Schlagwort: Politik

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    Europeans

    What we have acquired we easily can loose,
    what we have built can decrepit
    everything we have learnt we can forget.
    However, if we help someone in need,
    this  persists forever.

    The noblest form of giving is generosity,
    which is the habit of giving freely
    without expecting anything in return.

    Copyright Dr. André Simon

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Was wir erworben haben, können wir leicht verlieren,
    was wir aufgebaut haben, kann zusammenbrechen.
    Alles, was wir gelernt haben, können wir vergessen.
    Wenn wir aber jemandem in Not helfen,
    währt das für immer.

    Die vornehmste Form zu geben ist Großzügigkeit,
    das ist die Angewohnheit zu schenken,
    ohne eine Gegengabe zu erwarten.

  • Gemälde

    (6.5.2017)

    für Fee Strieffler und Wolfgang Jung

     

    Am Balkongeländer im dritten Stock
    begrüßt mich bezaubernd
    ein Freude spendendes Gemälde
    Rosa-weiße Blütenblätter
    mit zarten violetten Adern
    beherbergen grüne Augen
    und ihre gelben Wimpern
    Einige Blüten voll entfaltet
    andere halboffen
    betören im morgendlichen Sonnenschein 

    Du, zärtliche Clematis!
    Mit welchen Hoffnungen wurdest du gepflanzt
    welche Gedichte hast du erlebt
    wie oft hast du den Frühling umarmt
    dass du so beharrlich kletterst
    und so liebevoll gestaltest

    ۞۞۞

    Gestalten

    (6.5.2017)

     für Michael Lüders

    Die Liebe zum Leben
    ist mein Beweggrund
    mir der eigenen Endlichkeit bewusst
    und der Gegebenheit
    dass Wirtschaftssysteme
    Beziehungen darstellen
    Beziehungen und Einstellungen
    der Menschen zu Menschen
    zur Natur
    und im weitesten Sinne zum Dasein 

    Ausgerüstet mit diesem Werkzeug
    betreibe ich offenherzig
    im vielschichtigen gesellschaftlichen Geflecht
    eine gestaltende Gewichtung der Geschehnisse

    ۞۞۞

     

  • Dr. med. Cordula Sachse-Seeboth,

    RAPIDOT, Pandoras Pillbox,

    Amazon 2017

     

    Rezension von Dr. Dietrich Weller 

    Eine Warnung vorweg: Es soll Menschen geben, die an das Gute im Menschen und besonders in unserem Gesundheitssystem glauben. Wenn Sie diesen Glauben aufrechterhalten wollen, sollten Sie Rapidot, den Debutroman von Cordula Sachse-Seeboth, der im April 2017 erschienen ist, nicht anfangen zu lesen. Denn wenn Sie anfangen, kommen Sie nicht mehr weg. Sie werden hineingerissen in einen Strudel von kurzen Kapiteln, die mit einer rasanten und leider realistisch möglichen Handlung alle Hinterhältigkeiten und kriminellen Machenschaften offenlegen, die bei der Erprobung eines neuen Medikaments im Rahmen von vorgeschriebenen Studien denkbar sind. Die Gier nach Geld und Macht sind die Treibfedern einer Bande von Gangstern im vornehmen Klinik- und Pharmamilieu von Berlin. Die Handlung spielt hauptsächlich in der Kardiologischen Klinik der Cordialité (wer könnte die Parallele zu der berühmten Charité übersehen?), wo Professor Lindberg der Leiter der zweiten Studienphase zu einem revolutionären Mittel gegen das gefährliche Vorhofflimmern ist. Rapidot ist das als Handelsname geplante Kunstwort aus rapid – schnell und Anti-dot – Gegengift.

    Die studienerfahrene Ärztin und Autorin Cordula Sachse-Seeboth schildert mit enormem Sachwissen und verblüffenden Details zu Praxis und Risiken des Studienablaufs, wie gewissenlose Drahtzieher planmäßig Menschenleben aufs Spiel setzen, um die Genehmigung für das Medikament Rapidot zu erhalten. Den Verbrechern im weißen Kittel und im blauen Zweireiher, die mit teilweise sarkastischer Eiseskälte geschildert werden, steht die junge Assistenzärztin Zoe gegenüber. Sie wird als Assistentin von Lindberg eingestellt und mit der Durchführung der Studie betraut, weil er testosterongesteuertes Interesse an ihr hat und sie ihn mit kluger Ablehnung und geistreicher Schlagfertigkeit reizt. Zoe ahnt die geplanten kriminellen Pläne der Pharmafirma und die lebensgefährdende Wirkung von Rapidot und heckt einen ebenso kriminellen Plan aus, um die Versuchspersonen zu retten. Zoe entdeckt die Hintergründe, die zu zehn „zufälligen“ Unfalltoten im Vorfeld der ersten Studienphase geführt haben. Dadurch verwickelt sie sich immer mehr in eine für sich selbst lebensbedrohliche Lage. Das Netz der Gier und der Süchte, der Lügen und Finten, der Morde und Rettungsversuche wird entfaltet, es führt zu mehreren packenden Höhepunkten und fällt dann auf total verblüffende Weise in sich zusammen.

