Schlagwort: Gesellschaft

  • West-östlicher Divan

    (18.8.2019)

     

    Suche die Seele des West-östlichen Divans
    nicht in verstaubten Bücherregalen
    oder in glänzend aufgetakelten Aufführungen
    Suche sie in den Herzen der Menschen
    Möchtest du den West-östlichen Divan
    wahrhaftig ehren
    so lasse es nicht zu
    dass blendende Banditen
    in deinem Namen
    und mit deinen Steuergeldern
    seine Geburtsstätten verwüsten
    und seine Lebensgeschichten vernichten

    ֎֎֎

  • Auswahl aus den Wölländischen Sprüchen: VOLANDIANA – Aphorismen. Seemann Publishing 2018. ISBN 9781729323991

    1. Allgemein

    1.1.      Wahrheit ist der meistakzeptierte Irrtum. (1993)

    1.8.      Auch wenn du dir zwei Uhren kaufst, hast du nicht mehr Zeit.

    1.10.    Die Dummheit höret nimmer auf.

    1.12.    AUCH DER JÜNGSTE SOPRAN WIRD EINMAL ALT.

    1.15.    Der Mensch wird immer dümmer, trotz aller Symposiümmer.

    1.19.    Sigmund Freud entdeckte beim Menschen eine orale, anale und genitale Entwicklungsphase. Eine zerebrale entdeckte er nicht. (01.07.1992)

    1.125.  Manche Belletristik ist mehr trist als belle. (08.05.2013)

    1.138.  Geld ist Fiktion. Real ist nur das Geld, das man nicht hat.
    (lat. Aes ipsum fictio aes deens verum est.) (19.12.2013 0450)

    1.151.  Quidquid id est timeo Danaos maxime pecuniam petentes.
    (lat. Was es auch sei, ich fürchte die Griechen, besonders, wenn sie Geld fordern.) (23.03.2015)

    1.166.  Die beste Lösung nützt nichts, wenn das Problem unbekannt ist. (11.05.2015)

    1.175.  Nicht in jedem Dickkopf steckt ein grosses Hirn. (18.09.2015 Le Tréport F)

    1.191.  Es kommt darauf an, durch welche Brille man das Leben sieht. Es sollte nicht die Klobrille sein. (06.06.2017)

    1. Evolution

    2.6.      Das Wissen nimmt zu, nicht aber die Weisheit. (27.12.2017)

    2.7.      Nein, der Fortschritt ist keine Schnecke. Oder hast du schon einmal eine Schnecke mit Rückwärtsgang gesehen? (25.01.2018)

    1. Geschlechter

    3.67.    Jede Ehe wird geschieden: durch den Richter oder durch den Tod. (06.03.2012)

    3.88.    Aller Kriege Vater ist das Testosteron. (24.11.2016)

    3.95.    Nil vita sine voluptate. (lat. Ohne Lust kein Leben.) (20.06.2011)

    1. Paraloga und Sophismata (Παράλογα και σοφίσματα)

    4.11.    Jeder Augenblick deines Lebens ist in der Summe von den beiden Enden des Lebens zu 100 Prozent entfernt.
    (Wölländisches Aequisistenz-Axiom) (22.06.2016)

    4.13.    Die einzige richtige Ideologie ist diejenige, welche sagt: Alle Ideologien sind falsch.
    (Dez 2016)

    4.14.    Schwarzgeld besteht hauptsächlich aus Dunkelziffern. (03.04.2017)

    4.20.    Omnis aliter est – ego non. (lat. Jeder ist anders – nur ich nicht.) (08.05.2018)

    4.33.    Auch ein neues Brett macht den alten Kopf nicht besser. (26.10.2009)

    4.35.    Das Unangenehme an einem Gipfel ist, dass es nach allen Seiten bergab geht.
    (29.10.2009)

    4.36.    Fernsehen ist nicht dasselbe wie Weitblick. (24.01.2010)

    4.43.    Nemo umbra sua propria refrigeratur.
    (lat. Niemand wird durch eigenen Schatten gekühlt.) (15.09.2017 Plovdiv BG)

    1. Medizin

    5.1.      Medicamenta non prosunt nisi sumuntur tamen medicamentum non sumere interdum salubrior est.
    (lat. Medikamente helfen nicht, wenn sie nicht genommen werden, dennoch ist es manchmal heilsamer, ein Medikament nicht zu nehmen.) (20.6.2008)

    5.2.            Medicus nil promittit. (lat. Der Arzt verspricht nichts.) (20.6.2008)

    5.4.      Minum vinum nimia corporis exercitatio et nimis diu vivere insalubria reputari oportet.
    (lat. Zu wenig Alkohol, zu viel Sport und zu lange leben sind ungesund.)  (17.04.2016)

