Schlagwort: Empfehlungen

  • Beitrag zur Lesung „Willst du Gott zum Lachen bringen, erzähle ihm von deinen Plänen“
    beim BDSÄ-Kongress in Wismar 2018

     

     Gott unter Göttern?

    „Prometheus“ heißt ein Bildarchiv, das vom archäologischen und kunsthistorischen Institut Gießen initiiert und jetzt im gesamten Campus der Universität aufgerufen werden kann. Den Zugang erhält man über eine Abkürzung der ersten Zeilen von Goethes Hymnos Prometheus:

    „Bedecke deinen Himmel, Zeus, mit Wolkendunst!…

    Hier interessiert uns aber weniger das Gießener Bildarchiv als die Frage, wie das Gedicht dann weitergeht. Es wird heftig.

    „Ich kenne nichts Ärmeres unter der Sonn‘ als euch Götter!“

    Dann kommt es sogar monotheistisch daher:

    „Hast du die Schmerzen gelindert
    je des Beladenen?
    Hast du die Tränen gestillet
    je des Geängsteten?

    Hier sitz ich, forme Menschen
    nach meinem Bilde,

    zu leiden, weinen,
    Genießen und zu freuen sich,
    Und dein nicht zu achten,
    wie ich!“

    Als guter hessischer Beamter zahlte mein Vater zwar getreulich seine evangelische Kirchensteuer und sorgte dafür, dass sein einziges Kind getauft wurde, doch war er eigentlich Agnostiker, der vor allem an den Vulkanismus glaubte.

    Meine Mütter stammten aus dem Badischen und waren katholisch. Als kleinem Mädchen gefielen mir die Glöckchen, der Weihrauch und die weißen Kleidchen bei der Fronleichnamsprozession. Dieser Luther, pflegte mein Vater zu sagen, war zwar ein großer Sprachschöpfer, aber  ein sturer Bock. Ich fand vor allem, dass er es uns Protestanten unnötig schwer gemacht hat mit seinem „sola fide“, allein durch den Glauben. Ein paar gute Werke – und die Sache hätte ganz anders ausgesehen! Schon bei der Konfirmation war mir die Ausschließlichkeit des Glaubens nicht geheuer, und ich empfand mich als unwürdig. Von meinem Kirchenaustritt und meiner Hinwendung zu den Göttern der Antike allerdings wäre mein Vater trotz seiner eigenen naturwissenschaftlichen Einstellung nicht begeistert gewesen. Dabei kann ich es mir jetzt aussuchen: Demeter für das allzu früh entbehrte Mütterliche, Kore/Persephone für die Ambivalenz von Welt und Unterwelt, Werden und Vergehen, Zweifeln und Hoffen. Auch Dionysos ist einer, der es hat, dieses: „Stirb und Werde“[1], ein Maskengott und Spender des Weines. Ebenso sympathisch ist mir der hinkende Hephaistos, ein begabter Waffenschmied und schöpferischer Kunsthandwerker, der sich von seiner Gattin Aphrodite mehr als nur ein Paar Hörner aufsetzen lässt. Und erst die Hörner verteilende Aphrodite selbst! Sie ist eine der vielschichtigsten Gottheiten überhaupt, mit ihren östlichen Wurzeln, den Verbindungen zur phönikischen Astarte und den ägyptischen Göttinnen Hathor und Isis, Herrin über Liebe und Schönheit, aber auch gewappnete Kriegerin!

    Meine Pläne? Noch ein bisschen weiter so: ernsthaft recherchieren und der Wissenschaft frönen, fabulieren und mystifizieren, rezitieren und auf unserer gemeinsamen stabilen Basis kräftig mit meinem Mann streiten, Wein trinken und Freude haben am Essen und den anderen schönen Dingen des Lebens.

    Sollte dieser Christengott darüber lachen können, so ist er willkommen im Kreis meiner Götter, bei denen im Olymp ebenso wie bei den anderen im Schoß der Erde.

     

    [1] J. W. Goethe, Selige Sehnsucht, West-Östlicher Divan. Buch des Sängers.

    Copyright Dr. Dr. Waltur Wamser-Krasznai

  • Beitrag zum BDSÄ-Kongress in Wismar 2018

    Spiritueller Materialismus

    oder Manipulationsversuch

    Ich erzählte im Bekanntenkreis, dass in einigen Monaten eine Knieoperation auf mich zukomme. Eine Freundin meinte sofort, dann solle ich darauf achten, dass die OP an keinem Steinbocktag stattfindet. ??? Ich war zu perplex, um irgendwas entgegnen, fragen oder sagen zu können. Im Kopf tauchten gleichzeitig Fragen auf und manchmal synchron zu einer Frage die Antwort auf eine andere. Was ist ein Steinbocktag? Wahrscheinlich der Tag, an dem der Mond im Steinbock steht. Warum nicht? Das Knie gehört zum Steinbock, wäre es nicht optimal, gerade dann die OP zu machen? Und da war es, das Unbehagen! Ich möchte den Rat weder befolgen noch in Opposition dazu gehen, das ist auch nicht viel besser. Ich kann mein Unbehagen nicht klar begründen, schliesslich bin ich doch eigentlich mit spirituellem Denken vertraut.

    Ich sprach dann auch mit ihr, konnte aber mein Unbehagen wieder nicht recht erklären. Ich möchte mein Schicksal demütig annehmen, mich freilassend bereit halten für die Hilfe der Engel. Sie meinte, man könne ja den Engeln helfen und ihnen nicht alle Arbeit überlassen. Allmählich dämmerte mir, was mein Unbehagen – vielleicht – verursachte. Es gibt zum Beispiel den Aussaatkalender, nichts aber auch gar nichts habe ich dagegen, den optimalen Aussaattag für bestimmte Samen auszuwählen. Schließlich ist klar, was erreicht werden soll: dass die Pflanze sich optimal entwickelt, und wir – Mensch, Elementarwesen, Engel, vielleicht alle gemeinsam – die dafür günstigsten Bedingungen schaffen.

    Und bei der Knie-OP? Die objektiv günstigste Zeit … Wer sagt, dass die gelungene OP das Ziel ist? Vielleicht ist anderes für meine „optimale Weiterentwicklung“ viel wichtiger? Ist es nicht auch egoistisch, nur an mich zu denken? Was ist mit all den anderen Menschen, die auch mit meiner OP beschäftigt sind? Außerdem bin ich ein Einzelner, kein Sonnenblumenkern, die sind alle – mehr oder weniger – doch gleich!

    Allenfalls könnte ich das I GING fragen nach der günstigsten Zeit. Aber die Frage nach dem Sinn der ganzen Kniegeschichte ist mir näher. Und das zu entdecken ist wohl unabhängig vom Datum der OP, oder? Wenn ich mich meditativ in die Situation versenke, spüre ich: Wunsch nach Gelassenheit – annehmen können – demütig empfangen möchten – achten auf die Zeichen, die Wegweiser sein können. Zusammengefasst: wachsen – sich entwickeln lassen. Das aktive Tun von außen durch die OP nicht noch durch  eigene Aktivitäten verstärken. Wachsen lassen, nicht machen!