    Obwohl der Roman 600 Seiten umfasst, wird der Leser von Kapitel zu Kapitel weitergelockt, denn die Autorin beherrscht die Dramaturgie perfekt: Sie lässt den Leser oft am Ende eines Kapitels im spannendsten Moment „hängen“ und schwenkt zu einem anderen Handlungsstrang um. (Daher kommt der Fachbegriff cliffhanger.) Die einzelnen Kapitel sind knapp und präzise aufgeteilt und geschildert. Sie springen mitten in die Handlung, und schildern Menschliches und Allzumenschliches in bildhafter Sprache, die häufig mit witzigen und geistreichen Dialogen gespickt ist. Skrupellosigkeit, Raffinesse, kriminelle Energie und tiefe Menschlichkeit werden eindrucksvoll verwoben. Die Charaktere der Handlung sind plastisch und lebensecht beschrieben, sehr gut ausgearbeitet, auch mit vielen kleinen Charakteristika versehen, und der Leser kann sich jede Hauptperson klar vorstellen. Das Böse und das Gute liegen sehr nahe beieinander. Und beides ist glaubwürdig.

    Imponierend finde ich, dass die Autorin im Anhang nach Ideen der Arzeimittelkommission, der Cochrane Collaboration und der Zeitschrift arznei-telegramm einen realisierbaren und wertvollen Katalog von Verbesserungen der bis jetzt gültigen Vorschriften für Studienabläufe zusammengestellt hat. Die dort noch enthaltenen Lücken in den Regeln haben unter anderem den vorliegenden Pharma-Thriller möglich gemacht. Dass die Autorin auch eine gehörige Portion Humor hat, zeigt sie mit dem angehängten Kapitel „Aufklärung über Nutzen und Risiken des Buchkonsums“.

    Ein beeindruckender und (auch für Nichtmediziner!) lesenswerter Debutroman, der mich neugierig macht, womit die Autorin uns demnächst überrascht. Ihren Kindern hat sie Kinderbücher versprochen, und Science-Fiction steht auch auf ihrem Plan. Wir dürfen gespannt sein.

    Dr. med. Dietrich Weller,

    Präsident im Bundesverband Deutscher Schriftstellerärzte BDSÄ

    —>> Lesen Sie auch www.rapidot.de

  • aus Wicht, Dreck am Saphir, Vindobona Verlag, 2013

     

    Das archaische Lächeln

    Ein heit´res Lächeln flog im Dunkeln durch die Welt
    und ward ganz unversehens dort zerspellt
    durch eine Neutronenbombe.
    Die Seele starb, was übrig blieb
    kam in den Besatzer-Souvenirbetrieb.
    Ein Kind erhielt das Ding,
    von dem keiner mehr wusste, was es war
    als es Vater abholen ging.
    Es bedankte sich, wie es musste,
    doch war die Verwendung nicht klar.
    Das Zweifeln hat nicht lange gewährt
    der Abwurf hatte sich kaum verjährt
    da starben die Sieger selbst,
    was keiner ahnen konnte,
    an den Folgen ihrer eigenen Bombe
    Und mit ihnen starb auch ihr Lächeln,
    über das sich Gelehrte anderer Sterne und Zeiten
    später noch streiten.

     

    Generation Kriegsende

    In den Schößen unserer Mütter geborgen
    als Bomben fielen
    atmeten wir als Säuglinge den Rauch
    über verbrannten Städten
    manche sehen noch den Freund
    heulend
    neben der Leiche der erschossenen Mutter
    rotznasig
    am vorüberziehenden Treck

    heute
    denken wir das Wort Krieg noch
    mit tierhafter Angst
    auch sehen einige die neue Uniform
    und die MPI
    in der Hand unserer Soldaten
    skeptisch
    während Zeitungen von Kosmosflügen
    berichten
    lesen wir daneben von Kerntests

     

    lingua novi temporis

    wenn wir von den Oberen sprechen
    sagen wir man, von meinem
    Nachbarn spreche ich von Hans Schulz
    er verlangt nichts von mir und ist freundlich

    wenn wir von Politik sprechen
    sagen wir,  man hat das und das
    getan, andeutend, das geschah
    ohne unsere Einflussname

    wenn wir von der misslichen Lage
    sprechen, sagen wir, man
    wird das schon ändern
    auf man lohnt kein Schimpfen

    wir haben die Hoffnung
    die Ohren des Tischnachbarn
    in der Kneipe können mit man
    nichts anfangen, das ist besser

     

    Viele der Feistwangigen

    Viele der Feistwangigen, die
    uns kommandieren
    haben ihr Fett
    mit Gesinnung erhandelt
    und sind auch bereit,
    später noch
    mit Gesinnung zu handeln.

    Uns, die wir noch keine
    käufliche Gesinnung haben
    bleibt oft nur
    der Hass als
    Ansporn zum Handeln

     

    Der Bart

    Wir leiden oft zu sehr an den Zerrüttetheiten
    an Angst und Arbeitsscheu und Impotenz
    da nutzt es nichts, die Seele auszuweiten
    denn für die Obern hat das seine Konsequenz

    Der Mensch, so spricht man klug und laut
    und weist dabei auf Friedrich Engels Buch
    ist zwar nach Art der Affen aufgebaut
    doch ist er Mensch durch seine Arbeitssuch´

    Die Reste seiner Affigkeit trägt mancher noch
    als Bartgestrüppe im Gesicht
    wir distanzieren uns jedoch
    von ihnen und trauen ihnen nicht

    denn nur den wahrhaft Großen sei dies zugesagt
    dass ihre Größe dadurch wird´ bewiesen.
    Verrucht sei jeder Kleine, der es wagt
    auch nur den äußeren Vergleich mit diesen.

    Doch trotzdem lassen wir die Bärte sprießen
    und kompensieren so die Impotenz
    es mag die Obern auch verdrießen
    wir tun´s in eig´ner Kompetenz.