    5.9.      Der Arzt muss bei der Anamnese alles fragen – und darf nichts glauben. (05.03.2015)

    1. Volk und Staat

    6.8.      Kein Land der Welt ist so arm, dass nicht sein Präsident reich werden könnte.
    (11.02.2011)

    6.13.    Iustitia non caeca strabonem est. (lat. Iustitia ist nicht blind, sie schielt [opportunistisch].) (11/1998)

    6.15.    Gewaltenteilung: Die einen wissen, wie es geht, die anderen sagen, was gemacht wird.
    (06.03.2005)

    6.17.    Timeo praepotentes sese amantes cetera timentes.
    (lat. Ich fürchte die Machthaber. Sie lieben nur sich selbst und fürchten den Rest der Welt.) (12.08.2013)

    6.20.    Wer Terror mit Terror bekämpft, ist selbst ein Terrorist. (12.03.2017)

    6.25.    Wer mit Nonkonformisten konform geht, ist auch ein Konformist. (27.01.2018)

    6.35.    Nicht jeder missbraucht die Macht, aber jede Macht wird missbraucht.
    (12.12.2013)

    1. Volk und Staat

    7.1.      Kein Land der Welt ist so arm, dass nicht sein Präsident reich werden könnte.
    (11.02.2011)

    6.13.    Iustitia non caeca strabonem est. (lat. Iustitia ist nicht blind, sie schielt [opportunistisch].) (11/1998)

    6.15.    Gewaltenteilung: Die einen wissen, wie es geht, die anderen sagen, was gemacht wird.
    (06.03.2005)

    6.17.    Timeo praepotentes sese amantes cetera timentes.
    (lat. Ich fürchte die Machthaber. Sie lieben nur sich selbst und fürchten den Rest der Welt.) (12.08.2013)

    6.20.    Wer Terror mit Terror bekämpft, ist selbst ein Terrorist. (12.03.2017)

    6.25.    Wer mit Nonkonformisten konform geht, ist auch ein Konformist. (27.01.2018)

    6.35.    Nicht jeder missbraucht die Macht, aber jede Macht wird missbraucht.
    (12.12.2013)

    1. Rätselfragen
        • Kann man in einem menschenleeren Walde erschlagen werden?
          [1) NEIN, denn im menschenleeren Wald ist kein Mörder,
          2) NEIN, auch von einem Baum kann man nicht erschlagen werden, denn im menschenleeren Wald ist niemand, der erschlagen werden könnte, nicht einmal man selbst – der Wald wäre sonst nicht menschenleer.]
          (07.02.2005)
        • Wer lehrt andere, was er selber nicht weiss?
          [Der Tote auf dem Präpariersaal lehrt die Studenten die Anatomie.]
          (: Quis quod nescit alios docet? [Mortuus in theatro anatomico discipulos docet anatomiam.])
          (28.03.2018)
    2. Alterseinsichten

    8.3.            Besonders drückt die Last der Jahre nach einer Reihe Lasterjahre.

    8.8 Das Selbstbewusstsein durchläuft im Leben fünf Phasen:
    Zuerst weiss man nichts. Dann fragt man sich: Wer werde ich sein? Nach langer Zeit weiss man, wer man ist. Später erinnert man sich, wer man war. Zuletzt hat man es vergessen.
    (09.11.1998)

    8.11.          Fugit interea fugit irreparabile tempus et fugimus nos cum illo irreparabiliter.
    (lat. Inzwischen flieht sie, ja sie flieht, die unwiederbringliche Zeit, und wir fliehen mit ihr unwiederbringlich.) (05.02.2005)

    8.16           Iuventas nescit quod haberet. Senectus scit quod non haberet.
    (lat. Die Jugend weiss nicht, was sie hat, und das Alter weiss, was es nicht hat.) (05.10.2015)

    8.18.    Wer gesund sterben will, darf damit nicht zu lange warten.
    (12.11.2015)

    1. Küchenlatein

    9.5.      POTESTAS VOS NON IN BRACCAS.
    (Macht, euch, nicht, in, die Hosen)

    9.7.      POTESTAS VESTRUM LUTUM UNIVERSUM CLIVUS.
    (Macht, euren, Dreck, All, Lehne)

    9.11.    IS EGO LUDIFICATIO AGRI ERAT UNUS CREPITUS CUCULLUS ET NULLUS IACULUS PULVIS PRETIUM.
    (Er, ich, Hohn, Äcker, war, ein, Knall, Tüte, und, keinen, Schuss, Pulver, Wert)

    9.21.    ID IT AD NULLAM VACCAM CAEDIT.
    (das, geht, auf, keine, Kuh, haut)

  • A PROMISE

     

     

    Once in the time of great drought, a peasant Xiang had no rice to nourish his family, and even no money to buy it. He went to the feud ruler of Wu ( who was also a river keeper) to borrow four sacks of rice.

    The feud ruler said: “Soon, I would collect my taxes from my subjects, and after I would loan to you 96 tóngbì (copper coins) to buy four sacks of rice.

     Would that suit to you?

    The exasperated Xiang told him the following story:

    – Yesterday, I visited, through the drought devastated, field of mine, and I heard a voice calling me. I looked around and saw the big carp lying in a dry.  “How did you get here?”, I asked.

    “The strong winds pushed me here. Do you have a barrel of water to save my life?”, muttered the carp under its breath.

    „We’ll do it“, I said. – “Soon, I will visit the ruler of Wu, and I will make sure, that he releases the water from the East River. Would that suit to you?”