    Auf keinen Fall möchte ich die geistige Welt manipulieren! Manipulation ist eine versteckte Form des Etwas-erzwingen-Wollen! Gerade frage ich mich, ob das (die Knie-OP nicht an einem Steinbocktag durchführen) nicht auch eine Form von Materialismus ist. Ich benutze geistige Mittel, geistige Erkenntnisse, um auf materieller Ebene etwas zu erreichen. Ist das nicht spiritueller Materialismus?

    Vielleicht stimmt das ja alles nicht, aber ich empfinde es so. Ich bin ein freier Mensch, versuche zumindest es zu sein, auf jeden Fall übernehme ich die Verantwortung für mein Tun. Ich habe nichts gegen Hilfe und Unterstützung, weder von meiner irdischen Umgebung noch von der geistigen Welt, aber es soll sich keiner verpflichtet fühlen, mir zu helfen!

    Copyright Dr. Helga Thomas

  • Beitrag zum BDSÄ-Kongress in Wismar 2018

    AUSZUG AUS MEINEM ROMAN ´´Warte bis die Seerose blüht,,

     

    Annas Erinnerung an ihre frühe Jugendzeit

     

    Einen Anfang setzen… aber womit? Wie beginne ich, um die Geschichte zu erzählen, oder genauer: um von der Geschichte zu erzählen, die ich erzählen will? Unzählige Anfänge habe ich im Kopf, einige sind sogar schon auf Zetteln festgehalten. Wie kann ich mich entscheiden? Der Anfang, der heute richtig scheint, ist er’s auch noch morgen? Zuhaus, vor meiner Abreise hierher, dachte ich, ich werde alle Anfänge erwähnen, aber ich nehme keine Nachschlagebücher mit, auch keine Zettel mit den schon notierten Anfängen, es soll nur ein Erwähnen sein. Wenn ich will (oder es notwendig erscheint), kann ich es dann zu Hause gründlicher ausführen. In einer anderen Farbe (im Buch würde es dann anders gedruckt werden). So kann jeder, den es nicht interessiert, es einfach überschlagen. Sollte es später wichtig sein, so kann ich immer noch darauf hinweisen, und der Leser kann es nachträglich lesen. Einen üblichen Ferientag verbracht hier, auf dieser Insel, zu der ich einen ganz besonderen Bezug habe. Aber wahrscheinlich hat das jeder, der diese Insel zum zweiten Mal besucht. Einen Moment fragte ich mich, ob ich einen Teil der Handlung hier spielen lassen soll. Warum nicht? Der zweite Teil sollte in der Keltenzeit spielen. Abe das geht nicht, dann komme ich in Schwierigkeiten mit dem dritten Teil, dem griechischen. Drum habe ich mich zum Vor-Keltischen entschlossen, für die Zeit der Großen Steine. Und das könnte doch gut hier auf Helgoland sein. Aber jetzt weiss ich nicht, ob damals noch die Landbrüche nach Dänemark bestand. – Nein, ich gehe nicht in die Bücherei und suche Literatur zu dieser Frage! Ich habe mir vorgenommen, einfach mal anzufangen. Außerdem ist es im Moment noch völlig gleichgültig, wo ich den zweiten Teil spielen lasse, wenn ich noch nicht einmal angefangen habe. Und vor dem zweiten Teil kommt der erste, und davor, nein, davor kommt noch nicht der Anfang – zwischen Anfang und dem ersten Teil kommt die Rahmenhandlung. Während meines Ferientages dachte ich immer wieder daran, wie ich wohl anfangen werde. Ich versuchte, mich an die vielen guten Anfänge, die ich im Kopf habe, zu erinnern. Sie sind weg. Einfach weggeblasen. Vielleicht von den Sturmböen über der Insel. Ich erinnere mich nur noch, daß ich mich mit Jakob Wassermann tröstete. In einem Essay oder Tagebucheintrag spricht er davon, wie oft er anfängt, immer wieder, immer wieder aufs Neue. Einen Roman hat er vierzigmal begonnen. Ich meinte zwar, diese Geschichte im Kopf schon unzählige Male begonnen zu haben, aber vierzigmal war es sicher nicht! Ich wüßte nun gerne, woher er wußte, welcher Anfang der richtige ist. Und noch etwas wüßte ich gerne: wie die anderen neununddreißig Anfänge waren, die verworfenen. Würden sie vielleicht zu einer anderen Geschichte führen?

    Einen auf einem Zettel notierten Anfang wollte ich schon für etwas anderes benutzen (denn es ist ein schöner Anfang, er gefällt mir), aber es war unmöglich, er gehört zu dieser Geschichte, zu der Rahmenhandlung. Aber ich weiß noch gar nicht, wie ich ihn darin verarbeiten kann. Er handelt davon, wie eine Frau – eine der drei oder vier Hauptpersonen – mir bestimmte Erlebnisse ihres Lebens erzählt. Und nun geschieht das Merkwürdige, daß diese Erlebnisse in meiner Erinnerung lebendig werden – lebendiger als die Situation, in der sie es mir erzählte – , so daß ich nun diese Erlebnisse sogar in der Ichform erzählen könnte, aber ich weiß noch nicht, ob ich es tun werde.

    Ein anderer, schon festgehaltener Anfang erzählt, wie diese Frau (ich habe noch immer keinen Namen für sie) einen Zettel mit Notizen findet, die sie erst selbst nicht versteht, aber dann fällt ihr ein, was sie damit meinte, und das ganze Drumherum fällt ihr ein, und man wäre mitten in der Handlung an einem Schlüsselerlebnis, das sofort die Tür öffnet zu einem vorherigen Leben (sie selber merkt es aber noch nicht). Das ist überhaupt ein weiteres Problem: daß ich noch nicht weiß, wieviel meine Hauptpersonen selber wissen oder ob nur wir es wissen. Aber ich will nicht, daß Leser und Erzähler sich überheblich fühlen. Am liebsten würde ich so erzählen, daß der Leser alles von allein merkt, plötzlich sieht er die Zusammenhänge und hat ein Aha-Erlebnis. Aber was ist, wenn er es nicht merkt? Liegt das an seiner Intelligenz, wenn er es nicht merkt, oder an meiner mangelhaften Darstellung? Wenn ich wüßte, daß meine Geschichte lesbar ist, auch wenn der Leser nichts merkt…