     

    Befindlichkeiten I     (1961/62)

    In der Zeit, da das Misstrauen wächst
    wie dein Bart von einem Tag zum andern,
    bedarf eine Freundschaft wahrhaft großen
    Vertrauens gegeneinander
    oder Naivität und Dummheit und knechtische Unterordnung
    und du fragst dich, ob du selbst
    der Geliebten deine Gedanken
    und dem Gast dein wahres Gesicht
    zeigen darfst.
    Du weißt nie, ob man dich
    deiner Zweifel wegen
    und manchmal auch Eigenliebe
    nicht für
    verdammungswürdig hält.

     

    Befindlichkeiten II

    Man sagt uns, dass
    wir einer hellen Zukunft
    entgegengehen
    wir lernen die Brutalität
    und wären doch oft gern
    zärtlich
    in uns ist Hass
    darum sind wir
    käuflich
    wer weint, tut es nachts
    am Tage gibt es nur
    Lachen

    unsere Kunst ist es,
    nicht zu sterben.

    Heute verrate ich meinen Freund
    denn ich will morgen noch
    leben

    die kleinen Hilfen bleiben ungenannt
    aber manchmal sagst du doch
    Bruder
    um das Lächeln, mit
    dem wir Befehle überhören
    sollten uns spätere Generationen
    bewundern.

     

    Über Pazifismus

    Ich höre den Gesang von den Gräbern
    von dem Hass gegen den Krieg
    man will uns wieder mal zeigen,
    nur bei uns gibt es wirklich Sieg.

    Ich halte mich nicht für klüger
    ich seh das zerfurchte Gesicht
    jenes Sängers von sinnlosen Gräbern
    sehr viel Neues sehe ich nicht.

    Der Hass hat abgenommen
    man konserviert ihn wohltemperiert
    der moralische Sieg ist wieder gewonnen
    doch für ne Idee wird noch immer krepiert

     

     

  • Frühlingswanderung

    (30.4.2017)

    Am Randes des Pfades
    Steinkraut in weißem Gewand
    Der grüne Mittelstreifen
    hier und da geschmückt mit Löwenzahn
    Rechts und links gelb-grüne Rapsfelder
    Weiter vorne das Gerstenmeer
    im Frühlingswind sich in Wellen bewegend
    Ein Apfelbaum mit neuen Blüten
    neben verdorrten Früchten des Vorjahres
    Eine Wildkirsche einsam und erhaben
    sich von ihrer weißen Tracht trennend
    Über mir die kräftige Sonne
    des letzten Apriltages
    Im Himmel schwebend ein Rotmilan
    Diese überwältigende Schönheit
    gibt mir Kraft
    trotz der Unverfrorenheit der Gewaltherrscher
    trotz ihrer mächtigen Maschinerie der Manipulation
    das Töten jeglicher keimenden Hoffnung im Sinn
    trotz der Schweigenden und Verführten
    meinen langen Atem beizubehalten
    Freude, Mut und Zuversicht
    zu schöpfen und zu schenken
    und auf mein Gleichgewicht zu achten
    wie Schmetterlinge auf der Nektarsuche

    ۞۞۞

     

     

  • Der Frühaufdreher

    oder:

    Gegen die Zeitumstellung

     

    Gott hatte angeblich die Idee, der Mensch solle sich die Erde untertan machen. Der Mensch hat ihm das abgenommen und angefangen, dies und jenes auf der Erde zu verändern.

    Das Klima beispielsweise, oder das Licht. Schaut mal auf Europa bei Nacht. Als ich Abitur machte, sollten die fossilen Energieträger in 25 Jahren aufgebraucht sein. Der Mensch hat sich überschätzt. Er hat selbst das bis heute nicht geschafft.

    Als ich Abitur machte, wurde beim Rudern der Skull direkt vorm Einsetzen in das Wasser aufgedreht. Über der Wasserlinie, beim Vorrollen in die Auslage, wurde er abgedreht, also waagerecht geführt. Das klingt richtig, wegen des geringeren Luftwiderstandes.

    Das Ruderblatt braucht einen hohen Widerstand im Wasser und einen geringen an der Luft.

    Früher war ein Ruderzyklus nach dem Endzug zu Ende. Das ist heute nicht mehr so. Wenn die Hände vor dem Vorrollen über den Knien ankommen, dann erst ist der Zyklus zu Ende. Das mußte ich neu lernen, umlernen. Und über den Knien wird auch aufgedreht. Das ist angeblich besser für das Einsetzen des Ruderblattes ins Wasser. Also: Früher aufdrehen. Ich finde das widersinnig und freue mich darauf, daß man bald wieder rudert wie früher. Es wird so kommen.

    Solange bleibe ich eben Frühaufdreher.

    Seit 2 Wochen haben wir die Zeit auf Sommerszeit umgestellt. Ich stehe also eine Stunde früher auf. Bin somit auch Frühaufsteher. Man kann die Zeit umstellen.

    Die Idee ist nicht neu, schon 1784 erläuterte Benjamin Franklin, daß durch das ausgiebige Nachtleben viel Energie vergeudet würde, und er schlug vor, pünklich ins Bett zu gehen und früh aufzustehen.

    Um Energie des Nachts einzusparen, wurde im ersten Weltkrieg eine Sommerzeit eingeführt, nach Kriegsende wurde sie wieder abgeschafft. Im zweiten Weltkrieg gab es dann wieder eine Sommerzeit. 1947 wurde sogar eine doppelte Sommerzeit verordnet, allerdings nur für 7 Wochen, dann war Schluß damit.

    Nach der Ölkrise gab es 1980 für Deutschland wieder eine Sommerzeit, und seit 1996 gibt es eine Sommerzeit für die Europäische Union.