    The carp was terribly bitter.

    „It’s not my environment, I am desperate and unable to breath « mumbled the carp. One barrel of water would save my life, and instead you give me only the promise. After it, you will find me at a fish market.

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Ein Versprechen

    Während der Zeit der großen Dürre hatte der Bauer Xiang keinen Reis, um seine Familie zu ernähren, er hatte nicht einmal Geld, welchen zu kaufen. Er ging zu dem Lehnsherrn von Wu, der auch Besitzer eines großen Flusses war, um vier Säcke Reis zu leihen.

    Der Lehnsherr sagte: „Bald werde ich die Steuern meiner Untertan eintreiben, und danach würde ich dir 96 Tongbi (Kupfermünzen) leihen, um vier Sack Reis zu kaufen. Wäre dir das so recht?“

    Der entnervte Xiang erzählte ihm die folgende  Geschichte.

    Gestern besuchte ich mein durch die Dürre verwüstetes Feld, und ich hörte, wie eine Stimme mich rief. Ich schaute umher und sah einen großen Karpfen auf dem Trockenen liegen.

    „Wie bist du hierher gekommen?“, fragte ich.

    „Ein starker Wind hat mich hierher geworfen. Hast du einen Eimer Wasser, um mein Leben zu retten?“, murmelte der Karpfen außer Atem.

    „Machen wir“, sagte ich. – „Bald gehe ich den Lehnsherr von Wu besuchen, und ich werde sicherstellen, dass er Wasser aus seinem East River fließen lässt. Wäre dir das recht?“

    Der Karpfen war schrecklich erbittert:

    „Ich bin nicht in meinem Element. Ich bin verzweifelt und kann nicht mehr atmen“, murmelte der Karpfen. „Ein Eimer Wasser würde mein Leben retten, und stattdessen gibst du mir nur ein Versprechen. Danach wirst du mich auf einem Fischmarkt finden.“

     

     

     

     

  • Neglect und Hemianopsie

    (25.7.2019)

     

    Bei manchen Gehirnerkrankungen
    ist die Wahrnehmung der Umgebung einseitig eingeschränkt
    oder das Gesichtsfeld ist bedeutend beeinträchtigt
    Für eine Störung der Sinne in unserer Gesellschaft
    sorgt ein Heer von Wissenschaftlern
    Psychologen, Politikern, Philosophen
    Künstlern, Journalisten
    und Geistlichen unterschiedlicher Schattierungen
    So kann der der Kapitalismus fortwähren

    ֎֎֎

  • Lehrer und Unterstützer

    (25.7.2019)

     

    Im alltäglichen Kampf gegen den Kapitalismus
    als eine Lebensweise im weitesten Sinne
    mit einer erbärmlichen Betrachtung des Daseins
    und einer verkümmerten Bedeutung der Liebe
    habe ich besondere Lehrer und Unterstützer:
    Das Storchenpaar auf der anderen Seite der Fulda
    in seinem Nest auf dem hohen Gestell
    die grauen Jungschwäne am Breitenbacher See
    die Fischreiher auf den Fuldawiesen
    die Obstbäume am Rande der Fahrradwege
    die Wiesen mit ihrer Blütenpracht
    die Kornfelder und Kleingärten
    Menschen, die ich therapeutisch begleite
    und Kinder mit ihren blühenden Phantasien

  •  

    Hubert wurde in den Sessel gepresst, als sich die Landeeinheit vom interstellaren Raumschiff löste,

    in dem er die letzten sieben Monate zugebracht hatte. Es war eine Zeit mit Höhen und Tiefen. Er vermisste nun doch seine Familie, was er in der Trainingsphase nicht geglaubt hatte. Es war sein Jugendtraum, der erste Mensch auf dem Mars zu sein. Diesen hatte er sich jetzt erfüllt. indem er sich von einem internationalen Konsortium in den Raum hatte schießen lassen. Professor Unsicher, der Leiter der Mission war froh, einen Kandidaten gefunden zu haben, der das Risiko einging, alleine zum Mars zu reisen. Bei der Einführung in die Technik des Raumtransporters und des Landemoduls erklärte er stolz:

    „Ich habe für Sie den besten Computer aller Zeiten für die Reise bereitgestellt. Jouf-M wird sie begleiten und unterstützen. Mit seiner künstlichen Intelligenz und seinen redundanten Systemen, kann er sich auf alle Situationen einstellen und er ist mit allen Daten gefüttert, die für eine solche Mission erforderlich sind.“

    Dennoch konnte es sein, dass, wenn etwas schief lief, Hubert nie wieder auf die Erde zurückkehren konnte. Aber daran wollte er nicht denken. Er glaubte an die Perfektion der Organisation U-Space Experiences, die diese bei mehreren Weltraummissionen bewiesen hatte. In den Bereich der Landezone auf dem Mars, in der nach allen wissenschaftlichen Befunden gefrorenes Wasser im Untergrund zu erwarten war, hatten sie in mehreren vorausgegangenen Missionen Material deponiert, das eine vorübergehendes Überleben ermöglichen sollte, bis eine eventuell notwendige Rettungsmission möglich geworden wäre.