    Vielleicht erzähle ich erst einmal in groben Zügen, wovon ich eigentlich erzählen will. Das war schonmal als Anfang in meinem Kopf. Richtig, jetzt fällt mir ein, was ich als Bild benutzen wollte: Wenn man mit einem Fernglas das weit entfernt Liegende näher holt – oder das Nahe ganz genau anschaut… ja, was ist dann? Ich habe den Satz falsch begonnen: Um das weit entfernt Liegende näher zu holen mit Hilfe eines Fernglases (es muß ein Fernglas sein, kein Teleobjektiv, der Betrachter soll mit beiden Augen schauen und merken, wie schwierig es ist) … also, stellt es euch vor, gleich, ob es mit ,,wenn‘‘ oder ,,um‘‘ beginnt. Versucht, euch zu erinnern, wie es das erste Mal war. Bei mir hat es lange gedauert, bis ich das, was ich mit bloßen Augen winzig klein sah, nun groß und nahe sah. Am Rand des kreisrunden Ausschnitts war das Bild verschwommen, zumindest unscharf. Um langweilige Überschneidungen zu vermeiden, ließ ich mein Fernglas Sprünge machen. So sah ich ein Bild später, eines mehr seitlich oder ober- und unterhalb. Ich sah verschiedene Bilder, die Ränder verschwommen, und zwischen den einzelnen Bildern gab es Lücken, die mit bloßen Augen erkennbar in einem größeren Zusammenhang eingebettet waren. So möchte ich erzählen. Nur ist es keine räumliche Anordnung, sondern eine zeitliche (die natürlich an verschiedenen Orten sichtbar wird). Es gäbe dreimal ein ziemlich genaues bzw. differenziertes Bild. Zwei Bilder wären nur flüchtig wahrgenommen bzw. würden nur erwähnt werden. Die Lücken dazwischen, das, was den Zusammenhang eigentlich erst deutlich macht: Ich weiß nicht, ob ich es durch meine Erzählung sichtbar werden lasse, oder ob der Leser es selbst sehen soll. Und was ist mit dem Hauptteil der Geschichte – ich vermute jedenfalls, daß es der Hauptteil ist, der in der Jetztzeit spielt -? Wäre das nicht viel besser die mit bloßen Augen erkennbare Landschaft, aus der wir uns dann einzelne Aspekte näher holen? Vielleicht fange ich einfach hier an, mit der Suche nach der Freundin. So hatte ich auch evtl. anfangen wollen: Immer war sie auf der Suche nach einer Freundin. Diese Suche war erst beendet, als sie die Freundin verloren hatte – Verlust ohne vorherigen Fund.

     

    Später im Roman kehren wir auf Helgoland zurück und kehren gleichzeitig ins Mittelalter zurück, in die Zeit, als die heilige Ursula mit ihren Jungfrauen unterwegs war.

     

    Begegneten sie dem Zug der Ursula oder den Seefahrenden, die dem Zug begegnet waren? Sie kamen zu der Insel, die die Jungfrauen aus dem Meer getanzt hatten. Andere erzählten anderes, daß die Insel zur Felseninsel gewandelt wurde durch den Fluch der Ursula. Damals war sie noch nicht heilig, aber ihre Worte hatten noch Zauberkraft. Sie hatte die Insel verflucht, weil sie die Männer trug, die ihren Jungfrauen Gewalt angetan hatten. Sie mußte den Fluch aussprechen, denn noch war es für das Mysterium zu früh. Erst später, auf ihrer Rückkehr,  am heiligen Ort an dem großen Fluß, war die Zeit reif, damit das Schicksal sich vollendete.

    Ursula war mit ihren Jungfrauen unterwegs, um überall Inseln aus dem Meer zu holen, zur Erinnerung an einst, als engelgestaltige Töchter des Lichts und der Weisheit aus den Wellen des Lebens, aus dem Meer der Erde, das feste Gestein tanzend emporbrachten, das feste Land für den Fuß des Menschen. Ursula war mit ihren Jungfrauen unterwegs, um überall Inseln aus dem Meer zu holen, Vergessenes wieder zu erinnern. Überall tanzten sie Inseln des Erinnerns aus dem Meer des Vergessens, überall auf ihrem Weg, aber nur auf der kleinen, einst heiligen Insel im nördlichen Meer blieb die Erinnerung heilig. Sie hatte den Tanz wieder eingeführt, der jährlich zur Erinnerung an den Aufbruch der Ursula und ihrer Jungfrauen wieder getanzt wurde. Deshalb blieb eine Jungfrau.

    Sie hielten an der Insel, um frisches Wasser aufzufüllen, und weil das Wasser heilig war, blieben sie, denn ihr Sohn wußte noch nicht, ob er wirklich auf Erden bleiben oder wieder zu den Himmeln zurückkehren wollte. Sie dachte, es war, weil er blicklos, nicht als Mensch empfangen wurde. Woher sollte er wissen, daß er – so grußlos empfangen – willkommen war? Sie blieb, als der Sohn sich entschlossen hatte, zurückzukehren zu dem Vater in himinam. Sie wollte zum Verzeihung bitten. Die Jungfrau war froh um ihr Bleiben, so war sie nicht allein – denn die Bewohner verehrten sie fast wie eine Priesterin der alten Zeit, und die Verehrung schuf eine Welt zwischen ihr und den anderen. Sie war auch froh um die Hilfe, und sie konnten sich in ihren Pflichten des täglichen Betens ablösen. Ursula, die noch nicht die Heilige war, hatte ihr auch diesen Namen gegeben, und diese Ursula nannte sie nun ihrer Sprache entsprechend Ulla. Ursula, die noch nicht die Heilige war, hatte ihrer Jungfrau aufgetragen zu bleiben. Sie oder folgende Jungfrauen, bis der kam, der auch hier das Wort des Gottes verkündete, von dem Gott, seinem Sohn und der heilbringenden Taufe. Sie schuf ihr einen Becher aus dem harten, bunten Gestein, um heiliges Wasser zu schöpfen und ihm, der kommen würde, es zu reichen, damit alle mit dem Zeichen des Kreuzes gezeichnet würden.

  • Beitrag zu der Lesung über „Inseln“ bei dem BDSÄ-Kongress in Wismar 2018

     

    Die maßgeblichen Fragen, um an den Rand der Insel des Wissens zu gelangen

    Der Titel ist das Tatmotiv meines verwegenen Essays. Trotz aller Zweifel, ob ich wis-senschaftlich handle, appellierte ich im Kloster Reichenau, der Gemüse-Insel im Untersee, an die Spitzenforscher unserer Erde, die fruchtlose Diskussion zu beenden. Ich hatte sie zum Thema „Am Rand des Wissens“ aufgerufen. Keiner von jenen, die mich erschrocken anblickten, rebellierte.

    Ein Poet darf Spitzenforscher der Welt auf eine Insel des Wissens stellen. Ich regte sie an, sich gegenseitig Fragen zu stellen. Sie sollten als entfesselte Genies Ideen bringen, ohne fruchtlose Debatten loszutreten. Sie versuchten, die Frage des Vorredners zu übertreffen:

    Werden wir einmal die linear erlebte Zeit verlassen können?