    Man kann, soweit hat die Menschheit es gebracht, die Zeit schalten. Dafür gibt es heute extra Zeitschaltuhren.

    Man kann auch jemandem die Zeit stehlen.

    Man kann sich Zeit nehmen.

    Man sollt sich immer dann Zeit nehmen, wenn man keine mehr hat.

    Heute gibt es sogar Zeitmanagement.

    Und Zeitfenster, ganz modern. Besonders in Führungsetagen.

    Aber freut Euch nicht zu früh:

    Im Herbst wird die Zeit dann wieder zurückgeschaltet.

    Ein Wahnsinn.

    Eine Riesenspökenkiekerei.

    Weil: Die Zeit schaltet sich nicht. Die Zeit läuft auch nicht.

    Die Zeit ist einfach eine Idee von uns Menschen, die gerne etwas eindimensional darstellen: Länge, Zeit, Höhe, Breite.

    Dem Raum und seinen Veränderungen ist das ganz egal.

    Uns ja auch: Die OP Zeit wird manipuliert, die Deutsche Bahn hält sich nicht an Fahrpläne, Verabredungen sind in der Schweiz oder in Frankreich etwas ganz anderes als in Deutschland.

    Ich bin immer relativ pünktlich, darum muß ich aber auch viel mehr warten als meine Mitmenschen. Bis auf das Aufdrehen beim Rudern: Da warten immer alle auf mich.

    Ich wäre dafür, das Zeit schalten zu unterlassen, der Natur die Zeit zurückzugeben, die Winterzeit abzuschaffen, etwas früher aufzustehen und dafür etwas später aufzudrehen.

    Und doch ruft mir der Steuermann wieder zu: Heiner, Du kommst zu spät!

    Und dann lachen im Achter wieder sieben.

  • Dreißig Gedichte für den Frieden

    (hier am Ostersamstag 2017 veröffentlicht)

    ֎֎֎

     

    Frage
    Was unternehme ich nicht alles,
    damit eine einzige Lippenknospe
    in meiner Nähe
    sich lächelnd öffnet!

    Was unternehme ich
    gegen die Kriege,
    die mit Lügen begründet,
    nah und fern,
    tausende Blumen vernichten?

    ֎֎֎

     

    Frühlingsknospen

    Einen wirksamen Schleier
    breiteten die sich allmächtig Erscheinenden
    über das wahre Wesen der laufenden Ereignisse
    und prahlten ihre eigene Fortdauer 

    Als ich die Bedeutung der Vergänglichkeit
    und den geschichtlichen Charakter der Gegenwart
    gründlich erkannte
    entwickelte sich meine freudige Zuversicht
    wie feine Frühlingsknospen

    ֎֎֎

     

    Zusammenhänge im großen Gefüge

    Habe keine Angst, Liebste
    Lass dich nicht verwirren 

    Die Verächter des Lebens
    haben ein Heer
    von Wissenschaftlern, Forschern
    Psychologen, Ärzten
    Künstlern, Schriftstellern
    und Geistlichen aller Schattierungen 

    Lass dich nicht einschüchtern
    von ihrem allmächtigen Getue
    von ihrem allwissenden Gehabe
    Stelle einfache
    und entscheidende Fragen 

    Gelten die  angegebenen Maßstäbe
    für Freunde und Feinde
    Gelten die ersehnten Vorstellungen
    für alle Wesen dieser Erde
    oder nur
    für  einen auserwählten Menschenkreis 

    Lass dich nicht in die Irre führen
    mit dem törichten Geschwätz
    vom bösen Kern des Menschen
    Erforsche den umfassenden Rahmen
    und die Zusammenhänge
    im großen Gefüge
    in dem der Mensch zu dem wird
    was die Gegenwart zeigt 

    Habe Zuversicht, Liebste
    Betrachte das Laufende
    aus einem wesentlich weiteren
     zeitlichen Blickwinkel
    und denke dabei auch
    an das Wunder der Raupe

    ֎֎֎

     

    Zeichen setzen!

    Zeichen setzen
    wie die Betörung der morgendlichen Brise im Frühling,
    wie der Flügelschlag der Schmetterlinge im Sommer,
    wie die Liebkosung der Blätter im Herbst,
    wie der Tanz der Schneeflocken im Winter,
    wie das Lächeln eines Fremden.

    Zeichen setzen
    mitten im stummen Gedränge der Verzweifelten,
    mitten in der besinnungslosen Trunkenheit der Gewalttätigen,
    mitten im betäubenden Siegesschrei der Todesbringer.

    Zeichen setzen
    fürs Leben.

    ֎֎֎

     

    Mitgefühl

    Ich erzähle dir meine Geschichte,
    und du kannst das Zuhören
    nicht ertragen.

    Wie soll es mir gehen,
    der das alles
    an Leib und Seele erfahren hat.