    „Hubert, du siehst besorgt aus,“ meldete sich Jouf-M, der Computer mit sanfter aber emotionsloser Stimme. Hubert hatte während der langen Reise Freundschaft mit dem KI-Rechner geschlossen.

    Hubert blickte durch das Fenster der Landefähre auf die karge Stein- und Sandlandschaft, die sich mit großer Geschwindigkeit näherte. „Wir bewegen uns zunehmend auf die Landezone zu, aber ich kann das Material nicht sehen. Stimmen die Koordinaten?“

    „Meine Berechnungen ergeben, dass wir uns direkt dem Zielgebiet nähern,“ antwortete Jouf-M gleichmütig.“

    Hubert schwieg die nächsten Minuten, obwohl ihn der Zweifel beunruhigte. Plötzlich gab es einen Ruck und Landefähre schien bremsen.

    „Was war das, Jouf-M?“

    „Ich habe entsprechend den Höhenmessungen die Bremsfallschirme ausgelöst!“ hauchte Jouf-M.

    Hubert blickte verwundert auf die Instrumente: „Die Bremswirkung ist wieder Erwarten groß. Ist die Dichte der Atmosphäre in dieser Region höher, in den übrigen Bereiche des Mars?“

    Nach kurzem Zögern referierte Jouf-M: „Die Messröhrchen ergeben eine Zusammensetzung CO² 0,05 %, Argon weniger als ein Prozent und O² ca. 19%.“

    Hubert riss die Augen auf und runzelte die Stirn: „Nach meiner Erinnerung müssten es mindestens 94% CO² und ca. 0,14% O² sein. Was ist da los?“

    Aus dem Lautsprecher des Computer kam ein undefinierbares Rauschen. Jouf-M sprach monoton: „ich prüfe, ob die Sicherheitslücken im Hauptprozessor gehackt wurden und zu Störungen der Berechnungen geführt haben. Ich zünde jetzt die Bremsraketen.“

    Hubert verspürte erneut einen Ruck. Dann landete die Fähre sanft auf sandigem Boden. Die Landschaft war karg mit rötlichen Felsbergen am Horizont. Die untergehende Sonne ließ die Atmosphäre rötlich aufleuchten.

    „Was ist nun Jouf-M?“ Hubert war ungeduldig, da er aussteigen und die Umgebung prüfen wollte. Er hatte den Helm des Raumanzuges in der Hand, um ihn aufsetzen zu können. Ohne Sauerstoffflasche und Schutz durch den Raumdruckanzug gegen die Staubstürme und den niedrigen Luftdruck konnte man sich auf dem unwirtlichen Mars nicht bewegen.

    Jouf-M meldete sich gleichmütig: „Die Sicherheitslücken sind in zwei von sechzehn Quadprozessoren gehackt worden und ein Fremdprogramm hat Einfluss auf die Berechnungen genommen. Die gute Nachricht ist die Atmosphärenmessungen stimmen, aber die Koordinaten nicht.“

    „Lässt sich das Problem lösen?“ Hubert fühlte sich etwas mulmig.

    „Ich zerstöre das Fremdprogramm und berechne neu,“ teilte Jouf-M gleichmütig mit.

    Da es nun völlig dunkel geworden war, beschloss Hubert bis zum Morgen im Schutz der Landefähre zu warten, zumal es nachts auf dem Mars bis zu -85° C kalt werden konnte.  Die Tages Temperaturen von bis zu 20° C waren eher auszuhalten. Beim Einschlafen träumte er, wie er aus dem zuvor abgeworfenen Material das Schutzzelt aufbauen würde. Er hatte dies im U-SE Raumzentrum auf der Erde hunderte Male geübt. Die Landefähre konnte noch maximal zweimal zum Raumfahrzeug aufsteigen. Dieses hatte noch Treibstoff für eine Rückreise über die kürzeste Entfernung zwischen Mars und Erde. Dies war frühestens in etwa eineinhalb Jahren möglich. Also es musste alles klappen.

    Er schlief unruhig und wacht auf als es dämmerte. Er wunderte sich, das er bisher von Jouf-M nichts mehr gehört hatte. War der Computer abgestürzt, gerade jetzt in dieser kritischen Phase?

    „Jouf-M gibt es etwas Neues?“ In diesem Moment bemerkte er eine Bewegung außerhalb der Landefähre. Auf dem Mars gab es doch kein Leben! Begann er zu halluzinieren?

    Tatsächlich fuhr ein Geländewagen eine Staubwand aufwirbelnd auf die Landefähre zu. – Er war auf der Erde gelandet!