    Gibt es eine Wissenschaft, deren Methode Erkenntnisse zu einem Abschluss bringt?

    Wird die künstliche Intelligenz den digitalen Kapitalismus bändigen?

    Entscheiden Betrüger den Fortschritt der Gesellschaft?

    Welcher Algorhithmus garantiert die Entdeckung einer Wahrheit?

    Wirken Obergrenzen der Besteuerung auf Lebensentwürfe ein?

    Kann eine Maschine nachempfinden, wie Organismen fühlen?

    Kann der Mensch nachfühlen, wie eine andere biologische Art fühlt, z.B. der Gorilla?

    Welcher Art von Verstand bedarf es, um das Geist-Körper-Problem zu lösen?

    Wie erschiene uns eine geistlose Welt, wie eine körperlose?

    Wird Einiges vom Leben, Bewusstsein und Gesellschaft notwendig verborgen bleiben?

    Welches Diagramm lässt unsere Vorstellungskraft verstehen?

    Taucht das Bewusste nur im Gehirn eines selbst regulierenden Organismus auf?

    Ist Unsterblichkeit wünschenswert?

    Geduldig schüttelte ich den Kopf, bis ich meine Frage anbrachte: Wann arbeiten wir darauf hin, Fragestellungen erkenntnislogisch zu verbessern, bevor wir antworten? Die ehrwürdige alte Wanduhr gegenüber lief absolut gleichmäßig, die Spitzenforscher rückten die Stühle und forderten ein Beispiel. Ich stellte die letzte Frage in die Runde, auf die keiner antwortete:

    Ist die Zahl der maßgeblichen Fragen, um an den Rand der Insel des Wissens zu gelangen, nun endlich oder unendlich? Zu gerne hätte ich noch gefragt, ob die Spitzenforscher ihre Ideen allein auf einer Insel des eigenen Gehirns bekommen oder nur, wenn sie von einer zur anderen Insel mehrerer Gehirne rudern.

    Copyright Dr. Harald Rauchfuß

     

  • Beitrag zur Lesung über „Inseln“ beim BDSÄ-Kongress in Wismar 2018

    Waltrud Wamser: Krasznai: Zehn Bücher für eine einsame Insel

    Im Religionsunterricht stellte uns der Pfarrer einmal die bekannte Aufgabe, zehn Bücher auszuwählen, die wir mit auf eine einsame Insel nehmen wollten. Um opportunistische Flunkereien von vornherein nicht ins Kraut schießen zu lassen, setzte er hinzu: „Die Bibel ist schon dort“. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir auf der Insel bleiben sollten, doch es ging um eine beachtliche Zeitspanne, die zu ertragen uns die mitgebrachten Bücher helfen sollten. Von meiner damaligen Wahl kann ich mich nur noch an mein Lieblings-Kinderbuch erinnern: Tamara Ramsay, „Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott“. Es waren drei Bände, die ich heute noch besitze und nicht aus der Hand gebe, aber wohl kaum mehr auf eine Insel mitnähme. Es geht darin um ein 12-jähriges Mädchen, dem in der Johannisnacht eine Blüte der „Rennefarre“, des Rainfarns, in den Schuh fällt. Daraufhin wird sie unsichtbar, versteht und spricht die Sprache der Tiere und steigt tief in die Geschichte ihrer brandenburgischen Heimat hinab. Mit 14 oder 15 Jahren sollten wir dann vor der Klasse  über ein Buch unserer Wahl referieren. Eigentlich hätte ich über das Dott-Alter hinaus sein müssen, doch voll kindlicher Begeisterung verfasste ich einen Bericht, der mir heute noch gefällt, über mein Lieblingsbuch. Viele Mitschüler werden es langweilig gefunden haben. Umso mehr erinnere ich mich der Anerkennung einer Klassenkameradin, die mir mit glänzenden Augen zu meinem Referat gratulierte; sie wurde später Journalistin. Mein Direktor jedoch, als er einmal Vorschläge aus Schülerkreisen zum Erwerb von Büchern für die Schulbibliothek haben wollte, blätterte in meiner „Dott“ und lehnte sie ab, mit der Begründung, die historischen Abenteuer spielten sich ja alle jenseits der Elbe ab! Wir waren schließlich hier im Wilden Westen und befanden uns im Kalten Krieg! Dabei stammte der Gestrenge selbst aus Berlin.

    Also, was würde ich heute mitnehmen?

    1. Karin Fossum, „Schwarze Sekunden“, einen norwegischen Krimi, der den Leser bis zum Schluss darüber im Unklaren lässt: Hat er oder hat er nicht – nämlich einen schwer Betrunkenen, der ihm hätte gefährlich werden können, betrunken wie er selbst war, zwischen Kopenhagen und Oslo über die Reling gestürzt, oder hat er ihn „nur“ nicht davor bewahrt, im Suff von selbst über die Reling zu fallen? Das ist lediglich ein Strang der Erzählung, ein Nebenschauplatz. Mein Taschenbuch mit dem äußerst spannenden Inhalt ist schon völlig zerlesen. Ich kann es nicht für einen ganzen Monat entbehren.
    2. Christine Brückner, Die Quints. Nein, nicht die früheren Poenichen-Bände, nur diesen, wegen der fesselnden Gestalt der „Madame seule“ und überraschenden Wendungen in den schlagfertigen Dialogen, mit denen die Hauptfigur in Gesprächen mit ihren Kindern und anderen Diskussionspartnern verblüfft.
    3. Elsa Morante, Navona mia – nein, nicht „Arturos Insel“, was doch nahe gelegen hätte – sondern eine Eloge an „ihre“ Piazza Navona, die nämlich die schönsten und berühmtesten Plätze der Welt weit in den Schatten stelle, z. B. den Campo in Siena, den Markusplatz in Venedig, den Roten Platz in Moskau. Morante lässt die konkurrierenden Plätze selbst sprechen, den Londoner Times Square mit seinem modernen Geist gegenüber der alt-ehrwürdigen Navona, oder di Piazza della Signoria in Florenz, gegen deren edle Statuen, das gibt die Autorin selbst zu, die „Kolosse von Navona“ einfach verblassen, oder die grün-goldenen Kuppeln im Zentrum von Isfahan. Unerschrocken legt Morante sich ins Zeug für einen Platz, auf dem sie sich zu Hause fühlt, wo sie aufatmet und wohin sie geht, wenn sie einfach nur eine Tasse Kaffee trinken will.
    4. -6.  Thomas Mann, Erzählungen (Wälsungenblut, Tonio Kröger, Die Betrogene). Hier kann ich Sie doch wohl Ihrem eigenen Urteil überlassen?
    • 7.-9. Marie-Luise Kaschnitz, „Lange Schatten“, eine anrührend altmodische Erzählung, die ich schätze wegen der brillanten Sprache und der ebenso knappen wie  glänzenden Schlusswendung, einer Gabe, mit der die Autorin auch anderen Erzählungen ihren besonderen Schliff verleiht, dem „Strohhalm“, den „Eisbären“ oder den „Gespenstern“. Die Kaschnitz, eine geborene Freiin von Holzing-Berstett aus Bollschweil im Breisgau, war mit dem Archäologen Guido von Kaschnitz-Weinberg verheiratet, der von 1953-1955 das Deutsche Archäologische Institut in Rom leitete. Während er bei seinen Kollegen außerordentlich beliebt war, galt seine Frau als schwierig und nahezu unsympathisch. Als ich das von Prof. Buchholz hörte, der zunächst als Patient zu mir kam und mich später um meine Mitarbeit bei seinen Zypern-Publikationen bat, war ich völlig entsetzt. Ich verehrte die Kaschnitz wegen ihres exzellenten Stils, und sie  gehört noch heute zu meinen literarischen Vorbildern. Buchholz wusste kaum etwas von den eigenen Leistungen der Professoren-Gattin und erkannte lediglich an, dass sie ihren Mann während seiner tödlichen Krankheit hingebungsvoll pflegte. Er hatte vermutlich nicht eine ihrer Erzählungen gelesen! Fragen kann ich ihn das jetzt nicht mehr.
    • 10. Ludwig Thoma, Käsebiers Italienreise, ein erheiterndes Kabinettstück voller Baedecker-Beflissenheit und bürgerlicher Halbbildung, über die am Ende kernige Bodenständigkeit und gesunder Menschenverstand triumphieren.

