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Wiese, Wald und Löwenzahn
liegen in der Sonne.
Fängt der Wald zu brennen an,
rettet ihn der Feuermann
mit seiner Regentonne.Wiese, Wald und Löwenzahn
stehen in dem Regen.
Fängt der Wald zu husten an,
kann ihn noch der Regenmann
ins warme Bettchen legen.Wiese, Wald und Löwenzahn
schütteln sich im Winde.
Fängt der Wald zu brechen an,
tötet ihn der Automann
und sammelt Holz und Rinde.Copyright Prof. Dr. Dr. Kayser
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Da sitz ich nun, ich armer Tor
auf einem harten Steine.
Ich bin so schlau als wie zuvor
und denke Bein auf Beine:Was ich gewann, was ich verlor,
was bleibt, was sei das meine.
Was ich im Leben alles schwor,
zu kennen, wissen um die kleineEwigkeit, die mir jetzt sagt:
Nichts ist gerade, nichts ist krumm.
Der Alte so aus Weimar klagt,
auch Vogelwalthers Lied bleibt stumm.Ich aber sage frech und frei:
Gedanken können alles biegen.
Da ist ein Nichts, und Nichts das sei
nur in Gedanken zu besiegen.Copyright Prof. Dr. Dr. Kayser
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Ich stieg zu den Gräbern am Nachmittag,
Gräber geborgen in Fels und in Stein.
Die sengende Sonne im Sterben lag,
graurot und wärmend ihr sinkender Schein.Die Gräber so kühl, so sauber und leer
nur Bänke und kein vergessener Sarg.
Mein Blick streift weit über das ruhende Meer,
die Felder vertrocknet, geerntet und karg,und windet sich dann die Felsen hinauf
und klettert und klettert und findet nicht Halt
und fällt tief im wilden verzweifelten Lauf –
ihn rettet die Rose im lichtdunklen Spalt.Du Rose, Du rote, blühst Rose so rot
über Gräbern aus heut vergessener Zeit.
Mein Herz, meine Liebe, Du Rose so rot,
so rettest Du mich in die Ewigkeit.Copyright Prof. Dr. Dr. Kayser
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So eile ich nun mit quälendem Schritt
zum Gipfel den Berg hinauf.
Hunger und Sehnsüchte eilen mit,
hemmen nicht den drängenden Lauf.Vergessen die sprudelnden Wasser im Tal,
die leuchtenden Blüten zu Zweit,
der trunkene Becher im nächtlichen Saal,
der Eltern treues Geleit.Oben am Gipfel reckt sich ein Baum
kahl und dürr in die Nacht.
Um ihn Wiesen, glanzloser Schaum,
wehrlos in graubrauner Pracht.Er aber trotzt im Tode noch starr
dem Sturm und der Zeiten Lauf.
Wie er im Leben gewachsen war,
gestorben gibt er nicht auf.Copyright Prof. Dr. Dr. Klaus Kayser
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Es regnet leise, eine stille Pause,
im Regen hat sich Gold gelöst,
als er so vor sich hin gedöst,
veredelt gehe ich nach Hause.Auch hier hat alles einen güldnen Hauch:
die Blumen, Bücher, sogar heißer Tee
und jenes Bild vom goldnen See,
mein großer Spiegel funkelt auch.Eins von den Wundern meiner Welt,
die reich von Gold umflossen ist,
in meinen Augen wohnt ein Alchimist,
der das erschafft, was ihm gefällt.Copyright Barbara Kromphardt
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Ich habe etwas ausgepackt
(ich bin gerade am Umziehen)
ich nahm es in die Hand
eine erdbraune Muschel
eine von denen
aus unserer Kinderzeit
wenn du sie ans Ohr hältst
(auch fern von jeglicher Küste)
kannst du das Rauschen des Meeres hören …
Später erklärten mir kluge Menschen:
du hörst das Rauschen
deines eigenen Blutes
sein Echo
noch später dachte ich
(inzwischen selber klug geworden):
Ist das nicht dasselbe?