  • Nachkriegszeit – Was uns geprägt hat

     

    Nachkriegshunger, Rock‘n Roll
    Kartoffelsack gefunden, toll
    fremde Panzer, Lederhose
    Selbstbewusstsein gegen Null
    Man macht, man tut, die ganze Schose
    Nazideutschland, Sündenpfuhl
    betrifft uns nicht, zusammenhalten
    Untaten wir – nie! Das war‘n die Alten
    Kohle hab ich dir geklaut, verzeih
    Angst vor Mangel, Krieg und Polizei
    Lehrer prügeln, Hosenboden
    Für die Heizung Wälder roden
    Kindergarten Ringelreihen
    Taufe feiern, Kleider leihen
    sich in Suppenschlangen reihen
    muss den Sonntagsanzug schonen
    Spiel um Pfennige mit Bohnen
    Hüpfen auf den Gehwegplatten
    werfe Steine nach den Ratten
    Massenflucht kommt aus dem Osten
    leben hier auf unsre Kosten
    Flüchtling sein, das war ein Makel
    doch der Krieg war das Debakel
    Die Gesellschaft vaterlos
    Frauenleistung, grandios
    Mauerbau und Kuba-Krise
    Kalter Krieg war die Devise
    Wirtschaftswunder ließ vergessen
    Man konnte wieder richtig essen
    Die Gesellschaft aber blieb noch starr
    mit Schichten, Naziresten, sehr bizarr
    Die Studenten mit wirren Gedanken
    Begannen über Demokratie zu zanken
    Ist Kommunismus besser mit Ho-Chi-Minh
    Kommune oder Mao alles Widersinn?
    Gegen Kapital demonstriert und für Vietnam
    Gegen Reza Palavi kam‘s zum Melodram
    Die RAF begann zu morden
    Gewissensprüfung aller Orten
    Beatles, Stones, die Popmusik
    Stehblues, Röcke kurz und dusselig
    Diskoabende laut und anschmiegsam
    Im Lärm und Alkohol jedoch einsam
    Dann war das Studium zu Ende
    Fixiert im Kopf die Meinungsbände
    All das was uns geprägt
    uns heute emotional bewegt

  •  

    Der junge Fähnrich István Krazňai dient in der Leibgarde der Kaiserin Maria Theresia in Wien und sieht während eines Kontrollgangs, wie sich ein Frauenzimmer in lebhaftem Gespräch aus dem Fenster beugt. Das runde Hinterteil wölbt sich ihm verlockend entgegen, er kann nicht widerstehen und haut kräftig drauf. Die Gestalt fährt herum und  – o Schreck! – es ist die Kaiserin. Er bricht ins Knie und stammelt: „Majestät, wenn Ihr Herz ebenso hart ist wie Ihr Hintern, dann bin ich ein verlorener Mann.“  Aber sie: „So verloren sehen Sie mir gar nicht aus…kommen Sie doch mal…“. Von Stund‘ an tritt er in „innere Dienste“…

    Einem On dit zu Folge hatte Maria Theresia 16 Kinder von 18 Männern. Sie vergaß keinen von ihnen, die Geschichte geht weiter. Im Alter von etwa 60 Jahren, was damals wirklich alt war, ruft sie alle ihre Liebhaber zusammen. Sie trägt ein kostbares Gewand, das mit 18 Knöpfen aus Brillantsplittern besetzt ist. Im Nu öffnet sie alle Knöpfe, lässt ihr Kleid fallen und jeder der anwesenden Männer erhält einen Knopf. Sie tragen ihn in einem Ring am Finger und haben damit jeder Zeit Zutritt zur Kaiserin.

    Krazňai ist bis dahin nur Vítéz, ein frei Geborener, für dessen Unterhalt und Waffen die Königin sorgt (bekanntlich ist sie ja in Ungarn nicht Kaiserin sondern Königin, K. und K.). Jetzt beschenkt sie ihn mit einem namhaften Anwesen, das ihr – mit Verlaub – gar nicht gehört, im Niemandsland, gyepű, zwischen der Österreich-Ungarischen Monarchie und dem Kiewer Großherzogtum (Russland). Dazu erhält der Vitéz noch einen endlos langen gräflichen Namen, nach der Kraszna, einem Nebenflüsschen der Theiss, und einer gleichnamigen Burg auf einer höchst unzugänglichen Bergspitze. So aber lautet der Name: „Vitéz alsó-krasznai és felső-krasznai továbbá kraszna-horkai krasznai KRASZNAY“. Davon ist nach dem Sieg des Sozialismus nur noch ein schlichtes „Krasznai“ übrig.

    Selbst wenn die Geschichte erfunden wäre, hätte sie ihren Charme.

    Aber es gibt diese Knöpfe! Der jetzige Eigentümer Petúr Krasznai hat den seinen noch einmal neu und solide fassen lassen. Eines Tages hält er sich in einem überfüllten Warschauer Bus an der oberen Haltestange fest und neben seiner Hand mit dem funkelnden Ring wird die Stange von einer weiteren männlichen Hand, die ebenfalls mit einem Maria-Theresien-Ring geschmückt ist, umklammert. „Dann sind wir wohl verschwägert???!“

    Der Ring wird gewöhnlich an den ältesten Krasznai-Sohn weitergegeben. Petúr hat für seinen Knopf eine weit bedeutsamere zukünftige Verwendung gefunden, nämlich in einer Knopfsammlung, möglicherweise in einem Knopf-Museum, einer Initiative unserer Nichte, einer promovierten Juristin.