    ֎֎֎

     

    Meer der Morgenröte                    

    Offenherzig tauche ich ein
    in das Meer der Morgenröte
    und nehme Stimmen wahr
    die der Berge, der Wälder
    der Wüsten, der Weizenfelder
    der Straßenkinder
    der Entrechteten
    der Verdammten
    der Schwach-Gehaltenen
    der Entwurzelten 

    Alle stellen dieselbe Frage
    nicht belehrend
    nicht vorwurfsvoll
    nur klärend 

    Angesichts deiner Möglichkeiten
    wirst du unsere Stimme sein
    im verschweigenden Getöse
    oder wirst du uns verbannen
    in das Land der Vergessenheit
    aufgrund deiner Ängste
    geführt von deiner Eitelkeit
    fliehend in Scheinheiligkeit 

    Aufrecht tauche ich auf
    aus dem Meer der Morgenröte 

    ֎֎֎

     

    Snowden

    Die beiden Standpunkte
    »Unglücklich das Land, das keine Helden hat«
    und
    » Unglücklich das Land, das Helden nötig hat«*
    seien zur schöpferischen Diskussion dahingestellt
    Tatsache bleibt
    dass ohne Wissen, Weitsicht, Verantwortungssinn
    Liebe zum Leben
    sowie ohne Ehrfurcht
    bekannter und unbekannter Menschen
    vor dem Sein
    unser heutiges Dasein
    ein ganz anderes Antlitz hätte

    ֎֎֎

     

    Quelle der Zuversicht

    Wenn ich unsere Medienlandschaft betrachte
    wächst bei mir grenzenlos
    ein empörendes Erstaunen
    da ich mich immer wieder
    wie in einem großen Kerker fühle
    schalltot und echolos 

    Anstelle der Wände
    sehe ich in diesem Gefängnis
    wohl ernährte Menschen
    finstere, bunte, feige Gestalten
    Sie gestikulieren gedächtnislos
    fabulieren unverschämt
    manche mutmaßlich erzwungen
    einige augenscheinlich begeistert
    andere gedankenlos und mitläuferisch
    Offensichtlich können sie kaum erkennen
    dass der vermeintlich feste Boden
    unter ihren Füßen tausend Risse zeigt 

    Wenn ich aus der Vogelperspektive
    das Geschehen ganzheitlich betrachte
    sehe ich nicht nur in unserem Land
    sondern auf verschiedenen Erdteilen
    unzählig viele Bienen und Ameisen
    die gelassen, geduldig, gewagt
    vielfältig, vereint, unbeirrt
    aufrecht, authentisch
    der gewaltigen Maschinerie der Verwüstung trotzend
    ihren Weg beschreiten und bestreiten 

    Sie sind meine Quelle der Zuversicht

    ֎֎֎

     

    Mittelbau-Dora

    In dieser beklemmenden Dunkelheit
    in dieser erlahmenden Kälte
    in dieser erstickenden Enge
    schreist du im Siegesrausch
    dass du ein Meister bist
    aus Deutschland
    der alles nimmt
    was sich nach Leben sehnt
    der alles vernichtet
    was nach Menschlichkeit riecht

    Du bist ein Meister
    nicht nur aus Deutschland
    und die Vergesslichkeit
    ist eine Volkskrankheit
    nicht nur in Deutschland
    und die Ignoranz
    ist eine Seuche
    nicht nur in Deutschland
    und eine mögliche Wiederholung
    ist eine Konsequenz
    nicht nur in Deutschland

    Vergiss jedoch nicht
    dass die Mutter Erde
    von unzählig vielen
    verehrt wird

    ֎֎֎

     

    Belanglose Banalitäten, banale Belanglosigkeiten?

    Friede, Freude, Eierkuchen!
    Zunächst nach den richtigen Zutaten suchen:

    Zwei Gläser voll Täuschung und Tarnung,
    anderthalb Gläser heuchelnde Warnung,
    ein beachtlicher Schuss suggerierte Dummheit,
    drei Esslöffel softe Weisheit,
    250 g weiche Wahrheit,
    eine gute Prise berechnende Vergesslichkeit,
    eine Hand voll bedachte Dreistigkeit.

    Dann mischen, kneten, knebeln, spalten,
    dass keine Systemgefahr aufkommt, darauf achten.
    Bald ist fertig der Friedensbrei.
    Lasst die Kritiker bellen, das macht frei.
    Macht, Geld und der Sitz im Bundestag,
    soll uns erhalten bleiben, Tag für Tag.

    Friede, Freude, Eierkuchen!
    Zunächst nach dem Unverbindlichen suchen!

    ֎֎֎

     

    Yalda

    Nach der längsten Nacht des Jahres
    kamen meine Geschwister geflogen
    in bunten Scharen
    Mich beschämte zutiefst
    unser gemeinsames Heim 

    Barmherzig sangen sie mit Zuversicht
    Streu die Samen aus
    auch wenn du die Früchte
    nicht selbst erleben wirst

    ֎֎֎

     

    Morden

    Die Rüstungsindustrie entfachte das Morden professionell,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Der UN-Sicherheitsrat begründete das Morden parteiisch,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Parlamentarier rechtfertigten das Morden solidarisch,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Politiker ermöglichten das Morden pragmatisch,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Massenmedien machten das Morden hoffähig,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Geisteswissenschaftler beflügelten das Morden analytisch,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Juristen behandelten das Morden wortklauberisch,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Friedensforscher erklärten das Morden auftragsmäßig,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Journalisten berichteten über das Morden eingebettet,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Hilfsorganisationen beschäftigten sich mit dem Morden zivil-militärisch,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Soldaten vollstreckten das Morden befehlsmäßig,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Uniformierte und zivile Söldner erledigten das Morden präzise,
    die Völker zahlten die Zeche. 

    Menschen wie du und ich entledigten sich des Mordens ignorierend
    und sie zahlten doch die Zeche.

    ֎֎֎

     

    Sonderbare Widersprüche

    Wir leben wahrhaftig
    in einer ungerechten Welt,
    die wegen sonderbarer Widersprüche
    im Bersten begriffen ist.

    Wenn ich aufgrund vielfältiger Tatsachen
    führende Personen der „Weltgemeinschaft“
    als Massenmörder bezeichne,
    erheben sich aus befreundeten Reihen
    warnende Stimmen,
    verängstigt,
    voller Skepsis.