    Copyright Dr. Dr. Waltrud Wamser-Krasznai

  • Ein Beitrag von Dr. Helga Thomas zum Thema „Der Roboter im Menschen- der Mensch im Roboter“  beim BDSÄ-Kongress in Wismar 2018

    Warum ich gegen das Visualisieren bin
    Oder: Spiritueller Machtmissbrauch

    Heute wurde mir ein Gedanke geschenkt, einfach so, ich weiß nicht, von wem, er kam einfach angeflogen, wie ein Frühlingsvogel im Morgendämmern.  Ich las im Neuen Testament bei Matthäus (im Zusammenhang mit der Versuchung): „Da entrückte ihn der Widersacher in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach: Bist du der Sohn Gottes, so stürze dich in die Tiefe. Denn es heißt in der Schrift:“Seinen Engeln hat er dich anbefohlen, und sie werden dich auf ihren Händen tragen, so dass dein Fuß an keinen Stein stößt.“ Jesus sprach: Es heißt aber auch:“Du sollst die göttliche Macht, die dich führt, nicht deiner Willkür dienstbar machen.“

    Wie oft hätte ich diese Worte doch schon als Entgegnung gebrauchen können! Wieso sind sie mir nie eingefallen? Ich kenne den Text doch seit meiner Kindheit! Es geht z.B. um Parkplatzsuche, d.h. eben nicht Suche, der Parkplatz wird auf geistigem Wege einfach bestellt. Man steigt ins Auto und sagt seinemEngel, dass man da und da um die und die Zeit einen Parkplatz braucht. Der Fachausdruck dafür heisst: VISUALISIEREN! Man stellt sich möglichst konkret seinen Fahrweg vor bis zu dem Ort, wo einen dann ein leerer Parkplatz erwartet. Das Visualisieren kenne ich, aber nicht, weil ich mir einen Parkplatz bestellen will, sondern damit ich ja nicht vergesse, wohin ich jetzt fahren soll bzw will. Ich und mein Auto sind Gewohnheitstiere, wir fahren am liebsten den vertrauten, gewohnten Weg…. Aber leider führen nicht alle Wege nach Rom, bzw dorthin, wo ich erwartet werde.

    Mehrere Freunde, Bekannte, auch einige meiner Patienten schwören auf die Methode. Mir gefällt sie nicht (auch wenn ich gerne das Parkplatzsuchen vermeiden möchte), es ist mir zu manipulativ, zu egoistisch, ich empfinde es als spirituellen Machtmissbrauch!

    Ich entschloss mich, darüber zu schreiben (dann kann ich nächstes Mal, statt blöd und verstummt dazusitzen oder stammelnd nach Worten zu suchen, einfach mein kleines Essay überreichem). Da hatte ich ein Aha! Das wäre doch ein Text für Dietrich Weller, für  den diesjährigen BDSÄ-Kongress. Die Lesung, die er moderiert, trägt den Titel: „Der Mensch im Roboter, der Roboter im Menschen.“

    OK, das Thema betraf Roboter, nicht Schutzengel oder Heinzelmännchen und doch… Was wissen wir mit unserem ach so klaren, gut geschulten, naturwissenschaftlichen Verstand, welche Wesen in unseren Maschinen wirken!

    Doch zurück zur Parkplatzsuche. Mein Engel ist doch kein Roboter, der dazu da ist, meine Wünsche zu erfüllen? Er ist auch kein Befehlsempfänger, ja nicht einmal ein Untergebener oder Angestellter, der dafür bezahlt wird, dass er die von mir erteilten Aufträge erfüllt! Allenfalls ein guter Freund… Ja, ein guter Freund, das ist mein Engel, deshalb sage ich vielleicht – wenn es ganz wichtig ist, auch objektiv – bitte hilf mir, schnell einen Parkplatz zu finden ( es muss ja nicht unbedingt mein Engel sein, es kann auch ein genius loci sein oder sonst ein Elementarwesen von dem Ort). Ganz gleich, wer mir nun schlussendlich hilft, Höflichkeit und Dankbarkeit sind doch eigentlich nie fehl am Platz. Höchstens dann, wenn sie gespielt und heuchlerisch sind.

    Was anderes scheint mir viel wichtiger: Wenn werden wir zu einem Roboter? Das ist unbedingt das Thema, aber… ich merke, ich möchte es aufschieben, es wird zu viel. Nicht unbedingt umfangmässig, aber gefühlsmässig. Der Preis für das Roboter-Sein ist zu hoch: das Abspalten der eigenen Gefühle, sich selbst und

    die Umwelt belügen. Mir ist eine Geschichte eingefallen… vielleicht sprenge ich jetzt den Rahmen der Lesung und mache einen Kompromissvorschlag: wenn ich mehr Zeit zur Verfügung habe als acht Minuten, dann werde ich diese Geschichte erzählen. Es fällt mir auch leichter, etwas Grausames rasch zu berichten und nicht durch meine Worte, die ich aufschreibe noch zu fixieren. Es handelt sich um ein Ergebnis der frühkindlichen Erziehung auf dem Boden der Naziideologie.