     

    Dr.med. Dr.phil. Waltrud Wamser-Krasznai

    Vereidigte Burgschreiberin „von und zu“ Kraszna-Horka

  •          

    Life is made up of the small simple things. Therefore, only the petty and simple-minded people lacking of subtlety, and the people with narrow interests, perform well and realize all goals through their lives.  They do observe all trifles and perceive every stone in their path, exploiting every opportunity.  

    On the other hand, those enlightened spiritual people with high moral principles, bigger views and noble thoughts, observe the world like the eagles.

    Consequently, these people do not see a thousand minor obstacles in front of them. The whole life long, they hesitate at every step, and trip at every stone. These people, badly injured with broken bones, and wounds in their souls accomplish their life’ path. 

    Dr. med.André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Lebenswege 

    Das Leben entsteht aus den kleinen einfachen Dingen.

    Deshalb bringen nur die Menschen gute Leistungen und verwirklichen ihre Ziele während ihres Lebens, die kleinkariert und geistig einfach strukturiert sind, denen es an Feingefühl fehlt und die einen engen Interessenhorizont haben.

    Sie beobachten wirklich alle Kleinigkeiten und nehmen jeden Stein auf ihrem Weg wahr und nützen jede Gelegenheit aus.

    Andererseits betrachten jene erleuchteten und spirituellen Leute mit hohen moralischen Grundsätzen, größerem Überblick und edlen Gedanken die Welt wie Adler.

    Folglich sehen diese Menschen die tausend winzigen Hindernisse vor ihnen nicht. Das ganze Leben lang zögern sie bei jedem Schritt und stoßen an jeden Stein. Diese Menschen vollenden ihren Lebensweg mit gebrochenem Herz und Wunden in ihrer Seele,

     

     

  • Eva hatte die verbotene Frucht der Erkenntnis gepflückt, weshalb die Menschen verdammt waren, außerhalb des gelobten Paradieses zu leben. Millionen Jahre später wiederholte sich dieses Ereignis mit Hilfe modernster Technik. Das Augen öffnende High-Tech-Gerät tauften die Ingenieure »EVA«. Sie erzeugte detailreiche Bilder höchster Auflösung und erlaubte erstmals die Analyse lebender neuronaler Netzwerke. EVA war ein revolutionäres, leistungsstarkes 14 Tesla-MRT. Routinemäßige MRT-Bilder wurden hingegen in 3 Tesla Geräten angefertigt. Zuerst untersuchten die Wissenschaftler Gehirne von Schimpansen, bevor sie sich an menschliche Probanden wagten. Man befürchtete, dass derart starke Magnetfelder Überhitzungsschäden an Nervenzellen verursachen könnten. Nichts dergleichen wurde beobachtet, als EVA auf die Probe gestellt wurde. EVA lieferte phänomenale Daten. Damit war die Funktionsweise des Gehirns noch lange nicht vollständig geklärt und komplettiert. Dem Heiligen Gral der Künstlichen Intelligenz war man aber zum Greifen nah.

    Da Schimpansen nicht in menschlicher Sprache ihre Erlebnisse und Eindrücke schildern konnten, entging den Forschern die wichtigste Information. Schimpansin Juno verhielt sich im Anschluss an die Untersuchung auffällig anders, weshalb man sich entschied, eine Hirnbiopsie zu entnehmen. Der befürchtete Hitzeschaden ließ sich nicht bestätigen. Die Forscher spekulierten, ob starke Magnetfelder die Funktion von Nervenzellen in irgendeiner Weise beeinflussen, fanden aber keinerlei substantielle Hinweise hierfür. Das Experiment wurde mehrfach an verschiedenen Menschenaffen wiederholt. Erneut wiesen die Tiere ähnliche Verhaltensänderungen auf. Die Hirnstromlinien blieben unverändert. Biopsien und sämtliche Laborergebnisse waren allesamt unauffällig. Intelligenztests und diverse Testbatterien offenbarten nicht, was wirklich geschehen war.

    Nur eines stand fest: Sie verhielten sich anders.

    Sie verlagerten ihr Interesse auf andere Gegenstände und Subjekte. Juno betrachtete bevorzugt menschliche Babys, die von ihren Müttern versorgt wurden. Juno schaute Kinderfilme, fand aber keinen Gefallen an Krimis und schaltete den Bildschirm aus, wenn einem Lebewesen etwas Negatives widerfuhr. Junos Laune war um Längen besser. Nichts und niemand konnte sie ärgern oder frustrieren. Eines Tages saß sie stundenlang am gleichen Fleck, bis den Verhaltensforschern klar wurde:

    Juno meditierte.

    An einem sehr regnerischen Tag war Juno die einzige Schimpansin, die sehr glücklich auf das Erscheinen von Eram reagierte, der soeben von EVA zurückgekehrt war. Beide Tiere schlossen sich in die Arme und wurden unmittelbar ein Pärchen. Und das, obwohl sie vor Junos Verwandlung sehr oft miteinander gestritten hatten.

    Juno und Eram waren in der Lage, andere Tiere, die von EVA untersucht worden waren, zu erkennen. Es war, als würden die Tiere Frieden schließen und gemeinsame Pläne schmieden, sobald sie mit EVA in Kontakt geraten waren.