     

    Wenn ich dabei von einem dieser Massenmörder,
    der gleichzeitig ein Friedensnobelpreisträger ist,
    als eine „terroristische Gefahr“ erachtet werde,
    kann er
    sich auf geltendes Landesgesetz berufend
    mein Verschleppen, Verhören und Foltern einleiten
    und letztendlich auch
    mein „gezieltes Töten“ veranlassen.

    Wenn derselbe Massenmörder,
    der besagte Friedensnobelpreisträger,
    neue Angriffskriege anzettelnd
    den präemptiven Einsatz von Atomwaffen androht
    und dabei den Tod unzähliger Menschen
    sowie die bleibende Verwüstung blühender Landschaften
    billigend in Kauf nimmt,
    bekommt er von der „Weltgemeinschaft“
    Applaus und Lobesgeschrei.
     

    Wir leben tatsächlich
    in einer durch und durch verzerrten Welt,
    die nach Veränderungen schreit.

    ֎֎֎

     

    Wahrnehmung

    Du fragst mich
    wie Menschen
    Versklavung und Verwüstung
    im weitesten Sinne
    hinnehmen 

    Frage sie selbst
    welche kurz- und langfristigen
    Vor- und Nachteile
    sie wahrnehmen

    ֎֎֎

    Das neue Jahr

    Blauer Himmel
    Hier und da weiße Wolkenstreifen
    Bäume mit Raureif beschenkt
    glitzernd im liebkosenden Sonnenschein
    In einem Wipfel zwei Vögel
    mit roter Brust
    Sträucher mit Hagebutten
    und bunten Beeren 

    Aus dem alten Jahr
    rufe ich Momente auf
    begeisternde, beschämende,
    bewegende, beflügelnde Bilder 

    Und dann singe ich
    voller Inbrunst
    meine Überzeugung beteuernd
    Für den gebärenden Fluss
    und die Mutter Erde
    werde ich nichts dichten
    außer Liebe und Freude

    ֎֎֎

     

    Gemeinsam

    Vergangene Jahrhunderte
    fremde Länder
    weit entfernte Erdteile
    betrachte ich offenherzig
    wissbegierig, zärtlich
    und weine wiederholt
    vor Schmerzen, Einschränkungen
    Ungerechtigkeiten und Entbehrungen
    die mich nicht unmittelbar betreffen
    jedoch gemeinsames Leid bedeuten 

    Die Tränen reinigen
    durch und durch
    meinen Blick 

    So wird Liebe
    als Triebkraft meines Lebens
    bereichernd, wegweisend, ermutigend
    zum Widerstand und Kampf aufrufend
    stets neu erlebt

    ֎֎֎

     

    Einsicht

    Verbunden mit der einmaligen Erde
    ganzheitlich Geschehnisse beobachtend
    beharrlich Selbstbetrug meidend
    begriff ich berührt bewegt
    dass buchstäblich Banditen
    im Lande herrschten 

    Nach dieser ergreifenden Erkenntnis
    kam sorgloses Wegschauen
    schmerzhaft der Selbstaufgabe gleich

    Fortan pflanzte ich federleicht
    des Lichtes Blumen

    ֎֎֎

     

    Systemerhaltung

    Begrenzte Betrachtung
    oberflächliche Orientierung
    benebelte Besinnung
    eingeschränktes Einfühlen
    gelenkte Gedanken
    umfangreiche Unehrlichkeit
    haarsträubende Heuchelei
    ergeben erwartungsgemäß
    genehmigte Gesinnung
    erlaubte Empörung
    erhaltene Entfremdung
    verfehlte Verantwortung

    ֎֎֎

     

    Zustandsbericht

    Von Anfang an war
    die kapitalistische Lebensweise
    vielfältig mit Verbrechen verbunden
    gegen die Natur und Lebewesen 

    Folgerichtig sitzen straflos
    zeitgenössische Großverbrecher
    nicht auf der Anklagebank
    sondern dem Präsidentenstuhl

    ֎֎֎

     

    Licht und Schatten

    Es ist eine klare Nacht
    die Sterne zum Greifen nah
    ich lausche der Melodie der Stille
    genieße den Wein der Einsamkeit
    und denke an dich
    deine Kinder
    und Kindes Kinder 

    Es ist eine besondere Zeit
    uns Höhen und Tiefen zeigend
    zum Überdenken alter Gewohnheiten einladend
    zum Überprüfen bisheriger Überzeugungen
    uns zu Gratwanderungen ermunternd
    zum Springen über den eigenen Schatten 

    Es ist eine klare Nacht
    die Sterne zum Greifen nah
    ich rieche schon die Morgendämmerung
    und denke an dich
    deine Kinder
    und Kindes Kinder

    ֎֎֎

     

    Straßenkinder

    Kennst du den Glanz der Tauperlen
    an Zweigen und Grashalmen
    beim Auftreten der ersten
    morgendlichen Sonnenstrahlen 

    Kennst du den Tanz der Spinnweben
    benetzt mit Schneesternen
    bei abendlicher Brise
    im schimmernden Mondschein 

    Kennst du den Zauber
    des Gesangs verliebter Stare
    mitten in der Zärtlichkeit
    des frischen Grüns im April 

    So könntest du ein Bild malen
    von meiner bewegenden Freude
    wenn das Wort Straßenkinder
    nur in Geschichtsbüchern vorkäme

    ֎֎֎

     

    Abruzzen

    Nun stehe ich hier
    dieses weite Land ehrfürchtig
    mit allen Sinnen aufnehmend
    weiß-rot, gelb-grün, blau, rosa 