    Es ist gut, das ich mich mit dem Bericht jetzt nicht aufgehalten habe, denn ich muss unbedingt eine Fortsetzung erzählen von einer meiner Parkplatzbestellenden Patientinnen. Ihr sind selbst Zweifel gekommen,sie ist jetzt nicht mehr so fraglos überzeugt von ihrer Methode. Und zwar kam das durch folgende Ereignisse:

    Als sie nach der Therapiesitzung zu ihrem (natürlich vorher bestellten) Parkplatz kam, hatte sie einen Strafzettel. In ihrer anmassenden selbstverständlichen von sich überzeugten Haltung war sie auf den (einzigen) freien Parkplatz gefahren, ohne das Hinweisschild zu beachten, dass für einen bestimmten Zeitraum die Dauer der Parkplatzbenutzung geändert war! Meine sanfte Nachfrage, ob ihr das nicht zu denken gäbe, verneinte sie, lachend und mit energischem Kopfschüttelm: Meine Unaufmerksamkeit hat doch nichts mit meinem Engel zu tun. Stimmt eigentlich, dachte ich und schwieg. Diesmal rief sie mich nach der Stunde weinend an, ob sie noch mal kommen könne, sie muss die Polizei anrufen und beim Handy ist der Akku leer. Ich war erschrocken. Sie hatte sich – wieder der einzige freie Parkplatz – unter einen Baum gestellt und bei der kurzfristig auftretenden Sturmböe war ein mehr als armdicker Ast auf ihr Autodach gefallen… Totalschaden, zumindest bei der Karosserie. Dieses Erlebnis verursachte eine Wende in der therapeutischen Arbeit… und während ich das jetzt schreibend erzähle, denke ich: Vielleicht hatte da ihr Engel seine Finger oder Flügel im Spiel gehabt!

     

    Copyright Dr. Helga Thomas

  •  Beitrag für den BDSÄ-Kongress in Wismar zum Thema „Inseln“ am 09. Mai 2017

    Unsere Inseln

    Vor vielen Jahren habe ich gelesen, ein Paar brauche zum Gelingen der Partnerschaft drei Inseln: Eine Insel für den Mann, eine Insel für die Frau und eine Insel für beide zusammen.

    Unsere Insel heißt Freitag. Und das kam so.

    Am Anfang unserer Partnerschaft, als ich noch Geschäftsführer zweier GmbHs war, sollte ich manchmal einen Geschäftstermin am Abend wahrnehmen. Birgit schlug deshalb vor, dass wir uns auf einen Abend in der Woche einigen, der uns gehört und an dem deshalb keine beruflichen Termine vereinbart werden. Die Idee gefiel mir sehr gut.

    Da ich Birgit offensichtlich noch nicht gut genug kannte, schlug ich den Montag vor. An ihr verwundert-ärgerliches Gesicht kann ich mich gut erinnern: „Wie kannst du den schlechtesten Tag der Woche dafür auswählen?! Der beste Tag ist der Freitag. Denn da ist die Arbeitswoche vorbei, und ich kann entspannen!“

    Seither ist der Freitagabend für Birgit und mich für Termine ohne Birgit tabu. An diesen Abenden bleiben wir zuhause oder gehen in unser kleines Lieblingslokal, wo wir uns bei einem guten Essen in Ruhe unterhalten können. So manches aus der Woche soll besprochen, erzählt, beschlossen werden. Manchmal verbringen wir diesen Abend auch mit Freunden. Und wir genießen die Gemeinsamkeit und Vertrautheit.

    Aber ich muss gestehen, dass ich seit meiner Tätigkeit in der Notfallpraxis auch mit Birgits Einverständnis immer wieder Freitags-Nachtdienste angenommen habe. Das war nicht gut, und wir haben bald gemerkt, dass wir zu unserer ursprünglichen Vereinbarung zurückkehren sollten.

    Jetzt meide ich diese Dienste und gebe sie an interessierte Kollegen ab oder tausche sie gegen einen anderen Tag.

    Zum Thema Insel fällt mir auch ein, dass wir mehrfach auf Inseln Urlaub gemacht haben, Zypern und Madeira sind nur zwei Beispiele. Inzwischen haben wir UNSERE Insel gefunden. Auf Sylt fühlen wir uns am wohlsten. Dort kennen wir ein sehr gepflegtes kleines Appartementhotel an der Südspitze im letzten Haus in der letzten Straße mit unverbaubarem Blick auf die Heidelandschaft und aufs Meer. In wenigen Minuten sind wir auf der kleinen Einkaufstraße, wo der Bäcker die besten Frühstücksbrötchen und der EDEKA gute Weine und frische Nahrungsmittel anbietet. Und nach Westen, Süden und Osten sind wir nach fünf Minuten am Strand, wo wir stundenlang in der Brise spazieren gehen können. Die Landschaft, die Pflanzen, das Wetter und Birgit sind unerschöpfliche Fotomotive. Wir fühlen uns in einer wohltuenden Ruhe eingebettet. Wenn wir abends auf der Terrasse bei einem Glas Wein sitzen, die Sterne funkeln sehen und die Grillen zirpen hören, wenn wir am Horizont die Lichter eines vorbeifahrenden Schiffes beobachten, dann ist das unser herrlichstes Fern-Sehprogramm.

    Und das Allerschönste: Für uns ist in Sylt jeder Tag Freitag.

    Als wir zuletzt auf Sylt waren, schrieb ich meinem Freund Jürgen, wir seien auf DER Insel. Lakonisch wie wir ihn kennen, schrieb er knapp zurück: „DIE Insel heißt Rügen.“

    Da ich noch nie dort war und Jürgen vertraue, möchte ich einmal mit Birgit auf Rügen Ferien machen. Aber nur wenn dort auch jeden Tag Freitag ist.

    Copyright Dietrich Weller

  • Mein Beitrag zur Lesung von Klaus Kayser Freie Themen
    beim BDSÄ-Kongress in Wismar, 11.05.2018 um 18.30 h im Rathaussaal

     

    Die westliche Finanzpolitik

    Die seit dem 2. Weltkrieg bestehende westliche Finanzordnung halte ich für dringend reformbedürftig. Sie basiert auf Entscheidungen weniger Finanzmagnaten, die während des Krieges und nach den Beschlüssen 1944 in Bretton Woods, New Hampshire, begannen, die Finanzpolitik im US-amerikanischen Sinn mit einem Wechselkurssystem mit Bindung des US-Dollars an Gold als Grundlage der Wirtschaft zu steuern.

    Die wichtigste US-Bank, die Federal Reserve Bank (FED), ist nicht federal (bundesstaatlich), sondern immer noch in privater Hand! Die FED hat seit ihrer Gründung 1913 als einzige Bank das Recht, ohne demokratische Kontrolle und ohne rechtliche Einschränkung US-Dollars zu schaffen. Die Eigentümer können sich nach Belieben bereichern. Da die Dollarmenge nach 1944 rasch zunahm –im Gegensatz zur Menge des geschürften Goldes-, war der Dollar bald nicht mehr ausreichend gedeckt. Deshalb beendete Nixon am 15.08.1971 die Gold-Dollar-Bindung.