    Nachdem die Testreihe abgeschlossen war, stand zweifelsfrei fest, dass keine Ethikkommission dieser Welt die Durchführung an einem menschlichen Probanden genehmigen würde. Das hieß aber nicht, dass dieser Versuch unversucht blieb.

    »Wir haben Millionen investiert und unsere Karrieren aufs Spiel gesetzt, um eine der bedeutsamsten Fragen der Menschheit zu klären, und nun sollen wir kurz vor dem Ziel alle Zelte abreißen?«, beschwerte sich Chefingenieur Marquês, der die grenzenlose Dummheit der Mediziner nicht begriff. Zwei philosophische, nicht harmonisierbare Weltansichten prallten aufeinander.

    Niedergeschmettert trabte nach der Pressekonferenz der engste Kreis des Forschungsteams in die Küche, kochte Kaffee und bemitleidete sich gegenseitig.

    »Wir brauchen einen Wissenschaftsjournalisten, der so lebhaft und exakt wie möglich berichten kann«, erklärte Marquês.

    Maria sah ihn skeptisch an. »Was hast du vor?«

    »Allen Affen geht es gut, um nicht zu sagen: besser«, grinste er diabolisch.

    Sie ahnte bereits, zu was ein Marquês in der Lage war. »Du verlangst einen Zeugenbericht?«

    Marquês nickte. »EVA ist ein Orakel«, antwortete er. »Ein Meisterwerk.«

    Entschlossen blickte Marquês in die Runde. »Ich werde euer erster Proband sein.«

    Eine Mischung aus Überraschung und Entsetzen schwappte über ein Dutzend Kaffeebecher, und einer davon tränkte die Jeanshose von Harry nass.

    »Auf gar keinen Fall!«, verkündete er, denn er war keinesfalls gewillt, die Knöpfchen für Marquês zu drücken. Seine Hände beschmutzen? Niemals!

    Doch Marquês hatte vorgesorgt. »Die Maschine läuft vollautomatisch. Sie startet auf meinen Befehl und stoppt, wenn ich es verlange.«

    Maria verschluckte sich. »Irrtum«, widersprach sie als Erste. »Du bist nicht in der Lage, die Untersuchung abzubrechen, sobald du in Schwierigkeiten gerätst. Und bevor wir erkennen, was geschehen ist, ist es möglicherweise zu spät.«

    Marquês schüttelte den Kopf. »Nach zwanzig Minuten liegen alle Bilder vor, und die Maschine bricht selbst ab.«

    Maria stöhnte und schnaufte. »Was ist, wenn uns das Orakel überlistet, bevor du und wir intervenieren können?«

    Marquês zuckte mit den Schultern. »Na und? Vielleicht ist es exakt das, was ich will. Überlegt doch mal! Den Affen ist ein Licht aufgegangen. Wer von diesen Schwachköpfen da draußen befürchtet die Erleuchtung der Welt? Falls ich Recht habe, ist es die Erlösung, nach der wir uns alle sehnen; wenn nicht, dann bin ich im Anschluss wenigstens entspannt und es ist mir völlig gleichgültig, dass unser wichtigstes Forschungsprojekt auf Eis gelegt wurde.«

    Marquês seufzte kurz, dann setzte er grinsend fort. »Schiebt mich in EVAs Röhre, ich will mich mit der Erkenntnis ordentlich vereinigen.«

    Maria verdrehte die Augen. Ohne auf seine sexistische Anspielung einzugehen, blieb sie vehement beim Nein.

    Stillschweigend öffnete Marquês den Käfig seiner Lieblingsratte Emma. Er streichelte das Tier und ließ es auf seiner linken Schulter sitzen. »Emma«, sagte er. »Zeig ihnen, was du kannst.«

    Das kleine Wesen wartete auf Befehle. »Harry, such dir ein Ziel aus, wo sich Emma hinbewegen soll, ohne dass du auch nur hinschaust oder es laut aussprichst«, verlangte Marquês.

    Bevor er sich gegen den Wunsch seines Chefs äußern konnte, hatte Emma längst ihren Bestimmungsort erreicht. Sie war blitzschnell auf Harrys rechte Schulter gesprungen. Zur selben Zeit ließ er seinen Kaffeebecher fallen. Und dann wünschte er, sie möge verschwinden. Da dies aber kein konkreter Bestimmungsort war, blieb Emma verwirrt sitzen. Maria wünschte sich das Tier dort hin, woher es gekommen war, bevor noch mehr Unsinn geschah. Emma gehorchte und lief auf schnellstem Weg zu ihrem Käfig. Das gefiel Sophia nicht. Sie wollte es auch ausprobieren. Ergo wünschte sie, Emma solle zur PC-Tastatur laufen und auf die größte Taste drücken. In diesem Falle handelte es sich um die Leertaste, und erneut hatte Emma ihre Fähigkeiten bewiesen. Sophia erblasste, so entsetzt war sie. Blieb nur noch Michael übrig, der zu wählerisch war, sich festzulegen. In letzter Sekunde fiel ihm doch noch was ein. Über dem Stuhl hing Marias Strickjacke, die über eine üppige Seitentasche besaß.