zwei Bilder
eines einzigen GeschehensIch hielt die Muschel
wie als Kind
an mein Ohr
ich hörte kein Rauschen
aber da …
ein Tropfen
und wieder
und wieder
stetig fiel er niederIn welchen Brunnen
oder See
oder …
fiel er?Da begriff ich:
ich hörte mein Herz
das Echo des eigenen HerzschlagsAber ist das nicht dasselbe:
das Tropfen des Lebenswassers
und der Schlag deines Herzens?Nun sah ich
auf der glatten braunen Steinfläche
eine Ritzzeichnung
Tiere der Wüste
der Savanne
unter einem Baum
(an einem Wasserloch?)
sicher kannte keines ein Meer
eine Muschel
doch auch ihr Herz
schlägt wie das Tropfen
des LebenswassersDie Sehnsucht des Künstlers
vereinte
die Tiere
aus der Weite der Wüste
und die Muschel
aus der Tiefe des MeeresNun spürte ich:
der Schmerz des Umzugs
(körperlich)
war vergangen
wenigstens für kurze ZeitWer hat mir
die Erkenntnis geschenkt:
lausch auf das Lied deiner Sehnsucht
hörbar werdend
im tropfenden Wasser des Lebens
im schlagenden Herzen
Vertrau
dem Strom des Lebens
er trägt dich zum ZielCopyright Dr. Helga Thomas
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Ich habe heute Morgen
meinen Hund gestreichelt
er schaute mich so traurig an
denn ich wollte
jetzt noch nicht
raus in den nassen SommermorgenIch habe durstig
gierig fast
die erste Tasse Tee getrunken
und dann
erfreute mich
der Apfel
mit Farbe Form
Geruch GeschmackIch freute mich
dass ich
immer noch
in den Apfel beißen kann
Obwohl mein Körper
mit aller Schwere
mich niederzog
schwer und unbeweglich
freute ich mich dann
als langsam
alle Glieder wieder
beweglich wurdenNoch immer bin ich müde
doch auch dankbar
und ich frage mich
ob meine- Freude
nicht viel mehr bewirkt
als das
was ich vielleicht
noch so zu tun gedenke
natürlich Nützliches
an diesem TagCopyright Dr. Helga Thomas
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Alle Welt
berichtet schreibt
und forscht
übers WasserWarum nicht ich?
Alle Welt
wirklich alles
nicht nur Leben
braucht das Wasser
so wie auch ichDoch welches Wasser
meinen sie
welches Wasser
meine ich?Das Wasser
das vom Himmel fällt
aus der tiefen Erde dringt?
Die Welt umarmend
sie durchfließt?Als Brunnen
Mensch und Tiere tränkt
als See
dem Himmel
Berg und Baum
als Spiegel dient?Das in seinem
Auf und Ab
und Hin und Her
der Seele gleicht?Das Wasser
das in meinem Auge
von vergangener Liebe spricht?Das Wasser
das in jedem Körper
kreist?Unsichtbar kurz vor Herbstbeginn
als Nebel
sich über alle Dinge legt?Genauso unsichtbar
verlässt es als leichter Hauch
meine Haut
und verbindet mich
atemgleich
mit aller WeltWelches Wasser
es auch immer ist
es gibt sich hin
es passt sich an
formlos
füllt es jede Form
und sucht doch immer
seine eigne Mitte
und ist doch immer
ganz sich selbst
Copyright Dr. Helga Thomas
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Schwäne sah ich auf dem Wasser
sie schwammen nicht
sie tauchten nicht
sie waren einfach da
wie das Wasser
das in sich ruhend
unbemerkt
stetig weiter flossNur das Spiegelbild
von Baum und Haus
vibrierte sanft
als wollte es
mit dem Wasser weiter fließenSchwäne sah ich auf dem Wasser
Sie waren einfach daOb ich es wohl von ihnen lerne
wenn ich von nun an
jeden Tag
mich an sie erinnere?Copyright Dr. Helga Thomas
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Acht tage war
der rechner lahm
totenstill
totenkalt
draussen blieb
die welt
unerreichbar
das gedächtnis.Jetzt ist er
auferweckt
sein kleines herz
schlägt für mich
achthundert
millionen mal
in der sekunde
fröhlich blinken
die lämpchen
behaglich schnurrt
die platte
der lüfter atmet frei
wohlige wärme
verströmend.
Noch hangelt er
unbeholfen
durch bäume
und programme
viel zuwendung
heischend und
jeden tag geläufiger.
Copyright Dr. Eberhard Grundmann