    Den duftenden Wind tief einatmend
    das Meer am Horizont sehnsüchtig ahnend
    frage ich mich immer wieder
    wie wir den Verwüstern des Lebens trotzend
    mit Hilfe der Gelähmten, Betäubten, Verführten
    und doch tief im Herzen Bewegten
    die Geburt der keimenden Gesellschaftsformation
    ermöglichen können

    ֎֎֎

     

    Schmetterling

    Wenn sich ein Element
    in einem System ändert
    dann folgen Anpassungen
    im ganzen Gebilde
    So sei der Schmetterling
    dessen feiner Flügelschlag
    den fernen Berg
    zum Beben bringt

    ֎֎֎

     

    Merke dir …

    Merke dir den Geruch der Hyazinthen
    wenn die Frühlingsbrise sie streichelt
    denn bald werden beladene Bombenbringer
    bar jeder Barmherzigkeit
    im Namen der Menschlichkeit
    einen verpesteten Teppich der Verwüstung ausrollen
     

    Merke dir den Gesang der Sperlinge
    unter dem meeresblauen Sternenzelt
    denn bald werden schwere Panzer
    prahlend, protzig
    ihr Geheul der Gräueltaten gellen
     

    Merke dir die morgendlichen Tauperlen
    auf der seidenen Haut der Spinnenbauten
    denn bald werden Söldner und Soldaten
    hochgerüstet und aufgetakelt wie Monster
    alles, was nach Leben schreit, niedertrampeln
     

    Merke dir die Lichtspiele beim Sonnengang
    wenn die Nacht und der Tag sich begrüßen
    denn bald werden bleierne Wolken
    den Horizont für eine Ewigkeit verdunkeln
     

    Merke dir den aufrechten Gang der Menschen
    verzaubert durch die Sehnsucht nach Gerechtigkeit
    denn bald werden zahlreiche Dichter und Denker
    sich als heilige Krieger huldigend
    die Vernunft, den Mut und die Liebe
    verraten, verjagen, vergraben

    ֎֎֎

     

    Lass dich umarmen

    Die Erde wird sich drehen
    gewiss auch ohne dich
    und tröstend gestehen
    sie brauche dich 

    Die morgendliche Brise wird sanft dich wachküssen
    Die Sonne wird betörend deinetwegen tanzen
    Der Wind wird dir behutsam tausend Lieder singen
    Der Regen wird zärtlich dich liebkosen
    Der Regenbogen wird frohlockend dir die Wege zeigen
    Der Mond wird warm deine Träume beleuchten 

    Die Erde wird sich drehen
    gewiss auch ohne dich
    und tröstend gestehen
    sie brauche dich

    ֎֎֎

     

    Gerade deswegen

    Frohgemut und gelassen
    mir der eigenen Vergänglichkeit bewusst
    schöpfe ich mit allen Sinnen
    Stück für Stück Wissen
    zur Änderung und Erhaltung dieser einen Welt
    getrieben von der Notwendigkeit der Gerechtigkeit
    und der Empfänglichkeit für Schönheit

    ֎֎֎

     

    Schreiben

    Schreiben
    nicht aus Angst, Schwäche, Eitelkeit
    mit Heuchelei, Scheinheiligkeit
    nicht des Geldes wegen
    oder mit der Herrschenden Segen 

    Schreiben
    aus Freude an Schönheit und Schöpfung
    als Bedürfnis zum Begreifen, zur Erkundung
    aus tiefem Wunsch zum Brücken-Bauen
    zu sich selbst und den Anderen

    ֎֎֎

     

    Leidenschaftlich und gelassen

    Wenn du die Augen schließt,
    fehlen hier zwei Sterne. 

    Beleuchte und behebe
    leidenschaftlich
    die tieferen Gründe
    dieser maßlosen Ungerechtigkeit
    in unserer bewegenden Zeit.
    Und pflege stets dabei
    das Feuer in deiner Brust. 

    Wenn du die Augen schließt,
    fehlen mir zwei Sterne.

    ֎֎֎

     

    Was alles auf der Strecke bleibt 

    Der adlige Kriegsherr geht augenscheinlich fort
    der bürgerliche Kriegsminister setzt buchstäblich fort
    Menschenleben bleibt auf der Strecke 

    käufliche Politiker regieren
    Militär und Rüstungsindustrie delegieren
    Kinderträume bleiben auf der Strecke 

    die Bundeswehr wird zweckdienlich umgebaut
    das brüchige Rechtsbewusstsein wird zunehmend abgebaut
    das Völkerrecht bleibt auf der Strecke 

    das verführte Wahlvolk wird schlicht verschaukelt
    Humanität und Demokratie werden dreist vorgegaukelt
    Achtsamkeit und Gefühle bleiben auf der Strecke 

    aufdeckende Tatsachen werden bewusst verschwiegen
    Dunkelheit und Lügen sollen unumkehrbar siegen
    Vernunft und Redlichkeit bleiben auf der Strecke 

    korrumpierte Wissenschaftler verleiten und vertuschen
    ehemalige Friedensfreunde rechtfertigen und kuschen
    Rückgrat und Courage bleiben auf der Strecke 

    professionelle Söldner und freiwillige Soldaten morden
    öffentlich als Helden gepriesen werden diese Horden
    Menschlichkeit bleibt auf der Strecke

    ֎֎֎

     

    Liebeslied 

    Aus dem Fenster blickend
    die Morgenröte
    viele Schwalben
    mit dem Nachwuchs
    Fliegen übend
    Gerade in dieser Zeit
    der aufkeimenden Zärtlichkeit
    mitten im erlahmenden Getöse
    deiner Verwüster
    und dem betäubenden Schweigen
    deiner Bewohner
    schreibe ich für dich
    die einmalige Erde
    meine schönsten Liebeslieder

