschen Wein.

    Denk nach, ob sie für dich bestimmt nur sind,
    ob nicht ein andrer Arbeit sucht geschwind?

    Wenn jemand widerspricht, wird’s dir zur Last;
    bist tief verletzt, weinst still in dich hinein?
    Halt ein, jag nicht umher, mach eine Rast.
    Vielleicht ist jener andere grad klein.

    Machs möglich, dass auch er ein wenig wächst;
    du wirst bestimmt für ihn sein dann der Nächst.

    Und dein Gesicht wird froh, du kannst verstehn;
    du weinst nicht mehr, denn Friede kehrte ein.
    Du wirst die Bitterkeit nun nicht mehr sehn;
    du ließest los und kannst jetzt glücklich sein.

    Bin Frau Gelassenheit, bin stets bereit,
    zu lehren die mit Dank verschlungne Heiterkeit.

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk)

     

     

  •  

    Ich bin die Freude, nimm es endlich wahr;
    ich möchte dir öffnen deine müden Augen!
    Verwirf die Sorgen, viele gar nichts taugen;
    die schleichen stets umher in großer Schar.

    Ich bin die Freude, schenke kostbar’n Wein,
    der Herz und das Gemüt zum Staunen bringt,
    ob der Musik, die aus den Dingen klingt,
    ob all der Wunder rings, ob groß, ob klein.

    Ich bin die Freude, geh mit auf dem Weg:
    Versöhnung ist das Ziel, das ich erstreb,
    und Fried‘ soll sein, an dem ich eifrig web;
    die Nein-Bedenken einfach weg ich feg.

    Ich bin die Freude, freu mich, weil ich fühl
    mein Lied erquickt mit Trost und Freud‘ dein Herz
    und weist Verstand und Sinn dir himmelwärts;
    mein Lied dich wärmt, die Hand ist nicht mehr kühl.

    Ich bin die Freud‘, ich kenn nur Dankbarkeit,
    weil mir die Sonne macht mein Herze hell,
    und weil ein Segenswort ist Lebensquell.
    Ich bin die Freud‘ und sing, damit’s dich freut.

     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk

     

  •  

    Ich bin die Trauer, fühle mich sehr krank,
    denn jede Hoffnung, Lebensmut mir sank.
    Der Glaube fror, verlassen hat er mich;
    Einst war er stark und reich, ja, königlich.
    Ich spür, mein Herz nicht mehr im Rhythmus schlägt,
    ob es schon lahm, für sich ein End erwägt?
    Die Wolken greifen tief, der Regen fällt;
    und mein Gemüt ist grau und ist gequält.
    Mein Haus ist leer, die darin warn sind fort,
    und Glanz und Gold, die gingen überbord.
    Mein Magen, auch, verweigert jede Speis;
    verschnürt bin ich, von Freiheit ich nichts weiß.
    Ich bin die Trauer, kenne Liebe nicht;
    Ich wandere durch Gassen, wo kein Licht.
    Ich werd vertreiben oft, werd angezünd´t,
    verlacht, mit Tropfen, die da giftig sind.
    Ich bin die Trauer, trag ein schwarz Gewand,
    werd eingeladen nie, bin ortsbekannt.
     

    Copyright Dr. Renate Myketiuk