    Die Aufhebung der freien Wechselkurse 1973 brachte das Weltwirtschaftssystem in große Gefahr. Deshalb beschlossen die USA Mitte der 70-er-Jahre mit den Saudis, dass Öl im Rahmen der OPEC nur noch in US-Dollars gehandelt wird und die saudiarabischen Überschüsse ausschließlich in US-Staatsanleihen angelegt werden. Im Gegenzug garantiert die US-Regierung den Saudis bis heute(!) unbegrenzte Waffenlieferungen, Schutz vor seinen Feinden und seinen Untertanen(!).

    Vor diesem Hintergrund ist leicht zu verstehen, warum Donald Trump seine erste Auslandsreise als US-Präsident nach Saudi-Arabien machte, sich ganz offensichtlich bei den Diktatoren sehr wohl fühlte, und den fünfzig arabischen Herrschern, die zu dem Besuch eingeladen waren, in Riad am 22. Mai 2017 zusagte: „Wir erleben hier eine völlig neue Ausrichtung amerikanischer Außenpolitik. Es handelt sich hier um eine Rückkehr zur Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten.“

    Das war ein Freibrief für die weitere Missachtung der Menschenrechte im arabischen Raum. Trump erwähnte die Menschenrechte mit keinem Wort. Sie sind ihm selbst ein Dorn im Auge. Diktatoren ziehen Möchte-gern-Diktatoren an.

    Der IWF, der Weltbank und schließlich die EZB haben das Ziel, die USA als weltweit einzige(!) wirtschaftliche und militärische Supermacht zu sichern. Das US-Militärbudget (700 Mrd. Dollar) ist zehnmal so groß wie das russische mit 70 Mrd. Dollar. Die USA unterhalten weltweit in 130 Ländern Militärbasen, Russland nur eine (in Syrien).

    Rhetorische Frage: Wer muss da vor wem Angst haben?

    America first ist nicht nur der Wahlspruch eines Präsidenten, den ein Großteil der Weltbevölkerung für schwer persönlichkeitsgestört und friedensgefährdend hält. America first ist auch das Credo der imperialistischen Militär-, Finanz- und Wirtschaftspolitik, die mit dem Ziel der rücksichtslosen Gewinn- und Machtmaximierung die Politik längst steuert.

    Ein wesentliches Werkzeug der Finanzindustrie besteht darin, Gewinn bringende Finanzprodukte zu entwickeln und zu verkaufen. Nach der geplatzten Immobilienblase in den USA wurden Politiker von den Banken dazu gezwungen, das Bankensystem als too big to fail  oder als systemrelevant zu bezeichnen. Banken dürfen also nicht pleitegehen. Sie müssen gerettet werden. Angeblich zu unser aller Nutzen. Und wie werden sie gerettet? Mit Steuergeldern. Will der Staat wirklich nur unser Bestes? Ja, unser Geld.

    Nachdem Staaten wie Argentinien unter dem rigorosen Spardiktat des IWF (damals Leitung Horst Köhler!) und Jugoslawien, Griechenland, Island, Irland unter dem Spardiktat der Troika aus IWF, Weltbank und EZB leiden, sind die Menschen durch massive Einschränkungen im Gesundheitswesen und im sozialen und wirtschaftlichen Leben massiv beeinträchtigt. Ein paar Stichworte: Reduzierung der Renten, Erhöhung des Rentenalters, verteuerte Medikamente, unbezahlbare oder weit aufgeschobene Operationen, Einschränkung oder Streichen sozialer Erleichterung wie Altersversorgung, Kindererziehung, Schulbetrieb, Steuersenkung für Unternehmer, Steuererhöhung für Privatleute, Wegfall von sozialem Schutz der Arbeitnehmer …

    Das alles sei notwendig (die Not wendend!), um die Schulden zurückzuzahlen und die Wirtschaft anzukurbeln. Tatsache ist, dass die offizielle Politik der Länder von wenigen Bankchefs diktiert wird. Sie lassen die Länder durch großzügige Kredite in die Schuldenfalle laufen und übernehmen dann gewinnbringend das Spardiktat.

    Drei Beispiele:

    1. Die Oligarchen, die nach Zusammenbruch der Sowjetunion bei der Privatisierung der bankrotten Wirtschaftsbetriebe ein gigantisches Vermögen gemacht haben.
    2. Die Treuhand unter Horst Köhler hat nach der Wende deutsche Banken und Privatinvestoren reich gemacht. Die Deutsche Bank hat z.B. alle DDR–Bankfilialen kostenlos(!) übernommen.
    3. Durch das Zypern-Programm verloren 60.000 Anleger bis zu 80% ihres Vermögens.[1]

    Die acht reichsten Menschen der Welt besaßen 2016 zusammen 426 Mrd. US-Dollar, während die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, das sind 3,6 Mrd. Menschen, gemeinsam lediglich 409 Mrd. Dollar besitzt.[2] Inzwischen (in 1 Jahr!) hat das Vermögen der acht reichsten Menschen um 56,6 %(!!) auf 667,4 Mrd. US-Dollar zugenommen. 82 Prozent des weltweiten Vermögenswachstums 2017 ging an das reichste eine Prozent der Bevölkerung. Das reichste eine Prozent in Deutschland besitzt ein Drittel der deutschen Vermögen.

    Die Banken haben aus den Pleiten der Länder neue Foltermethoden für Schuldnerstaaten gelernt.

    Ein Beispiel: Unter Bail-Out[3] versteht man die Rettung zahlungsunfähiger Banken mit Steuergeldern. Das ist schon lange praktizierte Methode. Die Bank für internationale Zusammenarbeit hat in ihrem Weißbuch 2010 erstmals ein neues Modell vorgestellt, das sie Bail-In nannte: Es schlägt die Beteiligung von Anteilseignern und Gläubigern einer Bank an ihren Verlusten vor.

    Im Klartext: Wenn eine Bank pleitezugehen droht, werden die Bankkunden direkt und nicht über den Umweg der Staatskasse geschröpft. Diese Idee wurde sofort vom Financial Stability Board (FSB) aufgegriffen. Mario Draghi schlug damals vor, „neue Firmenanteile in einem beschleunigten Verfahren ohne Zustimmung der Aktionäre auszugeben“ und „das Vorkaufsrecht von Anteilseignern an der auszulösenden Firma außer Kraft zu setzen.“

    Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma gab am 01.09.2011 eine entsprechende „Änderung der Sanierungsbestimmung“ bekannt.

    Der IWF veröffentlichte am 24.04.2012 das Papier „Vom Bail-Out zu Bail-In“: Das war ein ausgefeilter Plan zur Massen-Enteignung von Einlegern, Kleinaktionären und Inhabern von Schuldverschreibungen unter dem zynischen Vorwand „Steuerzahler vor der Belastung durch Bankenverluste“ zu schützen.