    ֎֎֎

     

     

     

     

     

     

     

  • Frühlingsknospen

     

    Einen wirksamen Schleier
    breiteten die sich allmächtig Erscheinenden
    über das wahre Wesen der laufenden Ereignisse
    und prahlten ihre eigene Fortdauer
    Als ich die Bedeutung der Vergänglichkeit
    und den geschichtlichen Charakter der Gegenwart
    gründlich erkannte
    entwickelte sich meine freudige Zuversicht
    wie feine Frühlingsknospen

    (20.03.2017)

  • Cuculus americanus (Wikipedia)

    Magic Whistle „TWEET-TWEET“   

    My beak is well built, my whistle is loud and my feathers are white-brownish.         I love my family with all my heart and devotion and all my dreams become reality. My family is most numerous in the whole wide world.

    Let me explain my secret. In my forest, not far from my nest, lives one of my neighbors who is a small green fellow *. ( Darwin’s finch  ?)

    From this neighbor ‘s nest I steal some of her eggs and replace them with my own. My neighbor then sits on all the eggs until they (the bird´s brood?)  hatch. Once they hatch, I, like any admirable mother, observe my chicks in my neighbor’s nest. My chicks are lovely and grow bigger than their foster brothers and sisters.

    Although different, they are treated and nourished just like those of the foster family. They chirp for food to stimulate the foster parents to give them more food than they would normally give to their own chicks. My chicks thrive well and grow quickly.

    They become bigger than the foster mother! In the meantime, the host chicks starve and my chicks push the weakened chicks out of the nest.  The foster mother finally takes notice that something is not right, but a mother’s love can really turn a blind eye and she changes nothing.

    My chicks just grown and grow and are now big brownish birds.  They leave the foster mother’s nest and build their own in other places.

    Like me, they steal and cheat fellow birds replacing their eggs in their neighbor’s nests. The small quiet green birds are deceived. Accordingly, their numbers severely diminish every breeding season.  We, the magic-whistle birds, have become numerous and our loud whistle “cu-coo” is heard everywhere throughout the land.

    In the near future, the numbers of my family members will surpass the number of all beings on earth.

    The planet earth will then be beset and plagued mainly with thieves and cheaters.

     

    Dr. med. Andre Simon © Copyright   

     

    Übersetzung Dietrich Weller

    Mein Schnabel ist sehr gut gebaut, mein Pfiff ist laut, und meine Federn leuchten weiß-bräunlich. Ich liebe meine Familie von ganzem Herzen und mit Hingabe, und alle meine Träume werden Wirklichkeit. Meine Familie ist überaus zahlreich auf der ganzen Welt verteilt.

    Lass mich mein Geheimnis erklären. In meinem Wald, nicht weit von meinem Nest, lebt eine meiner Nachbarinnen. Sie ist ein kleiner grüner Fink.

    Von diesem Nest der Nachbarin stehle ich einige ihrer Eier und ersetze sie durch meine eigenen.  Meine Nachbarin sitzt dann auf allen Eiern, bis die Kleinen schlüpfen. Wenn sie schlüpfen, beobachte ich meine Jungen im Nest der Nachbarin wie jede andere bewunderungswürdige Mutter. Meine Jungen sind reizend und werden größer als ihre Stiefbrüder oder –schwestern.

    Obwohl sie anders sind, werden sie gleich behandelt und ernährt wie die Jungen der Stieffamilie. Sie zwitschern nach Futter, um die Stiefeltern dazu zu bringen, ihnen mehr Futter zu geben als sie normalerweise ihren eigenen Kindern geben würden. Meine Küken gedeihen gut und wachsen schnell.

    Sie werden größer als die Stiefmutter. In der Zwischenzeit hungern die Küken der Gastgeber, und meine Küken werfen die geschwächten Küken aus dem Nest. Die Stiefmutter merkt schließlich, dass etwas nicht richtig läuft, aber Mutterliebe kann ein Auge zudrücken, und sie ändert nichts.

    Meine Küken wachsen und wachsen einfach weiter und sind jetzt richtig große bräunliche Vögel. Sie verlassen das Nest der Stiefmutter und bauen ihr eigenes an einem anderen Ort.

    Wie ich bestehlen und betrügen sie andere Vögel, indem sie die Eier in den Nachbarnestern durch eigene austauschen. Die kleinen ruhigen grünen Vögel werden getäuscht. Dementsprechend verringert sich ihre Zahl in jeder Brutzeit. Wir, die magischen Pfeifvögel, sind zahlreich geworden und unser lauter Kuckuck-Ruf wird überall in der ganzen Welt gehört.

    In der nahen Zukunft wird die Zahl meiner Familienmitglieder die Zahl aller Lebewesen auf der Erde übertreffen.

    Der Planet Erde wird dann hauptsächlich von Dieben und Betrügern befallen und drangsaliert.

     

     

     

     

     

  • Der Magier

     

    Ein Gedicht von Mohammad Reza Shafi’i Kadkani
    Freie Übersetzung aus dem Persischen von Afsane Bahar

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    So wie ein Zauberer
    der die Tauben aus seinem leeren Hut
    fliegen lässt
    lasse ich
    mitten in Begriffen
    die im Überwachungsstaat
    Stück für Stück
    entfremdet worden sind
    die Sehnsucht aufsteigen
    nach Fliegen
    Freiheit
    und Schönheit
    Den Himmel meiner Heimat
    habe ich weit und breit
    voller Tauben gemacht
    das ist mein Wunder
    meine Magie

    ۞۞۞