    Maria schrie laut auf. »Schluss jetzt!«, forderte sie, und Marquês entfernte Emma kommentarlos aus Marias Jacke und befahl seiner Freundin, sich ruhig zu verhalten.

    »Emma war in der Röhre«, fasste Michael seelenruhig zusammen. »Und scheint intakt geblieben zu sein.«

    »Also so würde ich das nicht bezeichnen«, erhob Sophia Einspruch.

    Harry war sauer über seine zerbrochene Lieblingstasse. »Wenn dieses Biest Gedanken lesen kann, will ich nicht wissen, was die Affen planen zu tun.«

    »Ganz recht«, stimmte Maria zu. »Und darum wird niemand von euch in die Maschine kriechen. Niemand!«

    Marquês lachte. Er wollte gar nicht damit aufhören.

    Maria bedachte ihn mit bösen Blicken, bis ihr dämmerte, was sein Lachen bedeutete. »Marquês? Marquês!«

    Er unterbrach jäh das Lachen und tippte auf die PC-Tastatur ein. »Hier, das sind meine Bilder. Brilliante Bilder eines brillianten Genies, nicht wahr? Sucht, solange ihr wollt. Die wesentliche Information kann man darin nicht erkennen. Weder bei mir noch bei den Affen oder bei Emma.«

    »Marquês!«, schimpfte Maria dazwischen, aber er wusste es zu ignorieren.

    »Es fühlt sich wie ein Upgrading an. Es ist, als wären zwei Welten voneinander getrennt gewesen, die jetzt eng miteinander verwoben sind. Ich habe den Apfel gegessen und bin EVA mehr als dankbar dafür«, erklärte er.

    Entsetzt starrte ihn das Team an. »Was hast du getan!«, beklagte sich Maria.

    Marquês zuckte mit den Schultern. »Die Maschine der Erkenntnis entwickelt.«

    Maria tobte. »Hast du eine Ahnung, was das bedeutet!«

    »Na klar«, schaute er sie amüsiert an. »EVA koppelt das Bewusstsein an die Seele.«

    »Das meine ich nicht«, schrie sie fast. »Sie werden es erfahren, und wahrscheinlich wissen sie es bereits.«

    Er ignorierte sie. »Ich erzähle euch meine Geschichte. Dann entscheidet einfach selbst, ob ihr den Apfel erntet, oder nicht.«

    Es folgte ein langer Seufzer.

    Alle schwiegen, als Marquês seine Runde fragend anschaute.

    »Was muss geschehen, damit sich das Bewusstsein seiner Seele bewusst wird?«

    Marquês erwartete keine Antwort. Er räusperte sich und begann seine Geschichte zu erzählen, als würde der Schöpfer selbst durch ihn sprechen.

    »Was geschieht, wenn sich das Bewusstsein seiner Seele bewusst wird?«

    Die Menschheit stand erst am Anfang ihrer geistigen Entwicklung. Das Wissen, das Marquês mit seinen Kollegen zu teilen gedachte, war nicht für ihre Ohren bestimmt.

    Marquês sprach ungeachtet dessen weiter.

    »Die Schnittstelle hat keine dreidimensionale Adresse, zu der man sich navigieren lassen kann. Den Nachweis für die Existenz einer Seele mit Hilfsmitteln der dreidimensionalen Welt durchführen zu wollen, ist weder angebracht noch möglich. Der beste Radiologe wird im Schädel-MRT und der beste Pathologe im Mikroskop nicht fündig. Jeglicher Versuch, die Seele mit irdischen Messinstrumenten vermessen zu wollen, wird scheitern.«

    »Wir haben die Maschine nicht konstruiert, um die Seele ausfindig zu machen«, intervenierte Maria.

    Marquês nickte zustimmend. »So ist das in der Forschung. Man sucht den Hausschuh unter dem Sofa, und am Ende findet man versehentlich die Ehefrau.«

    »Das ist nicht komisch«, fand Maria.

    »Wie erwartet, könnt ihr mit all diesen Informationen nichts anfangen. Ihr könnt es nicht begreifen. Ihr müsst es schon selbst erleben, um es zu verstehen.«

    Maria schüttelte den Kopf. »Mir wird schon übel, wenn ich die Achterbahn fahren sehe. Ich setze mich nicht hinein, wenn ich weiß, dass sie mir nicht bekommt.«

    Marquês zuckte mit den Schultern. »Die Maschine der Erkenntnis macht aus einem Saulus einen Paulus. EVA ist die Erlöserin: Sie bringt uns Erleuchtung und den Frieden der Welt.«

    Kaum hatte Marquês sein letztes Wort gesprochen, wurde der Raum vom Spezialeinsatzkommando gestürmt. Innerhalb von zwei Sekunden war das Forschungsteam von Marquês ausgelöscht. Die erleuchteten Tiere fanden ebenfalls den Tod. EVA wurde demontiert und an einem geheimen Ort tief unter der Erde neu aufgebaut.