    Auf eine Anfrage bei „meiner“ Commerzbank, ob das auch für deutsche Bankkunden gilt, erhielt ich am 08.02.2018 folgende Antwort: „Das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) vom 01.01.2015 sieht … die Möglichkeit vor, dass nach den Inhabern einer Bank auch Gläubiger einer Bank an den Verlusten einer abzuwickelnden Bank beteiligt werden können, falls unter anderem der Verlustbeitrag der Inhaber der Bank nicht ausreichen sollte.[4] 

    Mit gesundem Menschenverstand denkt man, der Grundsatz des Verursacherprinzips bei Schadensfällen gelte auch in der Bank. Das ist ein schwerer Denkfehler! Weder der Banker noch die Bank haften. Der Kunde bezahlt den Schaden zuerst mit der Stabilisierungsabgabe. Und wenn das Geld der Kunden nicht ausreicht, springt der Staat ein. Mit Steuergeldern, also mit dem Geld, das der Kunde schon abgeführt hat!

    Der Banker haftet nur, wenn er betrogen hat, aber nicht, wenn er mit legalen Geschäften Verluste bewirkt hat. Ich erinnere mich sehr gut an das Schulterzucken meines Bankberaters, als ich sagte, dass er mir vor ein paar Jahren genau diese Aktien empfohlen hat, die jetzt wertlos sind. – „Pech gehabt“, meinte er.

    Zynisch kann man sagen: Es ist ein Fehler des Kunden, sein Geld der Bank anzuvertrauen. Deshalb bezahlt der Kunde auch den daraus folgenden Schaden.

    Was kann man gegen dieses Finanzdiktat tun?[5]

    Mein 1. Wunsch: Das Eigenkapital der Banken muss erhöht werden. Die meisten Banken waren mit einem Eigenkapital unter 10% gegen eine Pleite gesichert. Sie sollen nach dem Basel-III-Abkommen vom 12.09.2010 mindestens einen Eigenkapitalanteil von 30% erreichen.

    Mein 2. Wunsch: Es sollte Banken verboten werden, Eigenhandel mit Wertpapieren und Leerkäufe zu tätigen. Leerverkäufe sind Handel mit Papieren, die man nicht hat.

    Mein 3. Wunsch: Die Banken müssen streng von unabhängigen Fachleuten kontrolliert werden, die demokratisch gewählt werden. Bis jetzt wird das Bankwesen kontrolliert von eigenen Leuten, die ohne demokratische Legitimation ernannt werden.

    Mein 4. Wunsch: Banken müssen wie jeder andere Wirtschaftsbereich auch pleitegehen können. Nur so kann man vermeiden, dass Verluste zu Lasten der Gemeinschaft und Gewinne zum Vorteil der Banker gehen. Bankbilanzen müssen gesellschaftsverträglich sein wie bei jedem Wirtschaftsbetrieb.

    Mein 5. Wunsch: Das Geld der Sparer muss getrennt sein vom Handel mit Geld. Sonst wird das gesparte Geld der Bankkunden für eine Querfinanzierung benutzt. Dann ist die Gefahr sehr groß, dass das Ersparte verloren geht.

     

    [1] Lesen Sie die Geschichte der Finanzen in Ernst Wolff: Weltmacht IWF. Chronik eines Raubzugs, Textum Sachbuch.

    [2] Oxfam-Bericht 2017

    [3] to bail out: ausschöpfen, aus der Patsche helfen, mit einer Bürgschaft herausholen. Bail bedeutet auch Bürgschaft.

    [4] Fortsetzung des Textes: Darüber hinaus ist die Commerzbank AG Mitglied des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V, einer privatrechtlichen, staatlich nicht beaufsichtigten Einrichtung der privaten Banken. Der Einlagensicherungsfonds fungiert als Anschlussdeckung zur gesetzlichen Entschädigungseinrichtung bis zu der nach seinem Statut festgelegten Sicherungsgrenze. Auf der Basis des festgelegten Jahresabschlusses zum 31. 12.2916 beträgt die aktuelle Sicherungsgrenze je Gläubiger 5.095.000.000 Euro.“

    [5] Werner, Weik und Friedrich, Sonst knallt´s, edition eichborn

    Copyright Dr. Dietrich Weller

  • Quellwasser

    (25.4.2018)

     

    Mitten im zart grünenden Wald
    an einer Wegscheide
    entdecke ich eine sprudelnde Quelle
    Mit Händen bilde ich eine Schüssel
    und trinke das erfrischende Wasser
    Es beschreibt mir kristallklar
    seinen ermutigenden Werdegang:
    Tiefen erlebt
    trete ich gereinigt, belebend hervor

    ֎֎֎

  •                                                  MIRACLE                                    

     

    A young man dreamed of entering a large store. In the front of him, instead of an employee at the long flat-topped fixture , was an amazing being dressed in luminous brilliant white. “Who are you “asked the astounded young man.
    The “employee” answered “An angel …“
    „What do you sell here?“                                                                                                                                „Everything you would like to buy,“ kindly replied the  angel.
    The young man began to enumerate: „I would like to end all wars in the world, tolerance towards the strangers, justice, kindness, more love in families, and …“                                                               The angel stopped him: „I’m sorry, sir. You misunderstood me.                                                            We do not sell fruits; we only sell seeds.“

    The seed is always a beginning, a tiny, almost insignificant, beginning. A seed is a miracle. Even the largest tree comes from a tiny seed.  And our soul is a garden in which every good deed exisits as a seed, that will sow larger values and virtues.                                                                     

    Dr. med. André Simon © Copyright

     

    Übersetzung von Dietrich Weller

    Wunder

    André Simon

    Ein junger Mann träumte davon, einen großen Laden zu betreten. Vor ihm stand statt eines Angestellten an einer langen Ladentheke mit abgeflachter Spitze  ein erstaunliches Wesen in leuchtend weißem Gewand.

    „Wer bist du?“, fragte der überraschte junge Mann.

    Der „Angestellte“ antwortete: „Ein Engel.“

    „Was verkaufst du hier?“

    „Alles, was du kaufen möchtest“, erwiderte der Engel freundlich.

    Der junge Mann begann aufzuzählen: „Ich möchte, dass alle Kriege in der Welt aufhören, Toleranz gegenüber Fremden, Gerechtigkeit, mehr Liebe in den Familien und  …“

    Der Engel stoppte ihn: „Es tut mir leid, mein Herr. Sie haben es falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte; wir verkaufen nur die Samen!“

    Der Samen ist immer ein Anfang, ein winziger fast unbedeutender Anfang. Ein Samen ist ein Wunder. Sogar der größte Baum wächst aus einem winzigen Samen. Und Ihre Seele ist ein Garten, in dem jede gute Tat wie ein Samen vorhanden ist[1], der größere Werte und Tugenden aussät.